Elbphilharmonie: Stille Kühlung durch Kühldecken

Auch in der Elbphilharmonie sollte ein angenehmes Klima herrschen, denn die Besucher möchten die herausragenden Darbietungen ohne Störungen genießen. Hier helfen - wie überall - Klimaanlagen. Aber in einem Konzerthaus kann ihr Einfluss auf die Akustik durchaus zum Problem werden. Die Lösung zeigt unser Beitrag: Der Einsatz von akustisch wirksamen Kühldecken mit hohen Kühlleistungen.

"Die Elbphilharmonie ist ein Gesamtkunstwerk aus atemberaubender Architektur, exzellenter Musik und einzigartiger Lage", so der Betreiber des neuen Bauwerks in Hamburg auf seiner Internetseite. Wenn allerdings an Architektur und Akustik höchste Ansprüche gestellt werden, müssen vor allem im Bereich der Gebäudetechnik häufig Sonderlösungen eingesetzt werden.

Das trifft auch auf die Beheizung bzw. Temperierung zu: Rauschende Klimaanlagen hätten nicht nur das Klang- und Raumbild verfälscht, auch die Akustik als Ganzes wäre durch einen Aufbau des Geräts in Mitleidenschaft geraten. Aus diesem Grund wurde Anfang 2016 die K. Rogge Spezialbau GmbH mit dem Einbau von Akustikputzdecken mit Kühlwirkung beauftragt. Diese zeichnen sich nicht nur durch eine besondere Klangwirkung aus, sondern kühlen zudem geräuschlos und effektiv.

Ermöglicht wird das durch den Einsatz von Kapillarrohrmatten der BeKa Heiz- und Kühlmatten GmbH. In enger Zusammenarbeit mit dem Planungs- und Montagedienstleister coolsystem hat das Unternehmen speziell für die Proben- und Stimmräume der Künstler Kapillarrohrmatten entwickelt und angefertigt, die sich komplett unsichtbar an die gewölbten Decken schmiegen – bei maximaler Kühlleistung.

"Der Bauherr wünschte sich für die Backstage-Räume, die rund 1.000 m2 im Gebäude ausmachen, akustisch wirksame Kühldecken mit hohen Kühlleistungen in optisch und ästhetisch hochwertiger Ausführung. Die akustische Dämmung geht allerdings in den meisten Fällen mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit des Materials einher", erklärt Albrecht Bauke, BeKa-Geschäftsführer.

Im Jahr 2013 erhielt die auf BASWA-Akustikputz spezialisierte K. Rogge GmbH den Auftrag für die Elbphilharmonie. Den Anforderungen entsprechend entschied sich das Unternehmen für eine Deckenkühlung über Kapillarrohrmatten für den Einsatz in den Probe- und Stimmräumen. Diese wird mit einer speziellen Putzschicht bedeckt, die sich positiv auf die Akustik auswirkt. Projektpartner bei der Herstellung und Montage der integrierten Kapillarrohre waren coolsystem und BeKa Heiz- und Kühlmatten. Die drei Berliner Unternehmen hatten in der Vergangenheit bereits mehrere Großprojekte erfolgreich zusammen abgeschlossen, weshalb sich auch in diesem Fall eine Zusammenarbeit anbot.

"coolsystem war für die Vorplanung und den Einbau der Kapillarrohrmatten zuständig, BeKa für die Herstellung und Anpassung der speziellen Matten und K.Rogge für die Ausführung der Trockenbauarbeiten und die Gesamtprojektleitung", fasst Ralf Templin, Bauleiter bei der K. Rogge Spezialbau GmbH, die Aufgabenverteilung zusammen. Die ersten Planungen und Lieferungen fanden bereits 2014 statt, im Frühjahr/Sommer 2016 wurden die letzten Systeme eingebaut.

Effektivität durch Flächenmaximierung

Um alle Voraussetzungen des Bauherren zu erfüllen – effektive Kühlleistung, akustische Wirkung, ästhetische Ausführungen –, fiel die Wahl auf den Akustikputz-Typ "BASWAphon Cool": "Eine technisch gleichwertige Alternative hinsichtlich der Kühlleistung bei gleichzeitig hoher Schallabsorption und einem geschlossenen Deckenbild gibt es nicht wirklich", bestätigt Bauke.

Das Kühlelement besteht bei diesem Putzsystem mit Kapillarrohrmatten aus Polypropylen, durch das chemisch vorbehandeltes Wasser geleitet wird. Die Matten bilden ein dichtes Rohrsystem mit einem Verlegeabstand von 10 mm und einem Durchmesser von etwa 3,35 mm direkt unter der Decke. Daraus ergibt sich eine große Oberfläche, die eine gleichmäßige Temperierung garantiert und eine Kühlleistung von 79 W/m2 nach DIN EN 14240 erbringt.

"Die Decke bietet sich als Fläche im Raum für die Wärmeübertragung bestens an. Die Wärme wird über Strahlungsaustausch an die Kühldecke abgegeben. Diese Form der Temperierung ist nicht nur sehr angenehm, sondern auch energieeffizient, weil schon mit nur 16 °C kalter Flüssigkeit hohe Kühlleistungen möglich sind", so Bauke weiter.

