Wärme

So heizt Deutschland

Unterschiede bei installierten Heizsystemen zwischen Nord und Süd

Freitag, 03.06.2022

Eines ist klar: Die Deutschen kann man nicht über einen Kamm scheren. Jede Region hat eigene, typische Merkmale und Traditionen.

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Quelle: Buderus
Analysiert man das Heizverhalten der Deutschen in Bestandsgebäuden, lässt sich die Bundesrepublik in vier Heizregionen einteilen.

Bayern grenzt sich kulinarisch beispielsweise mit dem „Weißwurstäquator“ entlang des 49. Breitengrads vom „Rest Deutschlands“ ab. Und für die Bewohner im hohen Norden ist alles jenseits der Elbe „Süddeutschland“.

Trotz dieser klischeebehafteten und nicht immer ganz ernst gemeinten Abgrenzungen gibt es aber auch tatsächliche Unterschiede: Der Heizsystemexperte Buderus hat auf Basis der regional verwendeten Heiztechnologien im Neubau und Bestand das Heizverhalten in verschiedenen Regionen verglichen und kommt zu dem Schluss, dass man den benachbarten 50. Breitengrad im Bestand als „Heizöläquator“ und im Neubau als „Wärmepumpenäquator“ bezeichnen kann. Denn welcher Wärmeerzeuger im Heizraum steht, ist in Deutschland beinahe so unterschiedlich wie die regionalen Traditionen.

Teil 1: Heiztechnikbestand 2020

Stattet man in der Bundesrepublik einem willkürlichen Haushalt einen Besuch ab und begutachtet dabei die Heizanlage, stößt man mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein mit Erdgas betriebenes Gerät: Unangefochtener Spitzenreiter bei den zum Heizen genutzten Energieträgern im Bestand ist in 14 Bundesländern Erdgas – durchschnittlich 50 Prozent*. Es befeuert vor allem Zentralheizungen, Etagenheizungen oder Gasöfen.

Bayern und Baden-Württemberger bevorzugen eine „Extra-(Weiß-)Wurst“: Sie heizen noch vorrangig mit Öl. Dieser Brennstoff landet auch im bundesweiten Vergleich auf dem zweiten Platz (28 Prozent) und wird klassischerweise für Zentralheizungen und Ölöfen genutzt. Obwohl der Lieblingswärmeträger in Deutschland Erdgas ist, lässt sich das Heizverhalten des Gebäudebestands 2020 in vier geografische Regionen einteilen: Stadtstaaten, Nordwesten, Nordosten und Süden des Landes.

Doch wie kommt es zu diesen regionalen Unterschieden? Wie deutsche Hausbesitzer heizen, ist stark von technischen und infrastrukturellen Faktoren abhängig. Wichtig sind, laut einer Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), unter anderem Siedlungsdichte und vorhandene Versorgungsleitungen (vgl. www.bdew.de/energie/ studie-wie-heizt-deutschland ). Ein genauerer Blick auf die vier großen Heizregionen gibt Aufschluss.

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Quelle: Buderus
Die Stadtstaaten bilden eine Heizregion in Deutschland.

Stadtstaaten

In den deutschen Stadtstaaten sind Gasheizungen äußerst beliebt: In Bremen heizen 62 Prozent der Bestandgebäude mit Gas. Aber auch Fernwärme ist in Hamburg, Bremen und Berlin weit verbreitet. Das Berliner Fern-wärmenetz gilt als das größte in Westeuropa und wird europaweit lediglich von Warschau und Moskau über-troffen. Rund ein Viertel der Berliner Wohnungen und Gebäude beheizen so ihre Räumlichkeiten. Unter Fern-wärme versteht man die Versorgung von Gebäuden mit thermischer Energie, die direkt von den Energieversorgern – über in der Erde verlegte und isolierte Rohrleitungen – an die angeschlossenen Wohngebäude geliefert wird. Dort kommt die Fernwärme „gebrauchsfertig“ an. Üblicherweise wird die Energie im Heizkraftwerk durch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gewonnen, das heißt, die Wärme entsteht als praktisches Nebenprodukt der Stromproduktion.

