Lüftungstechnik muss im Fokus bleiben!

Die bedarfsgerechte Be- und Entlüftung von Wohngebäuden – inklusive hocheffizienter Wärmerückgewinnung – ist zwar schon lange ein Thema.

Jedoch steht es nicht immer im Fokus von Bauherren oder Modernisierern. Ob sich diese Haltung im Zuge der „Energiekrise“ nachhaltig ändern wird? Thorsten Fiedel, Leiter Schulungswesen bei Helios Ventilatoren, ist davon jedenfalls überzeugt und erklärt im HeizungsJournal-Interview: „Derzeit nehmen wir eine zunehmende Nachfrage im zentralen KWL-Segment wahr.“

Herr Fiedel, „Energieeffizienz“ ist seit gut einem Jahr nunmehr wirklich in aller Munde – jeder ist zum Energie- und Heizkostensparen aufgerufen. Welche Impulse verschafft diese Situation dem Thema „Wärmerückgewinnung“ (WRG)?

Die Lüftung mit Wärmerückgewinnung ist spätestens seit dem Zeitpunkt, ab dem die luftdichte Bauweise zwingend vorgeschrieben wurde, ein großes Thema geworden. Zum einen, um die notwendige Lüftung zum Feuchteschutz zu gewährleisten und zum anderen – gerade jetzt –, um Energie einzusparen.

Durch die Wärmerückgewinnung wird ein Großteil der bereits aufgewandten Energie durch den Kreuz-Gegenstrom-Wärmeübertrager zurückgewonnen. Je nach Lüftungsanlage spricht man hier von einem durchschnittlichen Wirkungsgrad zwischen 80 bis 95 Prozent. Dadurch verringern wir die Energieverluste und sorgen dafür, dass die Außenluft bereits vorgewärmt in das Haus gelangt. Und das spart natürlich Energie.

Gerade deswegen spüren wir merklich, dass sich aktuell besonders viele Endverbraucher mit dem Thema befassen. Das nachhaltige Bauen wird für viele einfach immer wichtiger.

Können Sie unseren Leserinnen und Lesern die energetischen Einsparpotentiale von WRG in Lüftungsanlagen beziffern? Gibt es Erkenntnisse darüber, was dabei die Kontrollierte Wohnraumlüftung (KWL) mit WRG im Bereich der Wohngebäude leisten könnte?

Generell gibt es zu diesem Thema einige Studien, die unter anderem vom Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK) in Auftrag gegeben wurden. Diese Studien kamen zum Ergebnis, dass sich die Wärmerückgewinnung in Deutschland positiv entwickelt und auch immer häufiger eingesetzt wird.

Laut der Studie des Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier wurde dadurch im Jahr 2021 eine Primärenergieeinsparung von über 30 TWh pro Jahr erreicht. Hiermit ergab sich auch eine CO₂-Reduktion um 8,53 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 waren es noch etwa 15 TWh pro Jahr und 4,14 Mio. Tonnen.

Eine generelle Aussage zum direkten Einsatz einer Lüftung mit Wärmerückgewinnung im Einfamilienhaus zu geben, ist natürlich schwieriger, da einige Faktoren, wie zum Beispiel Dämmung bzw. Dichtigkeit des Gebäudes und Art der Heizung, hier berücksichtigt werden müssten.

Wie gestalten sich das Energiesparrecht (GEG) und die Fördermittellandschaft (BEG) aktuell – sprich: 2023/2024 – aus Sicht der KWL in Wohngebäuden?

Derzeit gibt es drei Teilprogramme der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG): Zum einen die Förderung von Einzelmaßnahmen (BEG EM), dann die Förderung für Wohngebäude (BEG WG) und natürlich die für Nichtwohngebäude (BEG NWG). Der Schwerpunkt liegt hierbei gewollt auf der Sanierung von Bestandsgebäuden.

Bis jetzt wurden Neubauten nur dann gefördert, wenn sie dem „EH40 NH“-Standard entsprechen (Effizienzhaus 40 mit Nachhaltigkeits-Siegel). Diese Regelung für Neubauförderungen wurde in der BEG WG und NWG bis Ende Februar 2023 übergangsweise fortgeführt. Seit dem 1. März 2023 werden Neubauten jedoch über eine neue Richtlinie „Klimafreundlicher Neubau“ (KfN) umfassender gefördert.

Wünschenswert wäre es hier, wenn das Thema Lüftung mit WRG dann generell gefördert werden würde, um somit die Effizienz der Neubauten aufzuwerten.

Welche wesentlichen Änderungen erwarten Sie darüber hinaus noch in diesem Kontext?

Leider ist es schwierig, hier Erwartungen zu stellen. Wenn man aber andere europäische Länder näher betrachtet, stellt man fest, dass diese teilweise schon deutlich weiter sind als wir: So wird zum Beispiel in den skandinavischen Ländern bei Neubauten bereits seit Jahrzehnten der Einbau einer Lüftungsanlage mit WRG zwingend vorgeschrieben. Bei uns in Deutschland werden diesbezüglich jedoch keine Anforderungen gestellt – zumindest nicht, dass eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung verbaut werden muss (außer im Zusammenhang mit einem Effizienzhaus der EE-Klasse, was jedoch nicht verpflichtend ist). Definitiv könnte man so aber eine große Menge an Energie einsparen.

