Biobauer nutzt biogenes Flüssiggas

Moderne Futtertrocknung mit BioLPG.

Malerisch in der bayerischen Rhön gelegen, ist der Biohof May ein Vorzeigebetrieb für artgerechte Schweinehaltung. Der Öko-Landwirt versorgt seine 400 Tiere mit hochwertigem Biofutter aus eigenem Anbau: Getreide trocknet er mit biogenem Flüssiggas (BioLPG) des Energieversorgers Primagas.

Rund zwei Kilogramm geschrotetes Futter frisst ein ausgewachsenes Schwein am Tag. Vier Mahlzeiten täglich bekommen die Tiere in Junkershausen an den Ausläufern der Rhön, eine Stunde nördlich von Würzburg. So füllt Biobauer Christian May zur Erntezeit sein Silo in erster Linie mit Futter aus eigenem Anbau. Denn laut den Richtlinien von Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V., bei dem der Betrieb seit 1989 Mitglied ist, darf er nur bis zur Hälfte an Futter zukaufen, der Rest muss selbst erzeugt sein. Bei ihm sind es 80 Prozent, die von den eigenen Feldern stammen. Die übrigen 20 Prozent nimmt er anderen Bauern ab, die neu auf Bio umstellen – auch, um sie etwas zu unterstützen.

Der Hof bewirtschaftet 80 Hektar Land: Getreide und Ackerbohnen müssen trocken sein, bevor sie endgültig im Silo eingelagert werden können: "Die Ernte darf nicht mehr als 16 Prozent Restfeuchte haben", erklärt May. So setzt der Biobauer einen Getreidetrockner ein, der indirekt und damit schonend trocknet. Zunächst wird die Ernte von Strohresten und Beikrautsamen gereinigt, dann füllt May das Getreide, die Erbsen oder Ackerbohnen, von oben in den Trockner ein. Mit maximal 60 °C warmer Luft wird das Erntegut getrocknet. Danach gelangt das Getreide in die Schrotmühle, in der die Körner gemahlen werden. Das Bio-Körnerfutter kommt dann in Futtersilos, von wo aus die Futterketten der einzelnen Stallabteile versorgt werden. Die heiße Luft im Getreidetrockner wird mit BioLPG – biogenem Liquified Petroleum Gas – erzeugt.

Zum Konzept

Christian May führt den seit 30 Jahren bio-zertifizierten Hof mit seiner Frau Rebekka in dritter Generation. Als überzeugter Bio-Landwirt stand für ihn außer Frage, dass biogenes Flüssiggas ideal zu ihrem Konzept passt, als ihm Primagas-Kundenberater Norbert Reinhardt davon berichtete. "Teile des Hofes fielen 2015 einem Brand zum Opfer", resümiert May. "Danach haben wir uns mit dem Wiederaufbau der Ställe, der Getreidelagerung, -reinigung, -trocknung und -aufbereitung und im Zuge dessen auch mit der optimalen Energieform beschäftigt. Weil es an unserem ländlichen Standort keinen idealen Anschluss an das Erdgasnetz gibt, trockneten wir früher, wie vielerorts üblich, unser Futter mithilfe von herkömmlichem Heizöl – was eigentlich nie mit unserem ökologischen Ansatz vereinbar war. Da kam uns biogenes Flüssiggas als umweltfreundliche Alternative gerade recht."

Der Krefelder Energieversorger Primagas ist, nach eigenen Angaben, deutschlandweit der erste und einzige Anbieter von biogenem Flüssiggas. Er installierte in unmittelbarer Nähe zur Halle, in der der Trockner steht, einen erdgedeckten Flüssiggasbehälter mit einem Fassungsvermögen von 2,9 Tonnen. In der Erde versteckt, beeinträchtigt der Behälter weder die Sicht auf die Landschaft noch ist er Temperaturschwankungen ausgesetzt, die durch Sonneneinstrahlung verursacht werden könnten. Über eine ebenfalls unterirdische Niederdruck-Leitung (50 mbar) gelangt das biogene Flüssiggas vom Tank in den Heizkessel. Die darin erhitzte Luft wird von unten in den Getreidetrockner geleitet, in dem sie hochsteigt und das Futter indirekt trocknet.

