Moderne Heizungswasseraufbereitung: Grundlagen

Heizungswasseraufbereitung für effiziente Heizungssysteme - Teil 1

Fachplaner und Heizungsinstallateure treffen in ihrem Arbeitsalltag immer wieder auf sie – die Normen des DIN und die Richtlinien des VDI. Dabei beschäftigt insbesondere das Thema "Heizungswasseraufbereitung“ zunehmend. Die Praxis zeigt, dass alle hier gut beraten sind, wenn sie mit den einschlägigen Normen und Richtlinien nicht auf "Kriegsfuß" stehen – denn diese sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik und stellen die Arbeitsgrundlage beispielsweise für das SHK-Handwerk dar.

Um auf der sicheren Seite zu sein und um sich vor möglichen Haftungsansprüchen zu schützen, muss der SHK-Fachmann demnach einige Arbeitsweisen bei der Heizungswasseraufbereitung beachten. Welche das sind und wie diese in der Praxis umgesetzt werden können, zeigt diese Artikelserie.

Zunächst soll ein Blick auf die Notwendigkeit der Heizungswasseraufbereitung geworfen werden: Steinbildung und Korro­sion, so lauten die Diagnosen, die der SHK-Fachmann bei Schäden und Problemen an der Heizungsanlage immer wieder stellen muss.

VDI und DIN haben diese Problematik erkannt und entsprechende Richtlinien erarbeitet. Die bekannteste Richtlinie in diesem Zusammenhang ist die VDI 2035, deren Kern die Vermeidung von Steinbildung und wasserseitig verursachten Korrosionsschäden ist. Weitgehend unbeachtet bleibt aber häufig, dass Europäische Normen bzw. DINs höher einzustufen sind als VDI-Richtlinien und deshalb in die Betrachtungen mit einbezogen werden müssen.

Hierzu zählen insbesondere die EN 1717, die sich mit der Absicherung des Trinkwassers gegen Nicht-Trinkwasser beschäftigt, die EN 14336 ("Installation und Abnahme von Warmwasser-Heizungsanlagen") sowie die EN 14868 ("Leitfaden für die Ermittlung der Korrosionswahrscheinlichkeit metallischer Werkstoffe in geschlossenen Wasser-Zirkulationssystemen").

Diese Normen bilden die Basis für eine wirksame Heizungswasseraufbereitung. Sie sind als Arbeitsgrundlage des SHK-Handwerks anzusehen und geben letztlich die Richtwerte für das Füll- und Ergänzungswasser und damit für die Heizwasser­qualität vor.

Kernfrage: Wie können die Normen für Heizungswasser in der Praxis eingehalten werden?

Bevor geeignete Maßnahmen zur Heizungswasseraufbereitung aufgezeigt werden, welche die einschlägigen Normen praxisgerecht umsetzbar machen, ist es zunächst wichtig zu verstehen, wie es zu Korrosion und Steinbildung kommt – nur so kann die Heizungswasseraufbereitung effektiv und nachhaltig umgesetzt werden.

Für Korrosion und Steinbildung sind vier Komponenten im Heizwasserkreislauf maßgeblich verantwortlich:

Komponente 1: Wasserhärte

Die Wasserhärte in Verbindung mit der Füll- und Ergänzungswassermenge sowie der Wandtemperatur des Wärmeerzeugers sind maßgeblich für die Steinbildung in der Heizanlage verantwortlich.

Dabei gilt: Je höher die Temperatur, desto höher die Steinbildungsgefahr. Dies ist beispielsweise in einem Teekessel deutlich zu ­sehen: Durch die Erwärmung des harten Leitungswassers entstehen durch ausfallenden Kalk schnell Ablagerungen. In der Heizanlage werden die vorhandenen Kalzium- und Magnesiumverbindungen vom Wasser gelöst und setzen sich auf den Rohrwandungen ab. Bereits eine Kalkablagerung von 1 mm an der Rohrwandung oder den Wärmeübertragern vermindert die Wärmeübertragung erheblich.

