Erneuerbare Energien

„Kritik an moderner Holzheizung ist haltlos!“

Interview mit Beate Schmidt-Menig, DEPV-Vorstandsvorsitzende

Freitag, 24.03.2023

Die aktuellen Diskussionen um die Umweltverträglichkeit und Klimabilanz von Holzheizungen verunsichern viele potentielle Kunden. Dies könnte auch die Heizungsbranche zu spüren bekommen. Beate Schmidt-Menig, die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbandes e.V. (DEPV), begründet im Interview mit dem Heizungs-Journal, warum die Diskussion zu pauschal geführt wird. Und sie beschreibt erfolgversprechende Ansätze, um die Öffentlichkeit über die weiterhin gültigen Stärken der modernen Holzfeuerung aufzuklären.

Holzpellets sind laut DEPV in der Sanierung häufig die beste technische und wirtschaftliche Heizlösung.
Quelle: DEPI
Holzpellets sind laut DEPV in der Sanierung häufig die beste technische und wirtschaftliche Heizlösung.

Frau Schmidt-Menig, erst machten die kritischen Einschätzungen des Umweltbundesamtes zur Holzverbrennung die Runde und jetzt kommt noch die vom EU-Parlament beschlossene Novelle der „Renewable Energy Directive“ (RED) hinzu, welche die Holzverbrennung aus Sicht der Branche deutlich behindern wird – wie erleben Sie diesen verschärften Gegenwind?

Wenn man sich die Argumente der Kritiker genauer anschaut, sieht man, dass das Umweltbundesamt durchaus zwischen Holzöfen und modernen Pelletfeuerungen differenzieren kann. Allerdings muss man diese Veröffentlichungen erst mal finden. Das geht häufig im Schlagzeilen-Journalismus unter. Das gleiche gilt für die derzeit diskutierte Novelle von „RED III“ auf EU-Ebene, die noch nicht final entschieden ist.

Was ist hieraus zu folgern?

Holzenergie aus Reststoffen, aus denen Pellets in Deutschland überwiegend hergestellt werden, sind auch in dem kritisch zu sehenden Diskussionsentwurf des EU-Parlaments von Beschränkungen ausgenommen. Das heißt natürlich nicht, dass wir darauf vertrauen können, dass unsere Branche bei all dem ungeschoren davonkommt. Es geht darum, dass eine öffentliche Diskussion zur Holzenergie differenziert geführt wird. Auch wir als DEPV stehen für Luftreinhaltung und eine nachhaltige Holzverwendung.

Die Themen Nachhaltigkeit und Feinstaubbelastung begleiten die Holzheizungsbranche seit vielen Jahren. Wieso kocht das gerade jetzt derart hoch, wo wir doch jede heimische Energiequelle dringender denn je benötigen?

Das liegt an der – wie eben schon gesagt – undifferenziert geführten Diskussion. Der DEPV steht weiter für einen sachlichen Austausch. Dieser ist nach meinem Eindruck aber weder von den Umweltverbänden noch vom Bundesumweltministerium (BMUV) gewollt – und das trotz drohender Energieknappheit und dem immer stärker greifenden Klimawandel. Da ist es kurzsichtig, einen heimischen, effizienten und klimafreundlichen Energieträger wie Pellets auszubremsen. Noch absurder ist es, den heimischen Energieträger mit der höchsten CO2-Einsparung schlecht zu reden, statt ihn weiterhin auf hohem Niveau zu pushen – gleichzeitig aber Strafzahlungen nach Brüssel in Kauf zu nehmen, weil die Klimaschutzziele nicht erreicht werden. Das Geld wäre in der kontinuierlichen Ausgestaltung von Förderprojekten deutlich besser angelegt, die in den letzten beiden Jahren als echter Konjunkturmotor gewirkt haben.

Beate Schmidt-Menig fordert eine differenzierte Diskussion um die Holzwärmenutzung und Technologieoffenheit in der Wärmewende.
Quelle: DEPV
Beate Schmidt-Menig fordert eine differenzierte Diskussion um die Holzwärmenutzung und Technologieoffenheit in der Wärmewende.

