Wärme

Quo vadis Umwälzpumpen? Teil 4

Pumpen mit integriertem Zonenregler – weitere hydraulische Anwendungen

Freitag, 11.03.2022

Wohin entwickeln sich Heizungsumwälzpumpen? Schon seit Jahren wehrt sich die Pumpenindustrie dagegen, die Heizungsumwälzpumpe als „Commodity-Product“ oder „Stapelware“ positioniert zu sehen. Aber eigentlich hat sie nur eine Aufgabe: Wasser in einer Heizungsanlage zuverlässig und so effizient wie möglich umzuwälzen, damit alle Verbraucher in bedarfsabhängiger Menge mit Wärme versorgt werden. Die Artikelreihe „Quo vadis Umwälzpumpen?“ wird in vier Beiträgen intensiv auf diese Frage eingehen und dabei unterschiedlichste technische Entwicklungspfade und hydraulische Anwendungen darstellen.

Quelle: meric Deroubaix/Unsplash

Nachdem im ersten Teil des Fachbeitrags auf die integrierten Umwälzpumpen eingegangen wurde und im zweiten Teil die externen bzw. Standalone-Umwälzpumpen im Fokus standen, wird in den Teilen 3 und 4 der Artikelreihe das Innovations-Thema „Umwälzpumpe mit gewissen Extras“ ausführlich beschrieben. Im Folgenden also weitere hydraulische Anwendungen, bei denen die Pumpe die Rolle eines „UP Control“-Zonenreglers übernimmt:

Abbildung: Frischwasserstation.
Quelle: Grundfos
Frischwasserstation1.
Abbildung: Grundfos-„FWM“ mit „Sensor Box“.
Quelle: Grundfos
Grundfos-„FWM“ mit „Sensor Box“1.

H) Frischwasser-Modul mit „UP Control“

Zunehmend werden Frischwasser-Module zur Trinkwarmwasser-Versorgung (TWW) eingesetzt, um Legionellen im zentralen TWW-Speicher bzw. in den Verteilleitungen zu vermeiden. Sie finden Verwendung als:

▪ dezentrale TWW-Wohnungsstation zur Vermeidung von Legionellen im Verteilnetz,

▪ zentrale Frischwasserstation zur Vermeidung großer TWW-Speicher.

Das Modul besteht unter Umständen aus Heizkreispumpe, Wärmeübertrager, TWZ-Pumpe, Zonenregler, Temperatursensoren, Volumenstrom- oder Strömungssensoren, Motorventilen und anderen Armaturen und könnte sehr kompakt aufgebaut sein.

Abbildung: Wohnungsstation mit TWW-Bereitung.
Quelle: Rolf-W. Senczek
Wohnungsstation mit TWW-Bereitung.

I) Wohnungsstation mit TWW-Bereitung mit „UP Control“

In Gebäuden mit mehreren Wohnungseinheiten werden zunehmend für die Heizungsverteilung und TWW-Versorgung Wohnungsstationen eingesetzt. Gerade in Neubauten, die mit Zentralheizungskesseln, Fernwärme, Wärmepumpen oder erneuerbaren Energiesystemen versorgt werden, können sie zum Einsatz kommen und verteilen individuell geregeltes Heiz- oder Brauchwarmwasser an verschiedene Wohnungen. Da sie ähnliche Funktionen beinhalten, können sie beim Ersatz von Gas-Kombithermen helfen. Sie bieten eine hohe Integration von Pumpe, Wärmeübertrager, integriertem Zonenregler, Sensoren, Ventil und Stellantrieb.

Abbildung: Hydraulikgruppe in Gas-Kombi-Heizgeräten.
Quelle: Rolf-W. Senczek
Hydraulikgruppe in Gas-Kombi-Heizgeräten.

J) Gas-Kombi-Heizgeräte mit „UP Control“

Fast die gleichen Funktionen werden für Gas-Kombiheizer benötigt, wenn man sich auf den hydraulischen Kreislauf beschränkt. Würde man die Hydraulikeinheiten, die die Pumpenhersteller heute schon an die OEM-Kesselhersteller liefern, zusätzlich mit einem Zonenregler ausstatten, könnten sie zusammen mit der Verbrennungssteuerung die interne Kesselsteuerung erleichtern.

