KWK

KWK-Lösung für Wohn- und Betreuungseinrichtungen

Dienstag, 23.01.2018

Nach Sanierung und Ausbau ihres energetischen Versorgungssystems erzeugt eine Seniorenanlage am Rande von Augsburg ihren Strom- und Wärmebedarf mit einem Blockheizkraftwerk weitestgehend selbst. Das kürzlich abgeschlossene Projekt gibt Einblick in die Planung und Umsetzung eines dezentralen Effizienzkonzeptes und zeigt, wie sich Energieproduktion und -nutzung mit einer KWK-Lösung ökonomisch und ökologisch sinnvoll koordinieren lassen.

Ein Mann stützt sich mit beiden Händen auf einen Gehstock.
Quelle: Pexels / https://www.pexels.com/
In Alten- und Pflegeheimen ist die energetische Grundlast meist überdurchschnittlich hoch, da ältere Menschen häufig einen erhöhten Wärmebedarf haben.

Blockheizkraftwerke (BHKW), die auf Basis von Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten, spielen eine entscheidende Rolle für das Gelingen der Energie- und Wärmewende in Deutschland. Hochentwickelte Anlagen, die gleichzeitig elektrische Energie und Wärme generieren, nutzen eingesetzte Primärenergie deutlich effizienter als solche mit getrennter Produktion.

Bis zum Jahre 2020 soll die Stromerzeugung aus KWK-Anlagen deshalb auf 110 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a) und bis zum Jahr 2025 auf 120 TWh/a erhöht werden. Zum Vergleich: 2016 wurden in Deutschland insgesamt rund 648 Milliarden Kilowattstunden (648 TWh) Strom erzeugt.

Lohnend ist die Investition in die KWK-Technologie vor allem dort, wo regelmäßig viel Strom und Wärme verbraucht wird. In Alten- und Pflegeheimen oder in betreuten Wohnanlagen ist die energetische Grundlast für gewöhnlich überdurchschnittlich hoch:

Ältere Menschen weisen häufig einen erhöhten Wärmebedarf auf, Bäder und Badeeinrichtungen benötigen warmes Wasser in umfangreichen Mengen und der Verpflegungsbetrieb ist energieintensiv. Signifikante Stromaufwände entfallen darüber hinaus auf die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) – etwa zur Belüftung, Beleuchtung oder zum Transport in und am Gebäude.

Rahmenbedingungen und Herausforderungen

Die seit 1995 von einer privaten, gemeinnützigen Stiftung betriebene Seniorenanlage bietet 121 Personen in unterschiedlichen Wohneinheiten des Altenpflegeheims oder in Apartmenthäusern eine Unterkunft. Zum Seniorenwohnheim gehören mehrere Gemeinschafts- und Speiseräume, ein Schwimmbad und Therapieräume sowie ein Restaurant- und Cafeteria-Betrieb.

Die Notwendigkeit, das bisherige Versorgungssystem zu erneuern, resultierte aus der nahezu bis zur Kapazitätsgrenze ausgelasteten, energietechnischen Infrastruktur der Einrichtung. Die Wärmeerzeugung erfolgte bislang über eine Gaskessel-Kaskadenanlage mit einer Nennleistung von insgesamt 900 kW. Aufgrund des kontinuierlich gestiegenen Wärmebedarfs im Pflegebetrieb des Seniorenheims, wurde die Anlage dauerhaft unter Volllast betrieben.

Auch die Leistungsgrenze der Trinkwassererwärmungsanlage (TWE-Anlage) war erreicht. Weder die erhöhten Abnahmebedingungen konnten zukünftig erfüllt werden, noch waren die hygienetechnisch definierten Betriebstemperaturen für die zwei 1.500-Liter-Trinkwarmwasserspeicher mit vertretbarem Energieaufwand zu bewerkstelligen.

Vor diesem Hintergrund erhielt das in Augsburg ansässige HLK-Unternehmen Bezler Sanitär GmbH den Auftrag, eine Lösung zu entwickeln, die eine deutliche Verringerung des Primärenergieeinsatzes und damit zugleich eine entsprechende Senkung der Betriebskosten ermöglichen würde. Die darauf aufbauende technische Anlagenplanung und -ausführung übernahm der in Hoyerswerda beheimatete Energieanlagenspezialist Yados, der durch zahlreiche KWK-Großprojekte im In- und Ausland über die benötigte fachliche Expertise und Erfahrungskompetenz verfügt.

Ein Schwertransporter transportiert eine Wärmezentrale.
Quelle: Yados
Die Wärmezentrale für die Seniorenanlage wurde per Schwertransporter angeliefert.

Erzeuger und Verbraucher werden eins

Das gemeinsame Konzeptziel beider Unternehmen sah ein kombiniertes Energieerzeugungssystem vor, mit dem die Stiftung sowohl Strom als auch Wärme selbst dezentral generieren und im Gebäudebetrieb nutzen kann – und das bei gleichzeitiger Entlastung der Gaskessel-Anlage und verbesserter Gesamtheizleistung.

Ermöglicht wurde dies über eine bedarfskonform dimensionierte KWK-Anlage, welche die Effizienzpotentiale des Kopplungsprinzips von Strom- und Wärmeerzeugung optimal ausschöpft. Der Umstand, dass die Senioreneinrichtung in Stadtbergen über keine detaillierten Wärmeverbrauchswerte aus den Vorjahren verfügte, stellte dabei eine besondere Herausforderung für die planenden Ingenieure dar.

