Wärme

WOLF treibt Internationalisierung voran

Interview mit Dr. Thomas Kneip, Vorstand Centrotec Sustainable AG

Donnerstag, 18.05.2017

Seit nunmehr elf Jahren ist WOLF Teil von CENTROTEC Sustainable. Längst zählt man zu den führenden Systemanbietern für Heiz- und Klimatechnik. Im Rahmen einer Markenneupositionierung will man sich gezielt dem Wunsch der Menschen nach persönlicher Wohlfühlatmosphäre widmen. Das Heizungs-Journal sprach mit Dr. Thomas Kneip, Vorstand der CENTROTEC Sustainable AG und Vorsitzender der Geschäftsführung der WOLF GmbH, in der Konzernzentrale in Brilon über Pläne zur verstärkten Internationalisierung von WOLF und die aktuellen Entwicklungen im Heizungsmarkt.

Dr. Thomas Kneip in der Konzernzentrale.
Quelle: Robert Donnerbauer
Dr. Thomas Kneip, Vorstand der CENTROTEC Sustainable AG und Vorsitzender der Geschäftsführung der WOLF GmbH, in der Konzernzentrale in Brilon.

Herr Dr. Kneip, die Centrotec Sustainable AG ist ein noch relativ junges Unternehmen. 1998 wurde es von Guido Krass (dem heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden) mit damals 14 Mio. Euro Umsatz als AG auf den Kapitalmarkt gebracht. Seitdem ist das Unternehmen kontinuierlich gewachsen, unter anderem dank zahlreicher Akquisitionen. So wurde zum Beispiel in 2006 die WOLF Gruppe komplett übernommen. In welcher Umsatzgröße sind Sie mittlerweile angelangt?

Mittlerweile bewegen wir uns bei einem Umsatz von 575 Mio. Euro – bezogen auf das Jahr 2016. Davon gehen knapp zwei Drittel auf das Konto der WOLF Gruppe.

Ihr Systemangebot an Heizung, Lüftung und Klima umfasst sowohl den Wohnbereich als auch Gewerbe, Industrie und Verwaltung. Welche Position nimmt der Konzern auf dem deutschen und europäischen Markt ein?

Bei dem Thema, Raumklima in jeder Art von Gebäuden zu optimieren, von der Privatwohnung bis zur Allianz-Arena, verfügen wir sicherlich über das umfassendste Portfolio im Markt. Schaut man auf die Umsätze, so liegen wir im klassischen Heizungsgeschäft in Deutschland auf Rang vier nach Bosch Thermotechnik, Vaillant und Viessmann.

Im Klimasektor mit Schwerpunkt auf Industrie- und Gewerbebauten gehören wir zu den absoluten Topspielern in Europa. Im Zubehörsektor, aber auch im Bereich Wohnraumlüftung, zählen wir ebenfalls zu den führenden Anbietern.

Die Themenwand Wohnraumlüftungs-Systeme auf der ISH 2017.
Quelle: Robert Donnerbauer
Themenwand Wohnraumlüftungs-Systeme von WOLF auf der ISH.

Welche Rolle nimmt WOLF nach nunmehr einem Jahrzehnt Konzernzuge­hörigkeit bei CENTROTEC ein?

Wie gesagt erwirtschaften wir unseren Hauptumsatz über WOLF. Als Experte für gesundes Raumklima ist WOLF quasi der Systemintegrator für die vielen Produkte des Konzerns im Bereich der Heiz- und Klimatechnik.

Wie kam es, dass Sie als Vorstand des Mutterkonzerns Centrotec im Juli 2016 quasi in Doppelfunktion auch den Vorsitz der WOLF Geschäftsführung übernommen haben?

Nach der Übernahme von WOLF von der TUI AG in 2006 und dem folgenden Restrukturierungsprozess wurde der Fokus auf das Geschäft in Deutschland gelegt. Dies war eine bewusste Managementstrategie, und zwar eine sehr erfolgreiche, wie die aktuelle Marktpositionierung zeigt. WOLF ist heute profitabel und schuldenfrei. Wir haben uns in Deutschland als starkes Unternehmen mit deutlich gesteigertem Marktanteil und vielen treuen Kunden positionieren können. Nun kommt der nächste Schritt.