Komponente 2: Sauerstoff

Tritt zu viel Sauerstoff in die Heizanlage ein, führt dies unweigerlich zu Rost. Hierbei ist jedoch nicht der Sauerstoff gemeint, der bei der Erstbefüllung über das Wasser eintritt und sich in der Regel am vorhandenen Metall verbraucht, sondern der Sauerstoff, der darüber hinaus eintritt.

Nach VDI 2035 ist deshalb der Sauerstoffeintritt zu verhindern, was nicht immer möglich ist. Denn selbst bei modernsten Bauteilen weist jede Anlage Schwachstellen auf, die einen Sauerstoffeintritt ermöglichen. Dies kann beispielsweise bei Schnellentlüftern, Verschraubungen oder Ausdehnungsgefäßen der Fall sein. Häufig bildet sich dann auch Oxidschlamm, besser bekannt als Magnetit, welcher eine schwärzliche Verfärbung des Heizwassers zur Folge hat.

Komponente 3: pH-Wert

Der pH-Wert gilt als Maß für den Säure- oder Laugenanteil im Wasser und wird auf einer Skala zwischen 0 und 14 dargestellt. Wichtig zu wissen ist hierbei, dass der pH-Wert das Ergebnis einer Umrechnungsformel ist, die einen Zehnerlogarithmus enthält.

Das bedeutet, dass ein pH-Sprung den Faktor 10 in der Säurekonzent­ration ausmacht: Wasser mit einem pH-Wert von 7 enthält also 10-mal mehr Säure als bei einem pH-Wert von 8 und sogar 100-mal mehr als ein Wasser mit einem pH-Wert von 9 (10 x 10 = 100).

Im Zeitalter der Nieder­temperatur-Heizungsanlagen ist heute auch vermehrt die Rede von Bakterien im Kreislaufwasser, also der mikrobiologisch induzierten Korrosion (MIC). Diese Bakterien produzieren durch ihre Ausscheidungen Ammonium, welches den pH-Wert extrem senken kann.

Weitere Einflüsse, wie Rückstände von Frostschutzmitteln und Verunreinigungen von organischen Säuren, reduzieren den pH-Wert ebenfalls. Eine pH-Anhebung entsteht dagegen beispielsweise bei Verwendung von enthärtetem Wasser (Weichwasser) als Füll- und Ergänzungswasser, wobei der pH-Wert auf über 9,5 ansteigen kann (Selbstalkalisierung).

Für die im Heizungsbau üblichen ­Metalle empfehlen Korrosionsfachleute einen pH-Wert zwischen 8,2 und 9,5. Die Untergrenze von 8,2 begründet sich dadurch, dass oberhalb dieses Wertes keine freie Kohlensäure mehr im Wasser vorliegt. Die Obergrenze mit dem pH-Wert 9,5 resultiert aus dem Wissen, dass Kupfer in Gegenwart von Ammoniumverbindungen ab diesem Wert in Lösung geht.

Aber aufgepasst: Bei Aluminium­bestandteilen gilt die obere Grenze von pH 8,5. Denn bei pH-Werten > 8,5 kommt es selbst bei völliger Abwesenheit von Sauerstoff unter Wasserstoffentwicklung zur Aluminatbildung. Da das Aluminat löslich ist, entstehen keine Deckschichten. Infolge des erhöhten pH-Werts des Heizungswassers verläuft die Korrosion des Aluminiums dann ungehemmt weiter. Im Wasser kann dies durch eine Aluminiummessung nachgewiesen werden.

!PAGEBREAK()PAGEBREAK!

