Erneuerbare Energien

Ein flottes Trio

Bunkerumbau zum klimaneutralen Mehrfamilienhaus

Freitag, 07.01.2022

Umweltfreundliche Technologien zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden setzen sich immer mehr durch. Nicht nur, dass der Gesetzgeber mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) hohe Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden stellt, auch die niedrigen Bezugskosten regenerativer Energiequellen leisten diesem Trend enormen Vorschub. In der Bremer Neustadt wurde jetzt ein Mehrfamilienhaus mit 13 Wohneinheiten errichtet, dessen Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser ausschließlich über eine Luft/Wasser-Wärmepumpen-Anlage als Dreier-Kaskade abgedeckt wird.

Foto: Auf vier Etagen verfügt das Gebäude über flexibel gestaltete Ein- bis 3,5-Zimmer-Wohnungen.
Quelle: Mitsubishi Electric
Auf vier Etagen verfügt das Gebäude über eine Wohnfläche von 1.069 m2. Die Ein- bis 3,5-Zimmer-Wohnungen sind zwischen 40 und 107 m2 groß und flexibel gestaltet.

Als „Attraktives Wohnen mit ganz besonderem Flair“ – so wird das Bauprojekt „Maingold“, ein Mehrfamilienhaus mit 13 Wohneinheiten in der Bremer Neustadt, von der Vermarktungsgesellschaft beworben. Auf vier Etagen verfügt das Gebäude über eine Wohnfläche von 1.069 m2. Die Ein- bis 3,5-Zimmer-Wohnungen sind zwischen 40 und 107 m2 groß und bieten Menschen jeden Alters die Verwirklichung ihrer individuellen Wohnträume. Zum guten Wohngefühl trägt die ausgesuchte Innenausstattung mit Vollholzparkett, Fußbodenheizung und einer hochwertigen Badausstattung bei.

Die Immobilie ist in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit. Schon deswegen, weil hier ein Neubauprojekt als besonders gelungenes Beispiel für eine moderne Wohnkultur entstanden ist, die durch eine harmonische Fassadenstruktur, bodentiefe Fenster, Balkone und Dachterrassen überzeugt. Auch die Baugeschichte hat etwas Unverwechselbares. Das Gebäude wurde zwischen den Grundmauern eines ehemaligen Luftschutzbunkers errichtet, der größtenteils abgetragen und aus baurechtlichen Gründen nur noch als Restbestand erhalten geblieben ist. Anders als bei reinen Neubauten sind hier das Fundament und die Grundmauern des alten Luftschutzbunkers mit in die Fachplanung von Schierenbeck Gebäudeplanung eingeflossen.

Entworfen wurde das Gebäude von den Architekten Mielke + Freudenberg aus Bremen, die bereits mehrere Bunkerumbauten realisiert haben. Umgesetzt hat das Bauvorhaben das Unternehmen M Projekt, hier federführend durch den Architekten Gunnar Neimke. Das Gebäude wurde 2020 als KfW-„Effizienzhaus 55“ nach EnEV fertiggestellt. Durch das energetische Gesamtkonzept wurden schon damals die Anforderungen des GEG vom Juli 2021 für ein Effizienzhaus „EH 55 EE“ erfüllt. Neben den obligatorischen dreifach-verglasten Fenstern hat man sich bei der Gebäudehülle für ein Wärmedämmverbundsystem mit einer 20 cm Außendämmung entschieden. Im Zusammenspiel mit einer Lüftungsanlage, die unter anderem aufgrund der innenliegenden Bäder erforderlich war, wird bei dem Gebäude ein Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasser von 12,9 kWh/(m2a) und ein Primärenergiebedarf von 23,2 kWh/(m2a) erreicht.

Die gebäudetechnische Herausforderung für das Bauvorhaben im Flüsseviertel der Bremer Neustadt bestand darin, eine zukunftsfähige Wärmeversorgung für das gut gedämmte Mehrfamilienhaus zu entwickeln. Darüber hinaus stand bei diesem Objekt der Klimaschutz, also eine CO2-arme Wärmeversorgung des Gebäudes, im Vordergrund. Gleichzeitig sollte die benötigte Wärme für Heizung und Warmwasser klimaneutral erzeugt werden. Das energetische Gesamtkonzept und die Anlagentechnik in diesem klimaneutralen Mehrfamilienhaus stammt vom TGA-Fachplaner und Energieeffizienzexperten für Wohn- und Nichtwohngebäude (dena) Klaus Schierenbeck.

Da ein geothermisches System nicht möglich war, überzeugte Schierenbeck den Bauherrn von einem Luft/Wasser-Wärmepumpensystem mit „Zubadan“-Inverter-Technologie von Mitsubishi Electric als Dreier-Kaskade und einem 4-Leiter-Netz mit Frischwasserstationen in jeder Wohnung. Hier überzeugte nicht nur die seit 2016 in mehr als 20 (von vier bis zu 30 Wohneinheiten) Mehrfamilienhäusern eingesetzte Technik, sondern auch die Energiekosten aus einem vergleichbaren Objekt.

Foto: Zum Einsatz kommen drei kompakte Luft/Wasser-Wärmepumpen, die als Kaskade installiert wurden.
Quelle: Mitsubishi Electric
Zum Einsatz kommen drei kompakte Luft/Wasser-Wärmepumpen, die als Kaskade installiert wurden.

Gute Bedingungen für Luftwärmepumpen

Zum Einsatz kommen drei „Ecodan“-Luft/Wasser-Wärmepumpen mit insgesamt 33,6 kW Heizleistung: Jedes der drei Außengeräte verfügt über 11,2 kW. Damit deckt die Wärmepumpen-Kaskade die Heizlast für das Gebäude problemlos ab und kann gleichzeitig noch genügend Wärme für die Brauchwarmwasserbereitung zur Verfügung stellen.

