"Glückauf" für die Wärmepumpe

Die HeizungsJournal-Online-Redaktion war mit dem Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. unterwegs in Sachsen.

Neue Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen die steigende Beliebtheit von Wärmepumpen-Heizsystemen im Neubau: 2018 erhielten 43,7 Prozent aller genehmigten Wohngebäude eine Wärmepumpe. Bei allen genehmigten Gebäuden (also Wohn- plus Nichtwohngebäude) liegt die Wärmepumpen-Technologie mit 37,6 Prozent – wenn auch knapp – vor anderen Systemen wie Gasheizungen mit 37,4 Prozent. Wärmepumpen sind also keine Ausnahmeerscheinung mehr – Wärmepumpen, die Geothermie nutzen, sind mit 7,5 Prozent von den gesamten 43,7 Prozent allerdings deutlich seltener als solche, die Gebrauch von anderen Wärmequellen machen (die restlichen 36,2 Prozent). Dabei arbeiten Wärmepumpen mit oberflächennaher Geothermie ausgesprochen effizient.

Das veranschaulichte eindrücklich der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. auf seiner Pressefahrt Mitte Mai 2019 im Raum Freiberg/Dresden unter dem Motto "Heizen und Kühlen mit erdgekoppelten Systemen – Modernisierung": Zu sehen gab es viele spannende Projekte mit Wärmepumpe plus Geothermie, die belegten, dass die Technologie überall funktionieren kann – im Neubau, der Sanierung, in Nichtwohngebäuden, im Ein- und Mehrfamilienhaus. Die HeizungsJournal-Online-Redaktion war mit von der Partie!

Öffentliche Gebäude

Freiberg, die älteste Bergstadt Sachsens, verdankt ihre Gründung Silberfunden im 12. Jahrhundert. Zwischen Dresden und Chemnitz gelegen, ist sie das erste Ziel der diesjährigen Pressefahrt des BWP. Die Stadt geht in Sachen Umweltfreundlichkeit mit gutem Beispiel voran und setzt bei Bauvorhaben gerne auf Geothermie. Ein interessantes Beispiel ist das sogenannte Kornhaus. Seit 2015 wird das über 500 Jahre alte Objekt unter anderem als Bibliothek genutzt, nachdem es vorher auch als Verteidigungsanlage oder Reitstall gedient hatte.

Insgesamt wurden für das Gebäude neun geothermische Bohrungen mit 1.732 Metern durchgeführt – für die üblichen Bohrtiefen von 100 Metern war nicht genügend Platz, dazu ist das Kornhaus zu groß. Ein Rekord wurde dabei ebenfalls verzeichnet: vier der Erdwärmebohrungen gingen bis 205 Meter, was sie zu den tiefsten geothermischen Bohrungen in Sachsen macht. Allgemein profitieren Erdwärmesonden in Freiberg vom sogenannten "Freiberger Gneiss": Dieses Gestein, überall unter der Stadt Freiberg zu finden, ist sehr gut wärmeleitend – um hier mit Erdwärmesonden den gleichen Ertrag wie in z.B. in Berlin zu bekommen, braucht man in Freiberg weniger Bohrmeter. Die Wärmepumpenanlage im Kornhaus besteht aus zwei "Vitocal 300"-Wärmepumpen von Viessmann und wird redundant betrieben, um die Versorgung der Bücherei jederzeit gewährleisten zu können. Auch passives Kühlen ist im Gebäude möglich.

Im Anbau für das sogenannte Herderhaus, das seit 2018 zum neuen Stadtarchiv umgebaut wird, setzt Freiberg ebenfalls auf eine erdgekoppelte Wärmepumpenanlage. Der Anbau soll das Magazin des Stadt- und Bergbau-Museums beherbergen und benötigt ein ausgeklügeltes Heiz- und Kühlsystem, das die wertvollen Lagerbestände vor Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen schützen kann. Im Frühjahr 2018 wurden 18 Erdwärmesonden mit einer Länge von je 125 Metern gebohrt. Die Bohrungen für die Erdsonden brachten allerdings eine interessante Herausforderung mit sich: den alten Bergbau. 1969 wurde der in Freiberg eingestellt, aber die 800-jährige Bergbau-Geschichte hinterließ dennoch bleibende Spuren, die im Normalfall beim sächsischen Oberbergamt verzeichnet sind. "Manchmal stößt man aber auf nicht risskundige Hohlräume, wie hier. Das war dann auch für das Oberbergamt etwas Neues", sagt Rüdiger Grimm, Inhaber und Geschäftsführer der geoENERGIE Konzept GmbH, die für die in Freiberg vorgestellten Geothermieprojekte verantwortlich zeichnet. Dadurch erfuhr das Bohrkonzept einige Änderungen und das Bohrfeld musste schließlich verlegt werden.

Wohnhäuser

Der Bergbau war ebenso in einem Wohnhaus aus dem 14. Jahrhundert, in dem heute vier Parteien wohnen, eine Herausforderung für geoENERGIE Konzept, denn auf dem Grundstück wurde intensiv Erz abgebaut. Um Fehlbohrungen durch Anbohren der alten Bergbauräume auszuschließen, wurden zwei Schrägbohrungen durchgeführt, welche die Hohlräume vermieden. Jetzt beheizt eine Wärmepumpenanlage mit Geothermie das historische Gebäude. Die "geoTherm"-Wärmepumpe von Vaillant sorgte für eine hohe Einsparung bei den Heizkosten für die Bewohner. "Das soll aber nicht die Hauptaussage sein, dass es hier schwierig ist zu bohren", betont Rüdiger Grimm, "ich wollte vielmehr zeigen, dass Geothermie überall möglich ist".

