Wärme

Überströmventile richtig einsetzen und verstehen

Störungsfreien und sicheren Brennwertbetrieb gewährleisten

Mittwoch, 12.11.2014

Überströmventile – manche bezeichnen sie als historisches Relikt, manche schreiben ihnen eine Minderung des Brenn­werteffektes zu, für andere sind sie das einzige Mittel, um Gas-Brennwertgeräten das wünschenswerte Quäntchen Sicherheit mehr zu geben. Richtig sind prinzipiell alle Meinungen. Doch was steckt wirklich hinter dem Überström­ventil? Wo wird es wie eingesetzt und welchen Zweck erfüllt es?

Ein eingebautes Überströmventil.
Quelle: Vaillant
Überströmventile können herstellerseitig schon im Gerät beziehungsweise in den Anschlusszubehören integriert sein.

Überströmventile erfüllen primär einen wichtigen Zweck: Sie begrenzen den Förderdruck von konventionellen Umwälzpumpen und halten so die Druckdifferenz in einer Heizungsanlage konstant. Wichtig war beziehungsweise ist diese Funktionalität insbesondere bei ein- und zweistufigen Pumpen, die sich nicht an den benötigten Druck in der Anlage anpassen können, wie dies mittlerweile bei stufenlos geregelten Umwälzpumpen möglich ist.

Gleichzeitig sichert das Überströmventil auch als Regulierorgan den Mindest-Wasserumlauf im Wärmeerzeuger, der besonders bei wandhängenden Geräten mit geringem Wasser­inhalt wichtig war.

Überströmventile können herstellerseitig schon im Gerät beziehungsweise in den Anschlusszubehören integriert sein oder als bauseitiges Zubehör eingesetzt werden. Installiert werden sie in der Regel zwischen Vor- und Rücklauf, bei Wärmeerzeugern ohne Mischventil ist auch der Einbau zwischen Druck- und Saugseite parallel zur Umwälzpumpe möglich.

Wenn im jeweils angeschlossenen Heizkreis nur eine geringe Wärmeabnahme besteht, öffnet sich das Differenzdruck-Überströmventil und begrenzt dadurch den Förderdruck ein-, beziehungsweise zweistufiger Umwälzpumpen. Zusätzlich sorgt das Überströmventil für einen Mindestvolumenstrom im Kesselkreislauf, um die Wärme abzuführen, die im Heizverteilnetz aktuell nicht benötigt wird. Anderenfalls könnte es kurzfristig ggf. zu einer Überhitzung des Wärmeerzeugers kommen.

Überströmventile in Altanlagen mit einstufiger Pumpe

Die betriebsbedingte Nutzung des Überströmventils war früher vor allen Dingen im Betriebszustand der Übergangszeiten im Jahr der Fall. Der Wärmebedarf im Gebäude war dann relativ gering, der Wärmeerzeuger verfügte aber über eine einfache einstufige Pumpe, die für die Normheizlast ausgelegt war.

Das heißt: Bei rund –20 °C musste die Pumpe alle geöffneten Heizkörper versorgen können. In der Übergangszeit waren aber gegebenenfalls nur zwei Heizkörper im Bad und Wohnzimmer zu bedienen.

Das Resultat: Der Volumenstrom im System war zu hoch, der Gegendruck stieg und das Überströmventil öffnete sich, um diesem Druck entgegen zu wirken. Der Effizienzverlust durch nicht genutzte Kondensation, sprich: der verlorene Brennwertnutzen war hier relativ gering, weil sich die Vorlauftemperatur in der Übergangszeit auf niedrigem Niveau befand.

Steuern ließ sich dieser Einschaltpunkt des Überströmventils durch den Differenzdruck, der sich in einem Bereich von zum Beispiel 170 bis 350 mbar stufenlos oder schrittweise einstellen ließ.

Darüber hinaus verringerte das Differenzdruck-Überströmventil auch die eventuellen Drosselgeräusche an Thermostatventilen. Oft wurde auch versucht, mithilfe des Überströmventils eventuelle hydraulische Probleme in der Gesamtanlage zu lösen.

Eine Altanlage mit Überströmventil.
Quelle: Vaillant
Ein Großteil der Altanlagen am Markt ist hydraulisch nicht abgeglichen und es sind alte einstufige Pumpen verbaut. Hier bietet ein Überströmventil Sicherheit in extremen Betriebszuständen.

