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KWK

Bosch setzt auf dezentrale Stromerzeugung mit Brennstoffzellen

Dienstag, 20.10.2020

Stromkraftwerk statt Heizgerät

Aber Technologie alleine macht noch keinen Markt, räumt Kölscheid ein. "Wir sehen einen Trend zur weiteren Elektrifizierung. Treiber ist die Digitalisierung, sprich das Internet, und die steigende Zahl an Rechenzentren und Datenspeichern." Also gewinne Strom als die wertvollste Energie, die man sich aktuell vorstellen kann, weiter an Bedeutung. Und ein SOFC-System spare im Vergleich zum Strom-Mix in Deutschland selbst beim Betrieb mit Erdgas bis zu 40 Prozent an Kohlendioxid-Emissionen. Wird die Brennstoffzelle mit Wasserstoff oder Ökogas betrieben, fallen gar keine direkten Kohlendioxid-Emissionen mehr an. "Durch die schrittweise Umstellung auf Wasserstoff als Energieträger in den nächsten Jahren ist die stationäre Brennstoffzelle mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele besonders zukunftssicher", konstatierte Kölscheid.

"Die SOFC-Pilotanlage unterstreicht unser Bestreben, die Energiewende und die damit verbundene Eindämmung des Klimawandels bei allen Energie- und Wärmelösungen von Bosch technologieoffen voranzutreiben", so Kölscheid. In einem rein elektrochemischen Prozess gelangen in der SOFC Sauerstoff-Ionen durch einen dünnen Elektrolyten aus Keramik von einer Kathode zur Anode und reagieren dort mit Wasserstoff zu Wasser. Es entsteht Strom mit einer Effizienz von über 60 Prozent. Die zusätzlich entstehende Wärme kann über einen Wärmeübertrager Heiz- und Warmwassersysteme versorgen. Mit dieser Doppelnutzung – sprich KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) – erreichen die SOFC-Geräte einen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 85 Prozent.

Damit machte Kölscheid mehr als deutlich: "Die SOFC ist für uns kein Brennstoffzellenheizgerät, sondern ein sehr effizientes kleines Stromkraftwerk, das auch noch Wärme mitliefert." Das Thema Elektrifizierung steht klar im Vordergrund. Der Fokus liegt auf der effizienten Stromproduktion, die Wärme wird gerne mitgenutzt. Zudem unterscheidet es sich auch in der Leistung deutlich von den bereits im Markt befindlichen Brennstoffzellenheizgeräten (Mikro-KWK bis 2 kW elektrischer Leistung). In einem Stack der SOFC-Pilotanlage sind 1.000 Zellen verbaut. Sie leisten zusammen 10 kW elektrisch und über 3 kW thermisch.

So ist die Hausenergieversorgung mit einem Jahresstrombedarf von 3.000 kWh bis 4.000 kWh auch nicht das Ziel. Die 10 kW-Anlagen sollen rund um die Uhr laufen, im Jahr also über 8.000 Stunden – macht pro Anlage rund 80.000 kWh. Auch von der Mini-KWK (bis 50 kW elektrische Leistung) mit motorbetriebenen BHKW (Blockheizkraftwerken), deren Markt in den vergangenen beiden Jahren in Deutschland um rund ein Drittel auf nicht einmal mehr 3.000 Mini-BHKW eingebrochen ist, distanziert man sich deutlich. Denn BHKW würden häufig dort eingesetzt, wo Wärmebedarf besteht und der Strom nebenbei mitgenommen wird. Die Brennstoffzelle habe gegenüber heutigen Verbrennungsmotoren eine weitaus höhere Stromeffizienz, keine beweglichen Teile und einen entsprechend geräuschärmeren Betrieb.

Blick in ein Prüflabor für Brennstoffzellensysteme.
Quelle: Robert Donnerbauer
Blick ins Prüflabor für Brennstoffzellensysteme von Bosch in Wernau.

Impuls für die Kraft-Wärme-Kopplung

Die Erwartungen in den Markterfolg der 10 kW SOFC-Einheiten sind entsprechend hoch. Sie werden der KWK einen neuen Impuls geben, bekräftigte Glock. "Wir erwarten große Stückzahlen, im sechsstelligen Bereich." Das Konzept sieht explizit eine Skalierung mehrerer Anlagen vor. So lassen sich auch mehrere Megawatt elektrische Leistung realisieren.

Anlässlich der Eröffnung der Pilotanlage gewährte Bosch in Wernau auch kurze Einblicke in den Musterbau und das Prüflabor für Brennstoffzellensysteme. So sei der Stack an sich zwar wichtig, aber entscheidend sei letztendlich das Gesamtsystem. Alle sechs bis neun Monate bringe man eine neue Systemgeneration heraus, mit neuen Komponenten und neuer Software. In der Pilotanlage komme die fünfte Generation zum Einsatz, im Labor arbeite man bereits an der Generation Nummer sechs. Bosch fertigt das komplette System, von der einzelnen Zelle über den Stack bis zum Einzelgerät samt Mehrfachanlagen mit bis zu mehreren Megawatt Leistung. Aktuell werde wöchentlich ein Gerät gebaut, rund 50 in diesem Jahr. Im kommenden Jahr soll dann eine Kleinserienfertigung für jährlich 100 bis 120 Geräte aufgebaut werden.

Von Robert Donnerbauer
Redaktion, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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