Der Endverbraucher sucht in diesen Zeiten vor allem nach umwelt- und klimafreundlichen Heizungslösungen, die Versorgungssicherheit ermöglichen. Da ist die Holzheizung eine gute Lösung. Registrieren Sie eine Verunsicherung aufgrund der politischen Diskussionen?

Die Pelletheizung ist nicht nur eine gute Lösung, sondern für viele Anwendungen auch die technisch beste und wirtschaftlichste Variante. Beispielsweise im ländlichen Raum, wo Fernwärmeanschlüsse fehlen und der Gebäudebestand nicht für die Wärmepumpe geeignet ist.

Wie erleben Sie die Nachfrage?

In der Vergangenheit kam die Nachfrage vorwiegend von Ölheizungsbesitzern in Ein- und Zweifamilienhäusern. Heute fragen auch Hausbesitzer an, die bislang mit Gas geheizt haben und die jetzt auf einen speicherbaren Energieträger setzen wollen. Dazu darf man die Nachfrage aus dem größeren Leistungsbereich nicht übersehen. Aufgrund der aktuell lauten und haltlosen Kritik gibt es aber auch verunsicherte Verbraucher. Und genau diese Verunsicherungen können wir uns als Gesellschaft weder klimapolitisch noch finanziell leisten. Hier steuern wir mit sachlichen Informationen entgegen.

Welche Antworten bietet die Branche auf die Feinstaubproblematik und welche Bedeutung kommt hier der Pelletheizung zu?

Die Pelletbranche arbeitet bei der Heizungstechnologie quasi systemimmanent auf immer geringere Emissionen hin. Das funktioniert, wie man an dem über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) vergebenen Innovationsbonus sieht. Dieser gilt für Emissionen von unter 2,5 mg/m3, die in der Praxis gar nicht mehr messbar sind. Alle guten Hersteller haben hier geprüfte Heizungen im Angebot.

Holzfeuerungen machen in Deutschland 17 Prozent der Feinstaubemissionen aus. Die modernen Pelletfeuerungen sind dabei mit nur 0,6 Prozent zu einem minimalen Anteil beteiligt.
Quelle: DEPI
Holzfeuerungen machen in Deutschland 17 Prozent der Feinstaubemissionen aus. Die modernen Pelletfeuerungen sind dabei mit nur 0,6 Prozent zu einem minimalen Anteil beteiligt.

Die nachhaltige Nutzung des deutschen Waldes soll derzeit noch zu einem Nettowachstum der Wälder führen. Inwiefern gilt dies auch bei weiter steigender Nachfrage?

Die steigende Nachfrage nach Holz würde dem Wald sogar guttun. Laut Bundeswaldinventur III nimmt die Waldfläche seit Jahrzehnten zu. Von 2002 bis 2012 hat sie in der Summe um 0,4 Prozent oder 50.000 Hektar zugenommen. Die Waldentwicklungs- und Holzaufkommensmodellierung von 2013 bis 2052 weist ein potentielles Rohholzaufkommen von jährlich 77,7 Mio. m3 Erntefestmaß im Durchschnitt der nächsten vier Jahrzehnte aus. Dabei steigt der Holzvorrat sogar noch an.

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Die Holzvorräte in Deutschland sind schon seit Jahrzehnten die höchsten in der EU. Das hört sich positiv an, aber es zeigt auch, dass „zu viel“ Holz im deutschen Wald steht. Ein zu hoher Vorrat bremst das Baumwachstum, was bedeutet, dass der Holzzuwachs und damit auch die CO2-Speicherdynamik reduziert wird. Das würde sich durch eine stärkere Holznutzung ändern, zum Beispiel über stärkere Durchforstungen und frühere Holzernte. Das hierdurch anfallende Holz könnte stofflich und energetisch genutzt werden und damit weiteres CO2 einsparen helfen. Jeder Baumstamm, der geerntet wird und primär seine Verwendung in der stofflichen Nutzung findet, schafft Platz für neues Waldwachstum und speichert das CO2 langfristig als Kohlenstoff, beispielsweise im Holzbau.

Auch die Bedienung der Holzheizungen hat Einfluss auf ihre Umweltverträglichkeit. Gelegentlich hört man den Ruf nach einer Art „Führerschein“ für Holzheizungsbesitzer. Was kann getan werden, um diese noch besser mit der Bedienung ihrer Anlagen vertraut zu machen?