Schwenken wir nun einmal rüber auf die Lösungsseite: Welche technischen Aspekte sind im Bereich der zentralen KWL gerade besonders „en vogue“?

Derzeit nehmen wir eine zunehmende Nachfrage im zentralen KWL-Segment wahr: Die bedarfsgerechte Lüftung von Wohngebäuden ist zwar schon lange ein Thema, jedoch setzen aktuell besonders viele Bauende darauf. „Bedarfsgerecht Lüften“ heißt, dass sich die Luftvolumenströme automatisch dem tatsächlichen Bedarf in der Wohneinheit anpassen. Je nach Belegung und Nutzung werden die einzelnen Räume somit gezielt mehr oder weniger stark be- und entlüftet. Dadurch stehen die vier einzelnen Lüftungsstufen nach DIN 1946-6 – also: Lüftung zum Feuchteschutz, Reduzierte Lüftung, Nenn- und Intensivlüftung – gar nicht mehr so stark im Fokus der Bedingung.

Und bei den dezentralen KWL-Lösungen?

Bei den dezentralen Lüftungen mit WRG geht der Trend immer mehr zu kombinierten Lüftungssystemen. Das sind dezentrale Lüftungsgeräte mit WRG, welche mit Abluftlösungen kombiniert werden. So ergibt sich auch eine perfekte Systemlösung für innenliegende Räume oder Bäder nach DIN 18017-3.

Das funktioniert dann so: Die dezentrale Lüftung mit WRG wird generell zyklisch reversierend betrieben. Das heißt, die Zu- und Abluftphasen wechseln sich ab. Dabei bilden mindestens zwei Geräte eine funktionsfähige Einheit, indem sie in ihrer Betriebsart phasenversetzt arbeiten. Die Wärmerückgewinnung erfolgt hierbei mithilfe eines keramischen Wärmespeichers. Dieser nimmt im Abluftbetrieb die Wärme aus dem Innenraum auf, um sie anschließend im Zuluft-Zyklus an die einströmende Außenluft zu übertragen (Speicherentladung). In den Ablufträumen, wie beispielsweise im innenliegenden Gäste-WC, kommen reine Abluftventilatoren zum Einsatz, welche meist bedarfsgeführt arbeiten. Die KWL-Geräte in den Zulufträumen sorgen nach wie vor für die Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung. Wird allerdings ein Abluftventilator aktiviert, übernehmen die Geräte die Nachströmung der Außenluft ohne Wärmerückgewinnung. Schaltet der Abluftventilator wieder aus, kehren sie in den Wärmerückgewinnungsmodus zurück.

Nach den aktuellen Angaben des BDH zur „Marktentwicklung 2022“ befindet sich die dezentrale Lüftung mit WRG nach wie vor im Aufwind (+4 % gegenüber 2021; 255.000 verkaufte Geräte). Anders gestaltet sich, laut dieser Statistik, der Absatz von zentralen Lüftungsgeräten mit WRG (-5 % gegenüber 2021; 49.000 verkaufte Geräte). Ganz ähnlich hatten sich die Marktzahlen schon im Jahre 2021 dargestellt. Woran liegt das?

Ich persönlich glaube, der Hauptgrund liegt hierbei im finanziellen Aspekt. Dezentrale Anlagen sind meist auch in Kombination mit Abluftanlagen eine günstige und bewährte Lösung, um eine Lüftungsanlage sowohl bei Neubauten einzubauen als auch bei Sanierungen nachzurüsten. Praktisch werden hierzu nur die Bohrungen durch die Außenwand benötigt – das Verlegen von Lüftungsleitungen entfällt komplett.

Schauen wir, zu guter Letzt, auf die anstehende ISH: Worauf dürfen sich Ihre Fachpartner freuen?

Mit Beginn der ISH 2023 fällt für Helios Ventilatoren der Startschuss für ein großes Jubiläum – wir feiern dieses Jahr unser 100-jähriges Bestehen! Während dieser Zeit konnten wir so manche Pionierarbeit leisten. Beispielsweise mit unserer hocheffizienten Laufradtechnologie, dem preisgekrönten Einrohrlüftungssystem „ELS“ oder den vielen Innovationen aus dem Bereich der Lüftung mit Wärmerückgewinnung.

Getreu dem Motto „Pionairs since 1923“ werden wir den ISH-Besuchern daher unter anderem auch all unsere aktuellen Lüftungsinnovationen präsentieren. Ob für die zentrale oder dezentrale Wohnraumlüftung, die Lüftung für Gewerbe und öffentliche Bauten oder Lüftungssysteme für besondere Bereiche. Außerdem haben wir uns anlässlich des Firmenjubiläums für den ISH-Auftritt noch einige Überraschungen einfallen lassen. Ein Besuch lohnt sich!