SHK-Branche im Wandel

Vielfalt fördern, Klischees abbauen – Herausforderungen meistern

Aufträge gibt es in der SHK-Branche aktuell mehr als genug, doch der Personalmangel führt manchmal zu längeren Wartezeiten für die Kunden.

Handwerksbetriebe finden nur schwer qualifizierte Arbeitskräfte, auch Nachfolger sind häufig nicht in Sicht. Mögliche Lösungsansätze: Fachbetriebe können einerseits aktiv gesellschaftliche Gruppen ansprechen, die bisher wenig in der Branche vertreten sind, und andererseits versuchen, die Branche attraktiver und offener für diese Gruppen zu gestalten. Dass dies Handwerksbetriebe nicht allein stemmen können, sondern eine übergreifende und branchenweite Herausforderung darstellt, wird im folgenden Beitrag deutlich.

Im Jahr 2020 fehlten, laut einer Prognos-Studie im Auftrag der VdZ – Wirtschaftsvereinigung Gebäude und Energie e.V., bereits mehr als 30.000 Fachkräfte in der SHK-Branche. In den kommenden Jahren werden noch mehr Stellen unbesetzt bleiben. Grund dafür sind gleich mehrere Faktoren: Bis 2036 gehen knapp 30 Prozent der Erwerbstätigen dieser Branche in Rente. Diese gehören zur sogenannten „Babyboomer“-Generation mit den geburtenreichsten Jahrgängen. Die nachfolgenden Generationen mit stetig niedrigeren Geburtenraten können diese Lücken nicht füllen. Verstärkt wird der personelle Mangel durch die Energiewende. Den Berechnungen der Studie zufolge werden bis zu 20.000 zusätzliche Handwerker aufgrund der Umrüstung der bisherigen Energiesysteme benötigt. Die Herausforderung verschärft sich dadurch in den kommenden Jahren noch mehr. Laut der Analyse fehlen im Jahr 2035 so bis zu 46.000 Arbeitskräfte im SHK-Bereich. Um diese Lücke zumindest teilweise zu schließen, gibt es unterschiedliche Ideen.

Lange haben Unternehmen versucht, das Fachkräfteproblem mit einheimischen Arbeitskräften zu lösen. „Aktivierung und Ausschöpfung der endogenen Ressourcen“ nennen das Sozialwissenschaftler, denn endogen bedeutet „aus sich selbst heraus“ oder „im Inneren entstehend“. Dahinter verbirgt sich ein ganzes Bündel an Maßnahmen: von der Steigerung der Erwerbsquoten über mehr Vollzeitstellen bis hin zu Qualifikationsmaßnahmen. Doch der Fachkräftemangel betrifft sehr viele Branchen in Deutschland. Somit führen diese Maßnahmen dazu, dass Unternehmen sich das Personal gegenseitig wegnehmen und damit letztendlich zu einer Verschiebung des Problems. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, gibt es weitere Vorschläge – einige lassen sich unter dem Begriff „Diversifizierung“ zusammenfassen.

Diversität und ihre Dimensionen

Diversifizierung in der SHK-Branche bedeutet: Menschen einzubeziehen, die auf den ersten Blick nicht dem klassischen Bild der in diesem Bereich tätigen Personen entsprechen. Diversifizierung stammt vom Begriff „Diversität“ ab und bezieht sich auf die Vielfalt von Menschen und Lebensformen. Diversität hat sieben verschiedene Dimensionen: Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung, körperliche und geistige Fähigkeiten und soziale Herkunft. Die Dimensionen zeigen die unterschiedlichen vielfältigen Facetten der Gesellschaft auf. Durch Individualisierungstendenzen, die Zunahme migrationsbedingter Vielfalt und die gestiegene Bedeutung von Antidiskriminierung ist das Thema „Diversität“ allseits präsent.

Mehr Diversität bedeutet den Einbezug von Personen unabhängig davon, inwieweit sie bei den oben genannten Dimensionen von der Mehrheitsgesellschaft oder den als „normal“ angesehenen Eigenschaften abweichen. Bewegungen, die sich für mehr Diversität einsetzen, streben folgendes Ziel an: Personen soll ohne Vorurteile begegnet werden und die Gesellschaft soll ein Bewusstsein für unterschiedliche Lebensrealitäten entwickeln. Denn bestimmte Personengruppen sind durch gesellschaftliche Strukturen und Vorurteile gewissen Hürden im Leben ausgesetzt, die anderen Gruppen erspart bleiben. Es geht darum, Menschen nicht direkt in Kategorien zu packen, sondern offen zu begegnen. Aber was genau bringt es Unternehmen, sich für mehr Diversität einzusetzen?