Die Kaskadierung von Wärmepumpen bietet, nach Angaben des Herstellers, zahlreiche Vorteile gegenüber einer einzelnen Wärmepumpe mit entsprechend großer Leistung. Der Betrieb im sehr großen Modulationsbereich einer Kaskade sei wesentlich effizienter, als nur ein Modul in Volllast zu fahren. Denn so könnten die Einheiten gleichzeitig im Teillastbetrieb arbeiten.

Eine Kaskadenregelung mit „Auto Adapt“-Funktion optimiert das Betriebsverhalten und sucht automatisch den jeweils besten Betriebspunkt für die Anlage. Außerdem biete eine Kaskade eine Redundanzfunktion bei der Wartung von Einzelgeräten des Systems und führe so zu einer erhöhten Betriebssicherheit. Darüber hinaus würden die Gesamtlaufzeiten der Einzelmodule reduziert und damit die Langlebigkeit erhöht.

„Das Zusammenspiel unseres Anlagenkonzepts und des eingesetzten Wärmepumpensystems macht die klimaneutrale und energieeffiziente Warmwasser- und Wärmeversorgung erst möglich“, erklärt Schierenbeck hierzu.

„Generell hat jede Wärmequelle für Wärmepumpen ihre Vor- und Nachteile. Der unbestrittene Vorteil von Luft/Wasser-Wärmepumpen ist ihre flexible und kostengünstige Erschließung der Wärmequelle“, so Schierenbeck weiter. Für eine Luft/Wasser-Wärmepumpe sprach aufgrund der dichten, innerstädtischen Bebauung auch, dass die Wärmequelle Luft den geringsten baulichen Aufwand von allen Wärmepumpenlösungen erfordert.

Im Einsatz bis zu -28 °C

Ein besonderes Merkmal der hier verwendeten Heiztechnik ist, dass die Wärmepumpen über die patentierte „Zubadan“-Verdichter-Technologie verfügen. Das dabei eingesetzte Einspritzverfahren optimiert die verfügbare Heizleistung. Das heißt, die Wärmepumpen können auch bei sehr niedrigen Außentemperaturen von bis zu -15 °C noch 100 Prozent ihrer Heizleistung erbringen. Gleichzeitig erweitert sich der untere Einsatzbereich auf bis zu -28 °C Außentemperatur. Damit ist es möglich, auch bei tiefen Außentemperaturen auf die Unterstützung eines elektrischen Heizstabes oder einen zusätzlichen Wärmeerzeuger zu verzichten. Für jede Wärmepumpen-Außeneinheit steht ein sogenanntes Hydromodul im Technikraum zur Verfügung – eine unkomplizierte Art, die Heiz- und Wärmepumpenkreisläufe hydraulisch voneinander zu entkoppeln und gleichzeitig einen konstanten Kältemittelvolumenstrom zu gewährleisten. Darüber hinaus ist ein Pufferspeicher in das Anlagenkonzept eingebunden, der die Wärme nicht nur speichert, bis sie abgerufen wird, sondern auch zur Überbrückung von Sperrzeiten des Stromversorgers jederzeit genügend Wärme liefern kann. Gleichzeitig stellt der Pufferspeicher Energie für die Abtauung der Luftwärmepumpen-Außenmodule im Winter bereit.

Zur Brauchwarmwasserbereitung für die 13 Wohneinheiten steht im Technikraum ein 800-Liter-Schichtenpufferspeicher bereit. Hier wird bei einer Brauchwarmwassertemperatur von 53 °C ausreichend Wärme für die Trinkwarmwasserbereitung vorgehalten. Zur Versorgung verfügt jede Wohneinheit über eine eigene Frischwasserstation, die parallel zur Heizungsverteilung die Trinkwarmwasserdistribution übernimmt. Die Auslauftemperatur in jeder Wohneinheit beträgt 50 °C.

Foto: Dezentrale Brauchwarmwasserbereitung - eine Wohnungsstation in jeder Wohneinheit.
Quelle: Mitsubishi Electric
Zur dezentralen Brauchwarmwasserbereitung verfügt jede Wohneinheit über eine eigene Wohnungsstation.

Fazit

Das Mehrfamilienhaus in der Bremer Neustadt wurde zwischen den Grundmauern eines ehemaligen Luftschutzbunkers errichtet. Diese Voraussetzungen schufen die Möglichkeit, im Bestand einen nahezu kompletten Neubau zu errichten, der den aktuellen Ansprüchen an Komfort, Ausstattung und energetische Nachhaltigkeit entspricht und als umwelt- und verbrauchsfreundliches Objekt im KfW-„Effizienzhaus 55“-Standard errichtet werden konnte. Das energetische Gesamtkonzept erfüllt die hohen Anforderungen des GEG für Wohngebäude. So wird der Wärmebedarf für Heizung und Brauchwarmwasser beispielsweise mit Luft/Wasser-Wärmepumpen als Dreier-Kaskade abgedeckt. Die niedrige Vorlauftemperatur der Fußbodenheizung sowie die Bereitstellung von Trinkwarmwasser über Wohnungsstationen ermöglichen einen energieeffizienten Betrieb im Niedertemperaturbereich.

Aktuelle Bewertung
Noch keine Bewertungen vorhanden
Ihre Bewertung
Vielen Dank für Ihre Bewertung.

Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!

Freitag, 26.04.2024
Mittwoch, 24.04.2024
Freitag, 12.04.2024

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Möchten Sie die aktuellen Artikel per E-Mail erhalten?