Erneuerbare Energien

PV-Strom für die Heiz- und Klimatechnik

Freitag, 03.05.2019

Wie eine Büro- und Gewerbeimmobilie (rechnerisch) energieautark klimatisiert wurde.

Der Elektro- und Solargroßhandel Elektro Wiemann ist seit vielen Jahren vertraut mit der Erzeugung und Nutzung regenerativer Energie (Solarstrom). Bei der Planung des neuen Unternehmenssitzes in Bünde setzte das mittelständische Unternehmen auf ein Konzept zur Komfortklimatisierung und Heizung, das durch ein Luft/Wasser-Wärmepumpen-System mit Wärmerückgewinnung und eine Photovoltaik-Anlage (PV) weitestgehend energieautark arbeitet.

Unternehmenssitz der Elektro Wiemann GmbH in Bünde von außen.
Quelle: Mitsubishi Electric
Der neue Unternehmenssitz der Elektro Wiemann GmbH in Bünde umfasst eine Lager- und Kommissionierhalle sowie einen Büro- und Verkaufsbereich. Eine 100-kW-PV-Anlage auf dem Dach sorgt dafür, das Gebäude rechnerisch energieautark zu betreiben. Ziel ist es, den gesamten Strombedarf unter anderem für Beleuchtung, Komfortklimatisierung und Beheizung sowie die EDV mit regenerativem Strom aus Sonnenlicht bereitzustellen.

Die Elektro Wiemann GmbH ist ein Elektro- und Solarfachgroßhandel in Ostwestfalen mit zwei Niederlassungen in Bünde und Espelkamp. Im vergangenen Jahr ist ein neuer Firmensitz in Bünde entstanden, um Büroräume und Warenlager technisch auf den neuesten Stand zu bringen und die aktuellen Anforderungen eines modernen, mittelständischen Unternehmens zu erfüllen.

Das Gebäude umfasst eine Lager- und Kommissionierhalle mit einer Fläche von rund 2.000 m² sowie einen Büro- und Verkaufsbereich, der auf zwei Ebenen rund 1.000 m² Fläche misst. Darüber hinaus stehen ein Schulungsraum sowie eine Dachterrasse zur Verfügung, die neben eigenen Schulungen auch von externen Unternehmen für Veranstaltungen angemietet werden können.

Als Elektro- und Solargroßhändler, der im Bereich der erneuerbaren Energien engagiert ist, hat sich der Geschäftsführer Uwe Wiemann ganz bewusst für eine Komplettversorgung des Gebäudes mit VRF-Technologie entschieden. Eine 100-kW-PV-Anlage auf dem Dach sorgt dafür, das Gebäude rechnerisch energieautark zu betreiben. Ziel ist es, den gesamten Strombedarf unter anderem für Beleuchtung, Komfortklimatisierung und Beheizung sowie die Informationstechnologie (EDV) mit regenerativem Strom aus Sonnenlicht bereitzustellen.

Heizen und Klimatisieren mit Wärmerückgewinnung

In Kooperation mit dem Systemingenieur Hartmut Küchler von Mitsubishi Electric, Living Enviroment Systems, und dem Fachhandwerksunternehmen für Kälte, Klima und Lüftung Zimmer & Hälbig GmbH wurde ein Konzept erstellt, um die größtmögliche Energieeffizienz zu erzielen und den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten.

Das Konzept sieht eine Heiz- und Klimalösung mit Wärmerückgewinnung vor, mit der zwei unterschiedliche Bereiche des Büro- und Gewerbegebäudes versorgt werden. "Es kommen zwei Systeme zum Einsatz. Diese arbeiten hydraulisch unabhängig, sind aber in der Heizzentrale über einen Pufferspeicher thermisch miteinander gekoppelt und können sich gegenseitig Wärme zuführen", erklärt Küchler.

