Innovation erkennen – Marktchance nutzen

Input-Regelung: System für zukunftsfähige Fußbodenheizungen

Im Fachbeitrag „Wir (Ingenieure) schaffen das! Aber wann? Auf der Suche nach Lösungen zur Energieeinsparung bei der Fußbodenheizung“ wurden in der ...

... Juni-Ausgabe des HeizungsJournals 14 Thesen zur Problemanalyse der Regelung der Fußbodenheizung aufgestellt. Dieser Systematik folgend, skizziert dieser Artikel nun einen technischen Lösungsansatz, um der energieverschwendenden thermischen Überversorgung von Fußbodenheizungen mit Drossel-Regelung Herr zu werden. Diese neuartige Input-Regelung als Beimisch-Regelung wird den „Stand der Technik“ in diesem Zusammenhang verschieben.

Im Energiewende-Magazin „transition“ der Deutschen Energie-Agentur (dena), Ausgabe 2022, wurde ein lesenswertes Interview veröffentlicht: Seinerzeit unterhielten sich da Andreas Kuhlmann (damals noch dena-Chef, mittlerweile Geschäftsführer beim Berliner Beratungsunternehmen Christ&Company Consulting) und Rafael Laguna de la Vera (Direktor der SPRIND GmbH, Leipzig, eine Gesellschaft des Bundes, deren Gegenstand die öffentliche Förderung von „Sprunginnovationen“ im zivilen Bereich ist).

Die passende Überschrift lautete damals: „Innovationen nicht zu probieren, ist sträflich“. Beide Gesprächspartner waren sich einig, dass die Herausforderung Klimaneutralität ohne disruptive Innovationen nicht zu bewältigen ist – es brauche dafür aber „mehr Mut zum Risiko und Fehler machen“. Nun ist der „Mut zum Risiko“ in der Branche für Haustechnik im Allgemeinen und in der „Welt der Heizungstechnik“ im Speziellen bekanntlich nur wenig ausgeprägt. Warum sollte man auch ins Risiko gehen? Es läuft doch …

Doch genau in jener „Denke“ liegt der schwere Fehler – wie Kuhlmann und Laguna de la Vera es eindrücklich in ihrem Gespräch schildern (im Folgenden ein paar Auszüge):

▪ „Einige sagen, im Baubereich gibt es doch schon alles, da brauchen wir nichts Neues. […]“ (Kuhlmann) ▪ „Wir leben von den Sprunginnovationen von vor 100, 120 Jahren. […] Wirtschaft und Wissenschaft sind nicht gut genug miteinander vernetzt […].“ (Laguna) ▪ „Im Grunde haben wir eine super Dynamik, bei der wir nur ein bisschen mehr Feuer machen müssen.“ (Kuhlmann) ▪ „Wer keine Fehler machen will, macht auch keine Experimente und arbeitet lieber mit den bekannten Playern aus vergangenen Jahren. Wir haben ein unglaublich veränderungsresistentes System geschaffen. Das müssen wir aufbrechen.“ (Laguna)

Veränderung überfällig

„Veränderungsresistenz“ hat die Bundesagentur für Sprunginnovationen, SPRIND, denn auch im millionenschweren Markt der Flächenheizung ausgemacht und – passend dazu – einen Validierungsauftrag für Forschungs- und Entwicklungsleistungen zum Thema „Energiesparende Beimisch-Regelung der Fußbodenheizung“ vergeben, der jüngst erfolgreich abgeschlossen wurde. An diesem Validierungsauftrag beteiligt waren unter anderem Prof. Dr.-Ing. Rainer Hirschberg (Hocheffizienzhaus-Institut), das Forschungsinstitut für energieeffiziente Gebäude und Quartiere an der Hochschule München (CENERGIE) sowie FfE, die Forschungsstelle für Energiewirtschaft. Die Ergebnisse der Validierung sowie der Abschlussbericht sind online verfügbar (siehe unten).

