Schnittstellen bei Flächenheizungen und -kühlungen optimieren

Im Interview: Bernd Quiel, Vorsitzender BVF-Arbeitskreis Technik

Die Installation von Flächenheizungen und -kühlungen ist nicht zu unterschätzen. Das liegt in der Tatsache begründet, dass es sich hierbei um ein System handelt, bei dem diverse Gewerke zusammenarbeiten müssen. Gelingt dies nicht, sind oft teure Mängel und Ärger die Folgen. Eine klare Struktur, wer für was die Verantwortung trägt, gibt die neu aufgelegte Schnittstellenkoordination für Modernisierungen in bestehenden Gebäuden des Bundesverbands für Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF): Die enthaltenen Checklisten und Protokolle dienen der Dokumentation der einzelnen Planungs- und Arbeitsschritte bis zur Übergabe eines mangelfreien Gewerks. Bernd Quiel, Vorsitzender des BVF-Arbeitskreises Technik, war maßgeblich an der Erstellung beteiligt und steht im Interview mit dem HeizungsJournal Rede und Antwort.

Die BVF-Schnittstellenkoordination für Modernisierungen in bestehenden Gebäuden liegt nun in einer aktualisierten Form vor. 1999 erschien die erste Version. Was war der Beweggrund, solch ein Werk zu erstellen und was hat sich seitdem verändert?

Die Notwendigkeit, sich dem Einsatz der Flächenheizung auch in bestehenden Gebäuden zu widmen, war dem stetigen Zuwachs der Fußbodenheizung in den 1980er- und 1990er-Jahren im Neubau geschuldet. Die gestiegenen Komfortwünsche der Nutzer sind heizungstechnisch eng mit der Fußbodenheizung im Neubau verknüpft. Um dem Markt das Zusammenspiel der unterschiedlichen Gewerke näher zu bringen, ist damals die Schnittstellenkoordination im Neubau entstanden. Diese positive Entwicklung übertrug sich vom Neubau auch auf den Bestand. Im Bestand sind jedoch meist ganz andere Randbedingungen maßgebend für die ordnungsgemäße Erstellung des Gewerks Fußbodenheizung. Diesen besonderen Rahmenbedingungen hat man mit der ersten Ausgabe der Schnittstellenkoordination für bestehende Gebäude im Jahr 2002 Rechnung getragen.

Welche Vorteile bietet die Schnittstellenkoordination bei der Herstellung raumflächenintegrierter Heiz- und Kühlsysteme und für wen ist das Werk gedacht? Gehören auch Endverbraucher zur Zielgruppe?

Aus meiner Sicht gibt es zwei besonders erwähnenswerte Vorteile: Zum einen findet man in diesem Werk die einzelnen Arbeitsschritte chronologisch folgend, die zur Entstehung des Gewerks notwendig sind. Selbst nicht so in der Materie Bewanderte können aufgrund dieser Auflistung das System kennenlernen und den Bauablauf nachvollziehen – Schritt für Schritt.

Den anderen gravierenden Vorteil sehe ich in der Herstellerneutralität. Ähnlich wie im Normenwesen werden das System und die einzelnen Gewerke unabhängig vom Hersteller/Produzenten beschrieben. Nur so hat sich das Werk den Status nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erarbeitet.

Die breite Entwicklung der Fußbodenheizung sollte zunächst Planern und dem verarbeitenden Handwerk dienen. Mit den eingearbeiteten Normvorgaben und allgemeinen Hinweisen haben sie ein fundiertes Arbeitspapier an der Hand. Der Endverbraucher ist, damals wie heute, nicht Teil der Zielgruppe. Allerdings kommt er auf der Suche nach Informationen zur Flächenheizung mit der frei zugänglichen Schnittstellenkoordination über die BVF-Website in Kontakt und informiert sich ausführlich.

Die aktuelle Fassung hat 230 Seiten. Kritische Stimmen sagen, dass das zu viel sei und niemand Zeit hätte, alles zu lesen. Was würden Sie dem entgegnen?

Die zunehmende Anzahl von Anbietern von Flächenheizungen bedingen ein erweitertes Systemangebot. Das spiegelt sich in der erweiterten Systemvielfalt wider. Parallel dazu entwickelten sich auch die daran beteiligten Gewerke, wie zum Beispiel Estriche, Bodenbeläge und deren Verarbeitung. Das alles auf dem aktuellen Stand der Technik zu halten, dazu bedarf es Platz. So ist die Seitenzahl zwar enorm gestiegen, aber die Übersichtlichkeit ist geblieben. Jedes System kann für sich einzeln betrachtet werden, plus zwei oder drei Protokolle, mehr ist nicht notwendig. Das sind im Schnitt 15 von den 230 Seiten. Ein Umfang, der jedem zuzumuten ist, um ein ordnungsgemäßes Gewerk abzuliefern. Die allgemein gefasste Einleitung muss nicht jedes Mal ausgedruckt werden. Diejenigen, die sich mit Flächenheizung und -kühlung beschäftigen, sollten die zugehörigen Normen kennen oder wenigstens solche Essenzen wie die Einleitung.

