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Wärme

GC-Geschäftsführer Thomas Werner sieht Chancen in der Digitalisierung

Mittwoch, 01.02.2017

Mehr und höherwertige Aufträge

Querschiesser, ein bekannter Marktbeobachter, hatte kürzlich auf seinem "Trendkongress" für 2017 überraschende Zahlen genannt. Demnach sehen sich 86 Prozent der SHK-Handwerker durch den internetbasierten Wettbewerb nicht zu einer besseren Beratungsqualität aufgefordert, 82 Prozent nicht zu schnelleren Angeboten, 94 Prozent nicht zu schnellerer Auftragsbestätigung, ebenfalls 84 Prozent nicht zu einem besseren Service.

Die Betriebe sehen sich am längeren Hebel – laut Querschiesser eine Fehleinschätzung, einfach nur abgeleitet von der momentan satten Auftragslage, nicht von einem besseren und digitalen Konzept. Für Sie, die Großhändler, sieht Arno Kloep eine stabile Zukunft, weil Sie mit Handelsmarken den Online-Preisen begegnen können, damit aber etablierte Herstellermarken unter Druck kommen.

Ergebnisse der Querschiesser-Umfrage unter Handwerkern zum Thema Internet und Wettbewerb.
Quelle: Querschiesser
Internet sei kein echter Wettbewerber: 70 Prozent der SHK-Handwerker sehen sich am längeren Hebel.

Bleiben wir bei den rund 80 Prozent des internetresistenten Handwerks, Ihr Partnerschaftsangebot fällt damit nicht gerade auf fruchtbaren Boden. Mehrheitlich lehnen nach der Querschiesser-Trendanalyse die Betriebe, sozusagen als Bestätigung, Schulungsangebote in Verkauf und Beratung ab. Wie wollen Sie diese für Ihr Konzept begeistern?

Werner:

Natürlich müssen wir Überzeugungsarbeit leisten. Das tun wir. Und die Praxis zeigt, dass unsere Partner aus dem Fachhandwerk "Elements" gegenüber zum Beispiel offen sind. Mehr als 9.500 Mandate sprechen eine deutliche Sprache und auch die Rückmeldungen sind äußerst positiv. Mehr Aufträge, höherwertige Aufträge, Zeitersparnis und erfolgreiches Zusammenspiel mit der Ausstellung sind nur ein paar Beispiele für das Feedback aus dem Fachhandwerk.

Klar, die Auftragsbücher sind voll, deshalb sehen einige Handwerker die Digitalisierung nicht als Herausforderung, die es unbedingt jetzt anzugehen gilt. Aber die Entwicklung, gerade im Heizungsbereich zeigt, dass der dreistufige Vertriebsweg Antworten geben muss. Sie haben es erwähnt. Interessante Märkte locken auch Branchenfremde. Deshalb müssen sich die Partner im dreistufigen Vertriebsweg weiterentwickeln. Nur gemeinsam können wir den Herausforderungen unserer Branche erfolgreich begegnen.

Auf der anderen Seite wachsen die Gewerke zusammen. Die Elektrotechnik, die Digitalisierung, die Heizung, die Sektorenkopplung. Das Gesamtsystem wird zukünftig so komplex sein, dass ein qualifizierter Handwerker für den Kunden unabdingbar ist. Wir machen unsere Kunden stark. Auch in der Frage, wie das Nachwuchsproblem zu lösen ist. Deshalb unterstützen wir den ZVSHK mit Kräften bei seiner Initiative zur Nachwuchswerbung. Wir sehen darin eine Branchenaufgabe. Mit Branche meine ich alle Beteiligten: Handel, Handwerk, Industrie.

