Luftheizung, Kühlung und Warmwasserbereitung – per Haustechnikzentrale

In Wörth am Rhein ist in den vergangenen drei Jahren eine der größten Neubausiedlungen in Rheinland-Pfalz entstanden.

Wie zukunftsweisend ressourcenschonendes Bauen heute aussehen kann, zeigt dabei der Neubau von Familie Schrenk. Ihr Niedrigstenergiehaus wird komplett über eine Luft/Luft-Wärmepumpe bzw. eine Haustechnikzentrale versorgt – mit Wärme, Warmwasser, Außenluft und sogar Kühlung. Und das Ganze aufgrund einer PV-Anlage mit Strom vom eigenen Hausdach gleichzeitig weitgehend energieautark.

Das Neubaugebiet Abtswald am Stadtrand von Wörth am Rhein ist eines der größten in ganz Rheinland-Pfalz. Mehrere Hundert Grundstücke, die meisten davon etwa 450 bis 750 m² groß, sind dort in den vergangenen drei Jahren schon bebaut worden. Bei weiterhin ungebrochenem Interesse: Die Stadt liegt zum einen im Speckgürtel von Karlsruhe auf der "richtigen" – der "französischen" – Rheinseite. Zum anderen hat Wörth mit dem größten Mercedes-LKW-Werk der Welt einen Arbeitgeber vor der Tür, der Fachkräfte anzieht. Dafür braucht es neues Bauland und das ist auch hier in der Region eher knapp.

Die verdichtete Bebauung mit Einfa­milienhäusern, freistehend oder in Reihe, gibt aber einen hervorragenden Sachstandsbericht darüber, welche Wünsche und Ansprüche junge Bauherren heut­zutage stellen: Klare Linien dominieren die Architektur, die Gebäudehülle ist energetisch vorteilhaft durchweg kompakt und bodentiefe Fensterflächen sorgen bei offenen Grundrissen für viel Helligkeit im Haus.

Zugleich gibt das direkte Nebeneinander Dutzender Neubauten auf "Effizienz­haus"-Standard oder besser einen Überblick über den aktuellen Stand der Gebäude- und Heiztechnik: Gas-Brennwerttechnik hält augenscheinlich, nach wie vor, den Löwenanteil, aber direkt ­gefolgt von Luft/Wasser-Wärmepumpen, wie die unübersehbaren Außeneinheiten belegen. Das ist Stand der Technik, zeigt aber zugleich die Grenzen auf, wenn Baugrundstücke knapp bemessen sind: Der Gang rund ums Haus wird durch die Außeneinheiten in der Regel eingeschränkt, die Geräuschemissionen können bei fehlerhafter Aufstellung störend sein.

Haustechnik ganzheitlich betrachten

Für Architekt Dipl.-Ing. Wolfgang Klein (Pleisweiler-Oberhofen) aber waren das noch nicht einmal die entscheidenden Gründe, beim Neubau von Familie Schrenk stattdessen eine Luft/Luft-Wärmepumpe vom Typ Systemair-"Genius" installieren zu lassen: "Gerade in gut gedämmten Objekten muss man Haustechnik immer ganzheitlich sehen. Die spezifische Heizlast ist bei diesem Neubau mit nur 13 W/m² extrem gering, auf Passivhaus-Niveau. Wesentlich wichtiger sind dafür im Verhältnis gesehen der Lüftungswärmesowie der Warmwasserbedarf. Im Standardfalle werden bei solch einer Konstellation ein konventionelles Heizgerät mit geringer, trotzdem noch zu hoher Leistung sowie eine separate Lüftungsanlage eingebaut. Das verursacht doppelten Installationsaufwand sowie deutlich höhere Kosten beispielsweise für die notwendige Wärmeverteilung."

Beim Konzept der Passivhaus-zertifizierten Wärmepumpe "Genius" hingegen sind die Effizienz einer Luft-Wärmepumpe mit der Funktionalität einer kontrollierten Wohnraumlüftung, über die auch geheizt wird, direkt in einem bodenstehenden Gerät vereint. Die zentrale Regelung vereinfacht die Bedienung; das für Heizung, Lüftung und sogar Kühlung gleichermaßen zu nutzende Kanalnetz im Boden bzw. in der Decke reduziert den Installationsaufwand. Das bestätigt auch SHK-Obermonteur Ronald Pech vom ausführenden Fachhandwerksunternehmen Friedel + Ullmer (Landau): "Die Heiz- und Kühlleistung dieser Anlage reichen für solche Gebäude mehr als aus. Alles andere wäre überdimensioniert und würde dadurch höhere Betriebskosten verursachen, die nicht sein müssen. Hinzu kommen die Einsparungen bei der Montage selbst, denn die Kombianlage war binnen zwei Tagen aufgestellt und inklusive der einregulierten Ventile betriebsbereit."