Ziel der Validierung war es, für ein neues patentiertes Regelsystem für Fußbodenheizungen – die sogenannte „Raumweise Beimisch-Regelung“ – den Nachweis zu erbringen, dass die vorgegebenen Nutzungsziele bezüglich Energieeinsparung, Normenkonformität, Komfort und Nachhaltigkeit den Vorgaben entsprechen. Gleichzeitig sollte aufgezeigt werden, dass es sich tatsächlich um eine disruptive Innovation (also eine „Sprunginnovation“) handeln kann. Aus der Perspektive und Notwendigkeit der Energieeffizienz-Steigerung heraus ist also ein völlig neues Regelsystem für Fußbodenheizungen entstanden, das den Anforderungen an eine „intelligente Regelung“ entspricht – eine Bedarfs-Heizung in Form einer Beimisch-Regelung als „Input-Regelung“, mit dem „Raumklima“ als Regelgröße.

Statt den Räumen, wie bei der bisherigen Angebots-Heizung, laufend die passende Wärme über das Heizwasser zuzuführen, wird bei der Bedarfs-Heizung dem Wärmeverteilnetz des Gebäudes nur bei Bedarf einzelner Räume Wärme entnommen. Alle ausführlichen Definitionen in diesem Kontext, etwa zur Angebots- und Bedarfs-Heizung, können im „Whitepaper 2023 – Beimisch-Regelung von Fußbodenheizungen“ nachgelesen werden – online verfügbar unter: https://tga.li/b34g

Die Sprunginnovation

Die im Beitrag „Wir (Ingenieure) schaffen das! Aber wann? Auf der Suche nach Lösungen zur Energieeinsparung bei der Fußbodenheizung“ (vgl. HeizungsJournal-Ausgabe 6-2023, Juni, S. 56 - 61) – online verfügbar unter: https://tga.li/cBmr – dargestellten Probleme der Drossel-Regelung einer Speicherheizung als Angebots-Heizung haben also dazu geführt, nach einem Regelsystem zu suchen, das sowohl die Lufttemperatur im Raum als auch die Strahlungswärme an die Raumumschließungsflächen in die „Regelgröße“ mit einbezieht.

Die grundsätzliche Voraussetzung für eine energiesparende Regelung, insbesondere einer Fußbodenheizung (Speicherheizung), ist eine exakte Messung und Darstellung der relevanten Parameter für jeden (!) Heizkreis – etwa Wassermenge, Vor- und Rücklauftemperatur. Nur damit können die Anforderungen an eine „intelligente Regelung“ und die DIN 19226 („Regelungstechnik und Steuerungstechnik“) erfüllt werden.

Um die gewünschte Raumtemperatur zu halten, muss die der Raumheizlast entsprechende Wärmemenge dem Raum laufend über das Heizwasser zugeführt werden. Die Raumheizlast entspricht der Wärmeleistung, die der Raum über Heizung und Lüftung in Abhängigkeit der Außentemperatur an die kältere Umgebung abgibt.

Zur Führungsgröße der neuen Input-Regelung wird das vom Nutzer subjektiv empfundene „Raumklima“. Diese Grö-ße kann wegen ihrer Komplexität physikalisch nicht gemessen werden. Die Lufttemperatur im Raum als ein geringer Teil des „Raumklimas“ kann, wenn die Messung eine verlässliche Aussage darstellt, auch dem Steuergerät zugeleitet werden.

Warum „Input-Regelung“?

Das „Raumklima“ hat einen entscheidenden Einfluss auf das Wohlbefinden, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Nutzerinnen und Nutzer. Thermische und physiologische Zustände im Raum beeinflussen das „Raumklima“. Die wichtigsten das „Raumklima“ mit der Fußbodenheizung bestimmenden Parameter lauten: Lufttemperatur, Temperatur der durch Wärmestrahlung aufgeheizten Raumumschließungsflächen (wie Wände, Decke, Fußboden, Fenster), Luftfeuchte und Luftgeschwindigkeit im Raum.

Die Input-Regelung als „Raumklima“-Regelung der Fußbodenheizung regelt die raumweise unterschiedliche Heizwassertemperatur, bevor (!) die dem Raum zuzuführende Wärme in den Fußbodenheizkreis geschickt wird. Alle Warmwasser-Fußbodenheizungen können mit der neuen Input-Regelung und der aus dem nutzerspezifischen „Raumklima“ als Führungsgröße abgeleiteten Heizwassertemperatur ausgestattet werden. Im Bestand betrifft das etwa sechs Millionen sanierungsbedürftige Fußbodenheizungen, täglich kommen noch ungefähr 770 Neubauwohnungen in Deutschland dazu.

