Gute Verbindungen zur Unterwelt

Grundwasser-Nutzung in der industriellen Gebäudebewirtschaftung

Ein attraktiver Kandidat für die erneuerbare Wärme- und Kälteversorgung ist der Einsatz von Wärmepumpen zur Gewinnung thermischer Energie aus dem Grundwasser. Um die hohen energetischen Potentiale dieser natürlichen Quelle optimal ausschöpfen zu können, bedarf es eines leistungsfähigen Speicher- und Verteilsystems, das eine präzise Schichtung unterschiedlicher Temperaturstufen ermöglicht und gleichzeitig bekannte Hydraulikprobleme in den Griff bekommt. Die Zortea Gebäudetechnik GmbH aus Hohenems/Vorarlberg zeigt im folgenden Beitrag, wie ein solches System aussehen und wirksam arbeiten kann.

Je höher das Gewicht eines Fahrzeugs, desto mehr Energie ist erforderlich, um es zu bewegen. Um auf den Straßen für einen möglichst geringen Energieverbrauch zu sorgen, produziert das österreichische Unternehmen Berger Fahrzeugtechnik den 4,7 t schweren Sattelauflieger „Berger ecotrail“ – und macht mit diesem den LKW-Verkehr ein Stück weit umweltfreundlicher. Dieser Zielsetzung folgte der Hersteller von gewichtsoptimierten Trailern auch beim Ausbau seines Produktionsstandorts im Tiroler Radfeld, wo in den nächsten Jahren die Produktion von 1.500 auf 3.000 Fahrzeugen hochgefahren werden soll. „Ein umweltverträglicher Güterverkehr hört nicht auf der Straße auf. Eigengewichtreduktion und Nutzlastoptimierung stehen am Ende einer langen Produktionskette“, erklärt Bastian Litterscheid, Geschäftsführer der Berger Fahrzeugtechnik. „Ein grün orientierter Betrieb kann aus unserer Sicht nur dann erfolgreich funktionieren, wenn alle Glieder in dieser Kette mit allen zugehörigen Prozessen auf dieses Ziel ausgerichtet sind.“

Ein zentraler Baustein dieser Strategie ist die Energieversorgung des neu errichteten 11.500 m2 großen Verwaltungs- und Fertigungsgebäudes. „Unser Wunsch war es, den großen Bedarf an Wärme und Kälte möglichst effizient und ressourcenschonend zu decken“, berichtet Martin Vogl, Instandhaltungstechniker bei Berger. „Die Planung gestaltete sich dann aber schwierig: Es fehlten grundlegende Referenzwerte wie etwa abnehmerspezifische Verbrauchsgrößen, aus denen man die aktuellen und die zukünftigen thermischen Anforderungen hätte ermitteln können. Daneben mussten alle Bau- und Installationsmaßnahmen bei laufendem Produktionsbetrieb durchgeführt werden.“

Zu jeder Jahreszeit stabil

Mit der Planung einer dennoch optimal dimensionierten und praktikabel realisierbaren energetischen Versorgungslösung wurde das vielfach für umweltorientierte Umsetzungen ausgezeichnete Ingenieurbüro Moser & Partner betraut. Für die Bereitstellung von Wärme und Kälte wählten die Ingenieure das Grundwasser als primäre Energiequelle: Deren konstante Temperatur von 8 bis 12 °C kann zu jeder Jahreszeit unter Einsatz von Wärmepumpentechnologie effektiv genutzt werden.

Bauseitig wird eine solche Lösung mittels einer Grundwasseranlage umgesetzt. Sie besteht aus zwei Brunnen: dem Saugbrunnen und dem Schluckbrunnen – über die das Wasser hochgepumpt, thermisch verwertet und dann wieder in die Erde zurückgeführt wird. Dazwischen befindet sich die eigentliche Versorgungsanlage für Wärme und Kälte. Sie besteht aus zwei Niedertemperatur-Wärmepumpen mit je 450 kW Heizleistung, einer Hochtemperatur-Wärmepumpe mit 185 kW sowie einem Plattenwärmeübertrager zur Grundwasser-Kühlung mit 1.050 kW.

