Im Interview: Moritz Ritter, Geschäftsführer der Ritter Energie- und Umwelttechnik GmbH & Co. KG

Wie die Ritter Energie- und Umwelttechnik die "Leuchtturmrolle" der Solarbranche bei Klimaschutz und Energiewende ganz konkret mit Leben füllt.

Die weltweite Relevanz des Klimaschutzes greift für den Verbraucher erst, wenn er sich die Energiewende nach Hause holt – in den Keller und auf das Dach. Die Sonne und die Solarbranche nehmen hier eine Leuchtturmrolle ein: Solarthermie kann bis zu 75 Prozent des Energiebedarfs abdecken und erzeugt pro Quadratmeter mit Abstand die meiste Energie. Und sie ist ein herausragender Teamplayer, weil sie sich mit allen Energieerzeugern im Eigenheim kombinieren lässt, betont Moritz Ritter im Interview mit dem HeizungsJournal. Wie die Ritter Energie- und Umwelttechnik, mit ihren Marken Paradigma und Ritter XL Solar, diese "Leuchtturmrolle" ganz konkret mit Leben füllt, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Sehr geehrter Herr Ritter, wird 2020 das Jahr des ambitionierten Klimaschutzes in Deutschland und Europa? Wie fällt Ihr "Blick in die Glaskugel" aus?

Einerseits recht positiv. Die Klimakrise ist durch "Fridays for Future", Naturkatastrophen und den Green New Deal auf EU-Ebene ins Bewusstsein der Bürger gerückt. In Deutschland wurden beispielsweise die Fördersätze für energieeffizientes Bauen und Sanieren stark angehoben. Generell erwarten wir durch dieses erhöhte Klimabewusstsein in Gesellschaft und Politik einige Veränderungen im Energiesektor. Aufgrund meiner Gespräche mit unseren Handwerkspartnern bin ich da recht zuversichtlich. Andererseits ist aber auch klar, dass uns die Zeit davonläuft. Wir sind die letzte Generation, die die Chance hat, die Klimakrise abzuwenden. Das werden wir nur schaffen, wenn wir die gefährlichen Kipppunkte der Klimaerwärmung nicht überschreiten – sonst wird die Klimakatastrophe unumkehrbar. Die Klimakrise muss nicht nur verstanden werden. Es geht auch darum, sich bewusst zu machen, was eine Erwärmung um zwei, drei oder vier Grad Celsius eigentlich für uns bedeutet. Daraus gilt es dann, konkrete Handlungen abzuleiten und umzusetzen.

"Mit dem Klimaschutzgesetz sind wir das erste Land weltweit, das sich einen derart verbindlichen Fahrplan in Richtung Treibhausgasneutralität gegeben hat. Es ist auch eine Antwort auf die Versäumnisse der Vergangenheit. Es nimmt diejenigen in die Pflicht, die für Energiewende, Verkehrswende, Wärmewende und Agrarwende verantwortlich sind. Ab jetzt sind alle Ministerien Klimaschutzministerien", kommentierte Bundesumweltministerin Svenja Schulze das Klimaschutzgesetz, welches Ende des vergangenen Jahres in Kraft trat. Was halten Sie von dieser Aussage?

Dem kann ich in vielen Punkten zustimmen. Natürlich ist Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe, die in vielen Aspekten präsent ist. Aber man muss schon so ehrlich sein, dass beispielsweise in unserem Sektor in den letzten zehn Jahren der Impuls für die Wärmewende gefehlt hat. Dabei bräuchten wir doch gerade hier prädestinierte Vorreiter, die zeigen wie es geht. Das Klimapaket ist für den Wärmebereich erst mal eine schnell gestrickte Lösung. Entscheidend ist, wie die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), die in diesem Jahr verhandelt wird, ausfällt. Sie stellt das eigentliche Fundament der Branche für die nächsten zehn Jahre dar. Da müssen dann endlich auf Worte auch Taten folgen.

Die "Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030" vom Herbst vergangenen Jahres umfassen stolze "66 Aktionsfelder". Der "Sektor Gebäude" wird dabei von den Aktionsfeldern 6 bis 13 bearbeitet, welche von der "steuerlichen Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen" über die "Erneuerung von Heizanlagen" bis hin zur "Vorbildfunktion Bundesgebäude" reichen. Altbekannte und vielfach diskutierte Ideen mischen sich hier munter mit neuen Strategien (z.B. "Förderung der seriellen Sanierung im Gebäudebereich"). Wie kann es gelingen, aus diesen hehren Zielen endlich effektive Taten folgen zu lassen?

Acht von 66 Aktionsfeldern sind meiner Meinung nach zu wenig, um der Bedeutung von Wärme beim Klimaschutz gerecht zu werden. So macht doch alleine der Wärmebereich 50 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland aus. Um die große Aufgabe der Energiewende zu meistern, muss die Effektivität der Maßnahmen in den Fokus rücken: Gefördert werden sollte, was den CO!SUB(2)SUB!-Austoß drastisch senkt und nicht nur auf dem Papier gut aussieht. Dafür braucht es mehr Marktwirtschaft in der Energiepolitik. Die Politik muss Rahmenbedingungen definieren, die einen Wettbewerb um die besten Ideen, Konzepte und Technologien schafft. Bei all den guten Anreizen sollten aufgrund der Zeitnot auch Standards und Vorgaben angezogen werden. Mittlerweile reicht nur Zuckerbrot nicht mehr, es braucht wohl auch die Peitsche.