Offizier statt Kapitän

Na ja, der Fachkräftemangel ist teilweise auch hausgemacht. Kürzlich stand in einer überregionalen Zeitung ein großer Bericht über den Lotsenmangel an den deutschen Küsten. Da es kaum noch heimische Offiziere und Kapitäne gibt, sondern die überwiegend aus Fernost kommen, fehlt es an dieser Spezies. Wie behilft sich der Lotsenverband? Der hält nicht mehr starr an einem Kapitän mit mehrjähriger Berufserfahrung fest, sondern er nimmt auch schon Erste Offiziere, mit Kapitänspatent, aber ohne Kapitänserfahrung, und macht sie in zwei Jahren fit für das entsprechende Revier.

Eine Vielzahl von Arbeiten in unserem Bereich setzt keine dreijährige Berufsausbildung voraus. Es reichen ein verantwortlicher Geselle an der Seite und eine entsprechende Schulung in der entsprechenden Tätigkeit. In der Industrie funktioniert das doch auch. Warum soll es nicht im Handwerk funktionieren? So schafft man Kapazitäten und so gesehen ist der Sanierungsstau mit den seit Jahren 700.000 Wärmeerzeugern pro Jahr weniger eine Frage der Modernisierungsunwilligkeit. Vielleicht sollte man sich auch nicht immer über neue Tech­niken, sondern über schnelle und einfach zu installierende Techniken Gedanken machen.

Werner:

Ich gebe Ihnen Recht. Es ist sicherlich ein Weg, dass man dem Handwerker Produkte zur Verfügung stellt, die entsprechend einfach und schnell montiert werden können. Das, glaube ich, ist mittlerweile auch in der Industrie angekommen.

Gleichzeitig bieten wir Lösungen, die dem Fachhandwerk einen enormen Zeitgewinn ermöglichen. Dazu zählt "Elements", dazu zählt "Thermobox". Die angesprochenen konstant 700.000 Einheiten pro Jahr haben aus meiner Sicht aber doch den Grund, dass auf Grund der nicht mehr so kalten Winter und den geringen Heizkosten die Eigentümer nicht über eine neue Heizung nachdenken. Diese Überlegung stellen sie erst bei einem Defekt an dem bestehenden Kessel im Keller an. Es sind Rahmenbedingungen erforderlich, die es lohnenswert machen, sich mit einer neuen Heizung zu beschäftigen.

Falsche Anreize

Es gibt doch schon eine Unsumme von Förderprogrammen, teilweise relativ üppig mit Geld ausgestattet.

Werner:

Wer blickt richtig durch die Anzahl der Förderungen durch? Würde man die ganzen Förderungen in eine Abwrackprämie von 5.000 oder 10.000 Euro umwandeln, gäbe es einen richtigen Schub. Heute müssen Sie sich aber mit KfW-Anträgen und im Falle von zinsgünstigen Krediten zusätzlich mit ihrer Hausbank, die Ihre Solvenz bestätigen muss, auseinandersetzen. Und Sie dürfen nicht schon eine Schraube für die neue Heizung gesetzt haben, sonst sind alle Unterstützungen weg. Das sind wirklich nicht die Rahmenbedingungen, die zur Sanierung anreizen.

"Point of Sale" in der Großhandels­ausstellung. Die Handwerkerorganisation stemmt sich gegen die Angebotskalkulation in den Ausstellungen des Großhandels und sie stemmt sich vehement gegen die Angebotskalkulationen durch die Industrie. Die Diskussion ist immer noch nicht ganz ausgetragen. Für die "Thermobox" haben Sie eine akzeptierte Lösung gefunden?

Werner: Als wir angesprochen wurden, ob wir uns ein Mitwirken an diesem spannenden Projekt vorstellen können, haben wir unsere Beteiligung zugesagt. Der dreistufige Vertrieb und das digitale Zeitalter sind keine Kontrahenten. Im Gegenteil. Richtig dosiert und strukturiert eingesetzt, ergeben sich Chancen, von denen alle profitieren.