Weil der Wärmetransport über Leitungen Energieverluste bedeutet, werden die Fernwärmenetze ab einer bestimmten Länge immer ineffizienter. Wenn viele Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen sind, lohnt sich diese Form der Energieversorgung besonders. Daher kommt sie in Deutschland hauptsächlich in Ballungszentren vor, in weniger dicht besiedelten Gebieten ist Fernwärme kaum verbreitet. Dennoch gibt es deutschlandweit rund 1.400 Fernwärmenetze mit einer Gesamtlänge von mehr als 20.000 Kilometern.

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Quelle: Buderus
So heizt der Süden Deutschlands im Bestand.

Süden

Wenn die kalte Jahreszeit in den südlichen Bundesländern, wie Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, ein-kehrt, springen häufiger Öl-Zentralheizungen an. Grund dafür ist das weniger dicht ausgebaute Gasnetz in süd-deutschen Regionen. Laut BDEW sind derzeit 5,8 Millionen Gebäude in Deutschland ölversorgt, 2,7 Millionen dieser Gebäude ließen sich relativ einfach an das vorhandene Gas- oder Fernwärmenetz anschließen.

Doch Ölheizungen haben auch ihre Vorteile: Sie gelten seit Jahrzehnten als bewährte Heiztechnik. Obwohl Deutschland selbst über kein Ölvorkommen verfügt, importiert es den Brennstoff aus über 30 Förderländern.

Die Ölheizung im Haus zu erneuern, ist laut Gebäudeenergiegesetz (GEG) bei über 30 Jahre alten Heizkesseln verpflichtend – mit Ausnahmen. Doch auch wenn der Bestandskessel noch einige Jahre laufen könnte, gibt es gute Gründe, rechtzeitig aktiv zu werden: Mit ineffizienten, ungünstig dimensionierten Ölkesseln verbrauchen Hausbesitzer täglich deutlich mehr als nötig. Das gilt oft schon für Heizkessel, die älter als 20 Jahre sind. Brennwerttechnik ist hier eine kostengünstige Alternative: Öl-Brennwertheizungen oder Öl-Brennwert-Hybridlösungen, im System etwa mit einer Wärmepumpe, nutzen auch die Energie aus dem Abgas zur Wärmeerzeugung und arbeiten so effizient.

Außer Ölheizungen fällt im Süden eine weitere Heiztechnik ins Auge: Im Vergleich zum Rest Deutschlands haben Holzpellet-Öfen in Baden-Württemberg und Bayern einen größeren Marktanteil. Neben der topografischen Tatsache, dass es dort viele Wälder gibt, spielt auch das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) eine entscheidende Rolle. Das Landesgesetz gilt für Baden-Württemberg und verpflichtet seit dem 1. Januar 2010 Eigentümer bestehender Wohngebäude, erneuerbare Energien einzusetzen, sobald sie ihre Heizungsanlage austauschen. Dabei fällt die Wahl vergleichsweise oft auch auf Holzpellet-Heizungen.

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Quelle: Buderus
Der Nordwesten Deutschlands heizt im Bestand besonders viel mit Gas.

Nordwesten

Im Nordwesten, beispielsweise in Niedersachsen, werden im Bestand knapp zwei Drittel der Haushalte mit Gas beheizt – ein deutscher Spitzenwert. Das liegt vor allem an den dortigen Erdgasvorkommen und deren Förde-rung – auch im Nachbarland Niederlande. Eine Gasheizung in Wohnung, Haus oder sonstigen Gebäuden ist eine effektive Möglichkeit zum Beheizen der Räumlichkeiten. Standard der heutigen Gasheizgeräte ist die kompakte Gas-Brennwertheizung, die auch an der Wand angebracht werden kann. Diese Wandgeräte sind häufig in Stadtwohnungen anzutreffen. Größer, aber dafür leistungsfähiger, ist der bodenstehende Brennwert-Gas-Heizkessel. Weil Heizkessel einen höheren Wärmebedarf abdecken können, kommen sie meist in Mehrfamilienhäusern sowie in gewerblichen oder kommunalen Gebäuden zum Einsatz.

