Neue Wege zum hydraulischen Abgleich bei bestehenden Fußbodenheizungen

Automatik und hydraulische Schnellauslegung sorgen für präzise Ergebnisse.

Beim hydraulischen Abgleich bestehender Fußbodenheizungen werden lückenhafte Anlageninformationen meist durch Schätzungen kompensiert – ein zeitaufwändiges Verfahren mit ungewissem Ausgang.

Eine mögliche Alternative ist die Verbindung von Automatik und hydraulischer Schnellauslegung. Sie lässt sich schnell umsetzen und ist im Ergebnis präziser als jede andere Abgleichlösung.

Energieeffizientes Heizen und hoher Wärmekomfort sind auch bei Fußbodenheizungen nicht ohne hydraulischen Abgleich zu erreichen. Doch so naheliegend diese Maßnahme auch ist – ihre sachgerechte Durchführung ist nach wie vor nicht selbstverständlich. Bundesweit, so schätzen Experten, sind rund eine Million Bestandsanlagen hydraulisch sanierungsbedürftig. Das eröffnet Heizungsfachleuten ein weites Betätigungsfeld, auf dem lukratives Neugeschäft winkt – vorausgesetzt, sie können ihren Kunden überzeugende und einfache Lösungen anbieten. Denn an aufwändigen Sanierungen haben erfahrungsgemäß die wenigsten Nutzer Interesse. Gefragt sind meist schnelle Lösungen, die Bestandsanlagen durch kurze, punktuelle Eingriffe verbessern, das große Ganze aber unangetastet lassen.

Unsicherheit durch fehlende Anlageninformationen

Genau diese unkomplizierte Umsetzung will freilich oft nicht gelingen. Denn bestehende Fußbodenheizungen hydraulisch abzugleichen, stellt auch erfahrene Fachleute regelmäßig vor erhebliche Probleme. Hauptgrund sind fehlende Anlageninformationen: Während bei Neuanlagen gewöhnlich alle Parameter bekannt sind, ist im Bestand meist keine lückenlose Dokumentation mehr vorhanden. Will der Techniker die nötigen Massenströme zumindest näherungsweise ermitteln, bleibt ihm deshalb keine andere Möglichkeit, als Heizkreisflächen, Verlegeabstände, Rohrlängen und Druckverluste zu schätzen und auf dieser Basis seine Berechnungen vorzunehmen. Das bedeutet einen hohen zeitlichen Aufwand, dessen Sinn zudem von Grund auf in Frage steht – und das nicht erst bei unsoliden Schätzwerten. Denn selbst bei hervorragenden Schätzungen und Berechnungen bleibt als Unsicherheitsfaktor die Anlagendynamik. Sie ist im Bestand meist kaum vorhersehbar, bei den vorherrschenden Nasssystemen aber oft eher unvorteilhaft, was auch die besten Berechnungen zu Makulatur werden lassen kann. Dann ist guter Rat teuer.

Ein möglicher Ansatz, um den Unwägbarkeiten der Anlagendynamik wie auch dem Risiko fehlerhafter Schätzungen zu entkommen und zugleich die gewünschte schnelle Sanierung zu realisieren, ist der Einsatz von Automatiklösungen. Sie werden heute von den führenden Heiztechnikherstellern angeboten und lassen sich problemlos auch in Bestandsanlagen integrieren. Die Berechnung und Einstellung der nötigen Massenströme wird dann teilweise oder sogar komplett von einer intelligenten digitalen Systemsteuerung übernommen, die an sicher verfügbaren, eindeutigen Messgrößen ansetzt.

Beim Danfoss-"Icon"-System etwa, das sich für Fußbodenheizungen mit bis zu 20 Heizkreisen eignet, fungiert als Regelungsgröße die Raumtemperatur. Die zentrale Steuerungseinheit kommuniziert zum einen mit den Raumthermostaten und zum anderen mit den Stellantrieben des Verteilers und erfasst über selbstlernende Algorithmen, bei welchen Massenströmen die vorgesehene Raumtemperatur erreicht wird. Auf dieser Grundlage legt sie die Einstellungen der Stellantriebe fest. Da dieser Abstimmungsprozess permanent durchgeführt wird, werden die Einstellungen kontinuierlich an den Bedarf angepasst. Heizkreisflächen, raumbezogene Heizlasten und nutzerspezifische Anforderungen werden so gleichsam en passant berücksichtigt und müssen nicht mehr näherungsweise über komplexe Berechnungsmodelle einkalkuliert werden. Tatsächlich ermöglicht dieser Ansatz sogar einen vollwertigen, BAFA-förderfähigen hydraulischen Abgleich ohne jegliche Vorausberechnung.

Automatik plus Vorabgleich als beste Alternative

Die besten Ergebnisse werden nun allerdings erzielt, wenn der automatische hydraulische Abgleich mit einem manuellen Vorabgleich auf Berechnungsbasis verbunden wird. Zwar kommt eine Automatik mit selbstlernenden Algorithmen auch ohne solch einen Vorabgleich zu guten Resultaten. Sie kann ihre systemoptimierende Funktion jedoch am besten erfüllen, wenn die Massenströme zumindest in Grundzügen voreingestellt sind und sie nur noch die Feinabstimmung übernehmen muss. Die Rechenleistung des Systems dient dann primär der Berücksichtigung jener anlagenindividuellen Betriebsparameter, die auf Nutzerverhalten, Raumspezifika und Witterungsbedingungen zurückgehen und die keine Vorausberechnung jemals erschöpfend erfassen kann. Um zur Erschließung dieser Parameter die maximalen Rechenkapazitäten bereitzustellen, ist ein manueller Vorabgleich eine sinnvolle Maßnahme. Über eine näherungsweise Massenstromermittlung wird dann zunächst ein Grundabgleich realisiert, den die Automatik anschließend verfeinert und optimiert.

