Installation

Haustechnik: Lebenszykluskosten zählen

Was wir von anderen Ländern lernen können

Donnerstag, 28.05.2015

Seit Jahrzehnten werden in Deutschland Gebäude immer nach den gleichen Standards, meist mit "veral­teten" Technologien geplant. Die Haustechnik ist in vielen Fällen "over engineered" bzw. so komplex, dass schon das Regulieren der Temperatur für die Nutzer zu schwierig ist. Bei der Planung wird weder an den Facility Manager gedacht, der die Haustechnik hinterher zu handeln hat, noch an den Büromitarbeiter, der seine Wunschtemperatur individuell regeln möchte.

Sicherlich werden vereinzelt innovative Konzepte, neue Technologien eingesetzt und kompetent geplant. In der täglichen Praxis ist jedoch festzustellen, dass Fachhandwerker häufig aufgrund steigender System-Komplexität überfordert sind.

Blickt man über den deutschen Tellerrand hinaus, zum Beispiel nach Japan und in die Niederlande, dann findet man dort ganz andere Herangehensweisen in der Gebäudeplanung, andere Installationsvarianten und Technologien als die hierzulande üblichen. Die dort eingesetzten Systeme sind in Deutschland auch verfügbar, führen aber nach wie vor noch ein "Schattendasein".

In Deutschland wird in den seltensten Fällen ein Projekt ganzheitlich von Beginn an in Zusammenarbeit mit dem Investor sowie dem Nutzer geplant und schließlich auch gemeinsam umgesetzt. Kern der meisten Ausschreibungen sind harte Preisverhandlungen. Einkäufer bzw. Investoren konzentrieren sich dabei auf die finanzielle Einsparung bei der Anschaffung und nicht auf eine mögliche Reduzierung der Lebenszykluskosten durch den Einsatz effizienter Systeme. Diese Betriebskosten hat letztlich der Mieter zu tragen. Dabei übersteigen je nach Art des Gebäudes die Kosten im laufenden Betrieb die Investitionskosten um ein Viel­faches, sie sind teilweise viermal so hoch. Im Zuge der Energiewende und der europäischen Klimaschutzziele wird es für Investoren in Zukunft wichtiger, effiziente Gebäudetechnik mit erneuerbaren Energien einzusetzen und den Mietern ein ganzheitliches Lebens­zykluskosten-Management anzubieten. Gerade Mieter von Gewerbeimmobilien werden dies zukünftig stärker nachfragen, denn das Bewusstsein über die Vorteile ganzheitlicher Planung und energieeffizienter Systeme zur Senkung der Betriebskosten steigt.

Daikin weiß dies und verfolgt deshalb einen anderen Ansatz im Planungsprozess. Mit einer engen Zusammenarbeit, Beratung und Abstimmung mit dem Investor und im Idealfall mit dem Mieter schon zu Beginn der Planungsphase, wird die spätere Umsetzung enorm erleichtert sowie Bauzeiten und Ausschreibungsphasen verkürzt. Das alles spart bares Geld und trägt einen erheblichen Teil zur Effizienz bei.

Dezentrale Planung und Versorgung einzelner Stockwerke

In Japan ist es schon seit Jahrzehnten üblich, so effizient wie möglich zu bauen und dabei die spätere Nutzung des Gebäudes sowie die Anforderungen zukünftiger Mieter von Anfang an im Blick zu haben. Die in Deutschland in den Köpfen übliche Trennung von Klimaanlage und Heizung gibt es in Japan schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Neue Ideen und Systeme wurden entwickelt, um den Bauprozess effizienter und die Versorgung mit Heiz- und Kühlenergie schnell und nutzerfreundlich zu gestalten. Beispielsweise mit Technologien wie der VRV-Technik, mit der ein Gebäude ganzjährig beheizt, gekühlt und belüftet werden kann. Mit der Erfindung der VRV-Technologie (VRV = Variable Refrigerant Volume = Variabler Kältemittel-Volumenstrom) in Japan setzte Daikin Anfang der 1980er-Jahre neue Maßstäbe bei der Gebäudeklimatisierung.