Komponente 4: Leitfähigkeit

Je höher die Leitfähigkeit im Wasser, desto mehr steigt die Korrosionswahrscheinlichkeit. Im Umkehrschluss bedeutet das: Eine geringe Leitfähigkeit verringert oder bremst Korrosion in der Heizanlage. Die Leitfähigkeit ergibt sich aus dem Salzgehalt des Füll- und Ergänzungswassers. Hierbei gilt, dass ein hoher Salzgehalt eine hohe Leitfähigkeit verursacht. Auch Sauerstoffbindemittel und Korrosionsinhibitoren erhöhen die Leitfähigkeit.

Festzuhalten ist: Um die Korrosionswahrscheinlichkeit so gering wie möglich zu halten sowie die Normenvor­gaben zu erfüllen, muss ein erhöhter Sauerstoffeintritt vermieden, ein pH-Wert zwischen 8,2 und 9,5 (8,5 bei Aluminium) erreicht und die Leitfähigkeit minimiert werden.

Heizungswasseraufbereitung = Haftungsrisiko einschränken

Zu den gängigsten Maßnahmen der Heizungswasseraufbereitung zählen die Entsalzung und Enthärtung. Während sich die Leitfähigkeit gegenüber dem Rohwasser bei der reinen Enthärtung durch das Ionenaustauschverfahren noch erhöht, ist die Leitfähigkeit bei einer salzarmen Fahrweise gering, weshalb viele Experten die salzarme Fahrweise bevorzugen.

So gibt die EN 14868 unter 10.3 In­betriebnahme, 10.3.1 Allgemeines, Absatz 5, beispielsweise an, dass vollentsalztes Wasser vorzuziehen ist, da sich Korrosionselemente nicht stabilisieren können, wenn keine Salze im Wasser vorhanden sind.

Das bedeutet, dass durch die Entsalzung korrosiv wirkende Ionen entfernt werden. Auch bei Grenzwerten oder speziellen Anforderungen seitens der Kesselhersteller ist man mit der salzarmen Fahrweise auf der sicheren Seite, da die häufig vorgeschriebenen Leitfähigkeitswerte von < 100 µS/cm mit einer Enthärtung nicht erreicht werden können.

Um sich vor Haftungsansprüchen zu schützen, muss das Heizwasser also richtlinienkonform aufbereitet werden. Hiermit ist es dann allerdings noch nicht getan: Denn der Betreiber ist für den ordnungsgemäßen Zustand des Heizungswassers verantwortlich und muss dieses auch regelmäßig überprüfen.

Die Schwierigkeit hierbei: Der VDI geht ­davon aus, dass der Betreiber als Laie dieser Verantwortung nicht allein gerecht werden kann. Deswegen müssen sowohl Fachplaner als auch In­stallateur den Betreiber entsprechend beraten. Konkret bedeutet das, dass der Installateur einer Dokumentationspflicht unterliegt, bei der das Füll- und Ergänzungswasser hinsichtlich der Gesamthärte, des pH-Werts und der Leitfähigkeit auf Eignung überprüft werden muss. Das Ergebnis der Überprüfung ist dann wiederum an den Betreiber oder Fachplaner in Schriftform zu übergeben.

Bei einer salzarmen Fahrweise können die Messungen mit digitalen Messgeräten einfach durchgeführt werden. Lackmuspapier oder die sonst üblichen pH-Wert-Teststreifen sind hier jedoch nicht geeignet, da die entsprechenden Salze zur Reaktion fehlen und somit falsche Werte gemessen würden.

Genauere Ergebnisse liefern beispielsweise pH-Elektroden. Für die Messung müssen hier zwar auch Salze vorhanden sein, aber dennoch liefern sie bei niedrigem Salzgehalt bei einer etwas längeren Verweilzeit im Probewasser das zuverlässigere Ergebnis.

Die gemessenen Werte werden anschließend in ein Anlagenbuch eingetragen, welches dem Betreiber ausgehändigt wird. Somit sind alle Anforderungen erfüllt und der Heizungsfachmann ist auf der sicheren Seite.

Freitag, 07.11.2014