KWK

HeizungsJournal-Expertentreff zum Thema "Kraft-Wärme-Kopplung"

Donnerstag, 24.10.2019

Der 9. Expertentreff des Heizungs-Journals fand zum energie- wie klimapolitisch hochrelevanten Thema "Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)" statt.

Was haben wir an dieser Stelle – in der HeizungsJournal-Serie "Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)" – nicht schon alles an Zahlen, Daten und Fakten zu diesem Marktsegment veröffentlicht!

Jüngst hieß es beispielsweise in einem Artikel der August-Ausgabe: "Die Unsicherheit über die künftige Rolle in der Energiewende spiegelt sich auch im Marktgeschehen der vergangenen Jahre wider. So informiert das BAFA regelmäßig über die Zulassung von KWK-Anlagen nach dem KWK-Gesetz. […] zum einen war der Markt weiter rückläufig und zum anderen ist davon vorrangig der höhere Leistungsbereich betroffen. Nach bisheriger Erkenntnis konnten demnach die Zulassungszahlen der Boomjahre 2013 und 2014 bei weitem nicht erreicht werden. Besonders im Megawatt-Bereich wurde kaum Bewegung verzeichnet. Allein die Größenklassen der Mikro- und Mini-KWK (bis zu 50 kW elektrische Leistung) konnten sich sehen lassen, vor allem gestützt durch einen leichten Anstieg im kleinsten Leistungsbereich (bis zu 2 kW elektrische Leistung). Dies bestätigen Zahlen des BDH. Konnten die kleinen Anlagen der Mikro- und Mini-KWK den Abwärtstrend im Markt in 2017 durch einen Absatz von knapp 6.000 Anlagen wieder umdrehen, stabilisierte sich in 2018 die Nachfrage bei gut 6.000 Stück. Wobei diese Zahlen nebenbei auch verdeutlichen, dass motorbetriebene BHKW einen weiter rückläufigen Trend aufwiesen. Denn man muss berücksichtigen, dass in den vergangenen beiden Jahren das Fördergeld der KfW im Rahmen des Förder-programms 433 »Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle« zum Tragen kam: So wurden in 2017 über 1.500 Brennstoffzellenheizgeräte und in 2018 etwa 2.500 Brennstoffzellenheizgeräte verkauft. […]"

Aber: Die Statistik, die Zahlen und das Quantitative – das ist das eine. Das andere ist bekanntlich das Qualitative. Und gerade die geplante und installierte Qualität von Anlagen der Energie- und Gebäudetechnik, von Systemen der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) ist doch das (eigentlich) entscheidende Kriterium. Oder anders ausgedrückt: Der rein zahlenmäßige Absatz sagt noch lange nichts über die reale (umwelttechnische) Wirkung einer Technologie aus.

Wortwolke zum Thema Kraft-Wärme-Kopplung.
Quelle: HeizungsJournal

"Die Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung werden im Systemverbund zwingend benötigt, um im Betrieb schlüssige energie- und versorgungstechnische Konzepte zu realisieren. Dieses Bewusstsein muss draußen bei den Investoren geschärft werden. Wir reden hier charakteristischerweise also eher von einem projektgetriebenen Geschäft als von einem klassischen Massenmarkt", verdeutlicht Rainer Szieleit, Vertriebsleiter bei der Wolf Power Systems GmbH.

Foto von Rainer Szieleit.
Quelle: HeizungsJournal
Rainer Szieleit, Vertriebsleiter, Wolf Power Systems GmbH: "Systemisches Denken und Verständnis ist die Grundlage für erfolgreiche KWK-Projekte – unabhängig davon, ob ein Blockheizkraftwerk im privaten, gewerblichen oder kommunalen Bereich eingesetzt wird. »Systemdenken« heißt heutzutage aber beispielsweise auch, die Ladeinfrastruktur für E-Mobile integrieren zu können."