In den letzten Jahren haben auch Wand- und Deckenheizungen an Bedeutung gewonnen. Sind diese ebenfalls in der Neuauflage vertreten?

Wie schon erwähnt, treten bei Fußbodenheizungen im Bestand oft nicht kalkulierbare Überraschungen auf, im Besonderen aus dem Untergrund. In den Protokollen ist hierfür das Kapitel "die Bestandsaufnahme" zuständig. Die fehlende Aufbauhöhe oder der alte (Holz-)Bodenbelag, der weiter genutzt werden soll, sind oft ein weiteres Kriterium, um die Ausrichtung zu wechseln.

So ist die Wandheizung als Alternative zur Fußbodenheizung entstanden. Um dem Rechnung zu tragen, ist die Fußbodenheizungsnorm um die Wandheizung erweitert und auch in die Schnittstellenkoordination aufgenommen worden. Die Umsetzung ist wohl aus Gewohnheiten sehr zaghaft angelaufen, heutzutage wird sie aufgrund der niedrigen spezifischen Heizlasten viel öfters eingeplant. Die Klimaentwicklungen des letzten Jahrzehnts rücken die Ausrichtung "Decke" verstärkt in den Vordergrund, wobei nicht die Heizung, sondern die moderate Kühlung interessant ist. Ein System, zwei Möglichkeiten und das noch ohne raumlufttechnische Zusatzmittel.

Man muss aber auch sehen, dass zur klassischen Konstruktion "Rohre direkt an der Decke im Putz" mehrere abgehängte Varianten hinzugekommen sind. Nicht nur andere Normen, sondern auch andere Gewerke sind jetzt mit im Boot. Um dies anwendungsfreundlich aufzuarbeiten, wurde im BVF der neue Arbeitskreis "Decke" gegründet.

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Eine weitere spannende Anwendung ist sicherlich auch die elektrische Flächenheizung. Inwieweit ist diese in der aktuellen Fassung zu finden?

Von der Speicherheizung zur Direktheizung: Mit den aktuellen Entwicklungen um den Energieträger Strom wächst auch die Akzeptanz dieser Ausführung. Allerdings ist schon vor langer Zeit der Beschluss gefasst worden, die warmwassergeführten Lösungen von den elektrischen zu trennen. Deswegen findet man in der aktuellen Version der Schnittstellenkoordination keine elektrische Flächenheizung. Wer hier Informationen sucht, wird auf der BVF-Website fündig. Diese wird vom Arbeitskreis "Elektroflächenheizung" umfassend gepflegt.

Das Handwerk muss immer nach dem aktuellen und allgemein anerkannten Stand der Technik arbeiten. Geschieht dies nicht, könnte es bei Mängeln vor Gericht zu Problemen kommen. Welchen Stellenwert hat in diesem Kontext die Schnittstellenkoordination?

Mängel, nein danke! Das könnte auch ein Slogan der Schnittstellenkoordination sein. Die detaillierte Beschreibung der Systeme und die Abfrage der Arbeitsschritte, ob erledigt oder nicht, ermöglicht die Kontrolle über den fortschreitenden Bauablauf. Im Gegensatz zu Normen haben wir die Möglichkeit der ständigen Aktualisierung. Somit sind wir mit der Ausgabe oft auf dem neueren Stand und/oder stoßen Entwicklungen an. Dass die Schnittstellenkoordination bei der Herstellung raumflächenintegrierter Heiz- und Kühlsysteme einen sehr hohen Stellenwert einnimmt, zeigt die Akzeptanz bei den Sachverständigen. Bei Streitigkeiten werden Auszüge oft vor Gericht zitiert und dienen so der Rechtsprechung. Auf der einen Seite wertet das die Schnittstellenkoordination auf, unsere Intention war allerdings eine andere. Der BVF wollte und will, dass sich möglichst wenig Fehler in der Planungsphase und in der Umsetzung einschleichen.

Welcher Zeitrahmen war nötig, um die Neuauflage fertigzustellen und was sind dabei die größten Hürden gewesen?

