Branche plädiert für eine Wärmewende mit KWK

Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung lud zum siebten Jahreskongress nach Berlin

Auch in diesem Jahr bewegte die Frage nach der Rolle der KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) in der Energiepolitik die Teilnehmer auf dem Jahreskongress des B.KWK (Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung). Mitte Oktober traf man sich in Berlin unter dem Motto „Wärmewende mit KWK – Technik und Dienstleistung für Flexibilität und Effizienz im neuen Energiemarktdesign“.

Sowohl der Referentenentwurf zum Strommarktgesetz als auch der Kabinettsbeschluss zum KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz) sorgten für Gesprächsstoff. Die Verunsicherung der Verbraucher führte in diesem Jahr derweil zu einem weiteren Marktrückgang bei Anlagen der Mikro- und Mini-KWK mit einer elektrischen Leistung bis zu rund 50 kW. Die Entwicklungen seitens des Marktes und der Politik bewegten die Teilnehmer des siebten branchenübergreifenden KWK-Kongresses des B.KWK (Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung) Mitte Oktober in Berlin.

Das Thema in diesem Jahr lautete „Wärmewende mit KWK – Technik und Dienstleistung für Flexibilität und Effizienz im neuen Energiemarktdesign“.

Die Rahmenbedingungen gaben wenig Grund zur Freude. So hatte der BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie) kurz zuvor Zahlen über die aktuelle Marktentwicklung bei den Anlagen der Mikro-KWK und Mini-KWK (ob mit Brennstoffzellen, Stirlingtechnik oder Verbrennungsmotoren) mit einer elektrischen Leistung bis zu rund 50 kW vorgelegt. Nach dem Marktrückgang in 2014, musste das Marktsegment auch in diesem Jahr einen weiteren Dämpfer erfahren. Von Januar bis August 2015 ist das Marktvolumen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 39 Prozent auf nur noch rund 3.000 Stück geschrumpft. „Wir spüren bereits seit dem Sommer 2014 einen Markteinbruch im Bereich der Mikro- und Mini-KWK“, erläuterte Hagen Fuhl, Vize-Präsident des B.KWK (Leiter Marketing und Vertrieb bei SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme).

Die Verbraucher seien extrem verunsichert. Dies betreffe zum einen die Frage nach der Umlage laut EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) und zum anderen auch die Ankündigungen zum Thema Strommarktgesetz. „Wir brauchen Ruhe im Markt. Wir brauchen langfristige Planbarkeit“, bekräftigte Fuhl. Es vergehe kaum ein Jahr, in dem nicht über neue Gesetze und Verordnungen diskutiert wird, die die Rahmenbedingungen der KWK beeinflussen. Dies habe zur Folge, dass die Verunsicherung steigt und Investitionen zurückgehalten werden. Während im oberen Leistungsbereich, d. h., bei Anlagen um 20 kW elektrische Leistung, im Markt eine stärkere aber doch moderate Nachfrage zu spüren ist (mit Einsatz z. B. in Gewerbe, Hotels und Wohnungswirtschaft), herrscht bei 1 bis 5 kW elektrische Leistung deutliche Zurückhaltung. „Hier muss etwas passieren. Hier ist die Politik gefordert, gegenzusteuern.“ Gerade im Bereich der Wohnungswirtschaft fehlten klare politische Signale für Effizienztechnologien. Seit die Diskussion um das KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz) aufgeflammt ist, habe man das Gefühl, dass die Bundesregierung nicht mehr an das eigentliche Ausbauziel der KWK und an die Zukunft der KWK glaubt – und dass sich das Interesse stark in Grenzen hält. Im Koalitionsvertrag war das Ausbauziel bis zum Jahr 2020 klar verankert: 25 Prozent von der gesamten Stromerzeugung. Doch jetzt rückt man davon ab und bindet es an eine regelbare Nettostromerzeugung. Durch den weiteren Zubau der erneuerbaren Energien wird dieses Ziel für die KWK schnell erreicht. Je nach Ansatz der Berechnung hätten wir dieses Ziel sogar bereits erreicht. D. h., es fehlt das klare Bekenntnis der Bundesregierung zur KWK. Und das verunsichert den Bürger. Dieser weiß nicht mehr, wohin die Reise geht. Uwe Beckmeyer, parlamentarischer Staatssekretär im BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), stellte in seinem Eröffnungsvortrag klar: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht mit hohem Tempo voran.“