Und so kommt es, dass die Teilnehmer beim Heizungs- Journal-Expertentreff "Kraft-Wärme-Kopplung", welche hier Unternehmen repräsentiert haben, die eine sehr bedeutende Rolle im Markt spielen und deren Meinungen durchaus als repräsentativ für die KWK-Branche gelten können, mittlerweile überzeugt davon sind, dass das gesamte Thema "KWK" auf einer ideelleren Ebene bearbeitet werden muss. Und damit ist im Grunde auch eine Kernbotschaft dieses Expertentreffs schon transportiert. Nämlich: Die Kraft-Wärme-Kopplung muss raus aus dem "Mauerblümchendasein" und mutig hinein in den noch relativ jungen Garten der Energie- und Wärmewende! Selbstverständlich, und nicht zu vergessen, zusammen mit den anderen "Playern" der Branche – zum Beispiel den Anbietern aus dem (wachsenden) Wärmepumpensegment. Hier gelte es, Gemeinsamkeiten zu betonen, anstatt die Abgrenzung oder gar die offene Konfrontation zu suchen. Der Markt sei schließlich groß genug für alle – lautete eine weitere plakative Überschrift der Runde.

Die KWK spielt ihre Rolle in der Energiewende

Dass das tatsächlich so ist, bestätigen Daten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) eindrücklich: Fast die Hälfte (49,4 Prozent) der 41,7 Mio. Wohnungen in Deutschland werden mit Gas beheizt, ein gutes Viertel (26,1 Prozent) mit Heizöl, 13,8 Prozent mit Fernwärme, 2,6 Prozent mit Strom und zwei Prozent mit Elektrowärmepumpen. Den verbleibenden Anteil von 6,1 Prozent teilen sich Holz, Holzpellets, sonstige Biomasse sowie Koks/Kohle und sonstige Brennstoffe (Anm.: Daten-Stand 2017). Sprich: Der Energieträger Gas bzw. Erdgas dominiert im Heizungs-/Raumwärmemarkt – geradezu ideale Perspektiven für den Einsatz der KWK-Technologie (Stichwort: Sanierung von Mehrfamilienhäusern). Sollte man meinen.

"In der Tat sprechen diese Zahlen für sich und vermitteln selbstverständlich eine große Perspektive für unsere Branche. Jedoch sehen gerade die Wohnungsbaugesellschaften häufig nur den »Invest«, den KWK-Systeme mit sich bringen und der in aller Regel höher ist als bei konventionellen Wärmeerzeugern. Das steht natürlich als Hemmschuh im Raum", gibt Sven Mahlitz, Vertriebsleiter Energiesysteme bei der Yados Vertriebs GmbH, zu bedenken.

Foto von Sven Mahlitz
Quelle: HeizungsJournal
Sven Mahlitz, Vertriebsleiter Energiesysteme, Yados Vertriebs GmbH: "Die Hersteller von Blockheizkraftwerken halten die Lösungen für das problema-tische Szenario »Dunkelflaute« in ihren Händen. Ein Pfund, mit dem man unbedingt wuchern muss! Das Zehren von der Zukunftsvision reicht nicht – die KWK-Branche muss ihre Kraft endlich auf die Straße bringen."

"Nicht nur, dass die Regeln immer komplizierter, immer undurchschaubarer werden, auch nimmt die Bürokratie im Betrieb mit ihren Melde- und Berichtspflichten immer mehr zu. Dieser Dschungel in den Strukturen muss gelichtet und wieder vereinfacht werden. Warum macht man der KWK das Leben so schwer?", fragt Jürgen Zastrow, Vertriebsleiter bei der RMB/Energie GmbH, an dieser Stelle in die Runde und spricht damit ein weiteres Hindernis an.

"Es ist sehr schwierig, die Politik in dieser Sache zu bearbeiten", betont Heinz Ullrich Brosziewski, Vizepräsident des B.KWK, in diesem Zusammenhang und ergänzt: "Nochmal: Die Kraft-Wärme-Kopplung als technisches Prinzip muss ideeller angegangen werden! Außerdem muss man konstatieren, dass der eigentliche Transformationsprozess hin zu neuen Systemen der Energie- und Wärmeversorgung – gerade im Bereich der Wohngebäude – noch gar nicht im Gange ist. Alle Projektbeteiligten, auch Architekten, Planer & Co., müssen umdenken!"

