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Lüftung

HeizungsJournal-Expertentreff zum Thema „Wohnraumlüftung“

Donnerstag, 03.09.2015

In Summe soll die neue Regelung also ab 2016 sicherstellen, dass eine ver­gleichbare Datenbasis für alle Produkte in Europa existiert. Dies könnte zu einem transparenteren Markt für Wohnraumlüftungsgeräte sowie zu besserer Verbraucherinformation führen. Aber: Welche „Gefühle“ löst das EU-politische Thema „Energielabel“ bei den etablierten Anbietern bzw. Herstellern von Lüftungsgeräten aus? Kurz, knapp und eindeutig: Die Unternehmen, die beim HeizungsJournal-Expertentreff „Wohnraumlüftung“ teilgenommen haben, stehen dieser Thematik mit gemischten Gefühlen gegenüber. Denn das, was im Consumer-Bereich und bei der „Weißen Ware“ funktioniere und durchaus Sinn machen könne, müsse sowohl im Heizungs- als auch im Lüftungstechnikmarkt nicht zwangsläufig erfolgreich sein, da hier bekanntlich komplexe Systeme mit etlichen Variablen zu bewerten seien. Helios, Limot, LTM, Maico, Pluggit, Systemair und Zehnder sehen im Label für Wohnraumlüftungsgeräte deshalb zunächst nur eine Richtschnur und einen Wegweiser für Endverbraucher. Schließlich könne durch ein „A“ die Kaufbereitschaft positiv unterstützt werden. Jedoch liege auch ein Gefahrenmoment darin, wenn der Endkunde nur auf eine möglichst gute Effizienzklasse schielt und dabei den Systemkontext komplett außer Acht lässt. Die Fachwelt und die Hersteller kann das natürlich nicht befriedigen. Vor allem der beschriebene „spezifische Energie­verbrauch“ (SEV) bzw. die dem SEV zugrundeliegenden Berechnungsgrundlagen seien teilweise fragwürdig. Axel Dignas und Oliver Fiedel halten hier Vieles für noch nicht ausdefiniert: „Etliche Fragen sind noch zu klären und die Zeit wird für die ganze KWL-Branche knapp!“

ErP: Sachkenntnis gefragt!

„Erklärungsbedürftig wird auch sein, dass ein Wohnraumlüftungsgerät – je nach Ausstattung und Beschaffenheit – unterschiedliche Energielabel tragen kann und dass manche Systemkonstellationen nicht in die Labelpflicht fallen bzw. bisher noch nicht entsprechend gelabelt werden können“, so Uwe Schumann. „Trotz einer Labelflut, der wir uns ausgesetzt sehen, muss die Anlage am Ende schlüssig zusammengesetzt sein“, mahnt Harry Haas. Dieter Megerle, Björn Peters und Klaus Lang verweisen hier auf die Verantwortung der Fachplaner und Fachhandwerker: „Bei der Beratung und Berechnung ist Sachkenntnis gefragt!“

Harry Haas, Helios, Björn Peters, LTM, und Uwe Schumann, Pluggit, im Gespräch.
Quelle: HeizungsJournal
Harry Haas, Helios, Björn Peters, LTM, und Uwe Schumann, Pluggit, im Gespräch.

Fakt ist: Die in der Raumlufttechnik umzusetzende ErP-Richtlinie kann Kauf­anreize für den Endkunden schaffen. In jedem Falle erhöht sie den Beratungsbedarf und entsprechend den Aufwand beim Hersteller, im Handel und im Handwerk.

ErP, EnEV, EEWärmeG – an allen Ecken bieten sich Chancen und Möglichkeiten für die Wohnraumlüftung. Allerdings sind auch Unschärfen, Unsicherheiten und Risiken mit diesen Abkürzungen verknüpft. Wäre eine bundesweite Förderung für Systeme zur kontrollierten Be- und Entlüftung von Wohnräumen – z. B. im Stile des Marktanreizprogramms für Erneuerbare Energien im Wärmemarkt (MAP) – da nicht herzlich willkommen und segensreich, um die Technologie endgültig zu etablieren?

Klare Antwort der Branchenvertreter: „Fördern ja, aber bitte logisch und im Sachzusammenhang.“ Wohlwissend, dass eine Förderung junger Technolo­gien nach dem Gießkannenprinzip mehr Fluch als Segen ist – bekanntestes Beispiel: die Photovoltaikbranche. Außer Frage steht für die Teilnehmer des Expertentreffs „Wohnraumlüftung“ jedenfalls, ob eine Förderung nach den Regeln des MAP überhaupt möglich sei, habe die Wärmerückgewinnung in der Raumlufttechnik doch regenerativen Charakter – es werde schließlich Lüftungswärme, sprich: Verlustenergie, über den Wärmeübertrager zurückgeholt!