Nutzen von Vielfalt

Untersuchungen zum Thema „Diversität“ fokussieren sich bislang häufig nur auf den Frauenanteil in Unternehmen und die Frage, ob der Frauenanteil Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg hat. Dies mag an der Größe der Gruppe – schließlich ist circa die Hälfte der weltweiten Bevölkerung weiblich – und an der immer noch anhaltenden Debatte zur Frauenquote liegen. Dennoch gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass auch andere Dimensionen von Diversität sich auf den Umsatz von Unternehmen auswirken (Quelle: McKinsey, „Diversity Wins“).

Unterschiedliche Studien stellen einen klaren Zusammenhang zwischen einem höheren Frauenanteil und einem größeren Erfolg der Unternehmen dar (Quellen: PwC, „Diversity is good for growth“; Boston Consulting Group, „Gender Diversity Index“). Andere gesellschaftliche Gruppen bringen neue Perspektiven in Unternehmen. Diese können genutzt werden, um Produkte, Dienstleistungen oder Marketingmaßnahmen passend für die Bedürfnisse dieser Gruppen zu entwickeln. Unternehmen fördern damit automatisch die Innovationskraft.

So profitieren sie zweifach von einer diverseren Belegschaft: Zum einen erschließen sie zusätzliche Märkte und steigern damit ihre Umsätze. Zum anderen verbessert Diversität das Unternehmensimage allgemein. Dies hat Auswirkungen auf viele andere Bereiche, beispielsweise die Arbeitgeberattraktivität oder das Erschließen neuer Märkte. Aber auch auf die vorhandene Belegschaft kann es sich positiv auswirken: Diversity Management zeigt die Veränderungsbereitschaft und Wertschätzung des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitern.

Diversität in der SHK-Branche

Ein Blick auf die in der SHK-Branche tätigen Personen zeigt: Außer zur Altersverteilung gibt es nur zu Geschlecht und Herkunft ausreichende Daten. Die Branche ist überwiegend männlich und 2022 war mehr als jeder fünfte Erwerbstätige zwischen 54 und 64 Jahre alt (Quelle: Statistisches Bundesamt). Ebenso ist der Frauenanteil in der SHK-Branche mit 0,4 Prozent sehr gering. Die Branche scheint demnach lediglich für die Hälfte der Arbeitskräfte in Deutschland attraktiv zu sein. Doch mit diesem Ungleichgewicht ist die SHK-Branche nicht allein.

Berufe mit besonders großem Fachkräftemangel haben eines gemeinsam: Es handelt sich dabei in den meisten Fällen um typische Frauen- und Männerberufe. Zwar ist beispielweise die Zahl der Auszubildenden im Zehn-Jahres-Vergleich 2012 um 13,5 Prozent gestiegen. Maßnahmen, das Handwerk für junge Personen attraktiver zu gestalten, scheinen demnach zu wirken. Doch auch bei den Auszubildenden in der SHK-Branche sind nur 1,5 Prozent Frauen – bei den Auszubildenden über alle Branchen hinweg sind dagegen fast 35 Prozent weiblich (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Demnach beeinflussen scheinbar Vorurteile und Klischees immer noch die Berufswahl von Frauen. Im Gegensatz dazu ist die Handwerksbranche in Bezug auf die Herkunft der Beschäftigten sehr vielfältig aufgestellt. Der Ausländeranteil bei den Auszubildenden ist in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen und lag 2021 sogar bei rund 14 Prozent (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung). Hier ist der Anteil im Vergleich zu anderen Branchen hoch. Dennoch ergeben sich auch in diesem Bereich Herausforderungen: Viele Personen mit Migrationshintergrund steigen aufgrund fehlender Qualifikationen und fehlender Sprachkenntnisse im Bereich der Hilfstätigkeiten ein. Hier muss gezielt an den Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen angesetzt werden (Quelle: Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk).

Diversity Management

Unter Diversity Management werden in Unternehmen Maßnahmen verstanden, die Vielfalt vorantreiben und den Umgang damit thematisieren. In der SHK-Branche nutzen Betriebe das Thema „Diversität“ bisher zu wenig für sich, obwohl sie vermutlich mehr Diversität unter ihren Mitarbeitern haben, als sie im ersten Moment vermuten würden. Für junge Generationen können diese Aspekte jedoch auch eine Rolle bei der Wahl des Berufes und des Arbeitgebers spielen. Demnach lässt sich Diversität als Alleinstellungsmerkmal nutzen, wenn Betriebe dies aktiv kommunizieren.