Jeder Raum dieser Bedarfs-Heizung ist ein eigener Regelkreis mit Mischventil und Minipumpe (4,5 cm), Durchflussmengenmesser und Temperaturfühlern. Dem Raum wird über das Heizwasser hiermit nur exakt die Wärme-menge zugeführt, die tatsächlich gebraucht wird. Moderne Umwälzpumpen definieren die Wassermenge über die Drehzahl und messen die Wassertemperatur, damit wird die Anlage kompakter.

Das Steuergerät der Regelung muss den Wärmebedarf des Raums (Raumheizlast) rechnerisch genau ermitteln. Das geschieht laufend, in Abhängigkeit der sich verändernden Außenlufttemperatur. Die Heizwassertemperatur als „Regelgröße“ wird laufend mit Werten der Heizkennlinie, der „Messgröße“, verglichen und angepasst. So kann das Gleichgewicht der dem Raum über die Heizung zugeführten Wärme und der an die Außenluft ablaufenden Wärme gehalten werden. Die zugeführte Wärme bzw. Wärmeleistung wird über die Kreis-Wassermenge (kg/h) und die Differenz (K) zwischen Vor- und Rücklauftemperatur genau definiert und geregelt.

GEG erfüllt

Diese laufende, verzögerungsfreie Messung und Anpassung der beiden Größen für jeden Raum sind die Voraussetzung für eine Regelung mit geschlossenem Wirkkreis und Rückkopplung nach DIN 19226. Damit werden die Forderungen des GEG § 63 („Raumweise Regelung der Raumtemperatur“) und GEG § 61 („Verringerung und Abschaltung der Wärmezufuhr…“) mit einer Armatur erfüllt. Die Abb. 1 zeigt einen vom Verteiler/Sammler abgehenden Heizkreis (Raum) in Form einer Beimisch-Regelung der Bedarfs-Heizung. Die Temperatur des Heizwassers ist bereits vor (!) dem Eintritt in den Heizestrich geregelt – deswegen auch der Begriff Input-Regelung.

Diese Input-Regelung muss wegen der großen Potentiale und Marktchancen der Bestandssanierung von den geometrischen Abmessungen her der alten Fußbodenheizungs-Verteilung im Verteilerkasten entsprechen. Zu den Armaturen kommen die Signalleitungen oder Funk-Verbindungen, die alle relevanten Informationen (z. B. Kreiswassermengen, Vor- und Rücklauftemperaturen, Außenlufttemperatur, Wetterbericht, Abwesenheitskennung) dem Steuergerät zuführen. Die hier errechneten Werte und Informationen werden an die Regelarmaturen exportiert.

Die spätere Wärmeübergabe an den Raum zwischen Konvektion und Strahlung ist von vielen Faktoren abhängig, für diese energieeffiziente Regelung jedoch nicht relevant. Die Temperatur des Heizwassers, das in den Heizkreis ge-schickt wird, ist von der Außenlufttemperatur abhängig. Dadurch, dass die Außentemperatur in die Input-Regelung mit einbezogen ist, kann die zentrale außentemperaturgeführte Gebäuderegelung (§ 61 GEG) entfallen. Beim heutigen Stand der Installationstechnik mit dezentralen Frischwasserstationen im Wohnungsbau kann auch bei Wärmepumpenbetrieb auf den zweiten geregelten Heizkreis für Fußbodenheizung verzichtet werden. Der Verteiler wird direkt über den ungeregelten Heizkreis für die Trinkwassererwärmung versorgt.

Nutzer im Fokus

Im Diagramm (Abb. 2) sind auf der x-Achse die spezifische Heizlast des Raumes (W/m2) und auf der y-Achse die Außentemperatur (ta min) dargestellt. Die obere waagerechte Achse stellt die mittlere Heizwassertemperatur (tm in °C) dar, die für dieses Beispiel in Abhängigkeit der spezifischen Heizlast im Steuergerät für diesen Raum hinterlegt ist. In diesem Beispiel wird mit der spezifischen Raumheizlast von 52 W/m2 von der Steuerung die mittlere Heizwassertemperatur von 37 °C bei Auslegungstemperatur -16 °C errechnet.

