Schule saniert Fußbodenheizung im laufenden Betrieb

Objekt-Report-Special - Folge 4

Auf einer Fläche von etwa 2.000 Quadratmetern wurde die Fuß­bodenheizung der Grund- und Mittelschule Dietramszell ertüchtigt. Statt die Fußbodenheizung komplett zu ersetzen, haben die Projektverantwortlichen hier ein System der Rohr­innensanierung zur Anwendung gebracht. Die Idee des "oxy-proof"-Systems, im alten Rohr ein neues entstehen zu lassen, machte es möglich, die Sanierung im laufenden Schulbetrieb durchzuführen. Mehr über das Projekt verrät unser Artikel.

Bei der Sanierung der Heizungsanlage der Grund- und Mittelschule im oberbayrischen Dietramszell wurden im Jahr 2013 zwei alte Ölkessel durch einen Pelletkessel ersetzt und die Anlagen in den verschiedenen Gebäudeteilen hydraulisch mitei­nander verbunden.

Durch Kombination mit dem bestehenden Hackschnitzelkessel kann die Schule ihren Wärmebedarf so zum größten Teil durch den Einsatz regenerativer Energieträger decken.

Eine echte "Zeitbombe", vor allem für die neuen Pumpen und ­Geräte, stellte die alte Fußbodenheizung im 70er-Jahre-Bau dar, die stark verschlammt war. Der schleichende Versprödungsprozess der Fußbodenheizungs-Kunststoffrohre und die dadurch bedingten Korrosionsschäden haben die Gemeinde Dietramszell dazu veranlasst, das Flächentemperiersystem mit einer speziellen Rohrinnensanierungs-Technologie, dem "oxy-proof"-System, sanieren zu lassen.

Der Vorteil gegenüber dem Totalersatz: Bauliche Maßnahmen beispielsweise an Böden entfallen und Kosten sowie Dauer der Sanierung sinken – der laufende Schulbetrieb konnte ohne jegliche Einschränkungen fortgeführt werden.

Im Vorfeld wurde versucht, die Probleme der Fußbodenheizung mit Spülungen und Korrosionsschutzmitteln bzw. Inhibitoren zu beseitigen – erfolglos. Das eigentliche Problem, die Versprödung der Kunststoffrohre, wird hierdurch nicht gelöst.

Eine Wasserbehandlung durch Zugabe von Chemikalien sollte daher immer auf Ausnahmen beschränkt bleiben, so wie es auch die VDI 2035 fordert. Gestoppt werden kann der fortlaufende ­Alterungsprozess der Kunststoffrohre dagegen mit einer nach DIN 4726 sauerstoffdichten Beschichtung.

Das Problem: Fußbodenheizungs-Kunststoffrohre der ersten Generation

Von diesem Problem der Versprödung betroffen sind Heizkreisläufe aus Kunststoffrohren, die in den 70er- bis Mitte/Ende der 80er-Jahren verlegt wurden – also die, nach DIN 4726, nicht sauerstoffdiffusionsdichten Kunststoffrohre.

Die Prüfnorm DIN 4726 "Warmwas­ser-Flächenheizungen und Heizkörperan­bindungen – Kunststoffrohr- und Verbundrohrleitungssysteme" legt hier fest, dass sauerstoffdichte Rohre bei einer Temperatur von 40 °C eine flächenbezogene Sauerstoffdurchlässigkeit von ≤ 0,32 mg/(m²d) aufweisen müssen.

Die Fußbodenheizungs-Kunststoffrohre der Schule in Dietramszell entsprachen nicht dieser Norm und sind daher aufgrund ihres molekularen Aufbaus sauerstoffdiffus und werden spröde. Die Stabilisatoren in den Kunststoffrohren dampfen an das Heizungswasser ab, was zu einer steigenden Sauerstoffzufuhr führt.

Durch den Alterungsprozess der Kunststoffrohre gelangt immer mehr Sauerstoff in den geschlossenen Heizkreislauf. Der Sauerstoff greift dann die metallischen Teile der Anlage an und die Schwebstoffe des entstehenden Rostschlammes bauen sich schichtweise im Kunststoffrohr auf – die Heizkreise verschlammen. Die bekannten Folgen: Einzelne Räume werden nicht mehr richtig warm, mit zusätzlichem Energieaufwand steigen die Heizkosten.

