Wärme

Studien untersuchen Energieverbräuche in Nichtwohngebäuden

Handel und Hotel mit Potential

Donnerstag, 11.01.2018

Über ein Drittel des Energieverbrauchs in Nichtwohngebäuden gehen auf das Konto von Handels- und Hotelimmobilien. Zugleich spielen Klimaschutz und Nachhaltigkeit in beiden Branchen eine zunehmend wichtige Rolle. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) untersucht die Deutsche Energie-Agentur (dena) im Rahmen zweier Modellvorhaben zusammen mit Partnern aus Wirtschaft (Hottgenroth, Hörburger, Krumedia, Multicross, Vattenfall Wärme Europe, Viessmann) und Verbänden (ZIA, HDE, EHI), mit welchen Herausforderungen beide Branchen konfrontiert sind und entwickelt Lösungs­ansätze.

Wie die aktuelle energetische Situation im Handel aussieht, hat die dena in zwei Studien gemeinsam mit dem EHI Retail Institute und verschiedenen Marktpartnern 2015 und 2016 untersucht. Das Ergebnis: Hohe Energiekosten schmälern den Gewinn vieler Einzelhändler.

Die Deutschlandkarte zeigt die teilnehmenden Handelsgebäude am dena-Modellvorhaben
Quelle: dena
dena-Modellvorhaben Handel & Hotels: Aufgrund deutschlandweiter Verteilung können auch regionale Besonderheiten in den Modellvorhaben berücksichtigt werden.

Die Deutschlandkarte zeigt die Verteilung der ausgewählten Herbergen & Hotels am dena-Modellvorhaben
Quelle: dena

In kleineren Läden und Fachgeschäften der Lebensmittelbranche betragen die jährlichen Energiekosten durchschnittlich rund 74 Euro pro Quadratmeter Verkaufsfläche. Bei größeren Filialisten und Lebensmittelketten schlagen die Ausgaben für Strom und Wärme dagegen im Schnitt nur mit etwa 57 Euro pro Quadratmeter und Jahr zu Buche. Doch aufgrund der geringen Margen im Handel kann selbst ein vergleichsweise geringer Energieverbrauch die Wettbewerbsfähigkeit deutlich beeinflussen.

Die Gründe für den Kostenunterschied sind vielfältig: So investieren große Unternehmen unter anderem häufiger in ein professionelles Energiemanagement. Außerdem profitieren sie von geringeren Kosten für Energieeinkauf und Energieerzeugung. Im kleinstrukturierten Handel fehlt es dagegen oft an Ressourcen und am nötigen Fachwissen zur systematischen Senkung des Energieverbrauchs.

Das zeigt, wie unterschiedlich die Voraussetzungen und Herangehensweisen im Handel sind. Denn während kleinere Händler oft Einzelkämpfer sind, können größere Händler auf eigene Immobilien- und Energieabteilungen zurückgreifen. Dafür sind die kleineren Händler in der Regel Eigentümer des Gebäudes und können damit die gesamte Palette möglicher Effizienzmaßnahmen ausschöpfen. Der Mietanteil insbesondere im großflächigen Einzelhandel ist dagegen mit fast 90 Prozent sehr hoch. Entsprechend groß ist die Rolle des Vermieter-Mieter-Verhältnisses bei der energetischen Sanierung im Handel.

Betrachtet man die bislang am Markt umgesetzten Energiesparmaßnahmen, wird deutlich, dass sich die Effizienzinvestitionen stark auf den Stromverbrauch konzentrieren, etwa auf die Beleuchtung oder die produktbezogene Anlagentechnik. Energetische Sanierungsmaßnahmen an den rund 500.000 vom Handel genutzten Gebäuden, wie der Austausch von Heizungsanlagen oder ein besserer Wärmeschutz, werden weitaus seltener umgesetzt. Ein Grund dafür: Investitionen in Energieeffizienz müssen sich in der Regel aufgrund der geringen Margen im Handel und der teilweise kurzen Dauer der Mietverträge innerhalb weniger Jahre rechnen. Zudem können viele Einzelhändler als Mieter nur bestimmte Sanierungsmaßnahmen umsetzen.