Und das lebt der Erdwärme-Spezialist vor, denn privat setzt Rüdiger Grimm ebenso auf Geothermie. Sein Privathaus aus dem 14. Jahrhundert hat 135 m2 Wohnfläche, die Wärmeabgabe erfolgt sowohl durch Fußbodenheizungen als auch Heizkörper. Bei Grimm funktionierten das Heizen und die Warmwasserbereitung mit der oberflächennahen Geothermie dann so gut, dass er seine alte Wärmepumpe mit einer Leistung von 8,9 kW durch eine kleinere von Glen Dimplex ersetzen konnte, die 5,9 kW Leistung bringt.

Firmenzentrale

In Freiberg sind aber nicht nur Privatpersonen und Stadtverwaltung von der Geothermie überzeugt. Auch die Wirtschaft macht mit: Beim Neubau der Zentrale der auf Messtechnologie spezialisierten Firma Freiberg Instruments entschied man sich aufgrund der vielen bekannten Vorteile für die Geothermie. Rüdiger Grimm und Freiberg Instruments entwickelten eine Anlage mit Photovoltaikmodulen und einer erdgekoppelten Wärmepumpe von Dimplex mit vier Erdwärmesonden in einer Tiefe von 120 bis 130 Metern. Freiberg Instruments arbeitet mit hitzeempfindlicher Technik und brauchte deswegen zusätzlich eine Kühlmöglichkeit im Gebäude – die Lösung ist die in allen Räumen verlegte Fußbodenheizung, die gleichzeitig kühlt und heizt. Ausgelegt wurde die Anlage für eine Heizlast von 45 kW und eine Kühllast von 50 kW. Wichtig war dem Betreiber das kontinuierliche jährliche Monitoring, das eine effiziente Jahresarbeitszahl von 4,8 zeigte.

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Aber nicht nur Freiberg, auch Dresden und seine nähere Umgebung hatten in Bezug auf erdgekoppelte Wärmepumpen einige vorbildliche Projekte zu bieten.

Neubauten

Für ihr Einfamilienhaus in Mohorn setzt eine 5-köpfige Familie seit sieben Jahren auf eine Sole Wasser-Wärmepumpe von Stiebel Eltron. Zwei Erdwärmesonden in 120 Metern versorgen die Anlage mit Kälte und Wärme. In Kombination mit Fußboden-, Decken- und Wandheizung (mit Betonkernaktivierung) und einer Holzheizung sorgt die "WPF 10 cool"-Wärmepumpe auf den 280 m2 des dreistöckigen Hauses immer für angenehme Temperaturen. Die ebenfalls vorhandene Photovoltaik-Anlage deckt den größten Teil des hauseigenen Strombedarfs, außerdem werden zwei Heizpatronen im Pufferspeicher von ihr versorgt.

Im Dresdner Stadtteil Gostritz entschied sich eine weitere Familie für eine erdgekoppelte Wärmepumpe im Einfamilienhaus. Die frequenzgeregelte Nibe-Wärmepumpe, die 2017 das alte Gerät ersetzte, arbeitet zwischen 4 und 16 kW modulierend: Die Invertersteuerung macht die Wärmepumpe somit ausgesprochen effizient. Die bereits vorhandenen fünf Erdsonden in 60 Metern mussten nicht ersetzt werden und versorgen das mit Fußbodenheizung ausgestattete Gebäude mit 240 m2 Wohnfläche weiterhin optimal mit Wärme. Zusätzlich gibt es eine Solarthermie-Anlage mit zwei Flachkollektoren, die Warmwasser liefern.

Sanierungsprojekt

Dass erdgekoppelte Wärmepumpen nicht nur im Neubau, sondern auch in der Sanierung für Kostenersparnis sorgen, zeigt eindrucksvoll ein Mehrfamilienhaus in Pirna. Die Kernsanierung brachte das Gebäude auf den KfW 55-Standard, dem Bauherrn war außerdem ein Heizungssystem auf der Basis erneuerbarer Energien wichtig. Heute werden hier insgesamt elf Wärmepumpen mit integrierter Warmwasserbereitung von neun Erdsonden – mit je 100 bis 110 Metern Länge – zentral über einen Kältespeicher – mit 1.500 Litern – im Heiztechnikraum versorgt. Die Novelan-Wärmepumpen sind dezentral in den einzelnen Wohnungen untergebracht, wobei die Leistung je Gerät 2 bis 6 kW beträgt. Alle Wohnungen verfügen über eine Fußbodenheizung. Die berechnete Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe soll zukünftig weit über 4 betragen, was durch die konstante Eintrittstemperatur aus dem Boden von 5 °C gewährleistet wird. Mit den dezentralen Wärmepumpen können die Mieter ihre Heiz- und Warmwasserkosten selbst im Blick behalten, die Stromzähler befinden sich ebenfalls direkt in der Mietwohnung. Zusätzlich ist ein Wärmemengenzähler in die Wärmepumpen integriert. Im Moment schätzt der Betreiber die Energiekosten für Heizung und Warmwasser pro Jahr auf etwa 350 bis 500 Euro je Wohnung.

Fazit

Die Veranstaltung zeigte umweltschonende, effiziente und durchdachte Wege, Erdwärme plus Wärmepumpen einzusetzen. Immer wichtiger wird dabei angesichts heißerer Sommer auch die Kühloption. Die vorbildhaften Projekte in Freiberg und Dresden lassen hoffen, dass sich noch mehr Planer, Handwerker und Endkunden von den Vorteilen der erdgekoppelten Wärmepumpe überzeugen lassen und ihr Anteil an den Heizsystemen – nicht nur – im Neubau noch steigen wird.

Dienstag, 09.07.2019