Wird in dieser Situation nichts unternommen, können Kreisläufe undicht werden, schlimmstenfalls droht der Totalausfall des Systems. Kontraproduktiv ist es jedoch, die Leitungen mit Wasser "freizuspülen". Leitungsspülungen verschlimmern das eigentliche Problem, da mit der Spülung neuer Sauerstoff in den geschlossenen Kreislauf gelangt.

Die Lösung: Zustandsanalyse und Sanierung der Fußbodenheizung von innen

Aus diesem Grund ist zunächst eine Zustandsanalyse durchzuführen: Hier wird eine Probe des Heizungswassers aus dem System entnommen und in einem mobilen Labor vor Ort untersucht.

Genaue Ergebnisse über den Zustand und das Gefährdungspotential der Rohre stehen so bereits nach ein bis zwei Stunden fest. Beginnen die Kunststoffrohre, spröde zu werden, und wird dies im Anfangsstadium entdeckt (20 bis 30 Prozent der Stabilisatoren in den Kunststoffrohren müssen noch vorhanden sein, es darf nicht gebrochen sein), kann mit der Rohrinnensanierung begonnen werden:

Hierbei wird in einem ersten Schritt mit aufbereiteter Druckluft sämtliches Restwasser aus dem Heizsystem geblasen und fachgerecht entsorgt. Anschließend werden die Rohrinnenflächen gereinigt. Ein Kompressor presst ein für den jeweiligen Einzelfall abgestimmtes, chemiefreies Abrasivgemisch an die Rohrwände und entfernt so Schlammrückstände und Verkrustungen. Selbst kleinste Winkel und Verzweigungen werden erfasst.

Am Rohrende saugt eine Recyclingmaschine das Granulat und die Korrosionsrückstände ab – das Rohr ist blank. Das ist die Voraussetzung für den zweiten Arbeitsschritt. Eine Misch- und Dosiermaschine bereitet die benö­tigte Beschichtungsmenge auf. Dieses Beschichtungsmaterial wird anschließend per Luftstrom fein verteilt, fließt durch jede Rohrwindung und beschichtet die Wände von innen, bis das überschüssige Material am Ende der Leitung austritt.

Die sauerstoffdichte Beschichtung stoppt den Alterungsprozess und schützt vor weiterer Versprödung der Rohre. Nach 48 Stunden ist das Beschichtungsmaterial ausgehärtet und kann wieder belastet werden – im ­alten Rohr ist ein neues Rohr entstanden. Nach Angaben der TGA Rohrinnen­sanierung AG verlängert sich die Lebenszeit der Fußbodenheizung dadurch um mindestens 25 Jahre, das Verfahren sei für sämtliche Fußbodenheizungen aus Kunststoff ab 10 mm Rohrinnendurchmesser geeignet.

An der Grund- und Mittelschule in Dietramszell wurden an insgesamt 18 Heizkreisverteilern 100 Fußbodenheizkreise in der Nennweite 20 x 2.0 mm mit dem "oxy-proof"-System beschichtet: Drei Sanierungsanlagen waren zeitgleich über vier Wochen im Einsatz.

Nach erfolgter Rohrinnensanierung wurde das Heizungssystem wieder mit ent­mi­neralisiertem Wasser befüllt. In Dietramszell hat man sich für den Festeinbau einer Heizungs-Befüllstation entschieden. Die Station mit Wasserzähler, Rohrtrenner, Entmineralisierungseinheit wird vor Ort durch ein Anlagenbuch entsprechend den Empfehlungen der VDI 2035 ergänzt.

Im Zuge der Sanierung wurden außerdem alle bestehenden Heizkreis­verteiler ausgetauscht und durch Edelstahlverteiler mit Durchflussmessern ersetzt. Nach Ermittlung der Heizkreislängen und der beheizten Flächen wurde ein ­hydraulischer Abgleich der Fußbodenheizung durchgeführt.

Gemäß den Planungsvorgaben wurde in Teilbereichen der Klassenzimmer und Lehrerräume eine funkgesteuerte Einzelraumregelung nachgerüstet. Alle objektspezifischen Kenn­daten und Einstellwerte wurden dem zuständigen Fachplaner, Ing. Georg Klingler, am Ende der Maßnahme als Abschlussdokumentation übergeben.

Montag, 08.09.2014