Schwebende Heizung

Spannendes Wärmeübergabe-(Design-)System für neue Luftschiffhalle

Der neue Luftschiffhangar der WDL Unternehmensgruppe am Flughafen Essen/Mülheim ist aufgrund der innovativen Holzbauweise weltweit einmalig.

Dem hohen Anspruch des Investors und Betreibers folgend, wurde mit dem Deckenstrahlprogramm „Cross“ von Arbonia eine ebenso innovative Lösung für die Wärmeübergabe installiert, die sowohl durch ihre Effizienz als auch architektonisch überzeugt – und denkbar unterschiedliche Anforderungen in einem einzigen System vereint.

Es ist wohl einer der ältesten Träume der Menschheit: zu fliegen. Losgelöst von den Gesetzen der Schwerkraft über allem zu schweben, sich wie ein Vogel treiben zu lassen, die Welt aus einer ganz anderen Perspektive zu sehen. Das beste Sinnbild für diesen Traum sind zweifellos Luftschiffe. Beeindruckend in ihrer Ästhetik (und ihren Abmessungen) gleiten sie nahezu lautlos am Himmel dahin – und stehen damit gleichzeitig für eine Form des Reisens ohne Geschwindigkeit und Hektik, die ein wenig an die „gute alte Zeit“ erinnert.

Spätestens, wenn diese Luftschiffe eine Heimat, einen Hafen brauchen, wird aus dem Traum aber ganz schnell harte Realität. Das zeigt das Beispiel des am Flughafen Essen/Mülheim neu errichteten Luftschiffhangars der WDL Unternehmensgruppe. Mit 92 m Länge, 42 m Breite, 26 m Höhe und 70.000 m3 Raumvolumen entstand hier eine Halle, deren Entwurf und Errichtung nicht nur architektonisch, sondern aufgrund ihrer geplanten Doppelnutzung als Hangar und Eventlocation auch funktional in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung darstellte: Mehr als 200 Fachplaner sowie diverse universitäre Fachbereiche waren insbesondere zur Lösung statischer Fragen involviert, bevor das markante Bauwerk nach nur etwas mehr als sechs (!) Monaten Bauzeit Ende 2022 in Betrieb genommen werden konnte.

Denn der neue Hangar, in dem neben dem berühmten Blimp-Luftschiff „Theo“ künftig auch ein „Zeppelin NT“ stationiert sein wird, wurde nach einem Entwurf des Büros Ripkens Wiesenkämper (Essen) trotz der riesigen Tragweite von über 40 m komplett als Holz-, Holz-, Holz-Konstruktion – also ohne ein Stück Stahl in den haupttragenden Bereichen – errichtet. Die Verdreifachung des Wortes „Holz“ ist an dieser Stelle zwingend notwendig, denn sie steht für eine sehr leicht und fast schon filigran anmutende Gitterkonstruktion anstelle massiver Leimbinder, die eine massiv gedämmte Eindeckung aus gewellten Aluminiumprofilen trägt. Insgesamt wurden dafür mehr als 550 t Holz verarbeitet; allein die beiden Torflügel mit je 400 m2 Fläche wiegen jeweils 72 t!

„Luftschifffahrt hat immer ganz viel mit Emotionen zu tun“, erklärt Frank Peylo, Geschäftsführender Gesellschafter der WDL Unternehmensgruppe, den Grund, warum sein Unternehmen ein derart aufwändiges, aufgrund der Holzbauweise zugleich so nachhaltiges Gebäude errichten ließ: „Diese Emotionen wollen wir hier nicht nur mit dem traditionsreichen Luftschiff »Theo« zeigen, sondern über die spektakuläre Architektur und Bauweise auch für die Besucher geplanter Events mit allen Sinnen erlebbar machen.“

