Erneuerbare Energien

Gestapelte Erdwärme

Erdeisspeicher zum Heizen, Kühlen und zum Heizen und Kühlen

Freitag, 24.09.2021

„Es ist ein faszinierendes Vorhaben. Ein Erdeisspeicher wurde noch nie gebaut. Natürlich fuhren wir schon erste Simulationen. Die sehen vielversprechend aus.“ Projektleiter Björn Ohlsen hat die besondere Technik, von der er schwärmt, mit aus der Taufe gehoben. Bagger vergruben sie im Mai 2021 im holsteinischen Schleswig. Die HeizungsJournal-Redaktion war vor Ort.

Foto: Verziehen der untersten Ebene der Rohrarchitektur des Erdeisspeichers. Die hat das Unternehmen aus dem oberfränkischen Bischberg speziell für Nahwärmenetze mit der Hochschule München und der TU Dresden optimiert. Die Entzugsleistung der insgesamt vier Kollektorfelder (2 Erdeisspeicher, 2 Flachkollektoren) in Schleswig beträgt 300 kW.
Quelle: Steinhäuser GmbH & Co. KG
Verziehen der untersten Ebene der Rohrarchitektur des Erdeisspeichers. Die Stadtwerke Schleswig setzen wegen der kompakten Form und der Flexibilität des Einbaus auf die Kollektorelemente des Herstellers Steinhäuser. Die hat das Unternehmen aus dem oberfränkischen Bischberg speziell für Nahwärmenetze mit der Hochschule München und der TU Dresden optimiert. Die Module mit Abmessungen von ca. 1,50 x 3,50 m lassen sich horizontal, vertikal (als Reihe in Bodenschlitzen) oder als mehrlagiges Sandwich (Erdeisspeicher) oberflächennah vergraben. Die Entzugsleistung der insgesamt vier Kollektorfelder (2 Erdeisspeicher, 2 Flachkollektoren) in Schleswig beträgt 300 kW.

Nein, es gilt nicht „100 Meter tiefe Vertikalsonden oder Eisspeicher auf Basis einer betonierten, Wasser gefüllten Zisterne war gestern, Erdeisspeicher auf Basis mehrerer übereinandergeschichteter Lagen von Flächenkollektoren aus unisolierten Rohren ist heute und morgen“. Nein, nach wie vor ist die Sonde, was die Wärmelieferung angeht, für sich gesehen immer noch ergiebiger. Umstände respektive die Aufgaben müssen die Variante Erdeisspeicher schon bedingen. Etwa das Wasserrecht, das keine Tiefensonden am Ort zulässt oder der Mangel an Fläche oder der Bedarf an Wärme im Winter und Kühle im Sommer. Oder, etwa in Übergangszeiten, der zeitgleiche Bedarf an Wärme und Kälte, indem man die Bodentemperatur künstlich so regelt, dass beide Anwendungen damit (wirtschaftlich) auskömmlich leben können. Wie und ob das machbar ist, will das Forschungsprojekt „Erdeisspeicher II“ unter anderem erkunden.

Der Praxistest findet im Neubaugebiet Wichelkoppeln im norddeutschen Schleswig statt. Nebenbei, dass das Gelände des Kleingartenvereins Schleswig zu Bauland mutierte, ist insofern eine Anomalie, als üblicherweise in Deutschland für die Mangelware Schrebergarten Interessenten beinahe Schlange stehen. In der Wikingerstadt an der Förde durfte sich dagegen die Natur ungehindert ausbreiten, weil sich keine Pächter mehr fanden. Einige Kleingartenlauben verschwanden fast gänzlich unter Rankgewächs und Sträuchern. Der Verein gab deshalb das Grundstück an die Stadt zurück. Die errichtet dort jetzt insbesondere für junge Familien mit Kindern 60 Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser und eine Feuerwache. Für die Energieversorgung haben sich fünf Partner unter der Koordination der Schleswiger Stadtwerke GmbH zusammengefunden: Neben dem EVU sind die drei Hochschulen TU Dresden, FAU Erlangen-Nürnberg und RWTH Aachen mit an Bord sowie das Beratungsunternehmen Energie Plus Concept GmbH. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Vorhaben. Details zum Prinzip erfuhr das HeizungsJournal auf einer Informationsreise für Journalisten zum Ort der Aktivität, zu der der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) im Mai dieses Jahres nach der „Corona-Lockerung“ eingeladen hatte.

Der Ausgangspunkt: Wenn aus irgendwelchen Gründen Tiefensonden ausscheiden, kam und kommt für geothermische Wärmepumpen für Städte und stadtnahe Regionen Erdwärme nur dann infrage, wenn ausreichend Fläche für einen Flachkollektor, in Verbindung mit einer kalten Nahwärmeleitung, zur Verfügung steht. Aber ist eine Großfläche die erste Voraussetzung? Kann man nicht mehrere Rohrlagen übereinanderstapeln und so ein massiges Erdvolumen mit kleiner Grundfläche entwärmen? Natürlich mit Abzügen, wegen des thermischen Kurzschlusses. Um dann, wie gehabt, den Ertrag in ein kaltes Nahwärmenetz einzuspeisen und innenstädtische Gebäude damit zu versorgen. Diesem Lösungsansatz geht die Forschungsarbeit „Erdeisspeicher II“ – oder auch nur „ErdEis II“ – bei den Schleswiger Stadtwerken nach. Und wie gerade aufgezählt sowohl mit der Möglichkeit der Wärme- als auch der Kältelieferung. Die Schleswiger Stadtwerke sind führend in kalter Nahwärme in Deutschland. Der Versorger hat bereits einige derartige Netze erfolgreich umgesetzt.

Theorie aus „ErdEis I“

Die vier Lagen blankes Rohr in nackter Erde erstrecken sich in der Vertikalen über fünf Meter. Die oberste Ebene verlegten die Beteiligten 1,50 m unter Bodenoberkante und die folgenden Stockwerke mit je 1 m Abstand zueinander. Die Fläche von 22 x 22 m für das erste Feld verjüngt sich leicht trichterförmig nach unten, das heißt, die Lagen drei und vier umfassen weniger Rohrmeter als die Lagen eins und zwei. Die obere Ebene einerseits und die drei unteren Ebenen lassen sich jeweils separat ansteuern. Zur Raumkühlung etwa kann so im Sommer die oberste warme Zone umgangen werden, um die Vorlauftemperatur zu reduzieren.

Weiterführende Informationen: https://ht-steinhaeuser.de/

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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