Ein kurzer Blick in das technische "Innenleben" der Haustechnikzentrale: Das Kombigerät "Genius" liefert in der Praxis eine Kühlleistung von etwa 3,5 kW und eine Heizleistung bis etwa 5 kW. Das ­reiche, laut Systemair, für die sichere Versorgung von Einfamilienhäusern auf Niedrigstenergie-Standard völlig aus, einschließlich gleichzeitiger Anforderung von Brauchwarmwasser. "Genius" übertreffe dabei die Leistungsgrenzen typischer Abluftwärmepumpen deutlich: Dafür wurde in dem Gerät außer einem Rotationswärmeübertrager, der aus der Abluft Wärme und Luftfeuchtigkeit zurückgewinnt, eine Luft/Luft- bzw. für die Brauchwarmwasserbereitung eine Luft/Wasser-Wärmepumpe installiert. Eine weitere Energieeinsparung wird durch das Sekundärluftprinzip erreicht. Dabei wird aus den Zulufträumen bereits temperierte Luft entnommen, über die Luft/Luft-Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau gehoben und wieder der Zuluft beigemischt. Die Zuluft selbst wird über einen Rotationswärmeübertrager (bis zu 85 Prozent Wärmebereitstellungsgrad) mit Wärme und Feuchte aus der Abluft konditioniert. Parallel dazu lädt die Wärmepumpe über einen Plattenwärmeübertrager mit Speicherladepumpe den 150-Liter-Warmwasserspeicher im Kombigerät auf.

Ressourcenschonender Komfort

Die Bauherren Melanie und Philipp Schrenk mit Söhnchen Kilian von dem Energiekonzept zu überzeugen, war dabei für Architekt Klein vergleichsweise einfach. Denn als junge Eltern gehörten für sie sowohl eine ökologische Bauweise als auch eine ressourcenschonende Wärmetechnik von Anfang an mit ins Lastenheft: "Das Holzständerwerk bildet jetzt im wahrsten Sinne des Wortes den Rahmen für das von uns bevorzugte, natürliche Wohnen. Die innovative Lösung für die Haustechnik, bei der wir rund 75 Prozent Umweltwärme zum Heizen, Kühlen und für die Warmwasserbereitung nutzen können, ist dann gewissermaßen das »Tüpfelchen auf dem i«", so Philipp Schrenk.

Wesentlich problematischer war es hingegen, den vielen Freunden und Kollegen die Vorteile der "Genius"-Haustechnikzentrale zu vermitteln, die beim Bau des Hauses mithalfen, erinnert sich Melanie Schrenk: "Unter ihnen waren etliche, die als versierte Hausbesitzer oder Handwerker im Ruhestand dieser kombinierten Lösung mit Luftheizung ausgesprochen kritisch gegenüberstanden. Jetzt, nachdem wir knapp ein Jahr in unserem Haus wohnen, sind aber selbst die überzeugt."

Vor allem die Kühlfunktion der Wärmepumpe habe dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet: "Denn während unsere Nachbarn oder Freunde in ihren mit herkömmlichen Heizungsanlagen aus­gestatteten Häusern schwitzten, hatten wir unabhängig von der Außentemperatur den ganzen Sommer über ein perfektes Innenraumklima."

Dass in diesem Zusammenhang von "Klima" und nicht allein von "Temperierung" gesprochen werden kann, hängt mit einer konstruktiven Besonderheit der "Genius"-Anlage zusammen: Sie sorgt über den reversiblen Betrieb nicht nur für eine Reduzierung der Raumlufttemperatur um bis zu 5 K, sondern durch den integrierten Rotationswärmeübertrager auch für eine dabei immer angemessen feuchte Luft.