Stark differierende Heizlasten

Die Anforderung „mit allen Sinnen“ sollte dabei aber vor allem den Wärmespezialisten unter den Baubeteiligten noch einiges abverlangen, da in einem reinen Luftschiffhangar – gewissermaßen als Großgarage für Fluggeräte – ganz andere thermische Anforderungen erfüllt sein müssen als bei einer Veranstaltungshalle für Großevents, wie beispielsweise Firmenfeiern oder Tagungen. WDL-Marketingleiter Daniel Dreier nennt die Hintergründe: „Wenn die Luftschiffe in der Halle stehen, brauchen wir vor allem möglichst gleichbleibende Temperaturen, da jede Änderung direkt für Auf- oder Abtrieb des Luftschiffs sorgt. Da muss sonst permanent viel ausgeglichen werden. Bei Veranstaltungen wiederum ist für das thermische Wohlbehagen der Besucher in Bodennähe ein gleichmäßiges Temperaturbild von etwa 22 °C gefragt, das selbst im Winter bei Minusgraden binnen ein bis zwei Tagen möglichst energieeffizient zu erzeugen ist.“

In der planerischen Herangehensweise stand damit ausnahmsweise nicht der Wärmeerzeuger, sondern die Wärmeverteilung bzw. die Wärmeübergabe vorrangig im Lastenheft. Vor allem, weil natürlich auch hier die spezielle architektonische Anmutung des Hangars mit Bögen und Radien keinesfalls beeinträchtigt werden sollte. Dadurch schieden zum Beispiel großflächige Heizkörper an den weitestgehend verglasten Seitenwänden ebenso wie die ansonsten in Hallen häufig eingesetzten Deckenstrahlplatten von vorneherein aus.

„Außerdem war der durch die Holzträger-Konstruktion bedingte, vergleichsweise hohe Installationsaufwand ein gewichtiges Argument gegen Deckenstrahlplatten“, so Dennis Ernst, Geschäftsführer des ausführenden SHK-Fachunternehmens Heizung Sanitär Niessen aus Erkelenz. Hinzu kam, dass im Bereich der Hallendecke punktuelle Wärmelasten unbedingt zu vermeiden waren: Trotz der Dimensionen des Hangars kommen Blimp „Theo“ und künftig „Zeppelin NT“ dem in fast 26 m Höhe montierten Wärmeübergabesystem so nahe, dass speziell bei höheren Temperaturen ein direkter Einfluss auf die Außenhaut der Luftschiffe verhindert werden muss.

Aufgelöst wurde die dadurch entstandene „Quadratur des Kreises“ durch die über den Fachgroßhandel Gottschall & Sohn KG (Grevenbroich) gelieferten, neuartigen Deckenstrahlprofile „Cross“ von Arbonia. Dabei handelt es sich um sehr leichte Strangpressprofile aus Aluminium, die mit einem Stecksystem ganz einfach in beliebiger Länge aneinandergereiht werden können. Aufgrund ihrer Y-Kontur stellen sie trotz der sehr schlanken Optik mit nur 17 cm Breite und 10 cm Höhe eine größere Strahlungsfläche zur Verfügung, die leistungsbezogen etwa doppelt so hoch ist wie die einer klassischen, aber wesentlich massiver wirkenden Deckenstrahlplatte.

„Diese massive Wirkung hätte sich übrigens auch direkt auf die Montage ausgewirkt“, erinnert sich Niessen-Geschäftsführer Dennis Ernst an die ersten Abstimmungsgespräche und Kalkulationen im Vorfeld des Projektes: „Die schweren Platten in fast 26 m Höhe irgendwie zwischen die Sparren passend zu befestigen, wäre enorm aufwändig geworden. Bei den überschlägig berechneten Montagekosten sind wir schnell in einen gut sechsstelligen Bereich gekommen. Das war wirtschaftlich eigentlich nicht vertretbar. Vor allem, weil es mit den »Cross«-Profilen ja eine gleichzeitig deutlich schönere Lösung gab.“