Gleichzeitig verfügt das System über sehr kurze Reaktionszeiten, da die Matten dicht unter der Deckenoberfläche eingebaut werden, woraus sich ein geringer thermischer Widerstand bis an die zu temperierende Oberfläche ergibt. Weil die Putzschicht die Rohre gänzlich umschließt, findet an dieser Stelle ein optimaler Wärmetransport statt. Die mäßige Wärmeleitfähigkeit von Kunststoff spielt hierbei keine Rolle, da die Wandstärke der Kapillarrohre nur etwa 0,5 mm beträgt.

Die Matten sind außerdem dank Schweißverbindungen zwischen den Kapillarrohren und den Stammrohren höchst langlebig. Damit sich an der Decke kein Tauwasser bilden kann, wird zusätzlich die Vorlauftemperatur begrenzt und die Zuluft im Raum konditioniert. Weil die thermische Energie der Luft durch das Wasser in den Matten entzogen wird, entsteht – anders als bei Klimaanlagen – keinerlei störende Zugluft.

"Wassergeführte Kühldecken werden allgemein als »Stille Kühlung« bezeichnet: Es wird weder durch einen Luftzug Lärm erzeugt, noch durch Turbulenzen, da die Strömungsgeschwindigkeit des chemisch behandelten Wassers in den Kapillarrohren laminar ist", führt Bauke aus.

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Unsichtbare Temperierung

"Einer Putzkühldecke sieht man ihre Funktion nicht an: Die Oberfläche ist glatt und unscheinbar", erklärt Bauke. In diesem Fall wurden die Unternehmen hierbei allerdings vor größere Herausforderungen gestellt: Die Kühldecken mussten exakt an den gerundeten Decken angebracht werden. Das machte eine maßgenaue Fertigung in engsten Toleranzen für die Längen nötig, was nur durch eine präzise Fertigungstechnik erreicht werden konnte.

Zur Absicherung der technischen Lösung wurden im Vorfeld Prüfungen zur Ermittlung der Kühlleistung an der HLK Stuttgart GmbH absolviert. Ebenso wurden Vorversuche zur Festlegung der einzelnen Installationsschritte durchgeführt. Generell eignen sich die Matten besonders gut für Wölbungen, da sie aufgrund der dünnen Kapillarrohre mit einem Außendurchmesser von 3,35 mm äußerst flexibel sind.

Noch ein Umstand machte weitere spezielle Anpassungen nötig: "Die Einbauten in der Decke waren nicht in einer Flucht angeordnet. Aus diesem Grund mussten die Systeme eigens für die Einbauten konfektioniert werden", beschreibt Mirko Grajetzki, Geschäftsführer von coolsystem, das Problem. "Hier hat uns BeKa geholfen: Sie waren immer bereit, uns bei Fragen der Planung und Ausführung zu unterstützen und schnell zu liefern, wenn Sonderlösungen benötigt wurden."

Eine wichtige Eigenschaft der Akustikputzdecken ist ihre geringe Dicke, die sich nur mithilfe von Kapillarrohrmatten erreichen lässt. Mit einem Durchmesser von etwas mehr als 3 mm ist dieses Kühlsystem extrem platzsparend, doch in der Regel werden die Kapillarrohrmatten mit Abstandshaltern produziert, wodurch sich die Aufbauhöhe vergrößert. So musste auch hierfür eine Lösung gefunden werden: "Nachdem wir die Matten an der Decke angebracht hatten, haben wir die Halter nachträglich entfernt", legt Grajetzki das Verfahren dar. Danach folgte die Verrohrung.

Optimales Klang- und Raumbild

Anschließend wurden auf die an den Akustikplatten montierten Kapillarrohrmatten von K. Rogge die erforderlichen, nur wenige Millimeter dicken Beschichtungen aufgetragen: Neben einer Füllschicht, die die Lücken zwischen den Rohren schließt, wurden noch eine Grund- und Endbeschichtung angebracht.

Der Akustikputz selbst ist nicht haftend, weshalb die Matten punktuell mit einer Hilfskonstruktion fixiert und anschließend mit dem Putz überarbeitet wurden. Nach diesem Schritt wurden die Leisten entfernt und die restliche Oberfläche glatt verputzt. Die fertige Akustikdecke gewährleistet nun eine ausgezeichnete Breitband-Schallabsorption: "Die Oberfläche ist relativ porenoffen und die dahinterliegende Mineralwolle »schluckt« die Schallwellen", erklärt Templin.

Die Akustiksysteme reduzieren so die Nachhallzeit deutlich. Insgesamt zeigen sich alle drei Unternehmen mit dem Projekt zufrieden. "Die Installation verlangte eine hohe Kompetenz und ein enges Zusammenwirken zwischen den Herstellern und den Verarbeitern", so BeKa-Geschäftsführer Bauke abschließend.

Donnerstag, 19.04.2018