Wer nachhaltiger heizen möchte, kann das heimische Gas-Brennwertgerät mit umweltschonenden Alternativen kombinieren: etwa mit Solarthermie, Holz oder Wärmepumpen. Die regenerative Komponente nutzt dann entweder die Energie aus der Sonne, Umgebungsluft oder dem Boden oder biologische Brennstoffe, wie Pellets oder Hackschnitzel im Fall einer Holzheizung.

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Diese Bundesländer bilden die Heizregion Nordosten im Bestand.

Nordosten

In Brandenburg ist der Anteil von Fernwärme und Ölheizungen 2020 beinahe ausgeglichen. Spitzenreiter der Energieträger bleibt in den nordöstlichen Bundesländern jedoch Erdgas mit knapp 60 Prozent Anteil. Im Gasfördergebiet der Altmark (Sachsen-Anhalt) nutzen beispielsweise ganze 69 Prozent der Haushalte den regionalen Brennstoff.

Die nordöstlichen Bestandsgebäude Deutschlands heizen darüber hinaus, ähnlich wie in Hamburg, Bremen und Berlin, zu einem verhältnismäßig großen Teil mit Fernwärme. Denn historisch bedingt ist Fernwärme vor allem in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg verbreitet. Aber auch Flensburg gehört zu den Städten mit dem höchsten Marktanteil bei Fernwärme (89 Prozent). Diese hohe Quote basiert vor allem auf einem in der Stadt geltenden Anschluss- und Nutzungszwang. Als Vorbild dienen Flensburg dänische Städte an der Ostsee, die eine ähnliche Fernwärmedichte aufweisen. !PAGEBREAK()PAGEBREAK!

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Quelle: Buderus
Im Neubau zeichnen sich die vier Heizregionen im Vergleich zum Gebäudebestand ähnlich ab – doch die „Lieblings-Heiztechnologie“ ändert sich.

Teil 2: Wärmeerzeugung im Gebäudeneubau 2020

Die Baugenehmigungen 2020 lassen Rückschlüsse darauf zu, welche Energieträger im Trend sind und in naher Zukunft den Heizungsmarkt dominieren werden. Beim Bundesländervergleich zeigt sich: Die vier Heizregionen, die bereits im Gebäudebestand zu erkennen waren, bleiben weitestgehend gleich. Der „Heizöläquator“ entlang des 50. Breitengrads verwandelt sich jedoch in einen „Wärmepumpenäquator“. Der Ölanteil ist im Neubau massiv zurückgegangen und liegt im deutschlandweiten Durchschnitt bei einem Prozent, während Wärmepumpen zu 36 Prozent in den Haushalten angekommen sind. Auch die Gasnutzung ist im Neubau geringer als im Bestand.

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Im Neubau bilden die Stadtstaaten wieder eine Heizregion, die durch einen hohen Fernwärmeanteil heraussticht.

Stadtstaaten

Während im Bestand die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen bereits in hohen Anteilen mit Fernwärme heizen, übersteigen die Neubauten diese Werte: Mehr als ein Viertel beziehen ab 2020 Fernwärme. Berliner Hausbesitzer setzen zu gleichen Teilen auf Wärmepumpen und zu etwa 40 Prozent – nach wie vor – auf Gas. In der Hauptstadt ist der Anteil „sonstiger“ Energieträger, wie Biogas, Kohle oder Briketts, mit fünf Prozent verhältnismäßig groß. In Bremer und Hamburger Neubauten stehen weiterhin zu ungefähr 50 Prozent Gasheizungen.

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Im Süden Deutschlands sind Wärmepumpen besonders beliebt.