Und die Einspeisung fluktuierender Strommengen habe Auswirkungen auf die konventionelle Stromerzeugung und damit auch auf die KWK und ihre Betriebsweise. Dies bedeute: „Wir brauchen eine stärkere Flexibilisierung.“ „Mit dem künftigen Strommarkt müssen wir auch eine freie Preisbildung garantieren“, betonte Beckmeyer. „Denn nur eine freie Preisbildung zeigt an, wie teuer ein Strom zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt ist.“ Teil eines zukünftigen Strommarktes 2.0 müsse deshalb auch ein Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen sein. Mehr Flexibilität sei notwendig, um die Schwankungen sowohl auf der Angebotsseite als auch auf der Nachfrageseite entsprechend ausgleichen zu können. Dies habe besondere Auswirkungen auf die KWK, da sie durch die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme gewissen Restriktionen unterliege. Auch in Zukunft wird die effiziente und klimafreundliche KWK eine wichtige Rolle in der Energiepolitik spielen, um die Energiewende zum Erfolg zu führen, resümierte Beckmeyer. Doch müssten Energiesysteme stärker als bisher als Ganzes betrachtet werden. Sie müssten flexibler, marktnäher und europäischer werden. „Die Energiewende wird einseitig als Stromwende verstanden. Wärme und Kälte kommen – wenn überhaupt – nur isoliert vor“, klagte der Präsident des B.KWK, Berthold Müller-Urlaub (Geschäftsführender Gesellschafter der bmu1 Beratungs- und Vertriebsgesellschaft), in seiner Grundsatzrede.

Doch die Energiewende sei nicht allein mit fluktuierenden Energien zu schaffen. Die KWK sei sowohl flexibel als auch hocheffizient und somit der geborene Partner der erneuerbaren Energien. Als markterprobte Technik zur Effizienzverbesserung bei der Nutzung von fossilen wie auch erneuerbaren Brennstoffen sei die KWK in der Lage, den weiteren Ausbau der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu unterstützen und vereinfacht deren Integration in die Versorgungsnetze für Strom, Wärme, Kälte und Gas. „In Verbindung mit Wärme- und Kältespeichern ist die KWK flexibel einsetzbar und kann ohne Must-Run-Problematik sowohl strommarktorientiert als auch netzdienlich betrieben werden“, erklärte Müller-Urlaub. Flexibel eingesetzte KWK diene der Vermeidung von systematischen Stromüberschüssen und stelle einen kostengünstigen Baustein im zukünftigen Strommarkt dar. „Der Platz der KWK als langfristiger Partner der Energiewende muss daher erhalten und ausgebaut werden. Dies muss in der Gesetzgebung berücksichtigt werden.“ Der B.KWK-Präsident ging auch auf den Mitte September vorgelegten Referentenentwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) ein. Während einige Änderungen zu begrüßen seien, bestehe an anderen Stellen noch erheblicher Nachbesserungsbedarf, damit das Ziel der Energiewende auch erreicht werden kann. Unter anderem forderte er, dass die KWK und erneuerbare Energien bei der Stromerzeugung gleichgestellt werden. Zudem müsse der Schutz von Haushaltskunden von kleinen KWK-Anlagen durch die Grundversorgungspflicht erhalten bleiben. Außerdem sei der vorgesehene Wegfall der vermiedenen Netznutzungsentgelte (vNNE) für dezentrale Erzeugungsanlagen ab Inbetriebnahme der Anlagen ab 1.01.2021 zu streichen. „Das vermiedene Netznutzungsentgelt darf nicht entfallen“, mahnte Müller-Urlaub. Damit würde der Beitrag der KWK zur netzdienlichen Einspeisung in Nieder-, Mittel- und Hochspannungsnetze verkannt und die Minderung des notwendigen Netzausbaus nicht gewürdigt. Auch der Kabinettsbeschluss zum neuen KWKG 2016 enthalte wesentliche Änderungen gegenüber dem aktuellen KWKG, die nur teilweise zu begrüßen seien. An zahlreichen Stellen führe der Gesetzentwurf dazu, den KWK-Ausbau zu hemmen oder stagnieren zu lassen. Der Beitrag der KWK zur Energiewende werde deutlich verkannt. Müller-Urlaub kritisierte besonders den Plan, die Basis für das Maß des KWK-Ausbaus umzuwidmen und ihn nicht mehr auf die gesamte Nettostromerzeugung zu beziehen, sondern nur noch auf die „regelbare Nettostromerzeugung“, also auf die um die fluktuierenden Energien Wind und Sonne reduzierte Nettostromerzeugung. „Diese Änderung unterläuft die Neustrukturierung des Energieerzeugungsmarktes, welche durch die Energiewende mit dem Ziel einer stärkeren Entwicklung erneuerbarer Energien eigentlich impliziert wird.“ „Der B.KWK fordert daher nach wie vor, dass keine Abstriche am Ausbauziel für KWK-Anlagen vollzogen werden“, bekräftigte Müller-Urlaub. „Die zunehmende ungesicherte Stromproduktion aus erneuerbaren Energien benötigt dringend ein Backup zur Versorgungssicherheit. Da die vorhandenen Speichertechniken als Ergänzung der fluktuierenden erneuerbaren Energien immer noch nicht ausreichen und in der benötigten Kapazität wirtschaftlich nicht finanzierbar sind, werden weiterhin konventionelle thermische Kraftwerke benötigt. Hierbei müssen die effizientesten und saubersten Wärmekraftwerke zum Einsatz kommen, um negative Auswirkungen auf Umwelt und Klima zu reduzieren. KWK ist daher keine Brückentechnologie, sondern vielmehr der ideale Partner der erneuerbaren Energien.“ Durch die aktuellen Entwicklungen im Strommarkt sieht Müller-Urlaub auch den Bestand an KWK-Anlagen gefährdet. Die durch das Bundeskabinett beschlossene temporäre und dynamisierte Regelung zum wirtschaftlichen Weiterbetrieb von bedrohten KWK-Anlagen sei grundsätzlich zu begrüßen, jedoch sei die generelle Beschränkung auf Anlagen größer 2 MW elektrische Leistung nicht sachgerecht. „Auch kleinere Anlagen sind von der Außerbetriebnahme bedroht, wenn sie einen substantiellen Teil ihrer Stromversorgung ins Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen, um ihn zu verwerten. Zum Bestandserhalt und zur Verbesserung der Versorgungssicherheit ist ein Zuschlag auf den eingespeisten Strom hilfreich, unabhängig von der Anlagengröße.“ Weiterhin sollte für eine langfristige Planungssicherheit die Gültigkeit des KWKG um wenigstens fünf Jahre über den 31.12.2020 hinaus verlängert werden. Auch sollte eine Perspektive entwickelt werden, was nach dem Auslaufen der Bestandsförderung geschieht, sofern die niedrigen Preise am Strommarkt bis dahin noch nicht abgebaut sind. Um den Gedanken des energieeffizienten Blockheizkraftwerks viel stärker in Wirtschaft und Bevölkerung zu verankern, hat der B.KWK damit begonnen, eine Marke für den KWK-Strom zu entwickeln, berichtete Müller-Urlaub. Dazu stellte er das Gütesiegel für KWK-Strom mit dem geschützten Namen „der blaue Strom“ vor. Sowohl das Gütesiegel als auch die Wortmarke „blauer Strom“ seien urheberrechtlich für den B.KWK geschützt. Aber KWK sei ja mehr als nur Strom. Deshalb habe man jetzt auch den Begriff „die blaue Wärme“ schützen lassen. So wolle man der KWK in der öffentlichen Wahrnehmung ein Gesicht geben. Wenn die KWK in der Bevölkerung verankert ist, habe man auch politisch einen ganz anderen Stand. „Heute nimmt uns keiner wahr.“ In einer angeregten Podiumsdiskussion diskutierten unter der Moderation der beiden Vize-Präsidenten des B.KWK, Prof. Dr. Martin Maslaton (Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft) und Heinz Ullrich Brosziewski (Geschäftsführer von beta), die energiepolitischen Sprecher von CSU (Josef Göppel), SPD (Florian Post) und Bündnis 90/Die Grünen (Dieter Janecek) unter anderem über die aktuellen Entwicklungen im KWKG.