Für vollautomatisierte Holz- und Pelletheizungen gilt dieses Problem nicht, denn man kann diese Anlagen nicht „falsch“ bedienen. Heizungen sollten regelmäßig gewartet werden und unterliegen auch der regelmäßigen Prüfung der Schornsteinfeger. Wenn Pellets mit dem „ENplus“-Siegel gekauft werden, kann beim Betrieb nichts schiefgehen.

Das erleben Sie sicher häufig, dass hier zu wenig differenziert wird, oder?

Wir ärgern uns als Branche natürlich, wenn moderne Pelletheizungen mit falsch bedienten Holzöfen in einen Topf geworfen und an den Pranger gestellt werden. Aufgrund der Energiekrise dürfen in einigen Kommunen alte, bereits außer Betrieb genommene Holzöfen im Winter wieder genutzt werden. In zwei Jahren diskutieren wir dann wieder undifferenziert über die Zunahme der Feinstaubbelastungen aus der Holzenergie.

Welche Gefahren für Ihre Branche und die Arbeitsplätze sehen Sie, sollten sich die politischen Initiativen gegen die Holznutzung in weiteren Gesetzen oder anderen Einschränkungen niederschlagen?

Unsere Unternehmen haben Investitionen in Millionenhöhe getätigt und hunderte von Arbeitsplätzen zusätzlich geschaffen, um die wachsende Nachfrage der letzten Jahre zu bedienen. Dieses gilt es abzusichern und darf unter der neuen Ampelregierung nicht aufs Spiel gesetzt werden. Die unstete Förderpolitik, Mittelabsenkungen und technische Verschärfungen stellen die Branche vor große Herausforderungen.

Der Austausch eines Heizölkessels durch einen Pelletkessel kann im
Vergleich mit anderen ausgewählten Maßnahmen den höchsten CO2-Einsparungseffekt bringen.
Quelle: DEPI
Der Austausch eines Heizölkessels durch einen Pelletkessel kann im Vergleich mit anderen ausgewählten Maßnahmen den höchsten CO2-Einsparungseffekt bringen.

Wie lauten Ihre Forderungen an die Politik?

Wir arbeiten daran, dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK), das bei der Energiewende am Wärmemarkt ideologisch auf Strom ausgerichtet ist, die Relevanz moderner Holzenergie noch deutlicher zu machen. Der Bedarf an erneuerbarem Strom wird sich, neben der steigenden Stromnutzung selbst, auch in der Mobilität deutlich erhöhen. Wie soll dazu noch der Wärmemarkt komplett umweltfreundlich elektrifiziert werden? Vor allem, wenn man bedenkt, dass aktuell über 60 Prozent der deutschen Stromproduktion fossil erfolgt. Wir fordern hier eine bezahlbare, sozial gerechte Energiepolitik, die technologieoffen und an der Sache orientiert ist, damit die Wärmewende gelingt und die Klimaschutzziele erreicht werden.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, weiteren Schaden für eine nachhaltige Holzwärmenutzung abzuwenden? Welche Aktivitäten ergreifen der DEPV und seine Mitgliedsunternehmen?

Als Verband sind wir bei der politischen Interessenvertretung aktiv. Gemeinsam mit den Verbänden der Erneuerbaren Energien, aber auch der Wissenschaft, bereiten wir die Fakten auf und adressieren diese an den entsprechenden Stellen schwerpunktmäßig auf Bundesebene, aber auch in den Ländern und bei der EU. Das gleiche gilt für unsere Unternehmen, die wir hier in der eigenen politischen Kommunikation unterstützen. Erfolgreich wird es sein, wenn sich ein breites Bündnis für ein gemeinsames Ziel einsetzt und faktenbasiert, sachlich und differenziert die zahlreichen Argumente vorbringt.

Sie sind sich also sicher, dass die Pelletheizung weiterhin ihre Stärken ausspielen kann?

Nennen Sie mir einen Wärmeerzeuger, der beim Heizungstausch im gesamten Gebäudebestand so punktet wie die Pelletheizung! So umfassend kann das kein zweiter. Das zeigt ganz offensichtlich, dass moderne Holzenergie zum Erreichen der Klimaziele unabdingbar ist.

Von Martin Frey
Fachjournalist
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