Abbildung: Verteiler einer Fußbodenheizung mit Minipumpen einer raumweisen Beimisch-Regelung.
Quelle: Rolf-W. Senczek
Verteiler einer Fußbodenheizung mit Minipumpen einer raumweisen Beimisch-Regelung.

K) Fußbodenheizung mit raumweiser Beimisch-Regelung

Beim derzeitig verwendeten Fußbodenheizungs-System (Stand der Technik) wird bei gleicher Vorlauftemperatur für alle Räume die jeweilige Wassermenge thermostatisch über Heizkreisventile mit Stellantrieb geregelt. Diese seit nunmehr vierzig Jahren in dieser Form gebaute Strahlungsheizung mit Drossel-Regelung ist demnach eine Angebotsheizung.

Durch ihre systembedingte schlechte Regelbarkeit, ungenaue Normen für die Berechnung und Auslegung sowie eine problematische und oft fehlende Einregulierung der Anlage, tritt bei ihr systematisch eine Überversorgung auf. Mangels geeigneter digitaler Rückkoppelung oder gar künstlicher Intelligenz erfüllt sie nicht die Anforderungen an eine „intelligente“ Bedarfsheizung.

Im Gegensatz dazu kann eine Fußbodenheizung mit raumweiser Beimisch-Regelung diese Anforderungen erfüllen. Hier wird – in Abhängigkeit der Außentemperatur – bei konstanter Kreis-Umlaufwassermenge die Vorlauftemperatur jedes Heizkreises individuell an die geforderte, adaptiv ermittelte spezifische Raumheizlast angepasst.4 Damit werden speziell auch bei der Bestandssanierung, ohne detaillierte Berechnungen und Einstellarbeiten, maximale Energieeinsparung, Komfort und Nachhaltigkeit erreicht.

Ihr grundlegendes Prinzip: Eine kompakte Beimisch-Pumpeneinheit besteht aus einer Minipumpe (sowohl in Bezug auf die geometrische Abmessung als auch auf die Leistung mit nur 1-2 W Leistungsaufnahme) und einem gesteuerten Mischventil, die eine konstante Umlaufwassermenge mit laufend angepasster, individueller Vorlauftemperatur für jeden Heizkreis (Raum) liefern. Eine adaptive Erfassung der Raumtemperatur gibt über eine der Außentemperatur angepassten Raum-Heizkennlinie die jeweilige Vorlauftemperatur als Soll-Wert vor. Es handelt sich dabei also um eine echte Kaskaden-Regelung.

Einige Vorteile dieser intelligenten Beimisch-Regelung als Bedarfsheizung:

▪ Die am Fußbodenheizungs-Verteiler anstehende Vorlauftemperatur kann ungeregelt sein, wie zum Beispiel die hohe Vorlauftemperatur bei dezentralen Wohnungsstationen mit Brauchwarmwasserbereitung.

▪ Bei einem derartigen System könnte meist auf die Hauptpumpe, auch im Bestand, verzichtet werden.

▪ Einflüsse auf die Wärmeabgabe durch unterschiedliche Rohrabstände oder Bodenbeläge werden durch adaptive Medientemperaturen ausgeglichen.

▪ Automatische Anpassung an einen neuen adaptiven Bedarf bei bauphysikalischen Veränderungen oder Nutzungsänderungen ohne notwendige Neu-Berechnungen oder Einstellarbeiten.

▪ Durch zeitweise erhöhte System-Vorlauftemperaturen ist eine raumweise Absenkung der Raumtemperatur mit anschließender Schnellaufheizung möglich.

▪ Integrierte Wärmeverbrauchs-Erfassung mit transparenter, unterjähriger Verbrauchsinformation trägt zu optimiertem Nutzerverhalten und damit zur Energieeffizienzsteigerung bei.

▪ Es tritt keine Energieverschwendung mehr durch Überversorgung auf.

▪ Eine Einbindung in „Smart Home“-Technologien ist möglich.

