Niedertemperaturen optimal nutzen

Eisproduktion und Wärmeversorgung im Verbund.

Multivalenzlösungen gewinnen für eine energetisch nachhaltige Bewirtschaftung großer, verbrauchsintensiver Objekte weiter an Bedeutung. Die Einbindung unterschiedlicher Erzeuger und Temperaturniveaus in eine gemeinsame Versorgungstruktur führt in der Praxis jedoch, nach wie vor, zu Problemen. Eine gestörte Anlagenhydraulik etwa belastet als "Effizienzkiller" den Kostenhaushalt und verhagelt Betreibern die Ökobilanz.

Wie die Effizienzrechnung bei der Zusammenführung von konventioneller, regenerativer und rückgewonnener thermischer Energie beispielhaft aufgehen kann, zeigt ein Blick in die Schweiz. Im Kanton Graubünden erhielt die Gemeinde Vaz/Obervaz bereits 2013 die Auszeichnung "Energiestadt"; seitdem treibt sie ihren Einsatz für eine umweltorientierte Energiepolitik weiter voran und erzielt dabei beachtenswerte Erfolge in der Umsetzung einer lokalen Energiewende.

Ein entsprechendes, auf Ressourcenschonung und Effizienzmaximierung ausgerichtetes Kommunalprojekt brachte die Gemeinde vor wenigen Jahren mit der energetischen Sanierung ihres Sport- und Wellnesszentrums "H!SUB(2)SUB!Lai" im Ort Lenzerheide auf den Weg. Das Konzept überzeugt mit einem ausbalancierten Dreiklang aus Erlebnis, Komfort und Nachhaltigkeit.

Ein Freizeitobjekt expandiert

1980 entstand das Sportzentrum in Lenzerheide – damals noch als zweigliedriges Objekt mit einem Hallenbad und einem überdachten Eisfeld. Im Laufe der Jahre zog die Freizeiteinrichtung mehr und mehr Besucher aus der Region und dem Tourismussektor an, sodass sich die Gemeinde 2008 für eine Erweiterung ihres Angebotsspektrums und einen umfassenden räumlichen Ausbau entschied. Heute bietet das erweiterte Sport- und Wellnesszentrum "H!SUB(2)SUB!Lai" seinen Gästen Sport, Spaß und Entspannung rund ums Jahr: von der großzügigen Sauna- und Wasserlandschaft, modernen Fitnessräumen, Minigolfanlage und Restaurant bis hin zur heute ganzjährig nutzbaren Eishalle.

Ein Multifunktionsbetrieb mit hohen Anforderungen an die Versorgungsstabilität und einer immensen thermischen Grundlast. Denn einerseits sind spezifische Temperaturniveaus für eine hygienekonforme und sichere öffentliche Gebäudebewirtschaftung zwingend einzuhalten – etwa bei der Raumbeheizung, der Erzeugung von Brauchwarmwasser, der Eisflächenkühlung und Hallenklimatisierung sowie der Badewassertemperierung. Darüber hinaus hängen Besucherzahlen und wirtschaftlicher Erfolg einer solchen Eirichtung nicht zuletzt davon ab, ob die differenzierten Wünsche einer möglichst breiten Zielgruppe optimal bedient werden können. Vor diesem Hintergrund stellt der Betreiber allein für die Schwimm-, Bade- und Wellnessbecken des "H!SUB(2)SUB!Lai" beachtliche Mengen an Warmwasser in vielen verschiedenen Temperaturen zur Verfügung.

Bis zur energetischen Sanierung des Gebäudekomplexes erfolgte die Bereitstellung von Wärme und Kälte getrennt voneinander; eine effizienzfördernde Verbundlösung war zu diesem Zeitpunkt technisch nicht realisierbar. Hinzu kamen zwei weitere Faktoren, die sich negativ auf den ohnehin hochintensiven Energiehaushalt des "H!SUB(2)SUB!Lai" auswirkten: Aufgrund der unterschiedlichen Bauzeiten des Objekts erwies sich die nicht einheitliche Infrastruktur der Gebäudetechnik als leistungsmindernd und störanfällig, gleichzeitig hatten Teile der Anlagen ihr Laufzeitlimit bereits deutlich überschritten und mussten dringend erneuert werden.

Planungsziele: Verbrauchsreduktion und Umweltverträglichkeit

Den Planungsauftrag für eine Komplett-Modernisierung von Gebäudeautomation und Wärmeversorgungssystem übernahm das Ingenieurbüro Amstein + Walthert AG in Chur. Im Mittelpunkt ihres Sanierungsplans stand die Abwärme-Einbindung der 425-kW-Ammoniak-Kälte-Anlage für die Eisproduktion in die Wärmeversorgungsstruktur des Sport- und Wellnesszentrums. Ebenfalls konzeptionell optimiert wurden die Brauchwarmwasser-Erwärmung und die Versorgung durch den gemeindeeigenen Wärmeverbund mit Energieholz (naturbelassene Holzhackschnitzel aus regionaler Wirtschaft, sie liefert Wärme mit einer Spitzenleistung von 1,5 MW).