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Erster Schritt zur Umsetzung dieser Idealkombination aus manuellem und automatischem hydraulischen Abgleich ist die Festlegung der grundlegenden Abgleichstrategie. Soll die Anlage statisch oder dynamisch abgeglichen werden?

Eine solche Entscheidung ist auch bei Automatiklösungen nötig, da jede Automatik diese Grundkonzepte nicht ersetzt, sondern nur ergänzt bzw. auf alternative Weise umsetzt. Aufgrund der systemtypischen Reaktionsträgheit von Fußbodenheizungen unterscheiden sich beide Ansätze jedoch im Ergebnis weit weniger als bei den konkurrierenden Heizkörpersystemen. Während bei diesen nur ein dynamischer Abgleich auch den Teillastfall abbilden kann, gelingt dies bei Fußbodenheizungen auch per statischem Abgleich. Der Heiztechniker kann sich also vornehmlich darauf konzentrieren, welcher Ansatz für den jeweiligen Endkunden am sinnvollsten ist. Daran ändert auch der Einsatz einer Automatik nichts.

Für die Danfoss-Lösung etwa gilt, dass vor dem Verteiler konstante Druckverhältnisse hergestellt werden sollten, da selbstlernende Algorithmen bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen bessere Lernerfolge erzielen. Diese gleichbleibenden Rahmenbedingungen aber lassen sich letztendlich mit beiden Abgleichkonzepten erreichen. Technisches Optimum ist zwar grundsätzlich ein dynamischer Abgleich, bei dem vor dem Verteiler ein Differenzdruckregler eingebaut wird. Bei größeren Systemen mit einer Vielzahl von Verteilern ist dieser Ansatz sogar generell unverzichtbar, da nur so eine adäquate Heizwasserverteilung erreicht werden kann. In Wohngebäuden mit maximal zwei Verteilern reicht jedoch ein statischer Abgleich meist völlig aus. Statt einen Differenzdruckregler einzubauen, was ohnehin nicht selten schwierig und mit hohen Kosten verbunden ist, wird dann einfach die Pumpe auf "Δp konstant" eingestellt und so der einheitliche Druck vor dem Verteiler realisiert.

Ist die Entscheidung über das grundlegende Abgleichkonzept gefallen, folgt der manuelle Vorabgleich. Damit dieser nur möglichst wenig Zeit in Anspruch nimmt und keine unnötigen Arbeitskosten verursacht, gibt es Hilfsmittel, die eine schnelle Umsetzung ermöglichen. Unter www.hydraulischer-abgleich.de/fussbodenheizung können Heizungsfachleute zum Beispiel auf einen von Danfoss entwickelten Schnellauslegungs-Rechner zurückgreifen, der alle nötigen Daten zügig ermittelt. Über Baualtersklasse und praxisnahe Auslegungsparameter werden hier die Basisdaten festgelegt und über die Heizkreisgröße die nötigen Einstellwerte (in l/h) ermittelt. Als weitere Ergebnisse werden darüber hinaus der Gesamtmassenstrom je Verteiler sowie die Differenzdrücke für die Auslegung von Regelarmaturen und Pumpen ausgegeben. Die Berechnungsergebnisse können in "Excel" gespeichert und dort textlich ergänzt werden. Der Grundabgleich lässt sich so zügig realisieren und dokumentieren. Sind dann auch noch die Systemthermostate installiert und alle Verbindungen zwischen Steuerung, Thermostaten und Stellantrieben hergestellt, muss die Steuerungseinheit nur noch gestartet werden und das System beginnt von allein mit der Umsetzung der nötigen Feinabstimmungen.

Präzisionsgrad bislang unerreicht

Durch die Verbindung von manuellem Vorabgleich und automatischer Feinjustierung wird beim hydraulischen Abgleich von Fußbodenheizungen letzten Endes ein Präzisionsgrad erreicht, den derzeit keine andere Abgleichlösung bietet. Der vielzitierte Gemeinplatz, dass jedes Heizsystem individuell betrachtet werden müsse, findet dadurch erstmals auch in der Praxis seine vollumfängliche Umsetzung. Selbst stark schwankende Betriebsparameter, die sich kaum jemals voraussehen und berechnen lassen, können durch die temperaturbasierte Steuerung lückenlos mit einbezogen werden – sie kommen ohne konkrete Ermittlung durch ihre Auswirkung auf die Temperaturentwicklung zum Tragen. Gleichzeitig ermöglichen die Schnellauslegung und die einfache Inbetriebnahme genau jene unkomplizierte Umsetzung, die heute von fast allen Endkunden verlangt wird. Heizungsbauer können damit auch für Bestandsanlagen eine effektive Abgleichlösung anbieten, die sowohl die Energieeffizienz der Fußbodenheizung als auch den Wohnkomfort auf Anhieb deutlich erhöht.

Mittwoch, 24.07.2019