Bei flächendeckender Einführung dieser intelligenten Regelung würden zukünftig in Europa jährlich etwa 4,5 Millionen Minipumpen-Einheiten im Neubau verbaut. In der Bestandssanierung dürfte mindestens noch die gleiche Zahl hinzukommen. Das ist auch der Grund, dass Pumpenhersteller das erhebliche Marktpotential erkennen und beginnen, sich mit dieser Materie zu befassen. Mit der Entwicklung derartiger kompakter Beimisch-Pumpeneinheiten mit Minipumpen und der Schaffung eines neuen Anwendungsstandards in Fußbodenheizungen kann die Pumpenindustrie damit einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudebereich leisten.

Pumpen mit Systemintegrations-Funktionen

Weitere interessante Lösungen für komplexe Aufgabenstellungen in Heizungsanlagen sind bereits auf dem Markt verfügbar:

Abbildung: Grundfos „Magna3“ mit „Mixit“.
Quelle: Grundfos
Grundfos „Magna3“ mit „Mixit“.

Grundfos „Mixit“5

Grundfos „Mixit“ stellt eine kompakte Mischkreiseinheit dar, die zusätzlich zu „Magna“- oder „TPE“-Pumpen angeboten wird. Sie vereint einen Temperaturregler, ein 2- oder 3-Wege-Ventil, einen Stellantrieb, ein Regelventil und Sensoren in einem Plug-and-Play-Aggregat. Die Mischtemperatur wird über den eingebauten Stellantrieb vom integrierten Regler geregelt. Die „Mixit“-Lösung ist flexibel einsetzbar und unterstützt zahlreiche Heizungsanwendungen: Sie kann sowohl in differenzdrucklosen Hydraulikkreisen mit 3-Wege-Ventil als auch in differenzdruckbeaufschlagten Anwendungen mit 2-Wege-Ventil zur Versorgung von Radiatoren, Fußbodenheizungen oder Lufterhitzern verwendet werden. Grundfos „Mixit“ kann entweder autark, zum Beispiel in Abhängigkeit der Außentemperatur, oder als Teil der Gebäudeleittechnik arbeiten. Die übersichtliche Bedienoberfläche zeigt grundlegende Informationen, wie etwa Zulauf-, Rücklauf- und Soll-Temperatur, Warn- und Alarmmeldungen, Ventilöffnungen, an.

Die „Bluetooth“-Konnektivität ermöglicht eine einfache Kommunikation mit der Grundfos-„Go Remote“-App. Durch den integrierten Feldbus kann eine Verbindung zu Grundfos-„BuildingConnect“ oder einer anderen Gebäudeleittechnik aufgebaut werden.

Abbildung: Grundfos „Distributed Pumping“.
Quelle: Grundfos
Grundfos „Distributed Pumping“: links – vorher: 1 Kältemaschine, 2 Luftkühler, 3 Primärkreispumpe, 4 Regelventil, 5 Bypassventil. rechts – nachher: 1 Kältemaschine, 2 Luftkühler, 3 Primärkreispumpe, 4 Sekundärkreispumpe, 5 Hydraulische Weiche.

Grundfos „Distributed Pumping“6

Die Idee, von einer zentralen Umwälzpumpe zu mehreren dezentralen Pumpen zu gehen, ist nicht ganz neu – wie wir schon bei Zirkulationspumpen, Wohnungsstationen oder Fußbodenheizungen gesehen haben. Bei dem Grundfos „Distributed Pumping“ handelt es sich um ein vernetztes Pumpensystem, das Grundfos speziell für die Verteilung von Kühlwasser in HLK-Anwendungen anbietet. Dabei werden die größere, zentral angeordnete Pumpe und die verlustbehafteten Strangregulier- und Regelventile durch kleinere intelligente Pumpen ersetzt, die zum Beispiel auf jeder Etage oder in jedem Verteilstrang des Gebäudes angeordnet sind. Diese Pumpen werden volumenstromgesteuert und versorgen die im Gebäude verteilten Verbraucher auch ohne hydraulischen Abgleich mit der jeweils erforderlichen Leistung und sparen die Druckverluste der Regelventile ein. Das Ergebnis sind erhebliche Energieeinsparungen und eine optimale Wasserverteilung.