Realisiert wurde schließlich ein von Yados entwickeltes, auf 8.000 Betriebsstunden ausgelegtes, wärmegeführtes BHKW, mit einer thermischen Leistung von 80 kW und einer elektrischen Leistung von 50 kW. Die im KWK-Prozess gewonnene Wärme sowie rund 400.000 kWh Strom werden größtenteils direkt am Standort verbraucht.

Zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit bei Spitzenlastzeiten oder einem Ausfall der Anlage wurde zusätzlich ein Gas-Brennwertkessel mit einer Heizleistung von 260 kW integriert. Der große Modulationsbereich der Kesselanlage ermöglicht es, die Leistungsabgabe automatisch dem jeweiligen Wärmebedarf – der aufgrund jahreszeitlicher Einflüsse und unterschiedlicher Warmwasser-Anforderungen variiert – exakt anzupassen. Die stufenlose Verbrennungsregelung reduziert dabei die Anzahl der Brennerstarts, was zu einer deutlichen Energieeinsparung führt. Der ermittelte Normnutzungsgrad des Gas-Brennwertkessels liegt bei knapp über 109 Prozent.

Schematische Darstellung der neu implementierten Energiezentrale der Seniorenanlage.
Quelle: Yados
Schematische Darstellung der neu implementierten Energiezentrale der Seniorenanlage (Fließschema).

Das vorhandene Trinkwassererwärmungssystem wurde durch eine leistungsstärkere Anlage mit zwei 1.000-Liter-Pufferspeichern ersetzt. Die Anlage entspricht den sicherheits- und hygienetechnischen Vorgaben relevanter Regelwerke (gem. Trinkwasserverordnung, TrinkwV 2001, und dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 für Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen).

Sie basiert auf einem zweistufigen Speicherladesystem, das die Nutzung hoher primärer Vorlauftemperaturen erlaubt. Der Heizwasservolumenstrom wird dadurch deutlich verringert und heizwasserseitig lassen sich sehr niedrige Rücklauftemperaturen erzielen. Der reduzierte Volumenstrom wirkt sich positiv auf die Energieaufwandsbilanz der Anlage aus: Der Brennwerteffekt ist optimal nutzbar, der Strombedarf für den Pumpeneinsatz sinkt und Wärmeverluste in der Installation werden minimiert.

Aufgrund ihrer bedarfsspezifischen Auslegung handelt es sich bei KWK-Anlagen stets um individuelle Kundenlösungen. Auch die Bauweise und die Art ihrer Integration in die energetische Infrastruktur vor Ort sind variabel anpassbar.

Da sich der Aufstellungsort in unmittelbarer Nähe der Pflegebereiche, des Restaurants sowie von Feuerwehrzufahrt und Fluchtwegen befindet, waren für den Ausbau des Containers (insbesondere für Materialwahl und Komponentenausführung) deutlich erhöhte Brand- und Schallschutzvorschriften einzuhalten.

In Stadtbergen wählte man deshalb eine flexible Container-Ausführung, bei der die Aggregate als Komplettsystem in einer speziell verstärkten Betonraumzelle verbaut wurden. Der Container (Abmessungen, L x B x H: 9 x 5 x 4,5 m, Masse: 47 t), ausgestattet mit BHKW-Aggregat, neuer Kesselanlage, Pufferspeicher und Übergabestation, wurde komplett steckerfertig von Yados in Hoyerswerda vorkonfektioniert.

Das Blockheizkraftwerk in Stadtbergen.
Quelle: Yados
Die speziell verstärkte Betonraumzelle beherbergt die komplette Anlagentechnik für die dezentrale Energieerzeugung am Standort in Stadtbergen. Hier zu sehen: Das kompakte Blockheizkraftwerk mit einer thermischen Leistung von 80 kW und einer elektrischen Leistung von 50 kW.

Basis einer neuen Wärmenetzgeneration

Weitere Effizienzpotentiale lassen sich erschließen, wenn technisch hochentwickelte Energieaggregate im Verbundsystem überwacht und möglichst präzise geregelt und gesteuert werden können. Übergeordnete Regelungseinheiten, wie beispielsweise die zentrale Leittechnik "Yado|Link", vernetzen durchgängig alle Anlagenkomponenten und Funktionen.

Die auf Basis von Bussystemen umgesetzte Systemtechnik realisiert dabei vielfältige Aufgaben: Verarbeitungsprozesse zwischen unterschiedlichen Energiequellen und Wärmeverbrauchern werden in Echtzeit erfasst, analysiert, visualisiert und bedarfsgerecht modifiziert. Die intelligente Steuerung sorgt damit für einen wirtschaftlichen, sicheren und energieeffizienten Anlagenbetrieb, von dem Betreiber, Verbraucher und nicht zuletzt die Umwelt profitieren.

Mit dem aktuellen Förderprogramm "Modellvorhaben Wärmenetze 4.0", welches seit Juli 2017 erstmals eine systemische Förderung im Bereich der Wärmeinfrastruktur vorsieht, rücken intelligente Leit- und Kommunikationssysteme verstärkt in den Fokus von Planern und Betreibern. Sie gelten als Förderungsvoraussetzung für Einzeltechnologien und -komponenten sowie zukünftig auch für Gesamtsysteme.

Von Martin Gentner
Yados GmbH
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