Zum Energieträger

Biogenes Flüssiggas entsteht als Nebenprodukt bei der Herstellung von Biokraftstoffen: aus organischen Rest- und Abfallstoffen sowie nachwachsenden Rohstoffen. Dazu gehören zum Beispiel Abfälle aus der Lebensmittelindustrie, wie gebrauchte Speisefette. Hier sind die Verantwortlichen kontinuierlich auf der Suche nach weiteren potentiellen Rohstoffen, aus denen sich biogenes Flüssiggas gewinnen lässt – um eines Tages sogar völlig auf nachwachsende Rohstoffe verzichten zu können. Biogenes Flüssiggas sei vor diesem Hintergrund, laut Primagas, auf lange Sicht verfügbar und krisenfest.

BioLPG lässt sich entweder als eigenständiger Brennstoff einsetzen oder herkömmlichem Flüssiggas (LPG) in beliebiger Menge beimischen. Der exakte Anteil des Energieträgers wird in ein zertifiziertes Massenbilanzsystem eingebucht, das genau dokumentiert, wie hoch der Anteil von BioLPG ist, und ermöglicht, das biogene Flüssiggas von der Verwendung bis zurück zur Herstellung zuverlässig und lückenlos zu verfolgen. Die Mays haben sich für die 100-prozentig biogene Variante entschieden und sind dadurch gemeinsam mit Primagas Vorreiter: "Wir möchten zeigen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Indem wir offen sind für neue und zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht unbekannte Lösungen, die aber nachhaltig sind."

Zur Herkunft

Das finnische Unternehmen Neste, international führend als Hersteller von Biokraftstoffen, produziert in Rotterdam jährlich bis zu rund 40.000 Tonnen BioLPG. Seit 2018 vertreibt Primagas den Brennstoff exklusiv auf dem deutschen Markt. Biogenes Flüssiggas hat dieselbe normierte Qualität wie konventionelles Flüssiggas und damit dieselben wärmetechnischen Eigenschaften. Da BioLPG chemisch identisch mit herkömmlichem Flüssiggas ist, kann es also in derselben Anlagentechnik zum Einsatz kommen und in den gleichen Behältern lagern. Das bedeutet für Kunden, dass der Wechsel von Flüssiggas zu biogenem Flüssiggas jederzeit flexibel möglich ist.

"Der Biohof May in Junkershausen ist ein Vorbild", lobt Jobst-Dietrich Diercks, Geschäftsführer von Primagas. "Gerade, weil auf dem Land die Energieversorgung speziell ist: Anders als in Städten sind Haushalte und Betriebe oft nicht an das öffentliche Gasnetz angeschlossen und halten an der alten Ölheizung fest. Die Mays zeigen, dass es anders geht." Mit biogenem Flüssiggas könne man die CO!SUB(2)SUB!-Emissionen erheblich reduzieren: "Wenn, wie bei den Mays, ausschließlich biogenes Flüssiggas verwendet wird, sind Einsparungen von bis zu 90 Prozent gegenüber herkömmlichem Flüssiggas realistisch. So ist es nicht nur wirtschaftlich, sondern auch beim Klimaschutz ein Vorreiter."

Zum Schluss

Ein weiterer wichtiger Meilenstein in dem Zusammenhang: Auch die Gesetzgebung erkennt an, dass sich mit biogenem Flüssiggas die im Neubau vorgeschriebenen Nutzungspflichten erneuerbarer Energien erfüllen lassen. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das am 1. November 2020 in Kraft tritt, schafft die politischen Rahmenbedingungen dafür, die Potentiale von biogenem Flüssiggas zu nutzen. "Ein Meilenstein für biogenes Flüssiggas, das nun endlich in einem Atemzug mit Energie aus Sonne, Wind oder Wasser genannt wird", betont der Primagas-Geschäftsführer.

Freitag, 01.01.2021