Das VRV-System ist eine Luft/Luft-Wärmepumpe, die die Wärmeenergie der Außenluft zur Beheizung des Gebäudes nutzt. Der Gebäudeeigen­tümer kann damit vollständig auf ein konventionelles Heizsystem mit fossilen Brennstoffen verzichten. Mit der VRV-Technologie kann jede Etage eines Gebäudes dezentral und voll funktionsfähig geplant werden. Da in VRV-Systemen zu jeder Zeit lediglich die Menge an Kältemittel zirkuliert, die gerade erforderlich ist (daher der Name "Variabler Kältemittel-Volumenstrom"), können in den verschiedenen zu klimatisierenden Bereichen eines Gebäudes unterschiedliche Einstellungen für die Klimatisierung vorgenommen werden. Alle angeschlossenen Geräte oder Räume lassen sich unabhängig regeln. Zudem erlaubt die Verwendung eines Kältemittels anstelle von Wasser sehr viel kleinere Rohrleitungen.

Wassergekühlte VRV und ein
Quelle: Daikin
Wassergekühlte VRV (oben) und ein Daikin-"Altherma"-Warmwasserspeicher im Park PHI Enschede.

Meist sind Klimaanlagen zu kalt eingestellt und Personen im Raum werden von der kalten Luft direkt angeblasen. Die Angst, sich zu erkälten, wächst bei Personen, die direkt im Luftzug sitzen. Mit der vierten Generation der Daikin-VRV-Wärmepumpe, die mit der innovativen VRT-Technologie (VRT = Variable Refrigerant Temperature) ausgestattet ist, ist eine Klimatisierung ohne lästigen Luftzug garantiert. Die Verdampfungs- bzw. Verflüs­sigungstemperatur wird im laufenden Betrieb an den Leistungsbedarf angepasst.

So wird die Gesamtleistung des Systems reguliert und gleichzeitig ein ­Betrieb im optimalen Effizienzbereich ­gewährleistet. Mit dem positiven Effekt, dass die Ausblastemperaturen automatisch je nach Raumtemperatur angehoben werden und somit unangenehme Zugerscheinungen verschwinden. Dies steigert zusätzlich noch die Effizienz des Gesamtsystems. Die "VRV IV" ist auch als Wärmerückgewinnungs-System erhältlich. Dabei wird die Abwärme von den Innengeräten im Kühlmodus für die Warmwasserbereitung oder das Heizen anderer Räume genutzt.

Wassergekühlte VRV und Daikin-
Quelle: Daikin
Wassergekühlte VRV (oben) und eine Daikin-"Altherma LuviType Plus Hydrobox" für Vorlauftemperaturen von bis zu 80 °C.

Im Idealfall kann somit die Abwärme, z.B. einer Technikzentrale oder eines Serverraumes, innerhalb eines Gebäudes ohne weiteren Energieeinsatz komplett zur Beheizung der weiteren Räume genutzt werden. Das führt zu bedeutenden Steigerungen der Energieeffi­zienz und Senkungen der CO2-Emissionen. Durch die Nutzung vorhandener Wärmemengen von Rechnern, Beleuchtung, Personen oder Druckern kann auf fossile Energieträger wie Öl und Gas komplett verzichtet werden.

Praxisbeispiel Japan

Das 134,5 m hohe Bürogebäude Umeda Center Building im japanischen Osaka zeigt, mit welcher Gebäudekonstruktion und -aufteilung die Vorteile der VRV-Technik in vollem Umfang ausgeschöpft werden. Bei der Ausschreibung im Jahr 1985 strebte der Eigentümer neben vernünftigen Investitionskosten und niedrigen Betriebskosten auch eine opti­male Ausnutzung der Nutz- bzw. Büroflächen an. Die Büroflächen sollten flexibel nutzbar sein.