Mit dem Heimatmarkt als starker Basis wollen wir die Interna­tionalisierung vorantreiben, hin zu einem globalen Konzern. Meine Aufgabe als WOLF Geschäftsführer ist es, die neue Strategie weiterzuentwickeln und umzusetzen und die damit verbundenen Kulturveränderungen im Unternehmen durchzusetzen.

Welche Bedeutung hat der Heimatmarkt aktuell noch für WOLF?

Im Bereich Heizung macht das Deutschlandgeschäft rund drei Viertel aus. Im Bereich Klima sind wir aber schon deutlich breiter aufgestellt. Ziel ist es, das Auslandsgeschäft zu erhöhen. Doch dabei wollen wir im Inlandsgeschäft nicht nachlassen. Ich sehe auch hier noch Raum für weiteres Umsatzwachstum.

Doch unsere Investitionspolitik in Entwicklung, Produkte, Service und Vertrieb setzt den Fokus nun neben den nationalen eben zusätzlich auf die internationalen Märkte.

Wieweit sind die Maßnahmen schon greifbar?

Um Ihnen ein Gefühl zu geben: Im vergangenen Jahr konnte WOLF durch die Entwicklung einer spezifischen Therme für europäische Auslandsmärkte und den Aufbau einer eigenen Vertriebsorganisation in China im Auslandsgeschäft schon zweistellig wachsen. Und das wollen wir fortsetzen.

Welche Schwerpunkte legen Sie bei der geografischen Expansion?

WOLF hat Tochtergesellschaften in den Niederlanden, Frankreich, Italien, Spanien, Polen und Russland. Neu in 2016 hinzugekommen ist China. In all diesen Ländern haben wir noch erhebliches Wachstumspotential, besonders in China.

Sind auch Produktionsstätten im Ausland geplant?

Im Centrotec Konzern verfügen wir bereits über eine Reihe von Produktionsstätten im Ausland. WOLF betreibt Fertigungen in Deutschland und Kroatien. Die anderen Konzern-Töchter fertigen in Deutschland, den Niederlanden, USA und China.

Zur Internationalisierungsstrategie möchte ich klarstellen, dass es kein Ziel ist, auch internationale Produktionsstandorte zu haben. Es müssen immer die spezifischen Vor- und Nachteile geprüft werden. Bei den großen Klimageräten wird zum Beispiel immer viel Luft über die Weltmeere geschippert. Da ist eine lokale Fertigung schneller zu rechtfertigen als bei kompakten Thermen.

Hier würde eine Fertigung in China zwar etwa 30 Prozent Kostenvorteile bringen, unter anderem durch Vermeidung von Transport und Zöllen. Aber man erzielt dann andererseits auch nur 30 Prozent niedrigere Verkaufspreise, weil das Produkt dann nicht "Made in Germany" ist. Aktuell ist jedenfalls von WOLF keine neue Produktionsstätte im Ausland geplant.

Wieweit bestehen unterschiedliche Anforderungen auf den unterschiedlichen Märkten?

Tatsächlich ist es so, dass die Anforderungen in Deutschland sich von vielen europäischen Märkten unterscheiden. Häufig geht es um Formfaktoren, da zum Beispiel Thermen in vielen Ländern in den Küchenschrank passen müssen.

Aber auch bei der Funktionalität gibt es zum Teil unterschiedliche Ansprüche. Dies spiegelt sich denn auch in unserer erfolgreichen ersten "europäische Brennwert-Therme" vom vergangenen Jahr wider. In Ländern außerhalb Europas gewinnen andere Themen an Bedeutung. In Russland spielt Brennwerttechnik noch keine so große Rolle.

Auch in China werden überwiegend noch herkömmliche Heizwertgeräte verkauft. Wichtiger als die Effizienz ist in China aktuell noch die Marke. Darüber hinaus müssen die Geräte mit der schlechteren Wasser-, Luft- und Gasqualität vor Ort zurechtkommen. Hier kommt es zunächst einmal auf die Robustheit der Geräte an. Die Geräte mit europäischem Standard werden diesen Anforderungen in der Regel nicht gerecht. Hierfür sind spezifische Entwicklungen erforderlich.

Schauen wir auf Deutschland: Seit über einem Jahrzehnt wird die Integration der einzelnen Gewerke Heizung, Lüftung und Klima postuliert. Wieweit konnte sich der Systemgedanke im Markt durchsetzen – beim SHK-Handwerk als auch beim Endkunden?