Die beiden für jeden Raum hinterlegten Heizkennlinien (vgl. Abb. 2) haben unterschiedliche Funktionen: Die Heizkennlinie 1, die „Basiskennlinie“ oder „Referenzkennlinie“, entspricht der nach DIN EN 12831 errechneten spezifischen Raumheizlast. Die Heizkennlinie 2 dagegen wird als „Raumklimakennlinie“ oder „Komfortkennlinie“ definiert. Denn hier fließen, neben der Raumheizlast, weitere spezifische Daten mit ein, beispielsweise: Raumnutzung, Raumtemperatur, Raumfläche, aktuelle Außenlufttemperatur, Wetterbericht, Absenkbetrieb, Abwesenheitserkennung. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit einer individuell justierbaren, dem subjektiven (!) „Raumklima“ entsprechenden Komforteinstellung.

Im Beispiel von Abb. 2 wünscht sich der Nutzer einen höheren Wärmeeinsatz, der hier einer spezifischen Raumheizlast von 65 W/m2 entspricht. Das Steuergerät errechnet für den Raum mit der hinterlegten Spreizung und dem Volumenstrom die dazugehörige mittlere Heizwassertemperatur von 42 °C und die Vorlauftemperatur, die zur „Messgröße“ wird. Diese „Messgröße“ wird vom Temperaturfühler im Heizwasser, der Norm entsprechend, laufend gemessen, mit der „Regelgröße“ verglichen und zeitgleich angepasst. Den nominellen Unterschied zwischen den beiden Kennlinien, der von der Außenlufttemperatur abhängig ist, kann der Nutzer laufend abfragen. Ein psychologischer Energieeinsparanreiz entsteht demnach durch die Information zum laufenden Mehrverbrauch aus dem Unterschied zwischen den beiden Einstellungen. Die Steuerung der Input-Regelung errechnet und verwertet die Tabellenwerte aus Abb. 3 bei der Außentemperatur (ta min) zwischen +20 °C und -16 °C für diesen beispielhaften Raum: Bei -16 °C (ta min) und 52 W/m2 entspricht beispielsweise die mittlere Heizwassertemperatur 37 °C (tm) bei 42 °C Vorlauftemperatur (tv) und 10 K Spreizung. Die Temperatur der Bodenoberfläche (t Ofl) liegt bei 24,9 °C.

Interessant ist der Wert der Oberflächentemperatur des Bodens bei einer mittleren Außenlufttemperatur von +5,1 °C während der Heizperiode in der Klimazone München (ta min = -16 °C). Gerade in diesem Temperaturbereich ist eine exakte Messung und Regelung wichtig. Die niedrigen Oberflächentemperaturen bei Außentemperaturen > 5 °C liegen zwischen 22 °C und 20 °C. Die konvektive Erwärmung der Raumluft an der Bodenoberfläche ist hier kaum noch möglich. Die über den Raumthermostat gemessene Lufttemperatur des Raumes ist – vor allem in jenem Betriebszustand der Fußbodenheizung – als Regelgröße nicht geeignet. In der Tabelle (Abb. 3) ist zu erkennen, dass hier im Gegensatz zur alten Drossel-Regelung die Kreiswassermenge mit 67 kg/h über den ganzen Temperaturverlauf konstant bleibt, während sich die Heizwassertemperatur stetig in Abhängigkeit der Außenlufttemperatur anpasst. Die Spreizung zwischen Vor- und Rücklauftemperatur, ursprünglich: 10 K, geht gegen 0; Vor- und Rücklauftemperatur enden bei 20 °C.

Fazit

Diese Ausführungen und exemplarischen Darstellungen zeigen, dass die Input-Regelung als Beimisch-Regelung nicht „nur“ eine Sprunginnovation im Sinne von SPRIND darstellt, sondern vor allem die Fußbodenheizungen, die millionenfach in Bestandsgebäuden in Deutschland installiert und in Betrieb sind, zukunftsfähig im Sinne der Klimaneutralität, Energieeinsparung und Reduzierung der Heizkosten macht. Eine disruptive Neuerung, eine deutliche Veränderung, eine klare Verbesserung, ein lange überfälliges Verschieben des Stands der Technik, exakt so wie kluge Vordenker unserer Zeit – siehe Einleitung – es für den Wirtschaftsstandort Deutschland fordern!

Weiterführende Informationen: https://www.sprind.org/de/artikel/beimisch-regelung-fussbodenheizung/

Dienstag, 14.11.2023