Mit der Kombination aus Biomasse- und Abwärme-Nutzung fördert die Gemeinde einen gezielt nachhaltigen Wärmebezug bei gleichzeitiger Verbrauchsreduktion von Primärenergie. Im Vergleich zu fossilen Energieträgern, wie Erdöl und Gas, weisen speziell Holzbrennstoffe eine deutlich bessere CO!SUB(2)SUB!-Bilanz auf. Daneben bringen Ammoniak-basierte Kältelösungen wesentliche Eigenschaften für eine klimafreundliche Kälteproduktion mit (Ozonabbaupotential und Global Warming Potential jeweils 0). Darüber hinaus erzielen sie ein insgesamt günstiges Verhältnis von Kälte- zu Antriebsleistung (COP-Wert). Eine so aufgestellte Erzeugerseite schafft optimale Voraussetzungen für einen umweltschonenden Betrieb, ebenso bewegen sich die potentiellen Effizienzleistungen moderner Umwandlungs- und Speichertechnologien heute auf einem hohen Niveau. Und doch bleiben neu geplante oder sanierte Energieversorgungssysteme in der Praxis oft hinter ihrem theoretischen Leistungsvermögen zurück.

Fast immer liegt der Grund hierfür in einer unzureichenden Anlagen-Hydraulik, die sich nicht durch eine elektronische Regelung kompensieren lässt. Gerade konventionelle Systeme, wie der vormals im Objekt Lenzerheide verbaute Balkenverteiler, stoßen bei Laständerungen und Spitzenlastabfrage unweigerlich an ihre Leistungsgrenzen. Eine Unterversorgung der Heizkreise oder Störungen in der Netzhydraulik entstehen, wenn sich der Pumpenbetrieb einzelner Kreise gegenseitig negativ beeinflusst. Das wiederum hat Einfluss auf die Druckverhältnisse zwischen Vor- und Rücklauf und wirkt sich auf die benötigte (dann erhöhte) Drehzahl der Pumpenregulierung aus – die Aufnahme an elektrischem Strom steigt. In ein solches Verteilsystem lassen sich in Folge auch potentiell verfügbare Niedertemperaturen kaum effizient einbinden. Statt die Abwärme aus dem Eisproduktionsprozess zur Bereitstellung von Warmwasser zu nutzen, machte ein umgekehrtes Verfahren im Sportzentrum Lenzerheide den möglichen Effizienzgewinn komplett zunichte: In einem permanenten Notkühlungsvorgang mussten die frei werdenden wertvollen Kilowattstunden mit mehreren Tausend Litern Trinkwasser vernichtet werden.

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Lösung für die energetische Mehrfachnutzung

Ein Unternehmen, das sich bereits seit Jahrzehnten mit den Ursachen einer gestörten Netzhydraulik und der Optimierung von energetischen Sammel-, Speicher- und Verteilprozessen beschäftigt, ist Zortea aus Hohenems/Vorarlberg. Mit seiner patentierten "Zortström"-Technologie entwickelte der Gebäudetechnik-Spezialist eine Lösung, die einen reibungsfreien, laufzeitoptimierten Anlagenbetrieb, eine hocheffiziente Speicherleistung und eine bedarfskonforme Bewegung von thermischer Energie ermöglicht. Das "Zortström"-Prinzip vereint dabei drei zentrale Funktionen: die einer hydraulischen Weiche, eines Puffers sowie eines Verteilers mit exakter Temperaturtrennung. An den bedarfsgerecht ausgelegten "Zortström" – ein einfach zu installierender zylindrischer Behälter – lassen sich sämtliche Wärmeerzeuger sowie alle Verbraucherkreise eines Versorgungssystems unabhängig voneinander anschließen und mit optimaler Arbeitstemperatur (Erzeugerseite) bzw. individuell definierten Soll-Vorlauftemperaturen (Verbraucherseite) ansteuern. Dabei werden alle ankommenden und abgehenden Volumenströme komplett voneinander entkoppelt, sodass sich diese auch bei hohen Druck- und Temperaturdifferenzen ohne wechselseitige Beeinflussung bewegen lassen. Im Speicherzentrum des "Zortström" können beliebig viele Temperaturstufen präzise voneinander getrennt vorgehalten werden – dabei bleibt die Temperatur in jeder Stufe zu jeder Zeit stabil.

Das so einfache wie effektive Prinzip der hydraulischen Entkopplung und einer präzisen Temperaturtrennung ermöglicht es, Energie aus beliebig vielen Wärme- oder Kältequellen mit unterschiedlichen Leistungsklassen in einem gemeinsamen System zusammenzuführen und dabei einem bevorzugten Erzeuger Vorrang einzuräumen, ohne dass es zu hydraulischen Störungen kommt. Auch Abwärmekapazitäten – wie die aus der Eisproduktion der Eisporthalle in Lenzerheide – sind so hocheffizient nutzbar: Seit der energetischen Sanierung und der "Zortström"-Installation dient hier die genannte 425-kW-Ammoniak-Kälte-Anlage als vorrangig angesteuerte Wärmequelle. Die fünfstufige "Zortström"-Lösung mit Temperaturstufen zwischen 25 und 70 °C regelt die Energieflüsse aus der Abwärmenutzung und dem Nahwärmenetz und versorgt auf der Verbraucherseite sämtliche Abnehmer mit individuell festgelegten Wassertemperaturen. Wärmeausgleich und die Spitzenlastabdeckung erfolgen über einen gekoppelten 44.000-Liter-Pufferspeicher.

Fazit

Heute wird im Sport- und Wellnesszentrum "H!SUB(2)SUB!Lai" die Abwärme aus dem Kälteerzeugungsprozess fast das ganze Jahr vollumfänglich genutzt. Sie komplettiert ein auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ausgerichtetes energetisches Versorgungskonzept, das sich so oder in ähnlicher Weise in nahezu allen Einsatzfeldern mittels "Zortström"-Technologie realisieren lässt.

Freitag, 18.12.2020