Kurz gesagt: In konventionellen Wärmeerzeugern mit geringem Wasser­inhalt kann das Überströmventil Vor- und Rücklauf kurzschließen, um einen vorgegebenen Mindestvolumenstrom abzusichern, der wiederum notwendig ist, um ein eventuelles Überhitzen des Wärmeerzeugers zu verhindern.

Dass dadurch natürlich die Rücklauftemperatur erhöht wird und gerade bei Brennwertanlagen das "Delta-t" und damit der Brennwerteffekt sinken, ist unbestritten.

Überströmventile und die Brennwerttechnik

"Das Überströmventil hat sich von seiner historisch gewachsenen Aufgabenstellung ausgehend jedoch neu entwickelt. Standen zunächst die Regulierfunktion für den Mindestwasserumlauf als Überhitzungsschutz und die Absicherung der Pumpe beim Arbeiten gegen geschlossene Ventile im Vordergrund, ist es aktuell zu einem Teil des umfassenden Sicherheitskonzeptes moderner Brennwertgeräte für extreme Betriebszustände geworden", beschreibt dazu Andreas Christmann, Leiter Produkt und Marketing bei Vaillant Deutschland die aktuellen Aufgaben von Überströmventilen.

"Durch die permanente Weiterentwicklung der Gerätetechnologie und der schneller ansprechenden, feinfühligeren Sensorik werden derartige Bauteile zukünftig nicht mehr in den Geräten und Zubehören zwangsweise notwendig sein. Gleichzeitig können schon heute einige denkbare extreme Betriebszustände mit innovativen Technologien konstruktiv abgesichert werden. Aktuell befinden wir uns auf einem Zwischenschritt dahin, der auch anlagenseitig durch die immer noch häufig anzutreffenden, hydraulisch nicht abgeglichenen Anlagen durchaus Sinn macht."

Der positive "Nebeneffekt" aus diesen Anstrengungen der Hersteller ist einfach und prägnant: Künftig werden Gas-Brennwertgeräte in einer noch größeren Bandbreite modulieren können. Die Sensorik wird noch umfassender und die Pumpensteuerung wird sich noch exakter an den Wärmeanforderungen der Betreiber ausrichten. Die Quintessenz dieser Fakten: Gas-Brennwertgeräte werden dann neue Effizienz-Maßstäbe setzen können.

Dass aktuell auf diesem Weg Überströmventile noch als technologischer Zwischenschritt benötigt werden, um jederzeit – bei allen Anlagen- und Gerätebetriebszuständen – einen sicheren Betrieb zu gewährleisten, beweist auch das klare Statement von proKlima. Hier sind beispielsweise die wandhängenden Gas-Brennwertgeräte "ecoTECplus" oder die bodenstehenden "ecoCOMPACT" und "auroCOMPACT" der Serie 3 bis 5 mit einer modifizierten Geräteelektronik und geändertem Überströmventil in voller Höhe förderfähig.

Schema des Gas-Brennwertsystems
Quelle: Vaillant
Vaillant konnte gegenüber "proKlima" nachweisen, dass die eingesetzten Überströmventile, etwa im neuen "ecoCOMPACT", als reine zusätzliche Sicherheitsorgane fungieren.

"Wir konnten nachweisen, dass unser Überströmventil als rein zusätzliches Sicherheitsorgan fungiert und nur anspringt, wenn extreme Sicherheitsbedingungen oder Kalibrierungen dies notwendig machen", formuliert dazu Christmann. "Dies ist bei modernen Gas-Brennwertgeräten aber in 99,9 Prozent der Betriebszeit nie der Fall."

Die gesamte Sicherheits- und Geräteschutzfunktionskette heutiger Brennwertgeräte des Unternehmens ist auf einen Wasserumlauf angewiesen. Dieser wird durch aufwendige Sensorik im Gerät erfasst und durch neue Pumpenprogramme auch bei niedrigsten Volumenströmen sichergestellt.

Das Gerät versucht zuerst, abhängig von der Wärmeanforderung und Anlagenhydraulik, über die internen Mechanismen die Pumpen- und Brennerleistung anzupassen und "normal" abzuschalten. In Extremzuständen, zum Beispiel bei einer plötzlichen Absperrung des Heizkreises oder Lufteintrag in eine Dachzentrale, öffnet der Bypass aufgrund des stark und schnell erhöhten Differenzdrucks und stellt so einen Mindestumlauf sicher. Hierdurch sei eine sichere Abschaltung des Systems ohne Schäden am Wärmeerzeuger jederzeit gewährleistet.

