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KWK

Bosch setzt auf dezentrale Stromerzeugung mit Brennstoffzellen

Dienstag, 20.10.2020

Bosch steigt in die Produktion von stationären Festoxid-Brennstoffzellen ein. In drei Jahren soll die Serienfertigung starten.

Die Brennstoffzellen-Pilotanlage von Bosch
am Standort Wernau von außen.
Quelle: Robert Donnerbauer
Brennstoffzellen-Pilotanlage von Bosch am Standort Wernau (Neckar).

Am 1. Juli 2020 war es soweit: Am Trainingszentrum von Bosch Thermotechnik am Standort Wernau (Neckar) eröffnete Bosch eine Brennstoffzellen-Pilotanlage – ein Container mit drei stationären Festoxid-Brennstoffzellensystemen (SOFC = Solid Oxide Fuel Cell). Die Anlage soll die bestehende Stromversorgung des Werksstandortes umweltfreundlich (sprich: nahezu geräuschlos und mit geringen Emissionen) ergänzen und die weitere Entwicklung dieser dezentralen Energiesysteme vorantreiben. Zur offiziellen Inbetriebnahme holte man sich unter anderem Unterstützung seitens der Politik. So waren Franz Untersteller, baden-württembergischer Landesminister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, gemeinsam mit Andreas Schwarz, MdL, und Armin Elbl, Bürgermeister der Stadt Wernau, der Einladung von Bosch Thermotechnik gefolgt.

Fünf Männer zerschneiden an verschiedenen Stellen ein Band.
Quelle: Robert Donnerbauer
Feierliche Eröffnung am 1. Juli 2020 (v.l.): Armin Elbl (Bürgermeister der Stadt Wernau), Andreas Schwarz (Mdl), Franz Untersteller (baden-württembergischer Landesminister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft), Uwe Glock (Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch Thermotechnik) und Dr. Wilfried Kölscheid (Projektleiter Solid Oxide Fuel Cell bei Bosch).

"Die Energiewende kann nur gelingen, wenn wir langfristig in zukunftsfähige, regenerative Energien investieren", erklärte Uwe Glock, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch Thermotechnik, zur Begrüßung. Doch bei der dezentralen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien sei man mit Photovoltaik und Windenergie abhängig von externen Einflüssen. Mit SOFC-Systemen und dem Einsatz von grünem Wasserstoff hingegen könne man die Stromerzeugung gezielt steuern. "Für Bosch ist daher die hocheffiziente Brennstoffzelle ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit und Flexibilität des Energiesystems der Zukunft", stellte Glock klar.

Brennstoffzellen bieten Wachstumspotential

Erneuerbare Energien seien im Stromsektor gut vorangekommen, in den Sektoren Wärme und Verkehr sei ihr Erfolg jedoch schlicht und ergreifend überschaubar, erläuterte Untersteller in seinen Begrüßungsworten. Hier biete die Brennstoffzelle eine Option. Das Projekt von Bosch zeige die Relevanz dieser Zukunftstechnologie, nicht nur im öffentlichkeitswirksamen Fahrzeugsektor, sondern auch im Wärmesektor. Für größere Brennstoffzellensysteme könnten vielleicht auch Nahwärmenetze für Quartiere ein Thema werden.

In Baden-Württemberg seien bereits über 80 Unternehmen auf dem Gebiet Brennstoffzellen- und Wasserstoff-Technologie unterwegs. Laut einer jüngsten Studie betrage das Potential der Brennstoffzellen- und Wasserstoff-Technologie bis zum Jahr 2030 allein für Baden-Württemberg rund neun Milliarden Euro Umsatz und über 16.000 Arbeitsplätze. Derzeit arbeite man gemeinsam mit Akteuren aus Unternehmen sowie aus Forschung und Wissenschaft an einem Strategieplan (Roadmap), wie man dieses Potential in den kommenden Jahren auch mobilisieren kann.

Das Thema Brennstoffzelle leide vor allen Dingen an einem Problem, den Kosten, betonte der Umweltminister. Förderpolitik alleine (wie aktuell praktiziert) sei aber nicht die Lösung, gefragt sei die Kombination von kluger Ordnungspolitik mit kluger Förderpolitik. Um die Kosten zu drücken, sei zudem auch eine industrielle, automatisierte Fertigung der Brennstoffzelle und der Systeme gefragt.