Technische Trends: Da kommt noch einiges!

Gerade hier – im Bereich der Wärmerückgewinnung – und beim Stromverbrauch der Geräte und Ventilatoren seien, laut Uwe Schumann, in Zukunft noch Verbesserungen zu erwarten – genauso in den Bereichen Luftverteilung und Luftdurchlässe (Schall).

Überhaupt, das hat auch die vergangene ISH wieder gezeigt (s. HeizungsJournal 6/2015, S. 70 bis 74, und HeizungsJournal 7-8/2015, S. 68 bis 71), besitzt die KWL-Branche einiges an Innovations­potential und ist in Sachen technischer Entwicklung noch lange nicht am Ende. Oliver Fiedel denkt dabei vor allem an das installierende Fachhandwerk und die Themen Montagefreundlichkeit und -zeit. Der Mega-Trend „Vernetzung und Internet der Dinge und Dienste“ macht natürlich nicht vor der Lüftungstechnik halt, sondern hat diese vielmehr voll erfasst: „Die Regelung macht den Unterschied“, betont Dieter Megerle. Björn Peters sieht die MSR-Technik und Automationskomponenten ebenfalls im Aufwind, mahnt Planer und Handwerker aber zur Vorsicht, das Thema nicht zu überreizen – die ganze Sache müsse schließlich vom Endverbraucher noch vernünftig bedient werden können.

Vor allem der Sensorik und der damit verknüpften Regelung auf Basis der Luftfeuchte, der CO2- oder VOC-Konzentration (VOC = flüchtige organische Verbindungen) wird hohes Potential zugeschrieben. Die Vertreter der Hersteller waren sich einig, dass diese Regelungsarten zum Standard werden. In Bezug auf den Feuchtehaushalt eines Gebäudes könne eine Feuchterückgewinnung durchaus sinnvoll sein, unterstreicht Axel Dignas. Dass Lüftungsgeräte langfristig mehrere Funktionen übernehmen, davon ist Klaus Lang überzeugt und hebt die Vorteile kompakter Haustechnikzentralen hervor, welche neben einem kontinuierlichen Luftaus- tausch unter anderem die Beheizung und Warmwasserbereitung übernehmen.

Oliver Fiedel, Zehnder, und Klaus Lang, Systemair, diskutieren beim Expertentreff zur kontrollierten Wohnraumlüftung.
Quelle: HeizungsJournal
Oliver Fiedel, Zehnder, (links im Bild) und Klaus Lang, Systemair, diskutieren beim Expertentreff zur kontrollierten Wohnraumlüftung.

Sehr gut entwickelt sich, wie eingangs erwähnt, das Marktsegment der dezentralen Wohnraumlüftungsgeräte – auf der ISH 2015 haben fast alle Hersteller entsprechende Lösungen präsentiert. Die Frage, welche Lösung – zentral oder dezentral – sich langfristig im Markt durchsetzen wird, stellt sich für die Teilnehmer des Expertentreffs „Wohnraumlüftung“ nicht. Beide Systemwelten hätten ihre Einsatzmöglichkeiten und -grenzen. Eine allgemeingültige Empfehlung für oder gegen zentrale bzw. dezentrale Lüftungsgeräte könne man nicht geben, weil man immer die jeweilige Anwendung sowie Kundenpräferenz beachten müsse – Stichwort: Gebäude als System! Anders und stark vereinfacht ausgedrückt: Ein Zentralgerät ist nicht automatisch gut und dezentrale Geräte sind nicht automatisch schlecht. „Es gibt in der Branche keine »eierlegende Wollmilchsau«. Entscheidend und wichtig ist immer der fach- und sachgerechte Systemvergleich“, betont Harry Haas. Auch das Thema „Preis und Investitionskosten“, welches bei der Gegenüberstellung von dezentraler und zentraler Technik immer wieder aufkommt, sei überholt. Einzelraumgeräte seien so bei Einfami­lienhäusern und größeren Wohnungen nicht preiswerter als zentrale Lösungen.

„Die Welt dreht sich weiter“, bewertet Axel Dignas diese Diskussion.

In der Tat: Die SHK-Welt dreht sich permanent und beständig weiter. Trends kommen und gehen. Fakt ist – das hat der HeizungsJournal-Expertentreff „Wohnraumlüftung“ mit den Unternehmen Helios, Limot, LTM, Maico, Pluggit, Systemair und Zehnder deutlich gezeigt –, die Lüftungstechnik ist eine stabile und essentielle Säule im Markt. Eine Konstante, mit der man einfach rechnen muss.

Über interessante Entwicklungen wird Sie das HeizungsJournal, wie immer, aktuell informiert halten.

Von Jörg Gamperling
Chefredaktion HeizungsJournal
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