Foto von Heinz Ullrich Brosziewski.
Quelle: HeizungsJournal
Heinz Ullrich Brosziewski, Vizepräsident, Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V. (B.KWK): "Blockheizkraftwerke müssen in der Praxis keine »Dauerläufer« mehr sein, um wirtschaftlich betrieben werden zu können – sie sind eben ausdrücklich keine »must run«-Technik mehr. Was die Wirtschaftlichkeit der KWK zukünftig beflügeln dürfte, ist das Thema »Netzstabilisierung«. Steuerbare Leistung wird ein Wert an sich werden."

"Umdenken", das heißt an dieser Stelle, etwas zu wagen, das berühmt-berüchtigte "Neuland" zu betreten im Sinne von energieeffizienten, CO2-armen, klimafreundlichen Anlagen. Das erfordert freilich Mut zur Veränderung und den Willen, die eine oder andere eventuell vorhandene Wissenslücke aufzufüllen. Am Ende des Tages ist das aber für jeden Anlagenbauer und Fachingenieur eine sehr nachhaltige Investition in die eigene Zukunft. Dass die zu planenden, zu installierenden und zu betreibenden TGA-Systeme immer vielschichtiger, feingliedriger, komplexer und vernetzter werden, das ist nun wahrlich nichts Neues. Es gilt eben, dem mit entsprechender Aus-, Fort- und Weiterbildung zu begegnen. Ebenfalls ein bekanntes und gutes Rezept in Zeiten der "Transformation": Das Suchen, Finden und Festigen von Kooperation jeglicher Art – bestes Beispiel: der Heizungsbaufachbetrieb X, welcher KWK-Projekte mit dem E-Fachhandwerker Y erfolgreich über die Bühne bringt.

Ein solcher "Brückenschlag" – kooperationstechnische "Schützenhilfe“ für die KWK-Branche wenn man so möchte – kam aktuell vom Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE), der hauptgeschäftlich maßgeblich die Interessen der Branchen Wind-, Solar- und Bioenergie sowie Wasserkraft vertritt. "Für eine erfolgreiche Energiewende werden KWK-Systeme auch langfristig eine wichtige Rolle spielen", betonte der BEE-Vizepräsident, Horst Seide, Mitte Juli 2019 im Rahmen einer Pressemeldung. Stellte in diesem Zusammenhang aber freilich auch fest, dass es von zentraler Bedeutung sei, den "Switch" von fossiler KWK zu einer klimafreundlichen Bereitstellung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energieträgern möglichst rasch in die Wege zu leiten. So unterstützt der BEE in seiner Stellungnahme zum im April 2019 veröffentlichten "KWK-Evaluierungsbericht" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) das "darin gezeichnete Leitbild zur Weiterentwicklung von KWK-Systemen hin zu flexiblen Strom/Wärme-Systemen unter Einbindung erneuerbarer Brennstoffe und dezentraler, umweltneutraler Wärmequellen."

Dies bedinge jedoch eine gezielte Weiterentwicklung der politischen Instrumente – ein Thema, welches die KWK-Branche (leider) permanent beschäftigt; oder sollte man besser sagen: in Atem hält. Kein Wunder also, dass die Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. (ASUE), der B.KWK, die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) und der Verband für Wärmelieferung e.V. (VfW) ebenfalls Mitte Juli 2019 in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zum "KWK-Evaluierungsbericht" unterstrichen: "Es muss dringend vermieden werden, die Gesetzgebung weiterhin einseitig, nur auf Stromanwendungen hin zu entwickeln. Für verdichtete, innerstädtische Bebauung, energieintensive Unternehmen und für die Nutzung saisonal gespeicherter erneuerbarer Energie ist es unabdingbar, die KWK-Technik einzusetzen, um sicher und kosteneffizient Strom und Wärme bereitzustellen. Jegliche KWK-Anlage, die heute noch mit Gasen fossiler Herkunft betrieben wird, kann ohne erheblichen Aufwand auf erneuerbare Gase umgestellt werden. Wird jedoch wegen aktueller Rahmenbedingungen die Investition in KWK-Anlagen nicht getätigt und die zugehörige Infrastruktur nicht gebaut, dann ist die später wahrscheinlich erforderliche Investition erheblich höher, wenn nicht gar unmöglich. Denn es liegen dann keine oder andere Infrastrukturen vor und die hocheffizient erzeugte KWK-Wärme kann nicht verteilt und genutzt werden."