Insgesamt ziehen sich jetzt, aufgeteilt auf zwei Heizkreise, rund zwei Dutzend dieser in der Hälfte der Zeit installierten Profile als Zweier-Kaskade über die gesamte Länge der Hangar-Kuppel. „Die Zweier-Kaskade, also Vorlauf/Rücklauf in jeweils eigenen, am Ende miteinander verbundenen »Cross«-Profilen, war natürlich zum einen der Heizlast geschuldet, die wir hier über unser innovatives Wärmeübergabesystem bei 45 °C Vorlauftemperatur mit rund 350 kW Leistung abdecken“, erläutert Udo Fröhlig, Product Account Manager bei Arbonia, die technischen Hintergründe: „Zum anderen müssen wir aber für den optimalen Wärmetransfer auch über die gesamte Länge von 55 m eine turbulente Strömung gewährleisten. Das wird bei dieser Ausführung optimal erfüllt.“

Insgesamt installierten die Niessen-Haustechnik-Spezialisten rund 1,7 km „Cross“-Profile, die nach dem Tichelmann-Prinzip an die beiden ebenfalls separat gesteuerten Heizkreise angebunden sind. Dies sorgt für eine hohe Energieeffizienz und unterstützt gleichzeitig eine möglichst gleichmäßige Wärmeverteilung. Und zwar unabhängig von der Frage, wie stark zum Beispiel die Sonneneinstrahlung auf einer Seite des riesigen Hangars gerade ist. Dieses Argument zieht umso mehr, als der Hangar über die „Cross“-Installationen bei Bedarf genauso temperiert werden kann: „Bis zu 4 K Absenkung der Raumtemperatur sind, beispielsweise in Verbindung mit einer entsprechenden Wärmepumpe, dann möglich“, verweist Christian Lutz, Arbonia-Gebietsleiter, auf einen willkommenen Zusatznutzen des neuartigen Wärmeübergabesystems.

Leistung in der Praxis bewiesen

WDL-Geschäftsführer Frank Peylo ist nach den ersten sechs Monaten mit dieser „schwebenden Heizung“ unter Praxisbedingungen mehr als zufrieden: „Die langen Aluminiumprofile werden in der Deckenkonstruktion von unseren Gästen gar nicht als Heizung wahrgenommen, sondern als innenarchitektonisches Element angesehen! Gleichzeitig haben wir es damit aber geschafft, den Hangar selbst im Winter bei einer Außentemperatur von etwa 6 °C unter vertretbarem Energieeinsatz auf die für eine Veranstaltung mit 850 Leuten notwendige Innentemperatur von 22 °C aufzuheizen – pro Stunde 1 K.“

Seinerzeit erfolgte die Wärmeerzeugung noch über eine mobile Heizzentrale, da die finale Entscheidung über die endgültige Heiztechnik noch nicht gefallen ist (Stand: Juli 2023). Und auch dies hängt mit dem Anspruch der WDL Unternehmensgruppe zusammen, mit dem neuen Luftschiffhangar ein möglichst innovatives und zukunftweisendes Objekt zu realisieren, skizziert Frank Peylo die jetzt zu beantwortende Aufgabenstellung: „Für die meisten Wochen des Jahres brauchen wir auf der einen Seite nur eine Grundlast, wenn die Halle lediglich als »Großgarage« für die Luftschiffe dient. Bei Veranstaltungen sind aber auf der anderen Seite kurzfristig sehr hohe Leistungen bereitzustellen, die wir jedoch nicht minder ressourcenschonend erzeugen wollen.“

Im Ergebnis dürfte also ein Hybridsystem aus Luft/Wasser-Wärmepumpe und Spitzenlastkessel, eventuell ebenfalls auf Basis regenerativer Energien, zum Einsatz kommen. Doch auch hier bleibt das Team um Frank Peylo dem Grundsatz treu, der für den Neubau des Hangars generell galt: mit möglichst offenen Aufgabenstellungen – und entsprechend innovativen Partnern – an das Projekt herangehen und so etwas schaffen, was weltweit einmalig ist. In Bezug auf die Gesamtarchitektur, die Tragwerkskonstruktion, die Nutzungsvariabilität und nicht zuletzt die thermische Behaglichkeit im Raum durch das innovative System „Cross“ von Arbonia hat die WDL Unternehmensgruppe dieses Ziel auf jeden Fall schon erreicht.

Dienstag, 20.02.2024