Wenn Investitionen getätigt werden, dann werden die vorhandenen Förderangebote bislang nur in sehr geringem Umfang in Anspruch genommen. Dies hängt einerseits mit der hohen Komplexität der meisten Förderprogramme zusammen, andererseits spielen auch Informationsdefizite eine Rolle. Hier besteht also Handlungsbedarf, um insbesondere kleine und mittelständische Händler noch besser mit Informationen zu Förderangeboten zu versorgen.

dena-Modellvorhaben "Energieeffizient Handeln"

Vor diesem Hintergrund hat die dena im Jahr 2017 das Modellvorhaben "Energieeffizient Handeln" gestartet, in dessen Rahmen die dena gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium vorbildliche Effizienzprojekte im Handel schaffen und sichtbar machen sowie wirtschaftliche Lösungen entwickeln will, die sich zur Nachahmung in der Branche eignen. An konkreten Beispielgebäuden wird gezeigt, wie ein ökonomisch und ökologisch tragbares Konzept für den Einzelhandel der Zukunft aussehen kann.

Am Modellvorhaben nehmen rund 25 Handelsunternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen teil. Dazu gehören Verkaufsstellen großer Einzelhandelsketten wie Edeka, Aldi Süd, Netto Marken-Discount, Globus und Toom ebenso wie kleinere Fachhändler aus dem Bereich Sanitär, Heizung, Klima (SHK) sowie für Mode oder Sportbedarf. Dazu kommen ein Autohaus und zwei bürgerschaftlich organisierte Dorfläden. Auch Vermieter und Verwalter von Gewerbeimmobilien nehmen teil.

Der Schwerpunkt des Modellvorhabens liegt auf der Planung der Sanierung. Die geplanten Maßnahmen können, müssen aber nicht während der Laufzeit des Modellvorhabens umgesetzt werden. Das Modellvorhaben ist auf zwei Jahre angelegt (2017 bis 2018). Ziel der Teilnehmer ist in der Regel eine Endenergieeinsparung von 30 bis 40 Prozent – je nach Effizienzstandard des Gebäudes vor der Sanierung.

Der Dorfladen in Otersen von außen.
Quelle: dena/Ingo Heine
Klein, aber oho: Der Dorfladen in Otersen will durch Energieeffizienz zukunftsfähig bleiben...

Die E-Bike-Ladestationen vor dem Dorfladen in Otersen.
Quelle: dena/Ingo Heine
...und hat schon einiges erreicht.

Aktuell befinden sich die meisten Teilnehmer in der Phase der Energieberatung und der Erstellung des geforderten Sanierungsfahrplans.

Die spezifischen Herausforderungen im Handel, wie das Mieter-Vermieter-Dilemma oder die kurzen Amortisationszeiten, werden auch hier deutlich. Gemeinsam mit den Teilnehmern und den Partnern möchte die dena hierfür im kommenden Jahr Lösungsansätze entwickeln.

Aber nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen ist der Handel gefordert, sich Gedanken über einen geringen Energieverbrauch und einen sinkenden CO2-Ausstoß zu machen. Insbesondere im Lebensmittelsektor, aber zunehmend auch in weiteren Sparten des Einzelhandels, legen immer mehr Kunden Wert auf Nachhaltigkeit und Regionalität und fragen kritisch nach.

Hier bietet das Thema Energieeffizienz große Chancen für den Handel, denn indem sich Händler mit ihrem Energieverbrauch auseinandersetzen, können sie ihren Verbrauch reduzieren und Kosten einsparen. Und zugleich ihr En­gagement im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz dokumentieren und sich damit von ihren Mitbewerbern abgrenzen. Die Chancen sind also groß und auch wenn es an Herausforderungen nicht mangelt, kann der Handel hier zum Vorbild für den gesamten Nicht­wohn­ge­bäude­bereich werden.

dena-Modellvorhaben "Check-in Energieeffizienz"

Bereits seit 2015 läuft das dena-Modellvorhaben "Check-in Energieeffizienz", ebenfalls gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium. 30 Hotels und Herbergen nehmen mit dem Ziel teil, ihre Energiebilanz zu optimieren. Für viele ist ein geringerer Energieverbrauch dabei Teil ihres Engagements für einen nachhaltigeren Betrieb.

Der Teilnehmerkreis spiegelt die deutschlandweite Verteilung von Hotelkategorien und Betreibungsformen wider. Entsprechend groß ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse des Modellvorhabens für den gesamten Markt des Übernachtungsgewerbes.

Unter den Hotels sind kleinere und meist inhabergeführte Drei-Sterne-Hotels am häufigsten vertreten. Hinzu kommen Hotels mit vier und fünf Sternen, darunter das Grand-Hotel Heiligendamm an der Ostsee. Zu den Teilnehmern gehören auch zwei Hotels, die jeweils einer Kette angehören (Mercure und Lindner). Hinzu kommen sechs Jugendherbergen, ein Naturfreundehaus und zwei Häuser zur Erwachsenenbildung.