In ihren kurzen Redebeiträgen begrüßten Schwarz und Elbl diesen mutigen Schritt von Bosch. Schwarz ermunterte das Unternehmen, weiter in Klimaneutralität zu investieren. Für die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg sah er drei Herausforderungen: Wertschöpfung gestalten, Klimaneutralität und Innovationen. Da passe die Brennstoffzelle hervorragend rein. Man wolle das Unternehmen weiterhin unterstützen, dieses Wachstumsfeld zu bearbeiten. Auch für ihn sei Wasserstoff ein Wachstumsmarkt. Die Potentiale müsse man nutzen. Wichtig sei ihm, dass Baden-Württemberg beim Wasserstoff weiter die Nase vorne habe. Vielleicht sollte man der Bevölkerung die teilweise noch vorhandenen Ängste gegenüber Wasserstoff nehmen. Wobei Elbl bemerkte, dass die Innovationsfreude von Bosch schon bei den Kindern im Ort Technikbegeisterung wecke.

Serienproduktion für 2023 geplant

"Bosch zeigt mit der SOFC-Pilotanlage in Wernau, dass die sichere, umweltfreundliche und flexible Energieversorgung durch Systeme wie die Brennstoffzelle dezentral gewährleistet werden kann", unterstrich Glock. Vor über zwei Jahren habe man mit der Entwicklung gestartet – unter Zusammenarbeit der Bereiche Corporate Research, Powertrain Solutions und Thermotechnology. "Wir wollen bis 2023 serienreif sein", stellte Glock klar. Bis dahin sollen noch etliche Pilotanlagen in unterschiedlichen Anwendungen zum Einsatz kommen, beispielsweise in Rechenzentren und Serverfarmen, in Quartierslösungen, in Fabriken oder für den Betrieb von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge. Aktuell befänden sich bereits SOFC-Anlagen zur Erprobung und Validierung an den Bosch-Standorten Bamberg, Homburg, Renningen und Schwieberdingen. Weitere Demonstratoranlagen seien in Stuttgart-Feuerbach und Salzgitter geplant.

Quelle: Robert Donnerbauer
Die Pilotanlage besteht aus drei Festoxid-Brennstoffzellensystemen mit je 10 kW elektrischer Leistung.

Entscheidend für die Kosten wird es sein, in die Großserienfertigung zu kommen. Daher kooperiert Bosch seit August 2018 auch mit der britischen Ceres Power bei der Entwicklung von Brennstoffzellen-Stacks für stationäre Anwendungen. Ceres Power ist ein Entwicklungsunternehmen für kostengünstige Festoxid-Brennstoffzellen. Auf der Basis seines "Asset-Light-Lizenzmodells" hat das Unternehmen Partnerschaften mit Engineering- und Technologie-unternehmen geschlossen, wie Bosch in Deutschland, Weichai in China, Miura in Japan und Doosan in Südkorea. Bosch konnte dadurch bereits im Herbst 2019 in Deutschland mit einer Kleinserienfertigung erster SOFC-Systeme beginnen. Im Januar 2020 erhöhte Bosch seinen Anteil an Ceres Power von 3,9 Prozent auf rund 18 Prozent. Die Anteilserhöhung soll die Kooperation im Hinblick auf eine industrielle Großserienfertigung stärken. So habe man durch die Partnerschaft eine Verbindung der SteelCell-Technologie von Ceres Power mit den Kompetenzen von Bosch in Technologie, Fertigung und Lieferketten-Management geschaffen.

Ceres Power habe es geschafft, Keramik und Metall dauerfest und temperaturfest zu verbinden, erläuterte Dr. Wilfried Kölscheid, Leiter des Projektes Solid Oxide Fuel Cell bei Bosch. So präsentiere sich die SteelCell als massenfertigungstaugliches, widerstandsfähiges Metallsubstrat mit Keramikbeschichtung. Die Automatisierung der Produktion sei auch daher möglich, da die Fertigungsprozesse ähnlich seien wie bei einer Lambda-Sonde, die heute schon millionenfach hergestellt wird.

Von Robert Donnerbauer
Redaktion, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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