Wärme

Solarthermie, was nun?

Donnerstag, 24.09.2015

Das nächste Diagramm 4 zeigt die ­Unterschiede im Kol­lektor-Jahresertrag bei 75 °C für dieselben Kollektoren in ­Abhängigkeit von ihrer Ausrichtung.

Diagramm mit dem Kollektor-Jahresertrag in Abhängigkeit von der Ausrichtung.
Quelle: Ritter XL Solar GmbH
Kollektor-Jahresertrag in Abhängigkeit von der Ausrichtung (Abb.4).

Es ist interessant, dass alle Kollektoren bei Ost- oder Westausrichtung etwa 130 kWh/m² einbüßen. Während der sehr gute FK dabei etwa ein Drittel einbüßt, sind es bei den besten Kollektoren weniger als ein Viertel. Deshalb verstärken sich auch die relativen Unterschiede zwischen den Kollektoren bei Ab­weichung von Süden noch weiter. Das toleranteste Verhalten gegenüber Südab­weichung zeigt der Heat-Pipe-Kollektor, allerdings auf recht niedrigem Niveau. Ähnlich, aber noch ausgeprägter verhält es sich mit dem Neigungswinkel [3]. Kurz zusammengefasst eignen sich viele Kollektoren schlecht, in horizontaler oder Fassadenlage oder weit nach Osten oder Westen ausgerichtet zu werden.

Dabei sind innerstädtisch für die ST zukünftig möglicher­weise die Fassaden wichtiger als die Dächer [6],

  • weil viele Dächer bereits völlig verbaut sind,
  • weil die Montage günstiger sein kann, viele Dächer sind statisch ohne Reserven,
  • weil es in der Fassade keine gegen­seitige Verschattung gibt und deshalb der Ertrag der Fassadenfläche trotz der deutlichen Minder­erträge gegenüber dem optimalen Neigungswinkel größer ist als der Ertrag einer Dachfläche,
  • weil Fassadenwärme kostbarer ist, denn davon wird mehr Wärme im Winter und weniger im Sommer genutzt und schließlich auch,
  • weil die PV Fassaden i. d. R. nur schlecht nutzen kann.

Beispiele: Solarthermie mit Hochleistungskollektoren

Solaranlagen auf einem Dach.
Quelle: Ritter XL Solar GmbH
Dezentrale Einspeisung von ca. 1,3 GWh/a bei 75-100 °C vom Dach der Messe ins Fernwärmenetz Wels (Österreich) mit 3.388 m² CPC-VRK ohne Speicher seit 2011.

Die größte Wirtschaftlichkeit lässt sich mit ST-Groß­anlagen und mit Hochleistungskollektoren erzielen. Deshalb sollen hier Beispiele gezeigt werden, bei denen die Megawattstunde Wärme auf hohen Temperaturniveaus von 80 bis 100 °C ohne Förderung bereits zwischen 45 und 90 Euro und mit Förderung zwischen 25 und 65 Euro kostet.

Bei Großanlagen ist ST heute bereits günstiger als Öl und im Sommer günstiger als die variablen Kosten von Biomasse.

Wenn diese Anlagen jedoch einmal zu einem Massenmarkt geworden sind, werden die Megawattstundenpreise auch den Gaspreis unterbieten und auch die Kleinanlagen für das EFH werden dann von den gesunkenen Preisen profitieren. Bei der Kalkulation mit Solarwärme weiß man für 20 bis 30 Jahre im Voraus den Preis nach dem Wertmaßstab von heute. Jede böse Überraschung wie Geld- oder Energiepreis­inflation kann die Rechnung nachträglich nur noch verbessern.

Nach dem gleichen Muster wurden seit 2006 bereits 350 größere und große Anlagen in 20 Ländern mit einer Gesamtfläche von 50.000 m² gebaut [7, 8]. Das Hauptaugenmerk der DSTTP (Deutsche Solarthermie-Technologieplattform) zur Wiederbelebung der ST liegt auf der Senkung der Kosten. Zur Erreichung dieses Ziels muss erst ein Aufschwung mit großen Solaranlagen vorangehen.

Zusammenfassung

Die ST erlebt seit 2008 zwar einen gewaltigen Abschwung, ist aber keineswegs am Ende. Denn eine Energiewende ist bei einem Substitutionspotential von 40 Prozent der Endenergie ohne ST nicht zu bewerkstelligen. Solarwärme blieb bisher immer ein nachrangiges Thema, weil damit Energie „nur“ gespart, aber kein Deal gemacht werden kann. Beim Kunden ist sie als Spar- und Autarkietechnologie sehr beliebt, doch leider wurden zu viele davon schon Opfer falscher Versprechen. Es gibt gewaltige Effizienzunterschiede bei ST-Kollektoren. Solange diese Unterschiede durch den Verzicht auf Ertragsgarantien sowie Funktions- und Ertragsnachweisen und durch die Förderung der Bruttofläche bei Kleinanlagen ignoriert, egalisiert und mit Steuergeldern kompensiert werden, kann kein Vertrauen entstehen. Mit einem „Weiter so!“ wird die ST nicht gesunden. Der ST-Weltmarkt entwickelt sich auch weiter, wenn Deutschland einmal keine Rolle mehr spielen sollte. Dabei ist die passende ökonomische Technik für ein Substitutionspotential von etwa 20 Prozent der Endenergie Deutschlands bereits vorhanden. Als bescheidener Anfang wurde mit etwa 50.000 m² CPC-Hochleistungskollek­toren in solarthermischen Großanlagen „Made in Germany“ immerhin ein Potential zur Subs­titution von etwa 500 Gigawattstunden bzw. etwa 15.000 Tonnen CO2-Vermeidung errichtet.

Autoren dieses Artikels

Rolf Meißner
Leiter Forschung & Entwicklung, Ritter XL Solar
Stefan Abrecht
Solar Experience GmbH
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