Ein Neubau ohne kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ist eigentlich kaum vertretbar, denn eine ausreichende Entfeuchtung durch manuelles Lüften ist kaum möglich, ohne dabei die hohen Investitionen in die Energieeffizienz der Gebäudehülle ad absurdum zu führen.

Trotzdem wird noch immer in manchen Neubauten darauf verzichtet. Dies ist weniger eine Frage des Systemgedankens, als der Unkenntnis über die Vorteile und Nutzen für die Gesundheit der Bewohner und die Substanzerhaltung des Gebäudes geschuldet.

Ich bin aber überzeugt, dass sich die Notwendigkeit dieses Systems aus Heizung und Lüftung zunehmend durchsetzen wird. Im Zuge der Digitalisierung und dem Trend zu Smart Home mit der Bedienung über eine App gewinnt ihr Einsatz beim Endkunden zudem an Fahrt. Das Handwerk wiederum bevorzugt klar ein abgestimmtes Systemangebot aus einer Hand.

Wie stellt sich die Situation im Moder­nisierungsbereich dar?

Bei der Modernisierung denken viele Verbraucher zunächst an die Gebäudehülle. Dagegen wäre die Erneuerung der Heizung in den meisten Fällen deutlich wirkungsvoller und erheblich günstiger. Wer die Gebäudehülle dämmt und vor allem die Fenster erneuert, sollte zudem auch eine kontrollierte Wohnraumlüftung einplanen. Die Einbausituation für ein zentrales Lüftungssystem ist hier jedoch manchmal schwierig.

Hier empfehlen sich dezentrale Anlagen, doch das Angebot effizienter und leiser Anlagen mit synchronem Zu- und Abluftbetrieb ist noch sehr überschaubar und die Effizienzangaben im dezentralen Bereich sind nicht standardisiert gemessen, was den Markt sehr unübersichtlich macht.

Bei Geräten mit wechselnden Luftrichtungen leidet der Komfort durch Zugerscheinungen und Umschaltgeräusche besonders, was dem Image von dezentralen Systemen nicht gerade zuträglich ist.

Thomas Kneip vor Lüftungsrohren.
Quelle: Robert Donnerbauer
Kneip: Die kontrollierte Wohnraumlüftung kommt immer noch nicht in jedem Neubau zum Einsatz.

Für den Bewohner ist das Wohlfühlklima aus Wärme, Kälte, Frischluft und Luftmenge entscheidend. Wieweit hat das in Deutschland dominierende Wärmeverteilsystem auf Basis von Wasser und Heizkörpern noch eine Zukunft? Nimmt stattdessen das Lüftungssystem die neue Schlüsselrolle ein?

Die Lüftung wird die neue Heizung? Das sehe ich sehr skeptisch. Der Wohlfühlanspruch in Deutschland ist sehr hoch, auch im europäischen Vergleich. Hierzulande haben es Häuser mit Luftheizung schwer. Sie werden dem gewohnten Komfortanspruch nicht gerecht. Stichworte sind Luftbewegung, kalte Fuß­böden, Geräusche. Ich glaube nicht, dass sie sich durchsetzen können. Die Vorteile der wassergeführten Heizung überwiegen.

Die ErP-Richtlinie stellt seit September 2015 Mindestanforderungen an die Energieeffizienz von Heizkesseln. Wieweit hat sich dies auf Ihr Produktsegment ausgewirkt? Bieten Sie zum Beispiel noch Niedertemperaturkessel an?

Ja, wir haben zum einen Bedarf auf internationalen Märkten wie China, zum anderen gibt es auch in Europa noch einen Markt für bestimmte Anwendungen in Mehrfamilienhäusern.

Sie sprechen die Ausnahmeregelung für Niedertemperaturkessel bei der Gasetagenheizung an. Niedertemperaturtechnik kann weiter verkauft werden, wenn mehrere Gasthermen mit einer Nennwärmeleistung von jeweils bis zu 10 kW für Heizzwecke und bei Kombiheizgeräten bis zu 30 kW für die Warmwasserbereitung an ein gemeinsames Abgassystem angeschlossen sind. Wie bewerten Sie diese Sonderbehandlung des Gassektors?