Daher wurden die einzelnen Stockwerke von der 4. bis zur 32. Etage, die jeweils 2.110 m2 groß sind, in vier unabhängige Kühl-/Heiz-Zonen unterteilt. Jede Zone wird von einem VRV-System versorgt, so dass pro Stockwerk vier VRV-Systeme dezentral in Betrieb sind.

Schema der VRV-Technik im Umeda Center Building.
Quelle: Daikin
Das Umeda Center Building im japanischen Osaka zeigt, mit welcher Gebäudekonstruktion und -aufteilung die Vorteile der VRV-Technik in vollem Umfang ausgeschöpft werden können.

Durch die dezentrale Anordnung der Außengeräte können die Schächte kleiner dimensioniert werden und es wurden bis zu 40 Prozent weniger Rohrleitungen benötigt. Brandschutzvorschriften lassen sich so ebenfalls ein­facher umsetzen, was auch in diesem Bereich zu Kosten­ersparnissen führt.

Die Frischluftversorgung erfolgt dezentral über kompakte Wärmerückgewinnungseinheiten, die direkt mit dem Hauptsystem kommunizieren. Durch Wärmeverschiebung auf der je­weiligen Etage wird eine größtmögliche Effizienz erreicht. Die Untergeschosse ­sowie die Lobby werden von einem Kaltwassersystem klima­tisiert.

Die VRV-Anlagen des Umeda Center Building werden, wie insgesamt 65.000 VRV-Anlagen in ganz Japan, von Daikin zentral überwacht. Hierfür hat das Unternehmen in Japan eine Abteilung mit insgesamt etwa 1.200 Mitarbeitern, die die Leistungsfähigkeit und den Energieverbrauch der Anlagen überwachen. So kann auf mögliche Systemausfälle proaktiv reagiert werden.

Praxisbeispiel Niederlande

Ein weiteres Beispiel für einen Planungsprozess, der von Anfang an die Mieter des Gebäudes sowie die Lebenszyklus­kosten mit einbezogen hat, ist der Business Park PHI im ­niederländischen Enschede.

Der Business Park PHI in Enschede.
Quelle: Daikin
Dass nicht nur die Investitionskosten im Fokus der Ausschreibepraxis stehen dürfen, zeigt beispielsweise der Business Park PHI in Enschede.

Insgesamt drei Bürogebäude stehen auf dem Areal. Ziel des Investors und Bauherrn Schröder Real Estate war es, die Gebäude durch den Einsatz modernster Technologien aufzuwerten.

Der Planungsprozess integrierte verschiedene Aspekte. Bezogen auf die ­Umwelt waren dies die nachhaltige Verwendung von Energie, Wasser und Material sowie die möglichen Auswirkungen von Abfall und Transport. Bezogen auf die Wirtschaftlichkeit und den wirtschaftlichen Erfolg wurde auf ein hohes Maß an Transparenz gesetzt sowie auf die ökonomische Qualität der Abläufe geachtet.

Dazu zählt auch, dass jederzeit im Blick behalten wurde, dass das Projekt finanziell tragbar bleibt. Bezogen auf das Gebäude und das Business Park Projekt wurde auf die Qualität des Baugrundes, die angemessene Verwendung von Fläche, die Materialien sowie auf eine ­attraktive Gebäudearchitektur Wert gelegt. Und schließlich ging es auch darum, die Menschen, die in den Büros arbeiten, an dem Projekt teilhaben zu lassen.

Die Planer des Park PHI orientierten sich an dem Modell "Trias Energetica" der Technischen Universität Delft, das in drei Punkten zusammenfasst, wie im Gebäudesektor nachhaltig Energie eingespart werden kann.

Im ersten Schritt liegt der Fokus auf der Reduktion des Energieverbrauchs und der Vermeidung von Energieverschwendung. Denn die umweltverträglichste Energie ist die, die gar nicht erst verbraucht wird.

An zweiter Stelle wird die Nutzung regenerativer Energiequellen zur Deckung des restlichen Energiebedarfs genannt.