Die KWK darf gerne Emotionen zeigen

Ja: ein regelrechtes Leid-Thema ist das Verhältnis der KWK mit der (deutschen) Energie- und Klimapolitik! Dies wurde beim Expertentreff einmal mehr klar und von den teilnehmenden Unternehmen 2G, EC Power, Kraftwerk, RMB/Energie, SenerTec, Wolf Power Systems, Yados sowie vom B.KWK entsprechend betont bzw. kritisiert. Die eingangs erwähnte "Unsicherheit" im Markt bzw. die Verunsicherung von potentiellen Investoren, die ja eigentlich auf die gekoppelte Wärme- und Stromerzeugung setzen wollen, sei ein echtes Dilemma und basiere im Wesentlichen auf der Volatilität der politischen Entscheidungen. Oder überspitzt ausgedrückt: Heute heißt es "hü" und morgen heißt es "hott".

Bild von Jürgen Zastrow.
Quelle: HeizungsJournal
Jürgen Zastrow, Vertriebsleiter, RMB/Energie GmbH: "Eine eng am individuellen Wärme- und Strombedarf orientierte Leistung des Blockheizkraftwerks ist ein entscheidender Faktor für die optimale Amortisation der Anlage. Aber nicht nur das »Glück« des späteren Betreibers muss man im Blick haben. Wichtig ist selbstverständlich auch die Installationsfreundlichkeit der Systeme für den Heizungsbauer."

Summa summarum kleben mit den beiden Themenfeldern "Absatz- und Marktzahlen" (= Herumreiten auf Statistiken) sowie "Politik" (= Herumreiten auf Paragraphen) zwei große Hemmschuhe an den Füßen der KWK-Technologie und damit an den Beinen der Hersteller, welche sich logischerweise endlich davon befreien wollen. Auch deshalb müsse die KWK im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit "anders" – "ideeller" eben – bearbeitet werden. Ein bisschen mehr „Emotion“ kann da ja nicht schaden! Aber was kann in diesem Kontext nun "Emotion" konkret bedeuten?

Ein durchaus adäquater Ansatzpunkt bzw. ein eingängiger Slogan ist beispielsweise: "KWK schafft Versorgungssicherheit!" Emotionen jeglicher Art rufen weiterhin auch die offenen Fragen "Was ist, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht?" oder/und "Was machen wir denn bei Dunkelflaute?" hervor. Auch in diesen Fällen muss die Stromversorgung schließlich gewährleistet sein. Szenarien, welche geeignet sind, das Prinzip "Kraft-Wärme-Kopplung" in der Bevölkerung und Politik sichtbarer werden zu lassen.

"Ohne Kraft-Wärme-Kopplung gibt es keine Energiewende. Gerade das gewichtige Argument »Verlässlichkeit« muss die KWK-Branche noch deutlicher in die Debatten einbringen und in konkreten Projekten zeigen, dass das keine leere Versprechung ist. Wir müssen den Menschen anhand gelebter Praxis deutlich machen, dass die Kraft-Wärme-Kopplung funktioniert – auch in Verbindung mit anderen Technologien – und dabei wirtschaftlich und flexibel einsetzbar ist", unterstreicht Cord Müller, Geschäftsführer der EC Power GmbH.

Foto von Cord Müller.
Quelle: HeizungsJournal
Cord Müller, Geschäftsführer, EC Power GmbH: "Als KWK-Branche müssen wir gemeinsam und kontinuierlich agieren, um gehört zu werden – wohl wissend, dass der dringend notwendige Perspektivenwechsel in der Energiewirtschaft noch eine ganze Zeit dauern wird. Außerdem gilt es, die Investitionen in Sachen Aus- und Weiterbildung mit Blick auf die Kraft-Wärme-Kopplung deutlich zu erhöhen."

