Personalnot steigt

Mangelnder Qualifizierung mit konsequenter Weiterbildung begegnen

Der Fachkräftemangel wird für die Betriebsinhaber im KMU-Bereich zu einer immer größeren Herausforderung.

Zum dritten Mal in Folge bezeichneten sie in der Befragung des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn) von Mai/Juni 2023 den personellen Engpass als das aktuelle Top-Thema für die Arbeitswelt.

Erst mit größerem Abstand folgen auf den Plätzen 2 und 3 die Herausforderungen „Erhöhter Wettbewerbsdruck“ und „Energieversorgung/-sicherheit“. Der Mittelstand oder KMU-Bereich umfasst nach der Definition des IfM Bonn Betriebe bis rund 50 Mio. Euro Jahresumsatz und zwischen einem und 500 Mitarbeitern. In der Mehrheit handelt es sich um kleine, größere und große Handwerks- und Anlagenbaubetriebe.

Mit der Belastung durch den Mangel an Fach- und Arbeitskräften verbindet sich häufig eine Klage über eine unzureichende Qualifizierung von Bewerbern. Besonders gravierend gestaltet sich die Situation für junge, wachstumsstarke Unternehmen, die ihre Aufträge mangels geeigneter Mitarbeiter häufig nicht erfüllen können. Ausbildung – vielfach ein Mittel zur Generierung von Nachwuchsfachkräften – ist inzwischen kaum mehr eine Alternative, da insbesondere Handwerksunternehmen keine geeigneten Bewerber für freie Ausbildungsplätze finden. Dies kann ihrer Ansicht nach auch nicht allein eine Steigerung der Arbeitgeberattraktivität lösen. Stattdessen sehen sie sowohl eine mangelnde Qualifizierung der potentiellen Nachwuchskräfte als auch eine zunehmend fehlende Leistungsbereitschaft.

An der Umfrage beteiligten sich 1.100 Entscheider. Sie sehen sich des Weiteren besonders vor die Aufgabe gestellt, die steigenden Lohn-, Material- und Energiekosten aufzufangen. Ein knappes Drittel der Führungskräfte äußerte sogar die Befürchtung, das eigene Unternehmen könnte aufgrund dessen nicht mehr lange wettbewerbsfähig agieren. Zum Vergleich: Vor einem Jahr hatte die Herausforderung „Erhöhter Wettbewerbsdruck“ noch auf Platz 7 gelegen, im zweiten Corona-Jahr auf Rang 3.

Zu viel Bürokratie

Ein Dauerthema bleiben auch die regulatorischen Anforderungen. Dabei werden nicht nur behördliche Auflagen oder Zertifizierungsanforderungen kritisiert, sondern auch zunehmend die klimaspezifischen Vorgaben. Dagegen hat die Aufgabe „Digitalisierung“ deutlich gegenüber den beiden früheren Befragungen an Bedeutung verloren. Ebenfalls werden Ereignisse, die nicht mehr ganz so akut sind, als weniger relevant angesehen. So spielen Krisen wie der Ukraine-Krieg, die Inflation, Probleme innerhalb von Wertschöpfungsketten, aber auch wirtschaftliche Folgen der Corona-Pandemie eher eine untergeordnete Rolle.

Wie sieht es im SHK-Sektor aus? Bereits ohne Berücksichtigung der Energiewende in Gebäuden ist, laut einer früheren Prognos-Studie, mit einem Fachkräftemangel von etwa 27.000 Beschäftigten in 2040 zu rechnen. Diese Angabe dürfte sich durch den zusätzlichen Investitionsbedarf im Rahmen der Energiewende und den daran gekoppelten Mehrbedarf an Mitarbeitern erheblich erhöht haben.

Vom Brenner-Monteur zum Wärmepumpen-Fachmann

Apropos „Qualifizierung“: Das Bundeskabinett hatte Ende März 2023 den Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung, das sogenannte „Weiterbildungsgesetz“, beschlossen. Die Reform der Weiterbildungsförderung von Beschäftigten sowie die Einführung des Qualifizierungsgeldes sollen zum 1. Dezember 2023 und die Ausbildungsgarantie in wesentlichen Teilen zum 1. April 2024 in Kraft treten. Die Energiewende hat die Entwurfsarbeiten beschleunigt.

