Erneuerbare Energien

Siemens nimmt grüne Wasserstoffproduktion in Betrieb

Eröffnung des Leuchtturmprojekts in Wunsiedel mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder

Dienstag, 10.01.2023

Mitte September 2022 ging in Wunsiedel eine der größten grünen Wasserstofferzeugungsanlagen Deutschlands in Betrieb, geplant und realisiert von Siemens. Die Anlage kann bis zu 1.350 Tonnen Wasserstoff (H2) pro Jahr erzeugen. Die Eröffnung fand mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder statt.

Leuchtturmprojekt für die Energiezukunft: Mitte September 2022 nahm Siemens im oberfränkischen Wunsiedel eine der größten grünen Wasserstoffproduktionen Deutschlands in Betrieb. Die Anlage kann bis zu 1.350 Tonnen Wasserstoff pro Jahr erzeugen.
Quelle: Robert Donnerbauer
Leuchtturmprojekt für die Energiezukunft: Mitte September 2022 nahm Siemens im oberfränkischen Wunsiedel eine der größten grünen Wasserstoffproduktionen Deutschlands in Betrieb. Die Anlage kann bis zu 1.350 Tonnen Wasserstoff pro Jahr erzeugen.

In Wunsiedel ist es entweder sauheiß oder sauschlecht – ein mittel gibt es nicht, kommentierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schmunzelnd das regnerische Wetter. Denn an diesem Mittwochvormittag, dem 14. September 2022, regnete es im oberfränkischen Wunsiedel. Zahlreiche Journalisten von Print, Radio und Fernsehen waren angereist, um die Eröffnung einer neuen Wasserstofferzeugungsanlage zu verfolgen.

In einem Eröffnungsgespräch mit dem Projektleiter von Siemens, Andreas Schmuderer (Head of Energy Performance Services von Siemens Smart Infrastructure, Deutschland) erinnerte sich Söder an den offiziellen Spatenstich für dieses Leuchtturmprojekt für die Energiezukunft, der vor gut einem Jahr bei damals strahlendem Sonnenschein erfolgte. Doch Wunsiedel ist auch total sexy, unterstrich Söder. „Hier wird modernste Energie produziert.“ Besonders hob er die positive Wirkung dieses Projektes hervor, positiv nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für das Image der Region. Es zeige, dass Wissenschaft und Forschung nicht nur in den Großstädten mit ihren Forschungszentren stattfinden sondern auch im ländlichen Raum.

„Wunsiedel ist wegweisend“, unterstrich in seiner anschließenden Eröffnungsrede Matthias Rebellius (Vorstandsmitglied von Siemens und CEO von Siemens Smart Infrastructure). „Das Projekt Wunsiedel ist ein hervorragender Beweis dafür, wie Weitblick und Eigeninitiative in Kombination mit der richtigen Technologie und Finanzierung die Entwicklung einer CO2-freien Energieversorgung vorantreiben können.“ Die Stadt zeige, was dezentrale Energiesysteme und digitale Technik schaffen können: Synergieeffekte auf lokaler und regionaler Ebene. Das heißt: regionale Wertschöpfung, geringere Transportkosten, geringere CO2-Emissionen. Das heißt aber auch: mehr Effizienz, neue Arbeitsplätze. „Das macht dezentrale Energiesysteme nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll – und zu einem wichtigen Baustein der Energiewende“, betonte Rebellius. „Darüber hinaus zeigt Wunsiedel, wie Sektorenkopplung funktioniert und konkret vor Ort in die Tat umgesetzt werden kann. Also die energetische Vernetzung von verschiedenen Sektoren wie elektrische Energie, Wärme und Mobilität. Unabhängig und wirtschaftlich stark mit erneuerbaren Energien.“

Interview zur Eröffnung der neuen Wasserstofferzeugungsanlage: Siemens-Projektleiter Andreas Schmuderer (li.) befragt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.
Quelle: Robert Donnerbauer
Interview zur Eröffnung der neuen Wasserstofferzeugungsanlage: Siemens-Projektleiter Andreas Schmuderer (li.) befragt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.

Morgen ist heute

Siemens sei stolz darauf, Partner von Wunsiedel zu sein. Stolz darauf, als Berater und Technologielieferant diesen Weg begleiten zu dürfen, bemerkte Rebellius. Er erinnerte an das erste gemeinsame Projekt in 2016: der Batteriespeicher im Energiepark. Seither seien viele Projekte hinzugekommen, wie Schaltanlagen, Schutz- und Leittechnik, digitale Services, Gebäude- und Sicherheitstechnik sowie Ladestationen für Elektroautos. „Und heute nehmen wir eine Anlage in Betrieb, die für nichts weniger steht als für ein Leuchtturmprojekt der Energiezukunft. Da hier in Wunsiedel die Anteile der Stromerzeugung aus volatilen Quellen wie Wind und Sonne oft über 100 Prozent erreichen, suchte die Gemeinde nach Möglichkeiten, die erzeugte Energie besser zu nutzen – und entschloss sich, auf grünen Wasserstoff zu setzen.“