Ich verstehe dies nicht als Sonderbehandlung für die Gaswirtschaft, sondern als Investitionsschutz für Wohnungseigentümer. Natürlich ist die Effizienz extrem wichtig. Doch es wäre nicht verhältnismäßig, wenn alle Eigentümer in einem Haus verpflichtet würden, ihre vielleicht noch recht junge Therme auszutauschen, nur weil eine Partei im Haus ihre defekte Therme auf Brennwert umstellen muss – mit dem dann notwendigen Austausch des Abgassystems im ganzen Gebäude.

Für die Heizgeräteindustrie bedeutet dies im Bestand ein Plateau von geschätzt etwa 4 Mio. Gasthermen, die weiter in Heizwerttechnik ausgeführt sind.

Es wird sicherlich noch einige Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis hier eine Übergangslösung gefunden wird.

Blicken wir kurz auf die mit Stütztemperatur betriebenen alten Kessel-Schätzchen aus den 60er- und 70er-Jahren. Womit lässt sich der Endkunde Ihrer Meinung nach hier eher zu einer Modernisierung bewegen – mit politischen Vorgaben, dem Thema Klimaschutz, mit Energieeffizienz oder über Fördermittel?

Über Klimaschutz reden alle, solange sie nicht dafür bezahlen müssen. Auch das Argument der Energieeffizienz wird erst dann wieder ernst genommen, wenn steigende Öl- und Gaspreise zu erhöhten Heizkosten führen.

Meiner Meinung nach helfen von politischer Seite ausschließlich regulatorische Vorgaben. Fördermittel haben zudem einen Abwrackprämieneffekt. Das ist verschenktes Steuergeld. Davon halte ich gar nichts, dies bringt nur die Hersteller in Bredouille – mit Kapazitätsengpässen, übrigens auch beim Handwerk.

Noch dominieren bei den neuen Wärmeerzeugern Gas- und Öl-Geräte den Markt mit einem Anteil von über 80 Prozent. Wie lang kann dies noch so weitergehen? Welche Zukunft geben Sie dem klassischen Heizungsmarkt auf Basis von Öl und Gas?

Es könnte sein, dass dieser Anteil vorüber­gehend sogar noch wächst. Jährlich schwankt der Markt für neue Wärmeerzeuger zwischen 600.000 und 700.000 Anlagen. Bei 20 Mio. Wärmeerzeugern in Deutschland bedeutet dies, dass eine Heizung im Durchschnitt bislang alle 33 Jahre ausgetauscht wird. Moderne energieeffiziente Heizsysteme haben aber in der Regel einen kürzeren Lebenszyklus. Wir kommen bereits in die Phase, dass die erste Generation der Brennwertthermen aus den 90er Jahren in den Austausch kommt.

Daher ist zu erwarten, dass der jährliche Marktanteil von Gas im Bereich der Modernisierung über die nächsten zehn Jahre noch deutlich steigt. Im Neubau spielt Öl schon kaum eine Rolle mehr und Gas wird hier zugunsten von Wärmepumpen weiter Anteile verlieren. Ich bin mir sicher, dass der Anteil von Wärmepumpen im Neubau von derzeit rund einem Drittel aufgrund der regulatorischen Bewertung weiter steigen wird.

Welche Chance räumen Sie der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) im Wohnungssegment ein?

Der Charme der KWK liegt darin, dass sie beides macht: Wärme und Strom. Doch ich betrachte Produkte zunächst einmal unabhängig von aktuellen Förder-Rahmenbedingungen. Ich scheue mich vor Produkten, die sich nur rechnen, wenn es die aktuelle Förderpolitik gerade ergibt.

Und unter reinen Wirtschaftlichkeitsaspekten bin ich skeptisch, was die Chancen der KWK in kleineren Wohngebäuden betrifft. Im Einfamilienhaus habe ich zum Beispiel den ganzen Sommer über nicht den notwendigen Wärmebedarf. Hier rechnet sich ein Blockheizkraftwerk (BHKW) nicht.

Anders sieht die Situation aber im gewerblichen Bereich aus. Das unter dem Dach von WOLF Powersystems von den Tochterunternehmen Kuntschar + Schlüter sowie Dreyer & Bosse Kraftwerke angebotene Spektrum an BHKW verzichtet daher auf die kleinen Leistungsbereiche der Mikro-BHKW.