„Durch die angestrebte Klimaneutralität und die Digitalisierung […] entstehen erhebliche Qualifizierungsbedarfe für größere Gruppen von Beschäftigten“, begründet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die neue und erhebliche Förderung unter anderem der Weiterbildung. Ausdrücklich nennen die verschiedenen Erläuterungen zum Kabinettsentwurf als Beispiel das Ausbaugewerk, das sich in Teilen zum Wärmepumpengewerk umschulen lassen muss, wenn es seine Existenz sichern will.

Dafür gebe es bereits Instrumente, doch räumt der Deutsche Bundestag in der Präambel seines Entwurfs ein: „Die Fördervoraussetzungen der aktuellen Weiterbildungsförderung Beschäftigter sind kompliziert.“ Deshalb sei es wichtig, „die Förderinstrumente der Arbeitsmarktpolitik für Beschäftigte und Ausbildungssuchende weiterzuentwickeln, um der beschleunigten Transformation der Arbeitswelt zu begegnen, strukturwandelbedingte Arbeitslosigkeit zu vermeiden, Weiterbildung zu stärken und die Fachkräftebasis zu sichern“.

Das geplante Gesetz umfasst im Wesentlichen zwei Angebote: Ein Qualifizierungsgeld ergänzt die bisherige Weiterbildungsförderung Beschäftigter. Zielgruppe sind Unternehmen und deren Beschäftigte, denen durch den Strukturwandel der Verlust von Arbeitsplätzen droht, bei denen Weiterbildung jedoch eine zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen ermöglicht.

Während der Weiterbildung wird der Betrieb von den Entgeltzahlungen für die zu qualifizierenden Beschäftigten entlastet, trägt dafür aber die Weiterbildungskosten. Die zu qualifizierenden Beschäftigten erhalten während der Weiterbildung für ein Jahr das Qualifizierungsgeld, das sich in der Höhe am Kurzarbeitergeld anlehnt, also 60 Prozent für Alleinstehende, 67 Prozent mit Kind. „Das lässt sich auch als Bildungsteilzeit auf zwei Jahre verteilen“, so Arbeitsminister Hubertus Heil in der „Tagesschau“. Aufstockungen durch den Arbeitgeber sind möglich.

Das österreichische Modell

Außerdem sieht das Weiterbildungsgesetz, laut Heil, eine Ausbildungsgarantie für Ausbildungssuchende vor. Wie die im Detail aussehen könnte, darüber ist man sich noch nicht einig. In Diskussionen kommt aber immer wieder das „österreichische Modell“ zur Sprache. Deutschlands Nachbar garantiert schon seit zehn Jahren einen Ausbildungsplatz. Die Regelung sieht vor, dass Jugendliche bis 25 Jahre, die trotz Bewerbungen leer ausgegangen sind oder ihre Ausbildung abgebrochen haben, eine außerbetriebliche Ausbildung absolvieren können.

Je nach Vorkenntnissen und Selbsteinschätzung absolviert der Bewerber hierbei zunächst einen mindestens zehnwöchigen Kurs zur Vorbereitung und Orientierung. Während dieses Vorbereitungskurses unterstützt der staatliche (österreichische) Arbeitsmarktservice (AMS) intensiv bei der Vermittlung eines regulären dualen Ausbildungsplatzes. Gelingt es nicht, einen Betrieb zu finden, weist der AMS den Interessenten einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden überbetrieblichen Ausbildungsstätte („ÜBA“) zu. Die „ÜBA“ ist der betrieblichen Ausbildung gleichgestellt und führt auch zu einem gleichwertigen Abschluss, sollte es zu keinem Wechsel während des Besuchs der Einrichtung in einen regulären Ausbildungsbetrieb gekommen sein.

Freitag, 29.12.2023