Exakte Schichtung verbessert Wärmepumpen-Performance

Für eine maximale Ausschöpfung des thermischen Potentials wählten die Planer die Integration der „Zortström“-Technologie. Diese vereint in sich die Funktionen von Speicher und Verteiler. In dem „Zortström“-Behälter werden Wärme- oder Kälteströme von einem oder mehreren Erzeugern und die Heiz- und Kühlkreise der Abnehmer zusammengeführt und hydraulisch entkoppelt. Im Inneren können die verschiedenen Temperaturstufen für die unterschiedlichen Kreise in beliebig vielen Schichten gespeichert und bedarfsgerecht an die Abnehmer verteilt werden.

Die Speicherqualität der „Zortström“-Technologie im Verbund mit Wärmepumpen wurde 2019 am Institut für Solartechnik SPF in Rapperswil untersucht. Im Rahmen dieses Tests ermittelte man dabei die Schichtungseffizienz verschiedener Vorhaltesysteme nach einer standardisierten Methode. Das Ergebnis war eine Schichtungseffizienz von 83,5 Prozent, was der Effizienzklasse A entspricht. Die hohe Speicherqualität führt im Realbetrieb zu einem deutlich verbesserten Wirkungsgrad der Wärmepumpen. Gleichzeitig lässt sich bei einer Steigerung der Schichtungseffizienz um zehn Prozent der elektrische Energiebedarf einer Wärmepumpe, nach Angaben des Herstellers, um 16 Prozent senken.

Zur Kälteverteilung für Kühlung und Klimatisierung wurde ein „Zortström Multi-K“ mit sechs Temperaturstufen im Bereich zwischen 8 und 18 °C verbaut. Die Wärmeversorgung realisiert ein „Zortström Multi-PG-H“ mit fünf Temperaturstufen zwischen 35 und 70 °C.

80 Prozent Kälte aus Grundwasser

In der Sommerzeit wird fast der gesamte Kältebedarf von einem Megawatt Leistung aus dem Brunnenwasser gewonnen. Im „Multi-K-Zortström“ steht die Kälte in einer Temperaturschicht für die Versorgung von Abnehmern mit niedriger Kühlleistung bereit. Die darunter befindlichen Niedertemperaturkreise versorgt eine Kältemaschine mit stärker gekühltem Wasser. Der Stromverbrauch im Kältekreis „Kühlregister Lüftungsgeräte“ wird zudem durch eine Vorkühlung mit Brunnenwasser gesenkt. Dadurch wird der 17 °C warme Rücklauf erst deutlich heruntergekühlt, bevor die Kältemaschine zum Einsatz kommt. Nur 20 Prozent der Kälteleistung generieren in Folge die Wärmepumpen, den Rest stellt das Grundwasser bereit.

Die Abwärme der Wärmepumpe für die Niedertemperaturkälte mit einer Leistung von bis zu 150 kW lässt sich zudem für die Warmwasserbereitung nutzen.

Fazit

Die energetische Gebäudebewirtschaftung des neuen Berger-Komplexes im österreichischen Radfeld zeigt, wie vorhandene regenerative Energie-Ressourcen im Untergrund effektiv eingesetzt werden können. Mit einem Anteil von 80 Prozent Kälte aus Brunnenwasser wird ein hohes Potential erschlossen, das es ermöglicht, den konventionellen Kältemaschinen-Einsatz deutlich zu reduzieren. Die System-Einbindung zweier „Zortström“ als zentrale Speicher und Verteiler von Wärme und Kälte ermöglicht durch eine effiziente Schichtung von Temperaturstufen die optimale Ausschöpfung der Grundwasser-Thermie.

Weiterführende Informationen: https://www.zortea.at/

Dienstag, 07.12.2021