Mein Grundsatz für die Produktentwicklung bei WOLF lautet: Ich möchte nur Produkte im Portfolio haben, die ich auch meinem besten Freund empfehlen kann. Nicht die Technik soll verkauft werden, sondern die persönliche Wohlfühlatmosphäre für den Endkunden. Unser Messeauftritt auf der ISH stand daher auch ganz im Zeichen unserer Markenneupositionierung: "WOLF – Voll auf mich eingestellt".

Produkte von Wolf auf der ISH 2017.
Quelle: Robert Donnerbauer
Der Messeauftritt von WOLF auf der diesjährigen ISH stand im Zeichen der Markenneupositionierung: "WOLF – Voll auf mich eingestellt".

War deshalb das 2014 von WOLF vorgestellte kleine Blockheizkraftwerk mit 2 kW elektrischer Leistung auch 2015 schon nicht mehr im Programm?

Für uns steht der Nutzen für den Endkunden im Fokus. Und da betrachte ich den Nutzen und die Vorteile von Mikro-BHKW doch sehr zurückhaltend. Übrigens haben wir aus demselben Grund auch Pelletheizkessel aus dem Programm genommen. In den meisten Fällen dürfte ein effizienter Brennwertkessel, ob für Öl oder Gas, für den Endkunden wirtschaft­licher sein als eine Pelletheizung.

Wie schätzen Sie den deutschen Heizungsmarkt derzeit ein? Welche Entwicklungen/Bewegungen sind bereits zu erkennen und welche erwarten Sie bei den Produktsegmenten in naher Zukunft?

Wie gesagt wird im Neubau die Wärmepumpe allein schon aufgrund der regulatorischen Vorgaben an Bedeutung gewinnen. Pelletheizkessel werden weiter rückläufig sein. Solarthermie zeigt ebenfalls eine rückläufige Entwicklung – bei doch vorhandenem Potential. Allgemein geht angesichts der immer stärker gedämmten Häuser der Wärmebedarf immer weiter Richtung Brauchwasser – weniger Heizbedarf, mehr Warmwasser.

Wie geht es mit der Ölheizung weiter?

Die Ölheizung hat ihre Bedeutung vor allem im Bestand, in Regionen ohne Gasversorgung. Wenn hier eine Ölheizung ausfällt, wäre es unangemessen, eine Wärmepumpe vorzuschreiben. Denn dann müsste der Hausbesitzer eine Komplettsanierung durchführen, mit Dämmung und Flächenheizung. Der Aufwand und die Kosten sind immens. Dies wäre ein sehr heftiger regulatorischer Eingriff.

Nach Plänen der Bundesregierung soll Deutschland im Jahr 2050 rund 80 bis 95 Prozent weniger Treibhausgase emittieren als 1990. Von einer Elektrifizierungsstrategie und von einer dekarbonisierten Energiewelt ab 2030 ist die Rede. Kritiker warnen bereits vor Zwangsmaßnahmen mit Technologievorgaben. Starke finanzielle Belastungen für Hauseigentümer würden die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung gefährden. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Ich finde die Diskussionen zu digital – es gibt nur schwarz oder weiß, gut oder böse. Öl und Gas stehen quasi auf dem Index. Doch die Antwort ist meines Erachtens eher grau. Langfristig wird der Dämmstandard auch im Bestand sicher steigen. Dies ist ein großer Hebel, um den Heizwärmebedarf weiter zu reduzieren. Dies erfordert hohe Investitionen. Warum kann dann der restliche Heizbedarf nicht mit effizienten Öl- oder Gasbrennwertheizungen gedeckt werden.

Es wird sicherlich auch neue Entwicklungen und Konzepte geben. Die Richtung ist richtig, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Doch die Diskussion ist mir zu emotional. Wir beobachten und begleiten die Entwicklung. Für die nächsten zehn Jahre erwarte ich keine gravierenden Veränderungen. Man darf das Gas jetzt nicht verteufeln. Gerade im Gebäudebestand, ohne Außendämmung und ohne Fußbodenheizung, ist eine Gasbrennwertheizung erheblich effizienter in der Kosten- und Ökobilanz als eine Luft/Wasser-Wärmepumpe.

Die Themenwand Gas-Brennwert-Systeme auf der ISH 2017.
Quelle: Robert Donnerbauer
Themenwand Gas-Brennwert-Systeme von WOLF auf der ISH.

