Erneuerbare Energien

Solar first

Seniorenresidenz setzt Sektorenkopplung konsequent um

Dienstag, 05.07.2022

Mit der „Orangerie“, einer neuen Einrichtung für betreutes Wohnen, hat ein Offenburger Bauunternehmen einen neuen Weg eingeschlagen.

Das Bild zeigt das Gebäude.
Quelle: E3/DC
Baubeginn für das Gebäude war im April 2020, im September 2021 konnten die 33 Wohnungen auf drei Etagen bezogen werden. Im Erdgeschoss ging die Tagespflege in Betrieb. Die Wohnanlage hat knapp 2.200 m² beheizte Wohnfläche.

Wie bei dieser Wohnanlage mit 33 Wohnungen und Tagespflege sollen auch die kommenden Bauvorhaben mit großer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage), Batteriespeicher und Wärmepumpentechnik für hohe Energieunabhängigkeit ausgestattet werden. Die Bewohner profitieren von günstigem Mieterstrom.

Im September vergangenen Jahres sind die Bewohnerinnen und Bewohner der „Orangerie“ in ihr neues Heim im Offenburger Stadtteil Albersbösch eingezogen. Die Einrichtung für betreutes Wohnen ist barrierefrei und seniorengerecht gebaut, Gemeinschaftseinrichtungen und unterschiedlichste Services, darunter auch medizinische Leistungen, stehen zur Verfügung.

Und wenn es mit der Gesundheit schlechter werden sollte, ist auch die Tagespflege in der Wohnanlage möglich. Das Gebäude mit 33 Wohnungen ist aber nicht nur mit Blick auf die persönliche Zukunft seiner Mieterinnen und Mieter umsichtig geplant, sondern auch auf eine langfristig sichere, wirtschaftliche und klimaschonende Energieversorgung. Hierfür hat das Bauunternehmen perfect living ein Energiekonzept mit einer großen PV-Anlage, E3/DC-Stromspeicher und fünf kaskadierten Luft/Wasser-Wärmepumpen implementiert. Nach den guten Erfahrungen in den ersten Betriebsmonaten wurde die Speicherkapazität noch vor dem Jahresende 2021 verdoppelt, um die Energieautarkie von errechneten 67 Prozent auf rund 80 Prozent im Jahr zu steigern.

Baubeginn für das Gebäude in Massivbauweise mit KfW-Standard „Effizienzhaus 55“ war im April 2020. Im September 2021 konnten die 33 Wohnungen auf drei Etagen bezogen werden. Im Erdgeschoss ging die Tagespflege in Betrieb. Die Wohnanlage hat rund 4.000 m² Nettoraumfläche, davon sind knapp 2.200 m² beheizte Wohnfläche.

Als die Bauunternehmer mit der Planung begannen, dachten sie zunächst über ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und eine Pelletheizung nach, berichtet Jochen Weinzierl, geschäftsführender Gesellschafter von perfect living. Beide Optionen schieden allerdings schnell aus. Denn sie konnten keine Tiefgarage bauen, da sie zu nahe an das Grundwasser gekommen wären. So fehlte schlicht der Raum für die Anlagentechnik und das Pelletlager.

Photovoltaik war ohnehin geplant, denn das Schwesterunternehmen e.optimum AG ist als Energieversorger tätig und wollte hier den Schritt in die Mieterstromlieferung machen. Nun entschieden sie sich, die PV-Anlage mit einem Wärmepumpensystem für die Beheizung und Kühlung zu kombinieren. Mit dem selbst erzeugten Solarstrom können die Kosten für die Energieversorgung gesenkt werden. Deshalb lautete die zentrale Frage in der weiteren Planung: Wie kann möglichst viel Solarstrom im Gebäude selbst verbraucht werden?

Herbert Birk, Inhaber des Fachbetriebs für Gebäudetechnik Elektro Birk, den sie für die Planung und Simulation der PV-Anlage und des E3/DC-Speichersystems beauftragten, riet zu einem größeren Stromspeicher. Dies wurde allerdings in Stufen umgesetzt, da das Bauunternehmen erst einmal Erfahrungen sammeln wollte. Deshalb wurde im ersten Schritt die folgende Anlagentechnik installiert: !PAGEBREAK()PAGEBREAK!

Das Bild zeigt das Flachdach der „Orangerie“.
Quelle: E3/DC
Auf dem Flachdach der „Orangerie“ fanden 259 PV-Module mit einer Gesamtleistung von 99,7 kW Platz. Die Anlage wird rund 100.000 kWh Solarstrom im Jahr erzeugen.