Es gilt demzufolge, die Frage nach der Rolle der KWK in der künftigen Wärme- und Stromversorgung in den Diskussionen mit Interessierten und Investoren stets präsent zu halten, wohl wissend, dass die "Erneuerbaren" – also Photovoltaik, Windkraft & Co. – (aktuell) deutlich präsenter sind. Die KWK-Branche darf sich schlicht und ergreifend nicht in die "Fossilien"-Schublade stecken lassen. Das wäre verheerend, weil die einfache Rechnung in der Bevölkerung und Politik dann heißt: Fossile Brennstoffe und darauf basierende Technologien sind endlich und werden Schritt für Schritt durch regenerative Energien abgelöst. Das Aus für die KWK scheint damit abgemacht – basta! Die aktuell wieder einmal hochkochenden Diskussionen rund um eine "Abwrackprämie für Ölheizungen" sind ein gutes Beispiel dafür, wie "gefährlich" diese "einfachen Rechnungen" sein können. Mit einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne wird da ein komplettes Marktsegment auf das imaginäre Abstellgleis gestellt – und damit auch ganze und gute Forschungs- und Entwicklungspfade, zum Beispiel die "Power-to-X"-Ansätze mit ihren synthetisch produzierten, klimaneutralen (gasförmigen und flüssigen) Brenn- und Kraftstoffen auf Basis von erneuerbarem Strom.

Die KWK hält einige Trümpfe in der Hand

Es gilt, die "Flucht nach vorne" anzutreten! "Die Kraft-Wärme-Kopplung ist dank technischem Fortschritt der ideale Partner für die erneuerbaren Energien und sorgt für stabile Stromerzeugung, auch dann, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Hinzu kommen ihre hohe Flexibilität und guten Speichermöglichkeiten für Wärme, was sie zum idealen »Schattenkraftwerk« für Photovoltaik und Windenergie macht. KWK passt sich alles in allem hervorragend ein in bestehende Infrastrukturen wie Wärme- und Stromnetze", bringt es der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung in seinen "Fünf Trümpfen für die Energiewende" auf den Punkt.

"Schattenkraftwerk" – das ist doch ein schöner und bildhafter Ausdruck! Genauso bildhaft-emotional wie die Metapher vom "deutschen (Erd-)Gasnetz" als belastbarer und heute schon ganz praktisch vorhandener Großspeicher, welcher im Verbund mit Speicherkavernen eine 90-tägige (!) Energiereserve darstellen kann. Es wäre regelrecht absurd, solche Infrastrukturen als "Fossilien" zu deklarieren. Vielmehr muss dieses Netz als E-Gas-, Solargas-, Windmethan- und Wasserstoff-Speicher beleuchtet, gedacht und integriert werden – Stichwort: Konvergenz der Energienetze für Gas, Wärme und Strom. Die KWK ist demnach in der Lage, die Größen "Wirtschaftlichkeit" und "Nachhaltigkeit" gekonnt zu verknüpfen. "Die Kostenvorteile reichen von niedrigen Betriebs- bis zu geringen Netzkosten dank verbrauchsnaher Erzeugung, ergänzt vom schonenden Umgang mit fossilen Ressourcen und optimaler Verwertung erneuerbarer Energien wie Bio- und Windmethan sowie Wasserstoff u.a.", schreibt der B.KWK hierzu und nennt gleich drei weitere "Trümpfe":

  • Wirkungsgrade von über 90 Prozent und eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten der KWK versprechen einen maßgeblichen Beitrag zum Erfolg der angestrebten Energiewende in Deutschland. Hinzu kommen reduzierte CO2-Belastungen und ein schonender Umgang mit Ressourcen.
  • Dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt den Strom vor Ort, dort, wo er gebraucht wird. Das entlastet nicht nur die Stromnetze, sondern mindert auch deren Störanfälligkeit.
  • KWK ist ein Innovationsmotor und fördert die Wertschöpfung sowie Wettbewerbskraft des deutschen Mittelstandes.

Wie kann es nun gelingen, diese "technologischen Trümpfe" gerade im Bereich der Gebäudeenergieversorgung besser auszuspielen und bei den entscheidenden Personen stärker ins Bewusstsein zu bringen?