"Thermobox" ist das erste Online-Tool der Branche, das vom unabhängigen Fachhandwerk für das Fachhandwerk konzipiert wurde. Konsequent dreistufig durchdacht, steht dem Fachhandwerker mit "Thermobox" jetzt immer und überall ein Beratungs- und Vertriebswerkzeug zur Verfügung, das auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Die
Quelle: HeizungsJournal
Die Öffnung der "Thermobox" zum Endkunden hin ist geplant.

So soll es zukünftig laufen: Der Endkunde kontaktiert entweder seinen Fachhandwerker direkt oder er nutzt die Online-Präsenz der "Thermobox"-Partner. Unmittelbar danach startet die professionelle Beratung vom Fachmann. Und nach wenigen Minuten findet der Fachhandwerker auf seinem Bildschirm die Heizungslösung oder mehrere Heizungslösungen für das Haus des Kunden. Die wandelt er in ein Angebot für den Kunden um, also in einen Komplettauftrag mit Montage und Terminen.

"Thermobox" bis 250 kW

Für alle Technologien?

Werner:

Im Moment ermöglicht "Thermobox" Standardlösungen im Leistungsbereich bis 250 kW mit und ohne Warmwasserbereitung. Weitere Produkte wie Öl-Brennwerttechnik, Solarthermie und Wärmepumpen sind bereits in der Erarbeitung.

Der Endkunde kann aber nicht interaktiv die Plattform nutzen?

Werner:

Aktuell ist sie eine reine Online-B2B-Vertriebsanwendung für den Fachhandwerker im Heizungsbereich. Perspektivisch denken wir an eine Erweiterung zur Endkunden-Interaktion.

Kann der Handwerker bestimmte Hersteller präferieren?

Werner:

Aktuell können die Fachhandwerkspartner zwischen drei Herstellern wählen: Junkers Bosch, Vaillant und Brötje. Diese drei Kernmarken im Bereich der Wärmeerzeuger decken alle Anwendungsfälle bis 250 kW ab. Es bleiben keine Wünsche offen.

Weitere Marken nicht ausgeschlossen

Stößt man damit nicht andere Hersteller vor den Kopf beziehungsweise können noch andere Marken zustoßen?

Werner: Unser Ziel ist es, unseren Partnern im Fachhandwerk ein modernes Tool für ihr Heizungsgeschäft zur Verfügung zu stellen, das ihnen den Rücken stärkt. Wir sind damit gerade gestartet und sprechen über eine Software mit unendlich vielen Daten. Wenn sich das Tool eingespielt hat, will ich nicht ausschließen, dass weitere Hersteller dazukommen.

Mit "Coqon" von neusta next, Bremen, haben Sie sich für Smartphone-Angebote und Digitalisierung einen Mitruderer ins Boot geholt, den in unserer Branche kaum einer kennt.

Werner:

Es handelt sich tatsächlich um ein junges Unternehmen. Geplant und entwickelt wurde das funkvernetzte modulare "Smart Home"-System, das vielfältige Automatisierungslösungen rund ums Haus einschließt, vollständig in Deutschland. Die Produktion erfolgt ausschließlich in Europa.

"Coqon" hat stecker­fertige Endverbraucher-Produkte bis in den Audio- und Videobereich, also bis in die Unterhaltungselektronik hinein. Die Profiprodukte vertreibt der Hersteller exklusiv über uns. Wir entwickeln gemeinsam die Anbindung von Heizung, Klima, Elektro, Sanitär mit den Schwerpunkten auf Komfort, Energie und Sicherheit. Für den Neubau und für den Gebäudebestand.

Der Vorteil der "Coqon"-Box ist, dass sie keine Insellösung darstellt, also nur eigene Komponenten ansteuern kann. Als offenes System lassen sich die digitalisierten Angebote anderer Hersteller in die Steuerungsoberfläche integrieren. Das ist natürlich ein großer Vorteil.

Blick in die Glaskugel

Herr Werner, wie sieht der Großhandel in 20 Jahren aus? Skizzieren Sie mal Ihre Version.

Werner:

Da müsste ich in die Glaskugel schauen.

