Wärme

Verteilung frisst Energie

Pfiffiges dezentrales Wärmepumpenkonzept im Mehrfamilienhaus

Mittwoch, 04.08.2021

Viele Mehrfamilienhäuser haben deutlich zu hohe Heizkosten, meint Ulrich Konen, Heizungsfachmann und Partner des Wärmepumpenherstellers alpha innotec. Er hat ein Konzept entwickelt, mit dem eine durchschnittliche Wohnung mit weniger als 400 Euro Heizkosten im Jahr auskommt – einschließlich der Brauchwarmwasserbereitung.

Foto: Im neuen Mehrfamilienhaus in Meerbusch übernehmen dezentral installierte Sole/Wasser-Wärmepumpen die Beheizung und Brauchwarmwasserbereitung.
Quelle: alpha innotec
In diesem neuen Mehrfamilienhaus in Meerbusch nahe Düsseldorf mit 18 Wohneinheiten übernehmen dezentral installierte Sole/Wasser-Wärmepumpen die Beheizung und Brauchwarmwasserbereitung.

Ulrich Konen ist ein alter Hase im Heizungsfach. Wenn es um den Einsatz von Wärmepumpen geht, macht dem Inhaber und Geschäftsführer der Lumitronic GmbH in Kempen so schnell keiner etwas vor. Seit gut 20 Jahren installiert der Lumitronic-Chef mit seinem Team fast ausschließlich Wärmepumpen aus dem Hause alpha innotec. Im Jahre 2019 hatte ihn der Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP) als „Wärmepumper des Jahres“ ausgezeichnet. Und ein von ihm realisiertes Projekt – Erdwärmeversorgung für einen denkmalgeschützten Altbau aus dem 18. Jahrhundert – hat der Verband zudem unlängst als „mustergültig“ ausgezeichnet und mit dem ersten Platz im Rahmen des BWP-Jubiläumswettbewerbs bedacht.

„Eigentlich ist es ganz einfach“, bringt Konen eine erfolgreiche Heizungs- bzw. Wärmepumpeninstallation auf den Punkt: „Alles weglassen, was Energieverluste erzeugt.“ Der entscheidende Hebel dabei sei die Wärmeverteilung. „Bei der Beheizung eines Gebäudes treten heute im Schnitt 25 bis 30 Prozent Wärmeverteilverluste auf.“ Beim Brauchwarmwasser liege dieser Wert nicht selten sogar zwischen 50 und 70 Prozent – „je nachdem wie ungeschickt man sich anstellt“, schmunzelt Konen.

Die logische Konsequenz: Man muss die Wärme möglichst nah an der Stelle erzeugen, an der sie verbraucht wird. Damit verringern sich die Verteilverluste automatisch. „Und es lassen sich noch einige durchaus erwünschte Nebeneffekte erzielen“, so Ulrich Konen.

Foto: Jede Wohnung besitzt eine eigene Erd-Wärmepumpe - dementsprechend ist jeder Wohnungseigentümer oder Mieter für den Betrieb sowie die Abrechnung selbst verantwortlich.
Quelle: alpha innotec
Jede Wohnung und jeder Wohnungseigentümer oder Mieter besitzt seine eigene Erd-Wärmepumpe und ist dementsprechend auch für den Betrieb sowie die Abrechnung selbst verantwortlich.
Foto: Meerbuscher Mehrfamilienhaus mit 18 Erdbohrungen - die Verteilung der Sole zu den Wärmepumpen erfolgt von der Tiefgarage aus.
Quelle: alpha innotec
Im Meerbuscher Mehrfamilienhaus wurden 18 Erdbohrungen vorgenommen. Von der Tiefgarage aus erfolgt die Verteilung der Sole zu den Wärmepumpen.

Wärme vor Ort erzeugen und nutzen

Jüngstes Beispiel, bei dem er dieses Konzept umgesetzt hat, ist ein Mehrfamilienhaus in Meerbusch nahe Düsseldorf mit 18 Wohneinheiten. Es ist seit Ende 2020 fertiggestellt. „Anstatt eine zentrale Wärmepumpe zu installieren, die alle 18 Wohnungen versorgt, haben wir unter der Tiefgarage, natürlich ehe sie gebaut wurde, 18 Erdbohrungen vorgenommen. Über die versorgen wir jeweils eine alpha innotec Wärmepumpe pro Wohnung mit Erdwärme.“

Das habe unabhängig von der Wärmeverteilung den Charme, „dass bei einer eventuellen Störung des Erdwärmeflusses nur eine Wohnung betroffen ist. Ein wichtiger Punkt für einen Erwerber oder Betreiber ist außerdem, dass die Heizungsanlage kein Gemeinschaftseigentum mehr ist: Jede Wohnung hat ihre Teilungserklärung und jeder Wohnungseigentümer oder Mieter hat seine eigene Heizung, um die er sich selbst kümmert. Er ist für den Betrieb seiner Wärmepumpe selbst verantwortlich und bezahlt den Strom, den er damit verbraucht, ganz einfach mit seiner Stromrechnung“.

Hinzu kommt, so Konen: „Gerade mit Wärmepumpen ist eine zentrale Brauchwarmwasserbereitung eine extrem sportliche Herausforderung.“ Denn die Versorgung über eine Großanlage ab drei Wohneinheiten unterliege strengen Auflagen. So verlange die Trinkwasserverordnung, dass das Wasser den Warmwasserspeicher mit mindestens 60 °C verlassen müsse und im Leitungssystem dürfe die Wassertemperatur um nicht mehr als 5 °C abfallen. Das alles müsse der Betreiber der Anlage sicherstellen und regelmäßig kontrollieren.

