Installation

Ursachen beseitigen, nicht Symptome behandeln!

Interview mit Willibald Schodorf und Karl Willemen

Dienstag, 13.12.2022

Willibald Schodorf, Leiter Technische Geschäfte bei BWT, plädiert seit Jahren für den Einsatz von optimalem Heizungswasser ohne Zusatzstoffe. Nun hat er sich mit Karl Willemen, CEO von Resus, einen Partner im Geiste an die Seite geholt. Im HeizungsJournal-Interview verraten sie mehr zu ihrer Kooperation.

Quelle: AdobeStock

Herr Schodorf, Herr Willemen, in der HeizungsJournal-Ausgabe 7-8/2022 (August) hatten Sie in Ihrem Fachbeitrag „Nachhaltiges Heizen beginnt beim Heizungswasser“ (S. 42 bis 47) betont, dass „Schlammabscheider, Luftabscheider und Magnetitfilter entfallen können. Sie sind im Grunde nur als »Camouflage« notwendig, wenn die VDI 2035 nicht konsequent beachtet wird.“ Nun werden Ihnen da die einschlägigen Hersteller dieses „Technik-Equipments“ gewiss nicht applaudieren. Und auch der Installateur müsste bei einer korrekt ausgelegten und gewarteten Heizungsanlage ja auf einen gewissen Umsatz mit dieser „Hardware“ verzichten …

Willemen: Das ist richtig. Aber er kann diesen Umsatz auf andere Weise generieren: mit einer elektronischen Überwachung der Heizungsanlage! Sein zusätzlicher Gewinn ist, dass er seinen Kunden eine ebenso nachhaltige wie stabil funktionierende Anlage gewährleistet. Der elektronische Wächter informiert den Installateur frühzeitig darüber, dass in der Anlage irgendetwas nicht so funktioniert, wie es sollte – und er kann das bei der nächsten Wartung abstellen: Beispielsweise den Vordruck beim Ausdehnungsgefäß wieder korrekt einstellen (am besten mit Stickstoff!) oder irgendwo entstandene Leckagen abstellen.

Schodorf: Die einschlägig interessierte Industrie hat der Branche in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich nahegebracht, dass diese technischen Lösungen zur Sicherheit der Anlage notwendig seien. Das ist mit dem heute verfügbaren Know-how in Sachen Heizungswasseraufbereitung und mit innovativen Überwachungsmöglichkeiten überholt. Wir alle müssen gewohnte Pfade verlassen, müssen umdenken. Wir befinden uns mitten in einem „Change“-Prozess. Es geht im weitesten Sinne auch um die „Purpose“-Frage – was will ich als Unternehmen erreichen? Worin liegt der Sinn des Unternehmens?

Warum handeln noch immer viele Heizungsbauer im Grunde vorsätzlich gegen die Vorgaben der VDI 2035 („Vermeidung von Schäden in Warmwasser-Heizungsanlagen – Steinbildung und wasserseitige Korrosion“), wenn es beispielsweise um Zusatzstoffe geht?

Schodorf: Weil viele Akteure in der Branche an altem Wissen, an alter Herangehensweise festhalten. Als wir bei BWT rund um das Jahr 2006 mit der Philosophie am Markt antraten, mit salzarmem Wasser zu arbeiten, war die Reaktion vieler Heizungsbauer schlicht und ergreifend: „Ich mach das schon 30 Jahre so und es hat sich bewährt.“ Was diese Heizungsbauer damals wie vielfach noch heute ignorieren, sind die veränderten technischen Verhältnisse: Wir fahren heute in den Heizungsanlagen mit reduzierten Temperaturen und die Kesselbauer haben deutlich kleinere Volumina im Primär-Wärmeübertrager durchgesetzt. Mit Wärmepumpen geht dieser Trend noch weiter.

Was die noch immer vielfach zum Einsatz kommenden Inhibitoren betrifft: Die VDI 2035 ist da glasklar, beschreibt den Einsatz von Inhibitoren als möglich bei offenen Heizungsanlagen. Bei geschlossenen Heizungsanlagen – um diese geht es bei einem Großteil aller Heizungsanlagen – sind, laut VDI 2035, Inhibitoren nicht erforderlich und damit unzulässig. Das hat auch damit zu tun, dass man durch die Zugabe von Inhibitoren (das sind organische Verbindungen) den an sich im sauerstoffarmen Heizungswasser nicht überlebensfähigen Anaerobiern gern genommene Nahrung anbietet. Konsequenz: Diese Bakterien vermehren sich im Heizungswasser.

Willemen: Beim Heizungswasser gibt es viele Missverständnisse und/oder falsche Annahmen. Beispielsweise denken nicht wenige in unserer Branche, dass die Verschlammung durch das Nachfüllwasser verursacht wird. Tatsache ist aber, dass weder die Erstbefüllung noch das Nachfüllwasser einen relevanten Einfluss auf die Menge des gebildeten Schlamms im Heizungswasser haben. Viel schlimmer ist der Einfluss durch das gern zitierte „Atmen“ der Anlage. Das sind schon extreme Unterschiede. Insbesondere haben uns Tausende von Praxisfällen gezeigt, dass die Erstbefüllung – sie erfolgt ja naturgemäß nur einmal im Leben einer Anlage – im Grunde vernachlässigbar ist, wenn es um den Schlamm geht. In einigen EU-Ländern wie Belgien und den Niederlanden ist dieses Ergebnis bereits, mit Zahlen belegt, offiziell bis in die zuständigen Richtlinien durchgedrungen, in Deutschland leider noch nicht.

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