Schauen Sie doch mal.

Werner:

Damit tue ich mich schwer. Ich glaube, dass wir in der heutigen Zeit keine 20 Jahre voraus denken können. Als in Vorzeit einmal gesagt wurde, dass wir ab 2030 keine Verbrennungsmotoren im Auto mehr verbauen werden, hat es einen Aufschrei gegeben. Nun werden Rahmenbedingungen geschaffen, nachdem schon 2020 eine Million ohne fahren sollen, auch wenn das Ziel zu hoch gesteckt war.

Selbst für das Jahr 2020, also für einen Zeitpunkt in vier Jahren, wage ich keine Prognose. Wir haben ja die Herausforderungen angesprochen. In einem Punkt bin ich mir aber sicher: Für unser Haus, für GC, ist der dreistufige Vertriebsweg auch in zehn, 15 oder 20 Jahren noch alternativlos. Zu 100 Prozent.

Selbstverständlich mit zeitgemäßen Weiterentwicklungen und Veränderungen. Wir werden auf diesem Weg natürlich nicht 100 Prozent des Marktes erreichen, aber wie Sie wissen: Das tun wir heute auch nicht. Warum ich mir bei dieser Vorhersage so sicher bin? Installiert und montiert werden muss auch im Jahr 2030.

Es bleibt dabei: An allererster Stelle muss der Endkunde, der alles bezahlt, glücklich gemacht werden. Der Fachhandwerker muss in diesem dreistufigen Vertriebsweg den für ihn besten Weg sehen und damit Geld verdienen können. Das Gleiche gilt für die Industrie und es gilt für den Großhandel. Wir müssen uns treu bleiben.

Hersteller, Handwerker oder Großhändler, die meinen, sie müssten kurzfristig irgendeinen "peak" mitnehmen, weil sie dort mehr Ertrag, mehr Erlös sehen, auf Kosten der Partner, verlieren die Partner. Wenn sich ein Hersteller entscheidet, einen gewissen Weg zu gehen, von dem wir der Überzeugung sind, dass der dem dreistufigen Vertriebsweg nicht gut tut und dass das nicht unser Ziel sein kann, dem sagen wir deutlich: Okay, versuche es, aber nicht mit uns. Das passt nicht in unser Geschäftsverständnis.

Das können wir besser!

Bei der Digitalisierung haben aber Amazon und Telekom die Datenhoheit. Die können eine vorbeugende Instandhaltung betreiben, ein Instandhaltungsmanagement. Die kennen den Zustand eines jeden digitalisierten Ventils, schicken frühzeitig einen Mechaniker. Ich erfahre gar nicht, dass morgen etwas leckt und ich meinen Tennisfreund hätte rufen müssen. Die haben das Kommunikations- und Informations-Know-how.

Werner:

Kann der dreistufige Vertriebsweg das nicht viel besser? Ein Beispiel: Die Therme eines Wärmeerzeuger-Herstellers gibt das Signal "Wartung fällig". Die Software sagt, welche Teile ersetzt werden müssen. Als Bindeglied zum Handwerk sorgen wir für die benötigten Teile, die wir unter Umständen noch schnell beim Hersteller abgerufen haben.

Der Handwerker kontaktiert den Kunden proaktiv: "Ich muss die Zündelektrode auswechseln, weil die am Ende ist. Ich kümmere mich darum, bevor Sie im Kalten sitzen", und macht einen Termin aus. So machen wir auch Marketing und so müssen wir die Digitalisierung anfassen: Prozesse gemeinsam aufsetzen, die eine nahtlose und vorausschauende Zusammenarbeit ermöglichen und dabei immer den Mehrwert für den Endkunden im Blick haben. Wir haben den Vorsprung, denn wir kennen das Geschäft – anders als die neuen Player im Markt. Und genau diesen Vorsprung müssen wir nutzen und ausbauen. Jetzt.

Von Bernd Genath
Düsseldorf

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