Die Teilnehmer des HeizungsJournal-Expertentreffs "Kraft-Wärme-Kopplung" kennen geeignete Wege, um die sprichwörtlichen "PS" auf die Straße zu bringen, und gehen diese auch erfolgreich:

"Was wir in der Praxis leider immer wieder erleben, ist, dass potentiellen Auftraggebern die Investitionen in KWK-Anlagen »ausgeredet« werden. Um gerade solche Szenarien zu vermeiden, arbeiten wir seit Jahren sehr intensiv an der Schulung aller beteiligten Berufsgruppen. Fachwissen im Bereich Planung, Installation und Betrieb von Blockheizkraftwerken ist und bleibt die essentielle Grundlage für performante Systeme und zufriedene Kunden", stellte Hagen Fuhl, Prokurist und Leiter Normungs- und Öffentlichkeitsarbeit bei der SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme GmbH, die Relevanz der Aus- und Weiterbildung für die Branche heraus.

Foto von Hagen Fuhl.
Quelle: HeizungsJournal
Hagen Fuhl, Prokurist + Leiter Normungs- und Öffentlichkeitsarbeit, SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme GmbH: "Die Kraft-Wärme-Kopplung ist nicht nur irgendeine »Brückentechnologie«. Und die KWK ist ganz sicher kein Auslauf- oder Übergangsmodell, sondern die geborene Partnerin der erneuerbaren Energien. Klima- wie energiepolitisch muss es also heißen: »miteinander« statt »gegeneinander«."

"Wir betonen unsere Kompetenz als KWK-Spezialisten, welche sich voll und ganz diesem Marktsegment verschrieben haben. Dabei können wir in den individuellen Projekten mit unserem Erfahrungsschatz punkten, denn wir wissen genau, was unsere Maschinen leisten können und was nicht. Transparente und ehrliche Leistung – klingt altmodisch, bringt die KWK aber weiter", ist sich Markus Henning, Prokurist und Vertriebsleiter bei der Kraftwerk Kraft-Wärme-Kopplung GmbH, sicher.

Bild von Markus Henning.
Quelle: HeizungsJournal
Markus Henning, Prokurist + Vertriebsleiter, Kraftwerk Kraft-Wärme-Kopplung GmbH: "Die Kraft-Wärme-Kopplung steht beim Heizungsbauer zu häufig nicht auf der Tagesordnung. Sowohl die KWK-Technologie als auch die -Branche müssen hier dringend präsenter werden. Das ist, zugegeben, ein durchaus sportliches Unterfangen in Zeiten einer hohen Auslastung beim installierenden Fachhandwerk."

Michael Kirsten, Technischer Vertrieb und Projektentwicklung bei der 2G Energietechnik GmbH, bringt einen weiteren Ansatzpunkt in die Diskussion ein: "Die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger und Brennstoff in KWK-Systemen ist bei uns voll auf der Agenda und bereits in funktionsfähigen Anlagen umgesetzt. Mit solchen innovativen Anwendungen kann man ebenfalls gut punkten. Weitere Beispiele sind der Insel- und Netzersatzbetrieb mittels KWK."

Bild von Michael Kirsten.
Quelle: HeizungsJournal
Michael Kirsten, Technischer Vertrieb + Projektentwicklung, 2G Energietechnik GmbH: "Der vernetzte Energie- und Wärmemarkt eröffnet neue Geschäftsmodelle und datenbasierte Dienstleistungen. Die zielgerichtete Auswertung realer Betriebsdaten von KWK-Anlagen verbessert zum Beispiel die Qualität bei Wartungen und Serviceeinsätzen. Auch machen wir gute Erfahrungen mit der Vermietung von Blockheizkraftwerken."

Hat die KWK demgemäß eine Zukunft? Kann der zukunftsorientierte Heizungsbauer seinen Kunden noch guten Gewissens eine KWK-Anlage empfehlen?