Süden und „Ausreißer“ Sachsen-Anhalt

Wo im Bestand noch Ölheizgeräte arbeiten, schaffen im Neubau erneuerbare Energien Abhilfe: Das „Wärmepumpen-Eldorado“ von Deutschland befindet sich in den südlichen Bundesländern, wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz. Doch auch Sachsen-Anhalt setzt als „Ausreißer“ im Neubau vermehrt auf Wärmepumpentechnik. In diesen Ländern wächst der Anteil auf 48 Prozent. Mit einer Wärmepumpe nutzen Anlagenbetreiberinnen und -betreiber Umweltwärme, die im Boden, im Grundwasser und in der Luft vorhanden ist, zum Heizen oder zum Kühlen.

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Diese drei Bundesländer bilden die Heizregion Mitteldeutschland.

Mitte

In den mitteldeutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen planten Bauherren 2020, Neubauten vermehrt mit Wärmepumpen zu heizen. Durchschnittlich 41 Prozent dieser Gebäude nutzen Wärmepumpentechnik, 33 Prozent setzen weiterhin auf Gas. Verglichen mit den bestehenden Gebäuden dieser Region ist hier ein deutlicher Trend von Erdgas hin zu Umweltwärme über Wärmepumpen erkennbar.

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So heizt der Norden Deutschlands im Neubau.

Norden

Willkommen im nördlichen Teil Deutschlands – fernab des „Wärmepumpenäquators“ trifft man in neu gebauten Häusern deutlich seltener auf Wärmepumpen als in der Südhälfte. „Lieblings-Energieträger“ der Nordlichter bleibt Erdgas. Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg halten ihre Neubauten aktuell zu durchschnittlich 52 Prozent mit dem gasförmigen Brennstoff warm. Spitzenreiter ist Niedersachsen – in Ostfriesland heizen die Landkreise Aurich und Leer sogar zu etwa 80 Prozent mit Gas. Diese Werte sind, analog zum Gebäudebestand, auf regional große Erdgasvorkommen zurückzuführen.

Ein Blick in die Zukunft

Welche Wärmeerzeuger werden 2050 in den Heizräumen stehen? Bleibt der inoffizielle „Wärmepumpenäquator“ entlang des 50. Breitengrades bestehen? Zumindest werden Heiztechniken auf Basis fossiler Energien gegenüber regenerativen Alternativen weitere Marktanteile einbüßen.

Die Bundesregierung wirkt aktiv an der Entwicklung des Heizungsmarktes mit: Der Einbau einer neuen Ölheizung ist ab 2026 grundsätzlich verboten. In Kombination mit erneuerbaren Energien – als Öl-Hybridheizung – ist der Energieträger aber auch nach 2026 noch erlaubt.

Buderus-Prognosen zufolge gehören zu den in Zukunft stärker zum Einsatz kommenden Heiztechnologien, außer der Wärmepumpe, vor allem Hybridlösungen, Solartechnik und Brennstoffzellengeräte. In Deutschland bleibt es spannend, wie sich die vier Heizregionen in den nächsten Jahren technisch verändern werden – gerade auch angesichts der „Ukraine-Krise“.

(*Alle genannten Zahlen beziehen sich auf die Anzahl der Gebäude und nicht auf Stück. Die Werte beruhen auf Schätzungen von Buderus Deutschland, basierend auf verschiedenen externen Quellen und Verbandsstatistiken.)

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  • Analysiert man das Heizverhalten der Deutschen in Bestandsgebäuden, lässt sich die Bundesrepublik in vier Heizregionen einteilen.
  • Die Stadtstaaten bilden eine Heizregion in Deutschland.
  • So heizt der Süden Deutschlands im Bestand.
  • Der Nordwesten Deutschlands heizt im Bestand besonders viel mit Gas.
  • Diese Bundesländer bilden die Heizregion Nordosten im Bestand.
  • Im Neubau zeichnen sich die vier Heizregionen im Vergleich zum Gebäudebestand ähnlich ab – doch die „Lieblings-Heiztechnologie“ ändert sich.
  • Im Neubau bilden die Stadtstaaten wieder eine Heizregion, die durch einen hohen Fernwärmeanteil heraussticht.
  • Im Süden Deutschlands sind Wärmepumpen besonders beliebt.
  • Diese drei Bundesländer bilden die Heizregion Mitteldeutschland.
  • So heizt der Norden Deutschlands im Neubau.
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