Verluste durch zu geringe Spreizung
Im Weserbergland mit den Städten Bad Pyrmont, Holzminden und Hameln und ihren Kreisen sowie dem assoziierten Landkreis Schaumburg gründete sich nicht nur die Klimaschutzagentur. Mehrere Angehörige des eingetragenen Vereins schlossen sich darüber hinaus zu einem Energieeffizienznetzwerk Weserbergland zusammen.
Die Beteiligten erfassen ihre Energieverbräuche, tauschen sich aus und reagieren mit klimaschonenden Maßnahmen. Die Sport- und Freizeitliegenschaft mit Schwimmbad und Turnhallen im Staatsbad Bad Nenndorf im Landkreis Schaumburg fiel beim Monitoring der Energieverbräuche der drei Gebäude durch die geringe Spreizung der Nahwärme von lediglich bis 5 K auf, 5 K zwischen Vor- und Rücklauf der BHKW-Station bei der Biogasanlage und den Verbrauchern. 80 °C flossen zum etwa ein Kilometer entfernten Schwimmbad und 75 °C kamen zurück. Mit der Folge, dass unter anderem ein enormes Wasservolumen aufgeheizt und umgewälzt werden musste, um den Wärmebedarf des Hallenbads zu decken.
Die beiden Sporthallen hingen nicht am Biogasnetz. Sie temperierten sich einzeln aus jeweils zwei 450 kW Gaskesseln. Heute, um das gleich vorweg zu nehmen, bedienen sie sich ebenfalls aus der Nahwärmeleitung. Aus der KWK-Spreizung von 5 K folgerten die Heizungstechniker, dass genügend Energie in der Lieferung stecken müsste, um damit auch diese beiden Gebäude ökologisch zu beheizen. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Natürlich ging die Rechnung auf. Die Anlage entzieht heute dem Vorlauf ein Delta T von 40 K. Entsprechend reduzierte sich unter anderem die Heizwassermenge.
Ein Drei-Säulen-Projekt
Die Klimaschutzagentur organisierte die Finanzierung aus dem NKI-Programm. Das für die Liegenschaft zuständige Hochbauamt in Stadthagen, ferner das Planungsbüro Kirchner Ingenieure in Minden sowie der Hydraulikspezialist HG Baunach GmbH & Co. KG in Hückelhoven nahe Aachen setzten sich nach der Förderzusage aus Berlin an die Arbeit – nicht ohne zwischendurch am administrativen Teil der Aufgabe zu verzweifeln.
Denn, so Projektleiter und Energiemanager Nils Althoff vom Hochbaumt: „Es war schon ein relativ hoher Aufwand, das muss man mal klar sagen, sowohl das zweistufige Bewerbungsverfahren mit den Projektskizzen für Berlin, als auch die Vorlagenarbeit hier für den kommunalen Bereich. Sie müssen ja auch die örtlichen politischen Gremien beteiligen. Die segnen schließlich ab. Wir mussten Zwischenberichte erstellen und anderes. Man versucht zwar, das Ganze so schlank wie möglich zu halten, aber es gehört immer noch viel Arbeit dazu. Zugestanden, wenn ich so eine hohe Förderung beantrage, ist es nicht mit nur einem Blatt Papier getan …"
Im Wesentlichen steht die Energieoptimierung auf drei Säulen. Die erste ist die Erweiterung der Nahwärme auf die beiden Sporthallen, die zweite die Umrüstung der Wärmeverteilung auf das verlustarme Wärme-Verteilungsschema „Rendemix“, einer Mehrwege-Mischtechnik anstelle der üblichen Dreiwegemischer. Als dritte Maßnahme zur CO2-Minderung – und in Erfüllung der Auflage aus der Nationalen Klimaschutzinitiative, eine hygienische Trinkwasserversorgung zu realisieren – ließ das Hochbauamt in der Schwimmhalle und in beiden Sportstätten Frischwasserstationen in Kombination mit Ultrafiltrationsanlagen des Typs „Solvis Clean“ zur Brauchwassererwärmung installieren.
Für herkömmliche Trinkwassersysteme ohne apparative Legionellose-Prophylaxe verlangt das Regelwerk mindestens 60 °C in verwendeten Speichern zur Abtötung der Legionellen. Das Hochbauamt strebte jedoch eine Absenkung der TWW-Temperatur auf umweltschonende 45 °C an. Dies setzte, in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt, den Einsatz etwa der Ultrafiltrationstechnik voraus.
Deutschlandweit einzigartig
Das energetische Upgrade der Bad Nenndorfer Einrichtungen läuft unter dem NKI-Leuchtturm-Titel „Innovative und energieeffiziente Wärmeverteilung und Trinkwasserhygiene“. Wie gesagt, die Initiative entstand aus der Zusammenarbeit von Unternehmen und Kommunen im erwähnten Energieeffizienz-Netzwerk Schaumburg. Im Rahmen des Erfahrungsaustauschs kamen die relativ neuen Mehrwegemischer „Rendemix“ zur Sprache, die mit ihrem mittleren Anschluss für warmes Rücklauf- oder Pufferwasser weniger Delta-T vernichten. Im Monitoringbericht 2022 der Klimaschutzagentur Weserbergland steht unter anderem zu Legionellenfilter und Mehrwegemischer: „Ein innovativer Ansatz, der nicht nur für Einsparungen von Energie und Kosten von rund 30 Prozent sorgt, sondern der deutschlandweit auch einzigartig ist.“