Erneuerbare Energien

„Die Zeit der Wärmepumpe ist da!“

Freitag, 15.07.2022

Wie steht es denn aus Ihrer Sicht um konkurrierende Heiztechnologien? Wenn wir von klimafreundlichem Heizen sprechen, ist die Wärmepumpe ja nicht die einzige Option. Welche Bedeutung werden aus ihrer Sicht beispielsweise Wärmenetze bzw. Fernwärmesysteme haben?

Die Fernwärme wird vor allem in dichtbesiedelten urbanen Räumen ihre Punkte machen. Sie konkurriert aber des-halb nicht automatisch mit der Wärmepumpe. Vielmehr gibt es ja längst sehr interessante Ansätze zur Kombination beider Technologien, etwa bei den sogenannten „kalten“ Wärmenetzen, bei denen die Heizwärme faktisch erst beim Verbraucher erzeugt wird und zwar mit Hilfe von Wärmepumpen. Auch kommen dort, wo Fernwärmenetze auf Abwärme aus industrieller Produktion oder Rechenzentren zugreifen, oft Großwärmepumpen zum Einsatz, welche die thermische Energie auf ein verwertbares Level heben. Nicht zuletzt kann eine Großwärmepumpe auch ein kleines Nahwärmenetz bedienen, etwa im ländlichen Raum. Es wird deshalb in vielen Fällen ein technologisches Miteinander geben.

Das Bild zeigt Dr. Nicholas Matten
Quelle: Stiebel Eltron
„Es geht um eine radikale Abkehr von fossilen Brennstoffen – ob zur Erreichung der Klimaschutzziele oder für mehr Unabhängigkeit“, betont Dr. Nicholas Matten die aktuelle Situation.

Kann das Heizen mit grünem Wasserstoff ein Ersatz für fossiles Gas und damit eine Alternative zur Wärmepumpe sein?

Die Idee, bestehende Gasheizungen eines Tages mit grünem Wasserstoff weiterbetreiben zu können, ist aus meiner Sicht zum Scheitern verurteilt. Denn um Wasserstoff zu produzieren und in Wärme umzuwandeln, wird das Fünffache der Strommenge verbraucht, die nötig wäre, um dieselbe Wärmemenge mit einer Wärmepumpe zu erzeugen. Das heißt nicht, dass grüner Wasserstoff nicht wichtig ist: Für Kraftwerke und industrielle Anlagen, für Schwerlast-, Schiffs- und Flugverkehr wird er im Kontext der Energiewende unverzichtbar sein. Gefragt sein wird er auch als Speichermedium, um bei verringerter Stromerzeugung durch erneuerbare Energien das Netz via Rückverstromung zu stabilisieren. Damit wird Wasserstoff sehr begehrt sein – und entsprechend teuer. Als heiztechnische Lösung aber ist er nicht geeignet und er ist schon gar nicht die soziale Lösung, nach der alle suchen.

Aber ist die Wärmepumpe nicht in Wahrheit auch nur dann wirklich „grün“ und nachhaltig, wenn ihr Betriebsstrom aus regenerativen Energiequellen stammt?

Nein. Selbst dann, wenn der Betriebsstrom zu 100 Prozent aus einem fossilen Kraftwerk käme – was er zum Glück nicht tut –, wäre die Klimabilanz einer Wärmepumpe noch immer klar besser als die einer Öl- oder Gasheizung, weil ja immer der größte Teil der Nutzenergie aus der Umwelt gewonnen wird. Bei einer Jahresarbeitszahl von 3 würde die bereitgestellte Wärme noch immer zu zwei Dritteln grüne Umweltenergie beinhalten. Aber klar, die Klimabilanz einer Wärmepumpe wird natürlich umso besser, je größer der Anteil grünen Stroms am Betriebsstrom ist. Das ist ja auch ein Vorteil der Wärmepumpe: Mit jedem Tag wird unser Strommix in Deutschland grüner und damit wird auch jede Wärmepumpe, die damit versorgt wird, Tag für Tag immer umweltfreundlicher. Im Idealfall nutzt man einfach den eigenen Strom vom Dach.

Das ist ein gutes Stichwort: Der Dresdner Photovoltaik-Anbieter Solarwatt hat jüngst eine Kooperation mit Stiebel Eltron bekanntgegeben. Was steckt dahinter?

Solarwatt ist ein befreundetes Unternehmen, das konsequent den Weg in Richtung Sektorenkopplung geht. Wenn nun der Fachhandwerker schon Photovoltaik-Anlagen von Solarwatt installiert – was liegt da näher, als ihn in die Lage zu versetzen, dem Endkunden im Zuge der Eigenverbrauchsoptimierung auch gleich den größten Verbraucher im Haus mit anzubieten, nämlich die Heizung? Stiebel Eltron hat schon immer mit dem SHK- und dem Elektro-Fachhandwerk zusammengearbeitet. Insofern fügt sich die Kooperation auch nahtlos in die Tradition unseres Unternehmens ein. Wir bieten zusammen mit Solarwatt ein technisch abgestimmtes System zur sicheren Realisierung einer kompletten Sektorenkopplung. Um die Klimaschutzziele zu erreichen und zudem auch die Abhängigkeit von Energieimporten – vor allem aus Russland – schnell zu reduzieren, müssen wir ohnehin gemeinsam alle professionellen Marktzugänge nutzen.

Galerie

  • Das für den Wärmepumpeneinbau erforderliche Wissen muss dem SHK-Fachhandwerk so schnell, effizient und verständlich wie möglich vermittelt werden. Im Schulungszentrum „Energy Campus“ von Stiebel Eltron im niedersächsischen Holzminden, aber auch an den anderen deutschlandweiten Standorten des Herstellers, werden regelmäßig Schulungen zum Thema „Wärmepumpe“ angeboten.
  • Stiebel Eltron hat ein dreistufiges Partnerprogramm mit vielfältigen Schulungsmaßnahmen und Serviceleistungen ins Leben gerufen, durch das sich Fachhandwerker zum „Wärmepumpenprofi“ qualifizieren können.
  • Gut ausgebildete Fachkräfte sind ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor, um die Energiewende in Deutschland mit einer Abkehr von Öl und Gas umzusetzen.
  • Aus den Kinderschuhen ist die Wärmepumpentechnik längst raus. Es sei demnach ein Märchen, dass sich Bestandsgebäude nur dann mit einer Wärmepumpe beheizen ließen, wenn umfassend saniert und eine Fußbodenheizung nachgerüstet würde, so der Stiebel Eltron Geschäftsführer.
  • „Es geht um eine radikale Abkehr von fossilen Brennstoffen – ob zur Erreichung der Klimaschutzziele oder für mehr Unabhängigkeit“, betont Dr. Nicholas Matten die aktuelle Situation.
Von Jörg Gamperling
Chefredaktion HeizungsJournal
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