Wärme

Sauerstoffzehrung

Freitag, 03.09.2021

▪ Sehr niedrige pH-Werte im Heizungswasser entstehen meist durch geringe Reste von Frostschutzmitteln, daher sollten keine damit in Verbindung gebrachten Komponenten fürs Heizungswasser genutzt werden.

▪ Die Messung des pH-Werts sollte frühestens nach zehn Wochen Heizbetrieb erfolgen.

▪ Wird im Bestand ein pH-Wert zwischen 7,5 und 8,2 gemessen, so besteht kein Handlungsbedarf, sofern das Umlaufwasser auch nach mehreren Minuten klar und farblos bleibt.

▪ Unter Feldbedingungen kann sich die Genauigkeit der pH-Messung um +/- 0,2 verringern, das heißt, ein Messwert von 8,0 erfüllt noch die Tabellenvorgabe von pH 8,2.

▪ Korrosionsinhibitoren bzw. sogenannte Vollschutzprodukte können bei korrosionstechnisch offenen Anlagen notwendig werden. Derartige Anlagen fallen aber nicht in den Bereich der VDI 2035.

Grundsätzlich hat Schwarzstahl die Tendenz, sich in wässriger Umgebung (gemäß Fe → Fe2+ + 2 e-) aufzulösen, wie in Abb. 1 schematisch gezeigt. Das unedle Metall springt an bestimmten Stellen von der Oberfläche – als positives Teilchen (Ion) – förmlich ins Wasser und lässt dabei am Festkörper eine negative elektrische Ladung (e-) zurück. Diese Ladung muss nun von einer anderen im Wasser gelösten Substanz aufgenommen werden, damit sich ein sogenannter Korrosionsstromkreis ausbilden kann, der den Auflösungsprozess am Laufen hält.

Grafik: Die Sauerstoffdiffusion macht auch vor Pressverbindungen nicht halt, vor allem wenn diese mit EPDM-Dichtungen versehen sind.
Quelle: perma-trade Wassertechnik GmbH
Die Sauerstoffdiffusion macht auch vor Pressverbindungen nicht halt, vor allem wenn diese mit EPDM-Dichtungen versehen sind. Ob der Eintrag korrosionschemisch relevant ist, dürfte von der Anzahl der Pressverbinder abhängen. Unmittelbar gefährdet scheint hier das C-Stahlrohr, und dies nicht nur aufgrund seiner geringen Wandstärke.

Die Rolle des Sauerstoffs

Nicht speziell entgastes oder sauerstoffgezehrtes Füllwasser enthält 8 bis 11 g/m3 gelösten Sauerstoff. Bei der Reaktion mit Bauteilen aus Schwarzstahl bildet sich dadurch letztlich Magnetit (je m3 30 bis 40 g), parallel dazu sinkt die Sauerstoffkonzentration ab. In der Praxis werden bei korrosionstechnisch geschlossenen Anlagen Werte von 0,02 bis 0,1 mg/l Sauerstoff gemessen. Die VDI 2035 nennt hier einen Richtwert von 0,1 mg/l, unterhalb dessen keine Schäden zu erwarten sind. Für direkt an die Fernwärme angeschlossene Anlagen sind nach Arbeitsblatt AGFW FW 510 aber strengere Vorgaben (0,02 bis 0,1 mg/l) zu beachten.

In den betrachteten Heizsystemen werden die Korrosionsprozesse im Wesentlichen durch die Menge des eindringenden Sauerstoffs bestimmt, so lange sich die pH-Werte des Kreislaufwassers mehr oder weniger im Bereich von 8 bis 9 bewegen. Der im Wasser gelöste Sauerstoff übernimmt dabei die vom austretenden Metall zurückgelassenen Elektronen, wobei sich Hydroxidionen (gemäß ½ O2 + 2e- + H2O → 2 OH-) bilden. Der „elektrische“ Ladungsausgleich zwischen Fe2+ und OH- geht dabei über das Wasser und wird von dessen elektrischer Leitfähigkeit mehr oder weniger begünstigt.

Die Korrosionsrate bleibt vernachlässigbar gering, wenn der im Füllwasser vorhandene natürliche Sauerstoffgehalt durch Korrosionsprozesse verbraucht ist, über die Lebensdauer der Anlage nicht mehr als deren doppeltes Anlagenvolumen nachgespeist wird und kein nennenswerter Sauerstoffzutritt möglich ist. Bei großen, verzweigten Anlagen ist dies aber in der Praxis kaum zu realisieren.

Sauerstoff kann auf verschiedenen Wegen in ein Heizsystem gelangen:

▪ Als gelöster Sauerstoff über das Füll- oder Ergänzungswasser (8 bis 11 mg/l).

▪ Mittels Diffusion durch organische Werkstoffe (ältere Fußbodenheizungssysteme, Panzerschläuche).

▪ Aus der Atmosphäre, durch partielle Unterdruckbildung im System (Entlüfter wird Belüfter!).

▪ Durch direkten Kontakt des Wassers mit der Luft (offenes Ausdehnungsgefäß).

▪ Aus Luftpolstern, die bei Wartungs- oder Umbauarbeiten entstehen können.

Werkstoffe aus Aluminiumlegierungen sind in puncto Sauerstoffkorrosion deutlich weniger anfällig, da sich dieser Werkstoff im sauerstoffhaltigen Wasser sehr gut passivieren kann. Sind allerdings Chloridionen in höherer Konzentration vorhanden, kann es trotzdem zu Lochkorrosion und Wanddurchbrüchen kommen. Dies gilt mehr oder weniger auch für molybdänfreie, nicht-rostende Stähle. Bei einer salzarmen Betriebsweise nach VDI 2035 (Leitfähigkeit < 100 µS/cm) werden diese kritischen Chloridkonzentrationen jedoch nie erreicht.

Von Dietmar Ende
Leiter Forschung/Entwicklung perma-trade Wassertechnik GmbH
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