Erneuerbare Energien

Sinnvoll – aber nicht unkritisch

Freitag, 10.12.2021

Wärmepumpen nutzen meist kostenlose Umweltwärme, um diese mit Hilfe von wertvollem Strom auf ein höheres nutzbares Temperaturniveau anzuheben. Da die regenerative Stromerzeugung einer starken Fluktuation unterliegt, ist es sehr hilfreich, wenn WP je nach Stromangebot zu- und abgeschaltet werden können („Smart Grid Ready“). Somit kann über weite Bereiche des Jahres die Nachfrage von Strom auf das Angebot abgestimmt werden (netzdienlicher Betrieb). Hierdurch wechselnde Heizleistungen können im Stundenbereich, gegebenenfalls auch im Tagesbereich, leicht durch aktive und passive thermische Speicher im Gebäude abgefangen werden.

Problematisch wird die Sache erst, wenn es über längere Zeiträume (mehrere Tage oder auch Wochen) sehr kalt wird. Beispielhaft sei hier die erste Februarhälfte im vergangenen Winter (2020/2021), speziell aber auch der Januar und Februar im Winter 2012 erwähnt. In so einem Fall benötigen die WP nämlich sehr viel Strom, da die Gebäude einen hohen Wärmebedarf haben, während die Speicher leer sind und die Effizienz der WP aufgrund des hohen Temperaturhubs (speziell bei Luft/Wasser-WP) besonders schlecht ist.

Vorsicht bei direkt elektrischer Gebäudebeheizung

Dieses Problem verschärft sich bei den am häufigsten eingesetzten Luft/Wasser-WP (ca. 60 bis 70 Prozent Anteil am Wärmepumpenmarkt [4]) noch weiter. Hier wird nämlich in den meisten Fällen eine kleine WP mit einer leistungsstarken elektrischen Zusatzheizung „für kalte Tage“ kombiniert. Das Argument der Hersteller dieser „monoenergetisch bivalenten Wärmepumpensysteme“, der Elektroheizstab würde mit etwa fünf Prozent nur unwesentlich zur Energieverbrauchs-Deckung beitragen, mag bei richtiger Auslegung und Installation in einigen Fällen zutreffen. Solange solche Systeme in nicht allzu großer Stückzahl im Einsatz sind, kann dies für den Einzelnen auch eine wirtschaftliche Variante sein. Werden solche „monoenergetisch bivalenten Wärmepumpensysteme“ aber zum Standard – was sich derzeit durchaus abzeichnet – wird bald an kalten Wintertagen der Großteil unserer Gebäude direkt elektrisch beheizt. Hiermit wird eine immense Spitzenlastanforderung an unsere Stromversorgung gestellt. Wenn jetzt noch auf einen vermehrten Einsatz der Elektromobilität gesetzt wird, werden die Stromleitungen glühen und die Stromversorgung zusammenbrechen. Dies gilt sicher nicht für den überwiegenden Zeitraum des Jahres, aber eben für sehr kalte Winterperioden, wie sie alle paar Jahre vorkommen. Ein darauf ausgelegter Netz- und Kraftwerksausbau wäre sehr teuer.

Da erscheint es doch günstiger, bei der Sanierung von Bestandsanlagen den Öl- oder Gaskessel durch eine WP und eine Solaranlage zu ergänzen. Wenn dann mal nicht genug Sonne oder regenerativer Strom vorhanden ist, kann sinnvoller auf Öl oder Gas zur Lastabdeckung zurückgegriffen werden, anstatt in Spitzenlastzeiten mit Strom zu heizen, der dann in der Regel auch keinen regenerativen Quellen entstammt. In einem nächsten Schritt können dann die konventionellen Wärmeerzeuger von den fossilen Energieträgern Heizöl und Erdgas auf regenerative Energieträger wie Holz, Biogas oder auch gasförmige oder flüssige E-Fuels umgestellt werden.

Aber auch bei Neubauten dürfen die Lastspitzen, die durch „monoenergetische bivalente Wärmepumpensysteme“ im Versorgungsnetz entstehen, nicht unterschätzt werden. Daher sollte eine strikte Leistungsbegrenzung beim Strombezug eingeführt und die Installation von bivalenten Wärmeerzeugern, die auf leicht speicherbare Energieträger zurückgreifen können, forciert werden. Diese Energieträger sollten zunehmend regenerativer Art sein.

Die direkt elektrische Gebäudebeheizung darf lediglich mit regenerativem Stromüberschuss geschehen. Insofern müssten die Netzbetreiber bei allen Elektroheizungen einen Lastabwurf vornehmen können. Allerdings besteht dann immer noch die Gefahr, dass die Menschen im Notfall ihr Haus bzw. ihre Wohnung mit dem Elektroherd oder Haarföhn beheizen. Dieses Verhalten, das aus anderen Ländern bekannt ist, führt im Zweifelsfall sehr schnell zum Strom-Blackout.

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