Erneuerbare Energien

Technologieoffenheit ist mehr als eine Floskel

Dienstag, 19.10.2021

Grafik: „Deutschland importiert derzeit rund 70 Prozent seiner Energie. Der notwendige Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen hierzulande wird nicht dazu führen, dass Deutschland energieautark wird. Deswegen wird auch eine zunehmend klimaneutrale Gesellschaft weiter auf Energie-Importe angewiesen sein. Dafür kommen vor allem alternative flüssige Energieträger und grüner Wasserstoff in Betracht“, so Willig.
Quelle: IWO
„Deutschland importiert derzeit rund 70 Prozent seiner Energie. Der notwendige Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen hierzulande wird nicht dazu führen, dass Deutschland energieautark wird. Deswegen wird auch eine zunehmend klimaneutrale Gesellschaft weiter auf Energie-Importe angewiesen sein. Dafür kommen vor allem alternative flüssige Energieträger und grüner Wasserstoff in Betracht“, so Willig.

Der Einsatz von grünem Wasserstoff im Wärmemarkt, konkret für die Gebäudewärme, wird vielfach als „zu teuer“ kategorisiert. Wie sehen Sie das; auch in Bezug auf „E-Fuels“?

Es stimmt, dass die Kosten derzeit noch hoch sind. Doch Erfahrungen mit anderen erneuerbaren Energien zeigen, dass das nicht so bleiben muss. Gerade deshalb ist es wichtig, jetzt geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um einen Markthochlauf und Skalierungseffekte zu forcieren, die dann wiederum zu Preissenkungen führen. Das gilt für alternative Fuels aus inländischer Herstellung wie auch für Importe. Und das gilt auch nicht nur für E-Fuels, sondern auch für fortschrittliche BioFuels, die nicht in Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau stehen. Hinsichtlich solcher Rahmenbedingungen plädieren wir mit Blick auf den Straßenverkehr unter anderem für eine reformierte Energiesteuer, die erneuerbare Kraftstoffe nicht oder nur deutlich geringer gegenüber fossilen Kraftstoffen besteuert, zum Beispiel indem die fossilen CO2-Emissionen von Kraftstoffen zur Bemessungsgrundlage gemacht werden. Auch die EU-Flottenregulierung für Pkw und Nutzfahrzeuge sollte eine Anrechenbarkeit von PtL-Kraftstoffen ermöglichen (Anm. d. Red.: PtL = Power-to-Liquid).

Zur „Sektorenkopplung“: Sie haben kürzlich gemeinsam mit Partnern die Ergebnisse der Wind-und-Wärme-Modellregion im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog vorgestellt. Worum ging es da und wie fielen die Ergebnisse aus?

Der Ausbau der Windkraft ist eine wichtige Säule der Energiewende. Doch Wind weht mit schwankender Stärke. Wird besonders viel Strom produziert, können die überregionalen Übertragungsnetze diesen nicht immer aufnehmen. Die Folge sind Abregelungen der Windenergieanlagen. Es muss auf die an sich mögliche Produktion von erneuerbarem Strom verzichtet werden. Dieser nicht erzeugte Strom wird auch als „EinsMan“-Strom bezeichnet. „EinsMan“ steht als Abkürzung für Einspeisemanagement. Zuschaltbare Lasten vor einem Netzengpass wie die elektrischen Wärmeerzeuger in Hybridheizsystemen können helfen, diese Herausforderung zu meistern. Das haben wir gemeinsam mit unseren Partnern, der Erneuerbaren-Unternehmensgruppe ARGE Netz, dem Bürger-Windpark Lübke-Koog Infrastruktur und der Gemeinde Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog, im Rahmen der Modellregion gezeigt. Dafür wurden in 13 Gebäuden effiziente Öl-Hybridheizungen mit einem virtuellen Kraftwerk verbunden. Durch die Kombination aller im Projektverlauf durchgeführten Maßnahmen, wozu auch die Beimischung treibhausgasreduzierter flüssiger Energieträger aus Reststoffen zum klassischen Heizöl zählte, konnten die kumulierten CO2-Emissionen der 13 Gebäude insgesamt um 34 Prozent reduziert werden. Einzelne Gebäude erreichten sogar Einsparungen von bis zu 49 Prozent. Im Jahr 2020 konnten durchschnittlich zehn Prozent des Wärmebedarfs mit „EinsMan“-Strom gedeckt werden.

Ende des vergangenen Jahres stellten Sie dem Fachpublikum das Vorhaben „future:fuels @work“ vor. Welche Resonanz hat das Thema entfaltet? Gibt es schon erste Impulse aus der Praxis?

Wir haben die Pilotinitiative „future:fuels@work“ ins Leben gerufen, um im praktischen Einsatz zu zeigen, dass eine klimaschonende Wärmeversorgung mit flüssigen Energieträgern möglich ist. Dabei suchen wir nach Haushalten, die eine Modernisierung mit Öl-Brennwerttechnik planen und im Anschluss an diese einen innovativen treibhausgasreduzierten Brennstoff nutzen möchten. Die nahezu klimaneutrale Komponente des Brennstoffs wird aus biobasierten Reststoffen, wie Altfetten oder Pflanzen- und Holzabfällen, gewonnen. Darüber hinaus ist auch eine testweise Beimischung von E-Fuels geplant. Zuspruch und Interesse in der Branche sind groß. Wir haben zahlreiche Bewerbungen erhalten und die ersten Modernisierungen und Betankungen im Rahmen der Pilotinitiative „future:fuels@work“ sind bereits erfolgt. Insgesamt wurden bei Praxistests, die das IWO begleitet hat – also auch jenen, die „future:fuels@work“ vorangegangen sind –, von 2017 bis Juli 2021 bereits 133.000 Liter treibhausgasreduziertes Heizöl an fast 40 Ein- und Zweifamilienhäuser ausgeliefert und dabei unterschiedliche Mischungsverhältnisse geprüft. Der Betrieb erwies sich dabei als ebenso zuverlässig wie mit klassischem Heizöl.

Weiterführende Informationen: https://www.zukunftsheizen.de/startseite.html

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