Diversity Management im Betrieb muss nicht aufwendig und kostspielig sein. Ein guter Anfang stellt die Analyse des Bewerbungsverfahrens dar. Mittlerweile ist eine geschlechtsneutrale Formulierung der Stellenanzeigen beispielsweise mit dem Zusatz m/w/d sogar gesetzlich verpflichtend. Darüber hinaus sollten die Medien und Orte, an denen eine Stellenanzeige platziert wird, hinterfragt werden. Werden dort alle verschiedenen Zielgruppen erreicht oder hat eine bestimme Gruppe gar keinen Zugang zu diesen Anzeigen? Beispielweise können Betriebe mit Zeitungen vermutlich eher eine ältere Zielgruppe erreichen, während sie über Social Media oder an Schulen jüngere Personen ansprechen. Außerdem sollte hinterfragt werden, welche Kriterien bei der Auswahl eines Bewerbers herangezogen werden. Jeder Mensch hat Vorurteile gegenüber anderen Personen, diese gilt es zu erkennen, zu hinterfragen und zu überwinden.

Abgesehen vom Bewerbungsprozess gibt es weitere Anknüpfpunkte für Diversity Management: Vorurteile unter den Mitarbeitern abbauen und Diskriminierungsformen thematisieren. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf das Miteinander im Unternehmen, sondern auch auf die Beziehungen mit Kunden aus. Bei einem Team aus Mitarbeitern aus unterschiedlichen Kulturen hilft es, die Mitarbeiter über die jeweiligen kulturellen Eigenheiten aufzuklären und so eine angenehmere Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Auch große Unternehmen in der SHK-Branche, wie der Hersteller Buderus, legen Wert auf Vielfalt. Für Chancengleichheit beim Bewerbungsprozess und bei der Auswahl von Mitarbeitern bei Beförderungen setzt Buderus unter anderem auf Coaching- und Mentorenprogramme.

Vorbilder schaffen

Um Geschlechterklischees abzubauen, können Betriebe an Aktionen wie dem „Girls-Day“ teilnehmen und so bei jungen Frauen aktiv gegen Klischees vorgehen. Buderus engagiert sich ebenfalls in diesem Sinne und hatte beispielsweise eine reine Frauenausgabe seines Buderus-Magazins erstellt. Ein Weg, um Vorurteilen entgegenzuwirken und zu zeigen, dass Frauen in allen Bereichen der SHK-Branche tätig sind. Zusätzlich wurden Mitarbeiter des Herstellers über eine Aktion mit der Uni Marburg speziell auf das Problem der „Glass Ceilings“ aufmerksam gemacht. Das sind nicht sichtbare Grenzen, die in vielen Unternehmen verhindern, dass Frauen in hohe Führungsebenen aufsteigen.

Diese Beispiele geben nur einen kleinen Einblick in die vielen Möglichkeiten, die Diversity Management bietet. Zusätzlich müssen SHK-Fachbetriebe gesetzliche Pflichten in diesem Zusammenhang beachten – etwa barrierefreie Räumlichkeiten oder auch eine barrierefrei gestaltete Website. Darüber hinaus ist es möglich, sich auch in anderen Bereichen und Branchen für diese Themen einzusetzen. Buderus versucht dies beispielsweise mit dem Sponsoring des Rollstuhlsportvereins Lahn-Dill und dessen Arena in Wetzlar. Damit unterstützt Buderus Diversität im Sport und sorgt gleichzeitig für die Sichtbarkeit der SHK-Branche in anderen Bereichen.

Fazit

SHK-Fachbetriebe können mit Maßnahmen für mehr Diversität dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Ergänzend braucht es Unterstützung vom Staat und von Organisationen wie dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Für große Unternehmen ist es deutlich leichter, die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Denn kleinere Betriebe sind häufig besonders vom Fachkräftemangel betroffen und haben nicht nur geringere finanzielle Mittel, sondern auch nur begrenzt Zeit, um sich mit diesen Themen zu befassen.

Klar ist: Bei der Lösung eines gesamtgesellschaftlichen Problems müssen alle zusammenarbeiten, denn Vielfalt betrifft die gesamte Gesellschaft. Unternehmen können und sollten durch mögliche positive Auswirkungen auf Umsatz, Mitarbeiter und Image nicht auf Maßnahmen des Diversity Managements verzichten. Der Einsatz für mehr Vielfalt kann dabei unterschiedlich aussehen. Letztlich beginnt dieser bei jedem selbst: Die eigenen Vorurteile wahrnehmen, hinterfragen und Entscheidungen nicht auf deren Grundlage treffen.

Weiterführende Informationen: https://www.buderus.de/de

Freitag, 29.03.2024