Am Anfang stand nur die Notwendigkeit der Überarbeitung. Es zeigte sich jedoch sehr schnell, dass der Umfang erheblich wachsen würde. Neue Systeme, neue Materialien, neue Verarbeitungsmethoden, neue Erkenntnisse, neue Verordnungen und Normen mussten eingearbeitet werden. Wir haben uns trotzdem entschlossen, zunächst nur in einem kleineren Expertenteam die Sache anzugehen. Voraussetzung war die Zusage, intensiv und zeitnah zuzuarbeiten, soweit es die eigentliche Arbeit zulässt.

Eine der größten Hürden war, die zugesagten Termine für die zu erledigenden Zuarbeiten einzuhalten. Das musste in der Regel neben dem Tagesgeschäft erfolgen. Das andere Problem war der erhebliche Zeitaufwand für die Korrekturlesungen. Parallel dazu sind schon andere Verbände beziehungsweise Personen zu speziellen Themen mit einbezogen worden. Der kritischste Punkt betraf die neuen CM-Werte für die Estriche. Hier war Schlichtung angesagt.

Zu einem Zeitpunkt X ist dann die neue Version an alle beteiligten Verbände und Verkehrskreise versendet worden. Der Umfang, teilweise nicht berücksichtigte Punkte und Korrekturen verzögerten berechtigterweise die Fertigstellung. Zuletzt waren es dann vom ersten Entwurf bis zur fertigen pdf-Version doch zwei Jahre.

War nur der BVF an der Erstellung beteiligt oder sind auch andere Verbände mit ins Boot geholt worden?

In der Schnittstellenkoordination steckt enormes Expertenwissen. Das kann vom BVF allein selbstverständlich nicht gestemmt werden. Das ist nur möglich mit einem guten Netzwerk unter all den beteiligten Verbänden, die zur Gestehung einer ordnungsgemäßen Flächenheizung und/oder -kühlung notwendig sind. Vom Untergrund bis zum abschließenden Bodenbelag, vom Putz über den Trockenbau bis zur abgehängten Decke – überall steckt entsprechen-des Know-how und das musste gebündelt werden. Das Ergebnis: 18 Verbände tragen die aktuelle Ausgabe.

Lassen Sie uns abschließend etwas vom Thema abweichen. Flächenheizungen und Flächenkühlungen sorgen für die Beheizung im Winter sowie die Temperierung im Sommer. Zahlreiche Meinungen gehen davon aus, dass durch die weitere Entwicklung der energiesparenden Bauweise das Heizen zukünftig vermehrt in den Hintergrund rückt. Was sagen Sie dazu?

Vor über 20 Jahren habe ich schon Artikel gelesen, in denen der Verzicht auf die Heizung prognostiziert wurde, ausgehend von Entwicklungen in der Bauweise. Mittlerweile sind die spezifischen Heizlasten geringer, aber die Ansprüche an den Wohnkomfort sind erheblich gestiegen.

Innentemperaturen von 21 °C und mehr sind keine Seltenheit. War früher das Passivhaus der Maßstab am Bau, sind es heute zum Beispiel Plusenergiehäuser oder andere Konzepte. Eines haben sie gemeinsam, sie haben immer noch eine Heizung.

Auch in naher Zukunft wird es noch eine Heizung geben, es stellt sich höchstens die Frage, wie die Wärme erzeugt wird und wie sie in den Raum gebracht wird. Die Strahlungsheizung wird aufgrund ihrer Vorteile nicht so schnell verdrängt werden können.

Mit der letzten Frage wollen wir noch einen Blick in die Zukunft werfen. Können Sie unseren Lesern verraten, welche Projekte der BVF gerade fokussiert? Was ist in Planung?

Im fließenden Übergang wird nun die Schnittstellenkoordination für den Neubau überarbeitet. Wie im Bestand sind auch hier die Sonderkonstruktionen, wie beispielsweise Dünnestrichsysteme, auf dem Vormarsch. Weg von den "dicken" hin zu schlanken, schnell reagierenden Systemen ist der Trend. Hierzu passt auch der schon erwähnte neue Arbeitskreis "Decke". Des Weiteren wird an einem Sachverständigenpool gearbeitet. Hierdurch sollen strittige Themen, die an den Verband herangetragen werden, neutral und unabhängig beantwortet werden können.

Im Moment werden die Fußbodenheizungsnorm und die Estrichnorm überarbeitet. Hier sind wir aktiv mit eingebunden. Nachdem die Normung heute nicht mehr nur auf Deutschland (DIN) beschränkt ist, geht es bei der Fortschreibung in den EN- und ISO-Normen auch um die Bestandssicherung. Unsere Qualitätsansprüche müssen Bestand haben.

Weiterführende Informationen: https://www.flaechenheizung.de

Mittwoch, 17.04.2019