Nochmals zurück zum Stichwort "Taten": Ein wichtiger Denk- und Leitspruch im Rahmen der weltweiten Klimaschutzbewegung lautet bekanntlich "global denken, lokal handeln". Inwiefern setzen Sie dieses Motto bei Ritter Energie um – beispielsweise in der Solarkollektor-Produktion? Bitte machen Sie ein paar kurze Beispiele.

Anders als bei vielen unserer Mitbewerber steht bei Ritter Energie seit der Firmengründung die Ökologie im Mittelpunkt. Unser Geschäftsmodell sieht es vor, möglichst viel an fossiler Energie durch die Kraft der Sonne zu ersetzen. Durch die so erreichten Einsparungen bei unseren Kunden sind wir als Firma bilanziell CO!SUB(2)SUB!-neutral. Unsere Produkte ermöglichen es Menschen in ganz Deutschland, ihren Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise zu leisten. Unsere Kollektoren bestehen aus Materialien, die zu 99 Prozent recycelbar sind. Zudem verzichten wir auf das umweltbelastende Glykol als Wärmeträger. Auch direkt vor unserer Haustür in Dettenhausen leisten wir unseren Beitrag durch eine Kooperation mit den Stadtwerken Tübingen: Wir ziehen momentan das Wärmenetz neu auf und senken so die CO!SUB(2)SUB!-Emissionen in unserer Gemeinde deutlich.

Herr Ritter, Sie sind bald seit einem halben Jahrzehnt Vorsitzender der Geschäftsführung der Ritter Energie- und Umwelttechnik. Welches Fazit ziehen Sie?

Was ich aus meinen ersten fünf Jahren als Geschäftsführer mitnehme, ist vor allem, wie unglaublich politisch unsere Branche ist. Manchmal hat man den Eindruck, es gewinnt nicht die beste Technologie, sondern das politisch Gewollte. Dank des Stimmungsumschwungs der letzten anderthalb Jahre fühle ich mich ab und an wie in einer Zeitreise: Vor 30 Jahren haben wir als erste Hybridheizungen auf den Markt gebracht und über das riesige Potential der Solarthermie aufgeklärt. An diesen Punkt kommen wir gerade wieder und ich habe das Gefühl, dass viele Antworten aus unseren Anfangstagen wieder und immer noch brandaktuell sind. Das zeigt mir, dass wir unserer Zeit damals meilenweit voraus waren und wir bei dem jetzigen Zeitgeist mit unserer ganzen Erfahrung punkten können. Ich blicke deshalb mit sehr viel Optimismus in die Zukunft. Bis zur weitgehenden Treibhausgasneutralität im Jahr 2050 liegt aber noch ein harter Weg vor uns.

Apropos "Jubiläum": Die Ritter-Marke Paradigma ist schon über 30 Jahre am Markt und genießt bei den installierenden Fachbetrieben einen guten Ruf – Stichwort: "AquaSolar"-System. Wie gelingt es Ihnen, diesen "guten Draht" zum Heizungsbauhandwerk zu halten? Auf welche weiteren Innovationen dürfen sich Ihre aktuellen und kommenden Fachpartner denn freuen?

Für unsere Handwerkspartner sind wir ein Unternehmen zum Anfassen. Der persönliche Kontakt und der regelmäßige Austausch mit ihnen sind uns wichtig – sei es zu Neuheiten im Produktportfolio oder zu branchenrelevanten Themen. Besonders stolz sind wir auf unser "Futureship"-Programm, das den Nachwuchs unserer Partner durch Vernetzung, Schulung und persönlichen Kontakt fit für den Generationenwechsel macht.

In Sachen Technik gilt: Das "AquaSolar"-System war vor 15 Jahren eine bahnbrechende Innovation. Im Markt hat es immer noch riesige Wachstumspotentiale, insbesondere bei großen, ganzheitlichen Systemen. Ein Ansatz, den es zu verfolgen gilt. Aktuell bauen wir zudem bei unserem Produktportfolio den Bereich "Biomasse" aus. Generell planen wir, die Komplexität in allen Bereichen – beispielsweise durch Digitalisierungsmaßnahmen – weiter zu reduzieren, um sowohl die Zusammenarbeit mit unseren Partnern als auch ihre tägliche Arbeit zu erleichtern.

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Die Meta-Themen "Digitalisierung der Heiztechnik" und "Elektrifizierung der Wärmeversorgung" werden in der Branche seit Jahren intensiv diskutiert. Wie positionieren Sie sich mit Ihren Produkten und Lösungen in diesem Kontext?