PV für Strom, Wärme und E-Mobilität

Auf dem Flachdach fanden 259 monokristalline Halbzellmodule mit jeweils 385 W Leistung und einer PV-Gesamtanlagenleistung von 99,7 kW Platz. Die mit 15° Neigung in Richtung Süden installierte Anlage wird rund 100.000 kWh Solarstrom im Jahr erzeugen. Für die Speicherung des Solarstroms wurde ein „Quattroporte“-Batteriespeicher von E3/DC mit 70,2 kWh nutzbarer Speicherkapazität aufgestellt. Er ist wie die PV-Anlage seit September 2021 in Betrieb.

Der Solarstrom wird von den Bewohnerinnen und Bewohnern, der Tagespflege und für die Haustechnik genutzt. Außerdem können die Mieter und ihre Gäste ebenso wie die Mitarbeiter der Tagespflege die Akkus von Elektrofahrzeugen mit dem Strom vom Dach laden. Dafür wurden im Außenbereich bereits zwei Ladestationen mit jeweils zwei Ladepunkten in Betrieb genommen. Eine weitere Ladestation ist bei den Stellplätzen im Gebäude installiert. Weitere Vorrichtungen sind in Vorbereitung.

Darüber hinaus wird der Solarstrom in Luft/Wasser-Wärmepumpen für die Wärme- und Kälteerzeugung genutzt. Hierfür gibt es fünf Einzelgeräte, die durch eine Kaskadenschaltung miteinander verbunden sind. Jede Luftwärmepumpe verfügt über 14,7 kW Heizleistung und 9,2 kW Kühlleistung, so dass die Gesamt-Heizleistung 73,5 kW und die Gesamt-Kühlleistung 46 kW beträgt. Die Heiz- und Kühlleistung kann so flexibel an den jeweiligen Bedarf angepasst werden. „Diese intelligente Verschaltung mehrerer Wärmepumpen zu einer Kaskade ist effizienter als ein Gerät“, erklärt Jochen Weinzierl. Über einen Laufzeitenabgleich werde gewährleistet, dass die einzelnen Geräte gleichmäßig betrieben werden.

Zusätzlich zu den Luftwärmepumpen wurde ein Gas-Brennwertgerät (80 kW) installiert. Es wird vor allem für die Brauchwarmwasserbereitung eingesetzt. Außerdem wird die Brennwerttherme zum Spitzenlastausgleich der Heizung unterstützend zugeschaltet.

Das Bild zeigt die „Quattroporte“-Batteriespeicher von E3/DC.
Quelle: E3/DC
Für die Speicherung des Solarstroms wurden im Projekt zwei „Quattroporte“-Batteriespeicher von E3/DC mit jeweils 70,2 kWh nutzbarer Speicherkapazität aufgestellt.

Alle Bewohner nutzen Mieterstrom

Die Umsetzung des Mieterstromkonzeptes sei kein Problem gewesen, so Weinzierl. In der Planungsphase hätten sie sich gefragt, ob alle Mieterinnen und Mieter es annehmen würden. Das war der Fall: „Unser Mieterstromangebot wurde sehr wohlwollend aufgenommen.“ Preislich liegt es etwa zwölf Prozent unter dem Strom-preis regionaler Energieversorger. Es gibt einen zentralen Zähler und jede Wohnung hat einen eigenen digitalen Unterzähler. Auch die Vorrichtung für ein Smart-Meter-Gateway für die automatisierte Abrechnung des Mieterstroms wurde schon installiert.

Nachdem die ersten Betriebserfahrungen sehr positiv waren, beschloss das Bauunternehmen im November 2021, die Speicherkapazität zu verdoppeln. Im Dezember 2021 wurde dann ein weiteres „Quattroporte“-Batteriesystem von E3/DC mit ebenfalls 70,2 kWh nutzbarer Speicherkapazität installiert. Damit wird die berechnete Energieautarkie von 63 auf 80 Prozent steigen und das Ziel, möglichst viel Solarstrom für den Ei-genverbrauch zu nutzen, erreicht. Elektrotechniker Birk setzt auf E3/DC-Speicher und ist unter anderem von dem Monitoring begeistert: Mit den verschiedenen Leistungsstellern kann er den Energieverbrauch der einzelnen Verbrauchssegmente wie Haustechnik, Wohnungen und Wärmepumpen ablesen.

Das Offenburger Bauunternehmen feilt derweil schon an den Plänen für die nächsten Bauprojekte. 300 Wohneinheiten sollen in den kommenden Jahren entstehen, als erstes eine weitere Einrichtung für betreutes Wohnen mit 21 Wohnungen. Auch diese wird wieder eine Anlage mit PV und Stromspeicher für Strom, Wärme und E-Mobilität erhalten. Die Erfahrungen mit der Mieterstromlieferung aus der „Orangerie“ in Offenburg wollen die Schwesterunternehmen ebenfalls einfließen lassen und das Angebot weiterentwickeln. Dafür gibt es noch einen Plan: Sie prüfen gerade, ob sich kleine Windenergieanlagen auf den Dächern installieren lassen. So könnten sie noch mehr regenerativen Strom für die hauseigenen Netze produzieren.

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