Rebellius bezeichnete Wasserstoff als „Schlüsselelement eines nachhaltigen Energiesystems“. Wasserstoff werde als Energieträger und Speichermedium immer wichtiger. „Große, fossile Kraftwerke und eine zentrale Energieversorgung – das war gestern. Für das Morgen brauchen wir lokale, dezentrale Systeme und eine regenerative Erzeugung. Dieses Morgen ist schon heute. Hier in Wunsiedel. Eine Stadt, die bei der Energieversorgung auf erneuerbare Energien setzt, die ein flexibles und zuverlässiges Energieversorgungssystem schafft – und die Überschüsse und Reserven sogar am Energiemarkt verkauft.“

Bis zu 1.350 Tonnen grüner Wasserstoff können nun jährlich im Energiepark Wunsiedel aus regenerativem Solarstrom und Windstrom erzeugt werden. Damit handelt es sich um eine der größten grünen Wasserstofferzeugungsanlagen Deutschlands, betonte Rebellius. Als Generalunternehmer verantwortete Siemens Smart Infrastructure die Errichtung der Gesamtanlage sowie den Aufbau eines intelligent überwachten und gesteuerten Energienetzes. Zur Wasserstofferzeugung kommt der Silyzer 300 zum Einsatz, ein Elektrolyseur der neuesten Produktlinie von Siemens Energy auf Basis der PEM-Technologie mit einer elektrischen Gesamtleistung von 8,75 Megawatt. Abnehmer für den erzeugten grünen Wasserstoff ist die regionale Wirtschaft – von der Glas- und Keramikindustrie über Transportunternehmen und Automobilzulieferbetriebe bis zum benachbarten Sägewerk. Der Wasserstoff werde im Sinne des dezentralen Ansatzes über Lkw an die Endkunden vornehmlich im Umkreis von rund 150 bis 200 Kilometern verteilt (Nordbayern, Thüringen, südliches Sachsen und Westböhmen).

Besichtigung der neuen Anlage im Energiepark Wunsiedel (v. l. n. r.): Matthias Rebellius (Vorstandsmitglied von Siemens und CEO von Siemens Smart Infrastructure), Veronika Bienert (CEO von Siemens Financial Services) und Markus Söder.
Quelle: Robert Donnerbauer
Besichtigung der neuen Anlage im Energiepark Wunsiedel (v. l. n. r.): Matthias Rebellius (Vorstandsmitglied von Siemens und CEO von Siemens Smart Infrastructure), Veronika Bienert (CEO von Siemens Financial Services) und Markus Söder.

Passende Finanzierung elementar

„Zukunftsweisende Projekte brauchen eine solide Finanzierungsbasis“, ergänzte Veronika Bienert (CEO von Siemens Financial Services). Mit der Inbetriebnahme der Wasserstofferzeugungsanlage habe man die wirtschaftliche Machbarkeit unter Beweis stellen können. „Denn um eine wasserstoffbasierte Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen, um unsere globalen Klimaziele zu erreichen und eine nachhaltige Energiezukunft zu sichern, braucht es nicht nur die passenden Technologien. Es braucht Finanzierung.“ Viele Unternehmen oder Kommunen zögern nicht deshalb mit der Umsetzung nachhaltiger Technologien, weil es die entsprechenden technischen Lösungen nicht gäbe, sondern weil sie nicht den Zugang zur passenden Finanzierung finden, bekräftigte Bienert. Dies gelte insbesondere für den Energiesektor, in dem häufig erhebliche Investitionssummen benötigt werden. Allein in Deutschland seien bis zum Jahr 2045 jährliche Investitionen von rund 190 Milliarden Euro erforderlich, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Etwa 36 Milliarden Euro davon entfallen auf den Energiesektor.

In Wunsiedel habe es Siemens Financial Services geschafft, erstmalig die Finanzierung einer grünen Wasserstofferzeugungsanlage zu strukturieren und zu sichern, betonte Bienert. „Dazu haben wir uns mit Eigenkapital mit einem Anteil von 45 Prozent an der Betreibergesellschaft WUN H2 beteiligt.“ Weitere Anteilseigner sind die Rießner Gase mit 45 Prozent sowie die Stadtwerke Wunsiedel (SWW) mit zehn Prozent. Gleichzeitig habe man es auch geschafft, eine der ersten regresslosen Projektfinanzierungen, das heißt ohne Rückhaftung der Gesellschafter, für eine derartige Anlage in Deutschland umsetzen und so die wirtschaftliche Machbarkeit unter Beweis zu stellen. Auf der Fremdkapitalseite konnte man dafür die Umweltbank als Partner gewinnen. Wunsiedel zeigt, dass es nur gemeinsam geht, Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden, resümierte Bienert. „Entscheidend ist das Miteinander von Bürgern, Kommunen, Politik, Industrie und der Wissenschaft.“

Von Robert Donnerbauer
Redaktion, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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