"Ja, natürlich!", lautet die klare Antwort – nicht nur im Rahmen des HeizungsJournal-Expertentreffs "KWK" – auf diese zugegebenermaßen sehr rhetorischen Fragen und sie ist ein wichtiger Eckpfeiler der Energie- und Wärmewende. Ganz gleich, ob als Mikro- und Mini-KWK in der privaten Anwendung oder als Großmotoren und Turbinen-KWK in der kommunalen und industriellen Anwendung. Dezentral werden die besagten wertvollen erneuerbaren Gase und Öle – die sogenannten "E-Fuels" – in Zukunft zu Wärme und Strom umgewandelt. Immer dann, wenn Sonne und Wind eben nicht ausreichen, verrichtet die KWK zuverlässig ihren Dienst. Des Weiteren sind Warmwasser- und Pufferspeicher in Verbindung mit Wärmenetzen ebenfalls ein wichtiger Baustein, um die Strom- und Wärmebedarfsanforderungen für die KWK entkoppeln zu können. Gasmarkt, Strommarkt und Wärmemarkt in Symbiose – in neuen Dimensionen gedacht, "ideeller" bearbeitet und "emotionaler" kommuniziert – lautet folglich die Zukunftsperspektive der KWK-Branche. Die Technologie jedenfalls kann mit den unterschiedlichsten Transformationspfaden hin zu einem zukünftigen, klimafreundlichen Energiesystem umgehen.

Übrigens traut man der KWK dies auch zu! Die "Schützenhilfe" und der "Brückenschlag" kommen in diesem Falle – ganz offiziell und amtlich – vom BMWi, wo es in einem Artikel in der Rubrik "Strommarkt der Zukunft" heißt: "Die KWK steht an der Schnittstelle zwischen Strom- und Wärmemarkt. Beide Sektoren wachsen in den nächsten Jahrzehnten immer stärker zusammen. […] Mit dem Wandel in den Sektoren Strom und Wärme wandelt sich auch die Rolle der KWK."

Die KWK ist die "Sektorenkopplerin"

Diese essentielle "Schnittstellenfunktion" hatte ferner eine Kurzstudie untersucht, welche der B.KWK im Frühjahr 2018 präsentierte. Für die Studie "Perspektiven der Kraft-Wärme-Kopplung in der Energiewende" haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM) zwei Szenarien der Sektorenkopplung für Strom und Wärme verglichen: eine weitgehende Ablösung von Heizkesseln durch Elektro-Wärmepumpen und einen verstärkten Ausbau von Systemen der KWK. Die Kurzstudie bezieht sich dabei auf ein weit fortgeschrittenes Stadium der Energiewende im Jahr 2050. Verwendet wurden für die Szenarioanalyse stundenscharfe Zeitreihen für Strom und Wärme aus erneuerbarer und konventioneller Erzeugung, Stromspeicherung, Lastmanagement etc. – dadurch wurde es möglich, das Zusammenspiel der beiden jeweils dominanten Wärmeversorgungs-Systeme in hoher zeitlicher Auflösung zu beurteilen.

In der Zusammenfassung der Studie heißt es: "Aus den in dieser Kurzstudie vorgestellten Simulationen geht hervor, dass die forcierte Wärmepumpenstrategie einige gravierende Nachteile mit sich bringt. Die direkte Nutzung von Windkraft und Photovoltaik kann wegen der Zeitstruktur des Strombedarfs der Wärmepumpen nur begrenzt zur Bedarfsdeckung beitragen, auch wenn hierfür ein verstärkter Ausbau der fluktuierenden erneuerbaren Energien unterstellt wird. Erhebliche Strommengen müssten durch den Betrieb von konventionellen (evtl. fossil befeuerten) Kraftwerken oder durch Importe abgedeckt werden. Ob die im Rahmen des Wärmepumpen-Szenarios benötigten Strommengen importiert werden könnten, konnte im Rahmen dieser Studie nicht geprüft werden. Die Wärmepumpen verursachen in annähernd 1.000 Stunden eine Last von über 18 GW […] bei einem Maximalwert von 53 GW. Da Maximalwerte regional und überregional synchron zu erwarten sind, verbergen sich hierin auch hohe Anforderungen an den Netzausbau. Dagegen zeigt sich bei einer intensivierten KWK-Strategie, dass die Residuallast über das ganze Jahr zu einem deutlichen Ausgleich geführt werden kann. Dies gilt für den dargestellten Fall, dass die KWK-Systeme flexibel eingesetzte Wärmepumpen und Elektroheizer beinhalten […]. Sowohl die hier modellierten Großwärmepumpen als auch die Elektroheizer würden nur bei negativer Residuallast (Stromüberschüsse) und das KWK-Modul lediglich bei positiver Residuallast (Strommangel) laufen."