Wieweit kann das Heizungshandwerk den gestiegenen Anforderungen an Planung, Auslegung und Installation eines nachhaltigen Heizsystems noch gerecht werden?

Hier sind wir als Hersteller gefordert, das Handwerk entsprechend zu unterstützen, bis hin zur Inbetriebnahme. Hier gibt es viele neue Möglichkeiten bis hin zu Apps für die Regelung und den Service.

Weltweit schreitet die Digitalisierung ob in der Wirtschaft oder in der Gesellschaft immer schneller voran. Wie beobachten Sie diese Entwicklung? Welche Auswirkungen erwarten Sie für das Geschäft von WOLF?

Die Digitalisierung reicht von der Produktion über den Vertrieb bis hin zum Endkunden, sprich Hausautomation. Dies ist für den Fertigungsprozess nichts Neues. Seit Jahrzehnten nutzt man hier verschiedene Automatisierungstechniken. Neu ist hier der Einsatz von kollaborierenden Robotern, die mit Menschen zusammenarbeiten.

Generell automatisieren wir nicht um der Automatisierung willen. Jede Maßnahme muss sich auch rechnen. Wir analysieren dazu jeden Schritt prozessspezifisch. Auch bei der Kommunikation mit unseren Kunden, dem Großhandel und dem Handwerk, ist die Digitalisierung schon weit fortgeschritten, zum Beispiel mit dem Großhandel bei der Datenübermittlung im Bestellungs- und Rechnungswesen.

Das installierende Handwerk wird, wie erwähnt, bei der Inbetriebnahme der immer komplexer werdenden Systeme, beim Service, bei der Fehlersuche oder bei der Ersatzteil­identifikation durch moderne elektronische Systeme unterstützt, die wir auch auf der ISH vorgestellt haben.

Der Begriff des intelligenten Hauses, des "Smart Home" macht die Runde. Wartet der Endverbraucher in Deutschland wirklich darauf, endlich tagtäglich seine Heizung per Smartphone beobachten und bedienen zu können?

Das ganze Thema App ist derzeit mehr eine Notwendigkeit, weil viele Verbraucher alles mit dem Smartphone machen wollen und einige Anbieter hier Möglichkeiten für viele Spielereien sehen. Auch wir bieten hier eine Lösung für Endverbraucher und das Handwerk an, bei der mit nur einer App das ganze System aus Heizung, Lüftung und Klimatisierung bis hin zur Solarthermie bequem gesteuert werden kann.

Aber wenn wir ehrlich sind: Für die meisten Endverbraucher ist dies ein "nice-to-have". Ich sehe dies als vorübergehenden Trend. Aktuell wird viel Wert da­rauf gelegt. Es kann durchaus sein, dass es Kaufentscheidungen mit beeinflusst. Einige finden es vielleicht interessant, nachzuschauen wieviel Ertrag die Solaranlage an einem sonnigen Tag gebracht hat.

Aber ich glaube nicht, dass im Alltag regelmäßig nach dem Wärmeerzeuger geschaut wird. Man beschäftigt sich doch mit der Heizung nur dann, wenn sie nicht funktioniert oder wenn die Raumtemperaturen nicht passen. Wir müssen es schaffen, dass der Endkunde gar nicht mehr merkt, dass er eine Heizung hat. Das bedeutet für mich Hausautomation. Ein lernendes System sorgt dafür, dass in jedem Raum die gewünschte Temperatur vorherrscht und der Installateur über auftretende Fehler sofort informiert werden kann.

Wird dabei dem Thema IT-Sicherheit, sprich Cyber-Kriminalität, genügend Beachtung geschenkt?

Von Herstellerseite kann ich nur für WOLF und Centrotec sprechen: Wir legen höchsten Wert darauf, dass einerseits keine Daten unerwünscht nach draußen dringen und andererseits keine sicherheitsrelevanten Parameter der Heizung von außen beeinflusst werden können.

Cyber-Kriminalität ist ein wichtiges Thema, das noch viel zu wenig beachtet wird. Wenn jemand seine Haustür auf das Hausautomationssystem einbindet und nicht weiß, wo seine Daten gespeichert sind, geht er natürlich ein Risiko ein. Das muss ihm bewusst sein. Man ist doch noch sehr unbedarft im Umgang mit Daten. Wir werden an dieser Stelle jedenfalls keine Risiken eingehen.

Von Robert Donnerbauer
Redaktion, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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