Unbestritten zwischen den Koalitionspartnern sei, dass die KWK großes Potential bietet, z. B. in Bezug auf CO2-Einsparung, erklärte Post. Seiner Meinung nach sei die Neudefinition des Ausbauziels auch nicht zielführend. Denn wenn man den Ausbau der erneuerbaren Energien ernst nehme, wäre das Ziel von 25 Prozent fast schon erreicht. Ein weiterer Zubau der KWK fände damit eigentlich nicht mehr statt. Darüber müsse also noch gesprochen werden. Es hat sich ein komischer Zungenschlag über die Bedeutung und Rolle der KWK eingeschlichen, räumte Göppel ein. „Da sind versteckte Interessen im Spiel, die Zieldefinition runter zu setzen.“ Die Zieldefinition, so wie sie jetzt im Gesetz steht, sei „volkswirtschaftlich unsinnig“. Wichtig für die Energiewende sei zudem, die Konsumentenseite verstärkt mit einzubeziehen. Die Förderbedingungen seien deutlich verbessert worden, diesen Punkt müsse man positiv festhalten, betonte Janecek. Die KWK müsse sich jetzt im Markt durchsetzen. Der Markt sei nicht fair. Deshalb müsse man weiter daran arbeiten, das Marktdesign zu ändern. In weiteren Kongress-Vorträgen wurden das KWKG sowie weitere Themen um die KWK beleuchtet. Am zweiten Kongresstag standen traditionell zudem wieder fachspezifische Workshops auf dem Programm. Dazu fanden diesmal zwei parallele Arbeitsforen zu den Bereichen Objektversorgung und Industrie statt – letzterer in Zusammenarbeit mit dem VIK (Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft).

Den Kongressteilnehmern boten nicht nur die Arbeitsforen, sondern auch die begleitende Fachausstellung Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch rund um das Thema KWK.

So informierten unter anderem AB Energy Deutschland, Aprovis Energy Systems, Deutsche Messe, efa Leipzig, Invensor, SenerTec oder Kraftwirte über angebotene Produkte und Dienstleistungen.

Donnerstag, 15.09.2016