Ergo: Ein Ausbau von gasbasierten KWK-Systemen mit Wärmespeichern, die als ergänzende Komponenten E-Heizer und (Groß-)Wärmepumpen als "Power-to-Heat"-Technologien enthalten (sogenannte iKWK, "innovative Kraft-Wärme-Kopplung"; KWK-Anlage in Kombination mit einem elektrischen Wärmeerzeuger, dessen thermische Leistung mindestens so hoch ist wie die thermische Leistung der KWK-Anlage), passen zum Ausbau der Stromerzeugung aus fluktuierenden erneuerbaren Energien. "Die Zahl der Volllaststunden der KWK-Anlagen sinkt zwar im Vergleich zu heute deutlich, aber sie liefern dann auch besonders wertvollen Strom. In Überschusszeiten kann mit Strom aus Erneuerbaren zum einen Wärme mittels der »Power-to-Heat«-Komponenten der KWK-Systeme bereitgestellt werden, zum anderen können die Stromüberschüsse mit »Power-to-Gas«-Technologien genutzt werden, um Brennstoff für die zuvor mit Erdgas betriebenen KWK-Anlagen regenerativ zu erzeugen", heißt es in der Studie weiter.

Die KWK positioniert sich als flexibler Partner

Damit bekommt die KWK eine dauerhafte Perspektive auch und gerade in einem vollständig dekarbonisierten Energiesystem. Die vorhandene Gas-Infrastruktur und die daran gekoppelten Speicherkapazitäten, die auch einen saisonalen Ausgleich zulassen, werden Bestandteil dieses künftigen Energiesystems sein – dasselbe gilt für Wärmenetze. KWK-Anlagen können sowohl im kommunalen als auch im privaten und gewerblichen Bereich einen wichtigen Anker für die Energie- und Klimapolitik bilden.

Referenzen dafür, dass das hier Gesagte und Geschriebene auch im "Reallabor" funktioniert, gibt es selbstverständlich. Und die gesamte KWK-Branche ist gut beraten, mehr hierüber zu sprechen (Stichwort: Emotion)! Eine sehr beeindruckende Leistung steht zum Beispiel in Zürich-Leimbach: Hier leben im "Mehrfamilienhaus mit Energiezukunft" elf Parteien und setzen in Sachen Energie- und Gebäudetechnik auf – Achtung: Überraschung! – ein Miteinander aus bio-/erdgasbetriebenem Blockheizkraftwerk, Sole/Wasser-Wärmepumpe und gebäudeintegrierter Photovoltaik. Mit E-Gas/Biogas als Energieträger, dem Erdgasnetz als Speicher, der "Power-to-Gas"-Technologie sowie dem KWK- und Wärmepumpen-Prinzip kann das Haus sogar im Winter Strom ins Netz abgeben – zu jeder Jahreszeit stehen, nach Aussagen der "Umwelt Arena Schweiz", erneuerbare Energie für Wohnen und Leben, aber auch Strom und E-Gas/Biogas für den Betrieb von Elektro- und Gas-Fahrzeugen (erneuerbare Mobilität) zur Verfügung. Sprich: Der Überschussstrom, der am Gebäude anfällt, wird extern in E-Gas "verwandelt" und zur Speicherung ins Gasnetz eingespeist. Im Winter wiederum nutzt die KWK-Anlage im "Zukunftshaus" dieses produzierte und gespeicherte Gas. Steht dagegen an einem sonnigen Wintertag genügend Solarstrom zur Verfügung, wird dieser direkt von der Wärmepumpe verwertet und so wertvolles E-Gas für "schlechtere Zeiten" gespart. Da kann man nur sagen: Respekt für dieses Projekt und die Menschen dahinter, die ganz offensichtlich jenseits der "altgedienten Schubladen" denken!

Also: Die Karten und Trümpfe liegen auf dem Tisch. Gehen Sie es in Ihren kommenden Projekten bitte systemorientiert und technologieoffen an!

Der HeizungsJournal-Verlag bedankt sich bei den Experten für Ihre Teilnahme und die engagierte Diskussion!

Von Jörg Gamperling
Chefredaktion HeizungsJournal
Aktuelle Bewertung
Ihre Bewertung
Vielen Dank für Ihre Bewertung.

Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Möchten Sie die aktuellen Artikel per E-Mail erhalten?