Ich bin strikt dagegen, erneuerbare Energien gegeneinander auszuspielen. Wahr ist aber: Regenerativer Strom ist insbesondere im Winter bis auf Weiteres Mangelware. Es ist meiner Meinung nach nicht zielführend, wenn in Deutschland die strombasierte Heizung perspektivisch mit Kohlestrom aus Polen oder Atomkraft aus Frankreich betrieben wird.

Für mich liegt die nachhaltige Lösung in der Kraft der Sonne – und somit der maximalen solaren Nutzung von Dächern. Hier ist der passende Mix aus Photovoltaik und Solarthermie für den jeweiligen Anwendungsfall entscheidend. Für eine zu 100 Prozent ökologische Wärmelösung ist aber eine saisonale Speicherung zwingend nötig. Diese funktioniert aktuell am besten mit Holz bzw. Pellets.

Im Bereich Digitalisierung gehen wir mit großen Schritten voran. Unsere Service-App ersetzt für unsere SHK-Installateure den Papierkram vor Ort. Wartungspläne, technische Daten, eine Anlagenübersicht und Diagnosehinweise sind immer verfügbar und unterstützen den Handwerker bei seinen täglichen Aufgaben. Unsere App für den Eigenheimbesitzer ermöglicht, die Heizung nach Bedarf fernzusteuern. So kann Energie gespart werden, da die Heizung nur dann läuft, wenn man sie braucht. Überall, wo es Sinn macht, sind wir technisch auf der Höhe der Zeit und erweitern unsere Technologie um neue Fähigkeiten.

In 2017 wurden rund 625.500 m² Solarkollektorfläche neu installiert (ein Minus gegenüber dem Vorjahr von 16 Prozent), in 2018 waren es 546.500 m² an solarwärmeaktiver Fläche (ein Minus von weiteren zwölf Prozent) und in 2019 etwa 510.000 m² (ein Minus gegenüber dem Vorjahr von acht Prozent). Die verbesserten Bedingungen im Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energie (MAP) führten leider nicht zur erhofften Erholung. Immerhin bezifferte der BSW-Solar (Bundesverband Solarwirtschaft), dessen Vizepräsident Sie sind, die Zahl der bis 2017 insgesamt in Deutschland installierten Solarthermie-Anlagen auf 2,32 Mio. Stück. Warum gibt es in Deutschland immer weniger "sonnige Gemüter" und wie richtet man die "Pessimisten" zur Sonne aus?

Generell teile ich diese Aussage nicht: Bei den erneuerbaren Energien erfährt die Sonnenergie den stärksten Rückhalt. Trotzdem gibt es einen rückläufigen Trend in der solaren Wärme. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zu nennen wären beispielsweise falsche Förderanreize, die auf die Fläche statt auf die Jahreserträge einer Solarthermieanlage setzen. Das führt zu einem fehlenden Innovationsdruck. Die neue Förderung mit dem Marktanreizprogramm (MAP) löst dieses Problem jedoch ein Stück weit auf, da nun für den Prozentsatz der Förderung die Höhe der Investition entscheidend ist. Die aktuelle Förderpolitik setzt klar auf Solarthermie – die Technologie, von der wir schon seit über 30 Jahren überzeugt sind. Wenn wir die Pariser Klimaziele einhalten wollen, brauchen wir eine erfolgreiche Wärmewende und die gelingt nur mit einer starken Solarthermie.

"Sonnige Gemüter" ist das Stichwort: Vor ziemlich genau zehn Jahren wurde die Marke Ritter XL Solar ins Leben gerufen, welche sich – wie der Name schon sagt – vor allem um solare Großanlagen für Wärmenetze, Prozesswärme und solare Kühlung kümmert. Welche "Bilanz" können Sie hier ziehen – das Thema "solare Nah- und Fernwärme" scheint ja seit einiger Zeit Auftrieb zu haben?

Gerade in den letzten Jahren können wir feststellen, dass der Markt – speziell für die Anwendungsbereiche der solaren Nah- und Fernwärmenetze – nachhaltig wächst. Gab es vor zehn Jahren noch sehr vereinzelt solare Großanlagen, so nehmen die Menge und die Größe dieser stetig zu. Die in Deutschland abgesetzte Kollektorfläche der letzten beiden Jahre entsprach etwa fünf Prozent der in Deutschland abgesetzten Gesamtfläche. Durch die Einspeisung der in solarthermischen Großanlagen produzierten Wärme in bestehende städtische sowie neue kommunale Wärmenetze kann die Wärmewende schnell umgesetzt und viele Haushalte in kurzer Zeit auf ein nachhaltiges Wärmekonzept umgestellt werden. Diese Technik hat ein unglaubliches Potential, sowohl was die Kostensenkung angeht als auch in Sachen Ökologie. Teilweise steckt der Markt noch in den Kinderschuhen und kann in den nächsten zehn, zwanzig Jahren große Teile der Wärmeversorgung übernehmen.

Weiterführende Informationen: https://ritter-energie.de/

Dienstag, 23.06.2020