Meilensteine für alle Teilnehmer sind eine umfassende ­Energieberatung, die Klärung von Finanzierung und Fördermöglichkeiten, das Umsetzen von Effizienzmaßnahmen sowie das Monitoring der Energieverbräuche. Die dena be­gleitet und unterstützt die Betriebe im Projekt durch Informationen und indi­viduelle fachliche Beratung, sie prüft beispielsweise die Energieberatungsberichte und Sanierungsfahrpläne auf Vollständigkeit und Plausibilität und stellt bei Bedarf Nachforderungen. Weiterhin bieten die regelmäßigen Netzwerktreffen des Projekts viel Raum für Austausch und Dialog unter Hoteliers und Energieberatern. Zudem berät die dena zur Kommunikation mit Mitarbeitern und Gästen rund um den bewussten Umgang mit Ressourcen.

Das Lindner-Hotel Leipzig von außen.
Quelle: dena
Im Lindner-Hotel in Leipzig...

Der Heiztechnikraum des Linder-Hotels in Leipzig.
Quelle: dena
...steht die Heiz- bzw. Anlagentechnik im Mittelpunkt.

Das Projekt, das noch bis Ende 2018 läuft, will gute Beispiele dafür schaffen, wie eine energieeffiziente Sanierung gelingt und wirtschaftlich tragfähig gestaltet werden kann. Dazu ist es nötig zu wissen, wie die Branche beim Thema energieeffizientes Sanieren "tickt": Hier zeigten sich zur Halbzeit des Projekts ­Muster und Tendenzen, die die dena in einem Fortschrittsbericht zusammengefasst hat.

Große Bandbreite bei geplanten Sanierungs­maßnahmen – BHKW sind beliebt

Die Bandbreite der geplanten Sanierung ist erheblich: Sie reicht von einer zehnprozentigen Einsparung bis hin zur Komplettsanierung zum KfW-Effizienzhaus 70. Dabei setzen insbesondere die Hotelbesitzer auf Anlagentechnik wie Heizung oder Beleuchtung und auf die Dämmung von Teilen des Gebäudes.

Beliebt ist die Investition in ein Blockheizkraftwerk (BHKW) – mehrere Hotels aus dem Teilnehmerkreis haben sich bereits dafür entschieden oder planen es. Der hohe, saisonunabhängige Strom- und vor allem Wärmebedarf passt zur Funktionsweise eines BHKW. Einige der Hoteliers haben einen Contracting-Vertrag mit einem darauf spezialisierten Dienstleister abgeschlossen.

Beratungsangebote ausbauen und Standards schaffen

Hotels und Herbergen brauchen eine spezielle Beratung, die die Besonderheiten des Übernachtungsgewerbes und die Vielfalt der Nutzung der Gebäude berücksichtigt. Die Zwischenbilanz des Modellvorhabens macht deutlich, dass vor allem die Qualität der energetischen Beratung zu Beginn der Sanierungsmaßnahmen sehr unterschiedlich ausfällt: Einige Berater erstellten detaillierte Sanierungsfahrpläne für das gesamte Gebäude, andere wiederum gaben eher vage Angaben zu einzelnen Teilen des Gebäudes.

Hier gilt es daher, Standards für die Beratung von Nichtwohnge­bäuden zu entwerfen, weitere Hilfestellungen für die Berater zu entwickeln und Netzwerke für den Austausch unter den Experten zu fördern. Auch eine Anpassung der Förderhöhe für die Energieberatung ist aufgrund der Komplexität der Beratung sinnvoll.

Eine gute Grundlage für die Beratersuche, aber auch für die Präsentation von Beratungsexpertisen für Nichtwohngebäude bietet dabei die "Energie-Effizienz-Expertenliste" für die Förderprogramme des Bundes: Interessierte finden dort mehr als 700 Experten für Nichtwohngebäude aus ganz Deutschland verzeichnet, deren Qualifikationen die dena regelmäßig überprüft.

Ausblick

Insgesamt befinden sich die Modellvorhaben für Handels- und Hotelimmobilien auf einem guten Weg, das Ziel zu er­reichen, wirtschaftlich, sozial und öko­logisch tragbare Konzepte für die Zukunft in beiden Branchen zu entwickeln, in denen der Faktor Nachhaltigkeit entscheidend für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit werden kann.

Grundsätzlich gilt: Je detaillierter die Analyse und Planung, desto besser sind die Maßnahmen im laufenden Betrieb umsetzbar. Daran gilt es ­anzuknüpfen, damit Handel und Hotellerie der ener­getischen Modernisierung gelassen entgegensehen können.

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