Die rein elektrisch gefahrene Haustechnikzentrale zahlt sich für Familie Schrenk aber nicht nur in Sachen "komfortables und ressourcenschonendes Wohnen" aus, sondern hat natürlich auch eine wirtschaftliche Dimension. Und zwar in Kombination mit der PV-Anlage auf dem Hausdach. Darüber werden etwa 6.700 kWh Strom pro Jahr "geerntet". Das deckt annähernd drei Viertel des jährlichen Gesamtstrombedarfs in dem Neubau ab. Philipp Schrenk: "Damit ist unser Haus zwar noch nicht energie­autark und entsprechend CO!SUB(2)SUB!-frei, aber wir sind auf dem besten Weg dahin."

Architekt Wolfgang Klein: "Entscheidend bei solchen Zielsetzungen und ihrer wirtschaftlichen Erreichbarkeit ist letztlich immer die Kombination aus dem generellen Energiebedarf eines Objektes und der Effizienz der Anlagentechnik, aus der dieser Bedarf idealerweise regenerativ abgedeckt wird. Mit der dichten Gebäudehülle nahe Passivhaus-Standard und geringsten Transmissionswärmeverlusten haben wir dafür die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen. Die in erheblichen Teilen durch Solarstrom betriebene Haustechnikzentrale setzt dann heiztechnisch konsequent darauf auf. In Verbindung mit energiebewusstem Nutzerverhalten, beispielsweise durch optimiert abgestimmte Heizzeiten und Warmwasserverbräuche, ist hier eine fast schon perfekte Kombination erreicht, wie energiesparendes und damit umweltbewusstes Leben künftig generell aussehen sollte."

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Vier Fragen an den ausführenden SHK-Fachbetrieb

Herr Pech, Wärmeerzeugung, kontrollierte Wohnraumlüftung, Warmwasserbereitung und sogar Kühlung in einem Gerät hört sich ausgesprochen komplex an. Ist es das auch in der Installationspraxis?

Jein! Die Anlage selbst ist ja werksseitig weitestgehend vorkonfektioniert, fast steckerfertig. Das erleichtert das Aufstellen und die Anbindung an die Lüftungsleitungen erheblich. Genau wie der nur eine Wanddurchlass für Außen- und Fortluft. Bei der Erstinbetriebnahme greifen wir aber gerne auf den Service des Herstellers zurück, um die Anlage so effizient wie möglich einstellen zu können. Bis hin zur Feinjustierung der Auslassventile für eine unspürbare Zuluft- und Wärmeversorgung.

Ist das schwieriger als bei einer konventionellen Wohnraumlüftung?

Es ist nicht schwieriger. Es ist nur anders, weil ja die Warmluft als Heizung berücksichtigt werden muss. Und dazu gehört für eine gleichmäßige Versorgung nicht nur die entsprechende Verteilung der Warmluftströme beispielsweise auf das Erd- und das Obergeschoß, sondern genauso eine Abstimmung auf die raumweisen Bedarfe oder die Berücksichtigung unterschiedlicher Rohrleitungslängen. Dafür ist Erfahrung nötig. Ansonsten ist der Abgleich aber nicht aufwändiger als bei einer wassergeführten Flächentemperierung.

Welchen Stellenwert hat denn bei solch einem "Multifunktions-System" die Regelung?

Die Regelung hat, das ist naheliegend, einen sehr großen Stellenwert. Natürlich gibt es in der Summe nicht mehr Einstellparameter als bei einer Haustechnik mit separaten Anlagen für Heizung, Lüftung und Klima. Hier sind diese Parameter aber auf einer Oberfläche zusammengefasst – und wirken in ihrer Menge auf den ersten Blick verwirrend. Systemair hat dafür jedoch eine logische Struktur entwickelt, die sogar via Internet auf dem Tablet oder dem Smartphone läuft. Und dann ist die Parametrierung trotz aller Wechselwirkung genauso einfach wie bei jedem modernen Brennwert-Heizkessel oder einer KWL-Anlage.

Und wie sieht es mit der Wartung, dem Serviceaufwand im Betrieb aus?

Der ist definitiv geringer als bei einer klassischen Heizungsanlage. Die Wärmepumpe arbeitet, wie jede andere, wartungsfrei. Hier entstehen also im Gegensatz zur turnusmäßigen Wartung eines Brennwertkessels keine Kosten. Gleiches gilt für die Lüftungsanlage. Da müssen nur alle sechs Monate die Filter – für die Zuluft Klasse F7 – überprüft und gegebenenfalls gewechselt werden. Das kann aber jeder Hausbesitzer selbst.

Weiterführende Informationen: https://www.systemair.com/de/

Dienstag, 14.01.2020