Trotzdem haben aber viele Hersteller gerade aufgrund der "proKlima"-Förderbedingungen auf ein Überströmventil in ihren Produkten oder Zubehören verzichtet. "Wir wissen sehr genau, welche Komplexität hinter Verbrennungsprozessen steht und welche Sicherheitszu­stände in Extremfällen möglich sein könnten", so Christmann weiter. "Eine wichtige Aufgabe unserer Entwicklungsabteilung ist es, jeden denkbaren Betriebszustand zu testen und auch in allen Extremsituationen 100-prozentig sicheren Anlagen­betrieb zu gewährleisten."

"Das sind äußerst komplexe Vorgänge, die sich aktuell nur durch ein Überströmventil absichern lassen. Bewusst sehen wir dabei die Praxis am Markt ohne jegliches Wunschdenken: Ein Großteil der Altanlagen ist nun einmal nicht hydraulisch abgeglichen und Heizkörper verfügen über völlig unterschiedliche Volumenströme", beschreibt Christmann. "Es sind alte Pumpen verbaut, bei denen ein großer Volumenstrom umgewälzt wird oder die Anlage wird mit sehr hohen Temperaturen und geringen Systemspreizungen gefahren. Das ist Alltag, wenn ausschließlich der Wärmeerzeuger getauscht wird, ohne dass ein Eingriff in die gesamte Heizanlage erfolgt. Genau hierbei bedeutet ein Überströmventil Sicherheit."

Deswegen bieten zahlreiche Hersteller Wärmeerzeuger zwar ohne Überströmventil an, führen es jedoch in den optionalen Ergänzungen auf.

"Wir gehen hier aktuell bei den heutigen 'ecoTECplus'- und Kompaktgeräten der Serie 3 bis 5 bewusst einen anderen Weg und installieren im Auslieferzustand aus Sicherheitsaspekten ein Überströmventil, haben dies aber wie beschrieben bei proKlima auch begründen können", erläutert Christmann weiter den Weg des Remscheider Unternehmens. "Bei den neuen Kompaktgeräten kann das federbelastete Überströmventil im Gerät bei Bedarf einfach vor Ort durch den werksseitig beiliegenden Stopfen ausgetauscht und damit komplett stillgelegt werden."

Diagramm.
Quelle: Vaillant
Bei den aktuellen Vaillant-Kompaktgeräten lässt sich die Restförderhöhe über das Gerätemenü elektronisch begrenzen.

Überströmventile als reines Sicherheitsorgan

Bei den neuesten Geräten der "COMPACT"-Serie lässt sich die Restförderhöhe direkt über das Gerätemenü auf bis zu 100 mbar bei 100 l/h elektronisch begrenzen. Dank neuer elektronischer Überwachung und Steuerung behält die Pumpe die eingestellte Restförderhöhe über die gesamte Leistungsbandbreite bis zur maximalen Fördermenge nahezu konstant. Diese Einstellungen eignen sich ­besonders für hydraulisch entsprechend optimierte und perfekt abgeglichene Heizungsanlagen. Die abgesenkten Pumpenleistungen sorgen dann gleichzeitig für zusätzliche Energieeinsparung.

Für ältere Heizanlagen wird dagegen oft empfohlen, die Vorlauftemperatur so gering wie möglich einzustellen, um den negativen Effekt von Überströmventilen zu verringern.

Dies ist prinzipiell richtig, denn bei einem möglichen Öffnen des Überströmventils erhöht sich die Rücklauftemperatur nicht über den Taupunkt, sodass keine Kondensation mehr möglich wäre. Jedoch werden generell Anlagen mit geringer Rücklauftemperatur effizienter sein und eine bessere Kondensation gewährleisten, weil innerhalb des Systems eine hohe Leistung übertragen wird. Hierzu kann aber nicht die Rücklauftemperatur isoliert betrachtet werden, sondern es ist gleichermaßen der Volumenstrom der Anlage relevant.