Abbildung: Wilo „Stratos Maxo“.
Quelle: Wilo
Wilo „Stratos Maxo“.

Wilo „Stratos Maxo“ – „Multi-Flow Adaption“7

Die neue innovative Energiesparfunktion „Multi-Flow Adaption“ der Wilo „Stratos Maxo“ sorgt dafür, dass die Zubringerpumpe ihre Förderleistung genau an die Bedarfe der angeschlossenen Verbraucherkreispumpen anpasst. Die Zubringerpumpe erhält von jeder einzelnen Sekundärpumpe fortlaufend in kurzen Zeitabständen den jeweils erforderlichen Volumenstrom. Aus der Summe der erforderlichen Volumenströme aller Sekundärpumpen ergibt sich der Soll-Volumenstrom der Zubringerpumpe, sodass die Zubringerpumpe genau so viel Volumenstrom fördert, wie die Sekundärpumpen benötigen. Das hat im Vergleich zur Δp-Regelung den Vorteil, dass zusätzlich elektrische Pumpenenergie eingespart wird.

Fazit

Diese Ausführungen sollten die Optionen aufzeigen, wie sich Umwälzpumpen in Zukunft entwickeln können, um nicht nur ein „Me Too“-Produkt darzustellen. Sie sind zum Teil (noch) nur Fiktion. Viele dieser Anwendungen bedeuten für alle Seiten ein Abweichen von „liebgewonnenen Gewohnheiten“ bis hin zum regelrechten Paradigmenwechsel. Natürlich ist die Umsetzung von der technischen Machbarkeit speziell in Hinsicht auf die Materialkosten abhängig. Pumpen mit den beschriebenen Zusatzfunktionen bieten aber ein weites Anwendungsfeld und können sowohl an OEM-Hersteller, Anschlussgruppenhersteller oder über den Großhandel an Fachhandwerker vertrieben werden. Durch den dadurch verbundenen Mehrwert für alle Beteiligten böte sich ein gewaltiges Marktpotential für den innovativen Pumpenhersteller, erfordert aber auch sehr große Investitionen in eine neue Pumpenplattform mit erweiterten Funktionen.

Weitere Aufgabenstellungen für Umwälzpumpen, die es sinnvoll erscheinen lassen, explizit betrachtet zu werden, lauten:

▪ Dynamischer hydraulischer Abgleich mit Pumpen,

▪ Anlagen zum alternativen Heizen und Kühlen,

Hydraulik für Wärmepumpenanlagen,

▪ Nahwärme/-kälte-Systeme,

▪ Hybridsysteme für Kraft-Wärme-Kopplung,

▪ Speichersysteme.

Literatur und Quellen:

1 Rolf-W. Senczek, Die Pumpe und das IoT – Integrierte Umwälzpumpen im Spannungsfeld von Konnektivität und Digitalisierung, HeizungsJournal 3/2017

2 Rolf-W. Senczek, Gonzalo Cabanzon Maiztegui, Kunststoffe bieten Vorteile beim Design von Umwälz-pumpen, HeizungsJournal-Sonderheft Installationstechnik 2019

3 Rolf-W. Senczek, Die Zukunft steckt im Detail – LIN-Bus-Kommunikation ermöglicht intelligente Heizkonzepte, HeizungsJournal 1-2/2021

4 Peter Gabanyi, Fußbodenheizungen bedarfsorientiert regeln – Teil 2, HeizungsJournal 1-2/2019

5 Grundfos Mixit Lösung: Erfindet den Mischkreis neu (Product Brochure): https://product-selection.grundfos.com/de/products/mixit?tab=products

6 Grundfos Distributed Pumping: A paradigm shift in chilled water systems: https://product-selection.grundfos.com/products/distributed-pumping?tab=explore

7 Wilo Stratos Maxo: Die Smart-Pumpe für Gewerbeobjekte mit Gebäudeleittechnik: https://wilo.com/de/de/Katalog/de/produkte-expertise/wilo-stratos-maxo

Von Rolf-Werner Senczek
Pumpenexperte, ECOS (Environmental Coalition on Standards)
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