Erst nachdem diese beiden Maßnahmen umgesetzt werden, können fossile Energieträger zum Einsatz kommen. Allerdings nur, wenn dies zur Deckung des restlichen Energiebedarfs eines Gebäudes zwingend notwendig ist und sie so effizient und umweltverträglich wie möglich eingesetzt werden.

Die einzelnen Gebäudeteile und Fassadenelemente des Park PHI wurden industriell vorgefertigt. So konnten fünf Bauarbeiter innerhalb von nur zwei Wochen drei Etagen errichten. Die gesamte Bauzeit betrug nur zwölf Wochen, was besonders niedrige Baukosten zur Folge hatte.

Das Gebäude ist leicht zu demontieren und die einzelnen Teile sind recyclebar. Die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen: Auf dem Flachdach befindet sich die Solaranlage. Die dezentrale Klimatisierung (Kühlen/Heizen) des Gebäudes erfolgt über Grundwasser-VRV-Wärmepumpen, die einen parallelen Kühl- und Heizbetrieb ermöglichen. Ein System versorgt jeweils eine Etage.

Heißes Brauchwasser wird von Daikin-"Altherma"-Luft/Wasser-Wärmepumpen bereitgestellt.

Daikin-
Quelle: Daikin
Auf dem Dach des Business Park PHI: Daikin-"Altherma"-Außengeräte und ein kompakter Daikin Kaltwassersatz.

Im Boden unterhalb der Gebäude befindet sich ein Wärme-/Kältespeicher. Dort wird die Wärme, die dem Gebäude im Sommer entzogen wird, gespeichert, um damit im Winter das Gebäude zu beheizen. Zusätzlich wird im Winter die Abwärme des Rechenzentrums und der Lüftungsanlage zur Beheizung der Büros eingesetzt.

Für die Toiletten wird Regen- oder Grau­wasser verwendet und die Fahrstühle im Gebäude produzieren während des Betriebs Energie. Die nachhaltige Bauweise und der CO2-neutrale Betrieb des Park PHI wurden mit dem BREEAM-Zertifikat "Excellent" bestätigt (BREEAM = Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology).

Was bringt die Zukunft?

Nach dem Erdbeben und der Reaktorkatastrophe 2011 steht nicht nur Japan vor großen Herausforderungen, um die vorhandene Energie so effizient wie möglich zu nutzen. Neue Technologien, Denkweisen, Entwicklungen und Herangehensweisen werden gebraucht, um auch in Zukunft die Energieversorgung zu sichern. Auch in Deutschland und Europa sind Effizienz und Energieeinsparung wichtige Themen. Allein in Gebäuden werden etwa 40 Prozent des deutschen Endenergiebedarfs verbraucht.

Ob die Energiewende gelingt, wird sich also im hohen Maße im Immobiliensektor entscheiden. Nicht-Wohngebäuden kommt bei der Ener­giewende eine wichtige Rolle zu. Denn obwohl ihr Anteil am gesamten Gebäudebestand nur knapp zehn Prozent beträgt, entfällt auf sie laut Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) über ein Drittel des Gebäudeenergiebedarfs. Folglich lässt sich in diesem Bereich besonders viel Energie einsparen.

Hierfür müssen intelligente Lösungsansätze her, die uns helfen, auf fossile Energieträger zu verzichten und vorhandene Wärmemengen von Gebäuden zu nutzen anstatt, wie meist üblich, zu vergeuden.

Technologien wie die VRV zeigen, dass maximale Energieeffizienz und niedrige Energiekosten flächendeckend realisierbar sind, da die Technik und das Know-how schon heute vorhanden, ausgereift und bezahlbar sind. Auch bei der Sanierung von Gebäuden kann diese Systemtechnik durchaus ihren Beitrag leisten. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn auch in Deutschland Investoren, Planer, Architekten, Hersteller, Handwerk, Politik und Endverbraucher an einem Strang ziehen und Gebäude ganzheitlich betrachten.

Von Gunther Gamst
Geschäftsführer Daikin Airconditioning Germany GmbH
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