Ein dezentraler Warmwasserspeicher hingegen mit einem Volumen von 180 bis 200 Litern, wie er üblicherweise in einer kompakten Wärmepumpe integriert ist, gilt als Kleinanlage. Und solche Kleinanlagen fallen nicht unter die Bestimmungen der Trinkwasserverordnung und sind damit auch von der regelmäßigen Kontrollpflicht ausgenommen.

Eine dezentrale Brauchwarmwasserversorgung besitzt also mehrere Vorteile:

▪ Vorkehrungen, Vorgaben der Trinkwasserverordnung betreffend, entfallen in der Regel. Statt der sonst erforderlichen 60 °C reicht es in der Regel, wenn die Wärmepumpe Trinkwarmwasser mit einer Temperatur von 50 °C liefert.

▪ Die Bereitung von Brauchwarmwasser und die Abrechnung der dafür anfallenden Energiekosten obliegen dem jeweiligen Wohnungseigner oder -mieter.

▪ Es entstehen so gut wie keine Verteilverluste.

Ulrich Konen betont einen weiteren energetischen Aspekt: „Für eine Flächenheizung, wie sie in modernen Häusern und Wohnungen üblich ist, reicht eine Heizkurveneinstellung bei 32 °C, wenn die Wärme direkt vor Ort erzeugt wird. Bei einer zentralen Lösung brauche ich 40 °C oder mehr. Jedes Grad Celsius, um das ich die Heizkurve höher stelle, bedeutet rund 2,5 Prozent höhere Heizkosten. Acht Grad Unterschied sind also 20 Prozent mehr Energiebedarf und höhere Betriebskosten.“

Flächenheizung als Pufferspeicher

Auch das Thema Pufferspeicher biete Optimierungspotential: „Wir nutzen die Fußbodenheizung als Pufferspeicher und regeln die Anlage mit einem hydraulischen Abgleich ein. Damit wird ein zusätzlicher Pufferspeicher unnötig – auch das spart Energie. Außerdem kommen wir in der Praxis ohne Einzelraumregelung aus. Dazu stellen wir einfach einen Antrag auf Befreiung von der Einzelraumregelung.“

In den vergangenen Jahren hat Ulrich Konen mit seinem Lumitronic-Team rund 60 Wohnungen mit dezentralen Wärmepumpen ausgestattet. Mit seinem Konzept erreiche er mit den alpha innotec Wärmepumpen eine durchschnittliche Jahresarbeitszahl (JAZ) von 4,6. „Wir überprüfen jede von uns installierte Anlage nach einem Jahr und schauen uns dabei natürlich auch die Betriebskosten an. Bei Wohnungen zwischen 80 und 110 m² liegen wir im Mittel bei 10 Euro Heizkosten und 13 Euro Warmwasserkosten pro Monat. Das heißt, die von uns ausgestatteten Wohnungen lassen sich mit 300 bis 350 Euro pro Jahr, maximal 400 Euro pro Jahr, komplett beheizen und mit Brauchwarmwasser versorgen.“

Er kenne Wohnungseigner, die diesen Umstand nutzen, indem sie ihre Wohnungen warm vermieten und dafür einen Euro pro Monat und Quadratmeter auf die Kaltmiete aufschlagen. „Sie zahlen bei einer Hundert-Quadratmeter-Wohnung maximal 400 Euro Heizkosten im Jahr und nehmen 1.200 Euro mehr ein.“

Wichtig, so Konen, sei es, sich bereits in der Planungsphase mit dem Architekten zusammenzusetzen, um den verfügbaren Platz optimal zu nutzen. Meist könne man dann die Wärmepumpe im Hauswirtschaftsraum neben Waschmaschine und Trockner platzieren. „Und da Mehrgeschoss-Neubauten heute immer auch mit Aufzug gebaut werden, kann man praktisch immer den Versorgungsschacht hinter dem Aufzug nutzen, um beispielsweise die Sole zu den Wärmepumpen in den Wohnungen zu bringen.“

Foto: Ulrich Konen, Inhaber und Geschäftsführer der Lumitronic GmbH.
Quelle: alpha innotec
"Wir nutzen die Fußbodenheizung als Pufferspeicher und regeln die Anlage mit einem hydraulischen Abgleich ein. Damit wird ein zusätzlicher Pufferspeicher unnötig – auch das spart Energie. Außerdem kommen wir in der Praxis ohne Einzelraumregelung aus. Dazu stellen wir einfach einen Antrag auf Befreiung von der Einzelraumregelung," erläutert Ulrich Konen eines der vielfältigen Optimierungspotentiale bei Wärmepumpeninstallationen.

Fazit: Betriebskosten stärker beachten

Nach seiner Erfahrung, erklärt Ulrich Konen, werde bislang bei neuen Bauprojekten zu sehr auf die Erstellungskosten und zu wenig auf die künftigen Betriebskosten geachtet. „Das muss sich aus meiner Sicht ändern, denn die Nebenkosten einer Wohnung sind ein wesentliches Kriterium für eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung und deren Vermietbarkeit. Und gerade bei der Wärmeversorgung haben wir noch jede Menge Luft nach oben!“

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