"Generell sehe ich es aber als kontraproduktiv an, einfach die Heizkurve zu verändern, um so die Vorlauftemperatur zu senken", erläutert Christmann dazu. "Maßgeblich sind für Vaillant hierbei der Komfort des Kunden und die erforder­liche Heizlastberechnung. Oft wird jedoch in Gebäuden mit dem sogenannten "Angstzuschlag" gearbeitet und die Heizkurve höher eingestellt, als es erforderlich wäre. Wir fordern in jedem Fall eine normgerechte Berechnung der Heizlast eines Gebäudes, die Abstimmung des Heizgerätes darauf, eine entsprechende Einstellung der Heizkurve und einen hy­d­raulischen Abgleich des Heizsystems."

Neue zukunftsweisende Komfortfunktionen, wie zum Beispiel die automatische Teillastanpassung des Heizgerätes und die automatische Heizkurvenanpassung des Reglers, helfen bei falscher Einstellung oder schwankenden Nutzeranforderungen, stets die optimale Effizienz des Gerätes beizubehalten.

Hydraulische Weichen richtig planen und einsetzen

Doch auch hydraulische Weichen und Pufferspeicher werden oftmals als kritische Komponenten hinsichtlich der Effizienz eines Heizsystems ­gesehen. Hintergrund dabei ist, dass alle Heizanlagen, die eine Zwangsumströmung beinhalten, dem Effizienzgedanken widersprechen können. ­

Tatsächlich führt aber der aus dem Markt geforderte Trend zu kleinen Wärmeerzeugern mit hoher Leistung dazu, dass vergleichsweise kompakte Wärmeübertrager zum Einsatz kommen, die in kurzer Zeit erhebliche Energiemengen übertragen müssen. Hier muss in jedem Fall ein entsprechender Volumenstrom gesichert sein, wenn etwa bei einem extre­men Betriebszustand die Leistung von 45 auf 0 kW absinkt. Wird jedoch zum Beispiel bei größeren Gebäuden mit geringen Vorlauftemperaturen und hohem Umlaufmassenstrom die komplette Wassermenge über einen kompakten Wärmeübertrager geführt, erhöht sich der Druckverlust deutlich und es muss eine leistungsfähigere Pumpe mit höherem Verbrauch eingesetzt werden.

Ein Überströmventil von Vaillant.
Quelle: Vaillant
Bei den neuen Kompaktgeräten von Vaillant kann das federbelastete Überströmventil einfach durch einen beiliegenden Stopfen ausgetauscht und damit komplett stillgelegt werden.

"Genau hier sollten hydraulische Weichen zum Einsatz kommen, das heißt, das Heizgerät von der Anlage entkoppelt werden", beschreibt Christmann die praktikable Lösung. "Ist beispielsweise ein Volumenstrom von 5.000 Litern pro Stunde erforderlich, durch das Heizgerät aber nur 3.800 Liter machbar, wird es in der hydraulischen Weiche niemals zu einem Bypass kommen, der die Rücklauftemperatur anhebt. Diesen Betriebszustand kann ich durch eine fachlich korrekte Berechnung und Einstellung der Anlage entsprechend herbeiführen. Die Alternative wäre ein Kessel mit einem großen eigenen Wasserinhalt."

Fazit

Überströmventile haben sich, von den Aufgaben der Regulierfunktion für den Mindestwasserumlauf als Überhitzungsschutz und die Absicherung der Pumpe beim Arbeiten gegen geschlossene Ventile ausgehend, weiter entwickelt.

Aktuell bildet das Überströmventil im Zusammenhang mit kompakten, aber sehr leistungsstarken Wärmeübertrager und komplexen hydraulischen Gegebenheiten von Altanlagen ein notwendiges Element der überzeugenden Sicherheitskette, um den störungsfreien Gerätebetrieb auch unter denkbaren Extremzuständen sicher gewährleisten zu können.

Ein Überströmventil von Vaillant.
Quelle: Vaillant
Überströmventile bilden aktuell einen technologischen Zwischenschritt, um bei allen Anlagen- und Gerätebetriebszuständen einen sicheren Betrieb zu gewährleisten.

Durch die permanente Weiterentwicklung der Gerätetechnologie und einer immer besseren Sensorik werden derartige Bauteile zukünftig nicht mehr in den Geräten und Zubehören zwangsweise notwendig sein.

Von Martin Schellhorn
Fachjournalist

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