Zur Komfortklimatisierung der Büro-, Besprechungs- und Schulungsräume sowie des Verkaufsraums kommt ein VRF-WR2-System von Mitsubishi Electric zum Einsatz. Die wassergekühlte R2-Serie ist ein 2-Leiter-System mit Wärmerückgewinnung zum simultanen Heizen und Kühlen. Sie sorgt für eine bedarfsgerechte Verschiebung der Wärme innerhalb des Gebäudes.

Die wassergekühlten VRF-Einheiten der "City Multi"-Serie zeichnen sich durch hohe Energieeffizienz und kompakte Aufstellmaße aus. Dadurch eignen sie sich optimal zur Innenaufstellung in einem Technikraum. In diesem Objekt steht das Gerät direkt in der Heizzentrale in unmittelbarer Nähe zum Pufferspeicher und kann die zurückgewonnene Wärme optimal an das Wassernetz abgeben.

Eine Heizzentrale in einem Technikraum.
Quelle: Mitsubishi Electric
In der Heizzentrale befinden sich die wassergekühlte R2-Einheit (links), der Pufferspeicher und die sechs Wasser-Wärmeübertrager-Einheiten ("HEX-Units").

Das Schalt- und Rohrleitungsschema des Konzepts zur Komfortklimatisierung und Heizung bei der Firma Wiedmann.
Quelle: Zimmer & Hälbig
Das Schalt- bzw. Rohrleitungsschema zeigt die hohe Komplexität des Konzepts zur Komfortklimatisierung und Heizung.

Das WR2-System arbeitet mit einem separaten Kältekreislauf und versorgt das Bürogebäude über 18 Klima-Deckenkassetten im Euroraster-Maß mit Energie zum Heizen oder Kühlen. Dafür kommen zwei Kältemittelverteiler ("BC-Controller") zum Einsatz, die mit dem Außengerät eine kälte- und regelungstechnische Einheit bilden.

In den "BC-Controllern" (je einer pro Büroetage) findet eine Phasentrennung des Kältemittels zwischen den Innen- und dem Außengerät statt. In diesen Kältemittelverteilern wird die überschüssige Wärme zunächst gespeichert und je nach Anforderung den Deckenkassetten zugeführt.

Wärmepumpen-Sechser-Kaskade für Industriefußbodenheizung

Für den anderen Gebäudeteil – die Industriehalle – kommen sechs Luft/Wasser-Wärmepumpen aus der "Mr. Slim"-Serie von Mitsubishi Electric zum Einsatz. Sie stehen als Sechser-Kaskade im Außenbereich und stellen die Versorgung mit Wärme für die Lagerhalle sicher.

Die Kaskadierung der Außengeräte bietet gegenüber einem Einzelgerät mit größerer Leistung mehrere Vorteile, zum Beispiel können durch die Kaskadierung die sechs Einheiten gleichzeitig im Teillastbetrieb arbeiten. Das ist effizienter, als ein Modul im Volllastbetrieb laufen zu lassen, während die anderen sich im Stand-by-Modus befinden.

Die Außeneinheiten erbringen gemeinsam die benötigte Leistung. Dabei errechnet eine spezielle Regelung in Abhängigkeit der Leistungsaufnahme der Außengeräte, der momentanen Heizleistung und der Außentemperatur den maximal erreichbaren Coefficient of Performance (Peak-COP) und steuert die Anlage entsprechend.

Ein Nebeneffekt dieser Strategie ist, dass alle Geräte gleichmäßig genutzt werden können und in etwa die gleiche Laufzeit haben. Zudem ergibt sich durch die Redundanzfunktion ein Sicherheitsaspekt. Sollte sich ein Modul im Off-Modus befinden, gewährleisten die anderen Geräte die Versorgung.

Um die Wärmeversorgung auch bei Außenlufttemperaturen im Minusbereich sicherzustellen, sind die Außengeräte mit "Zubadan Inverter"-Technologie ausgestattet. Der Heizbetrieb ist bis zu einer Außenlufttemperatur von -25 °C gewährleistet und bietet die volle Heizleistung bis zu einer Temperatur von -15 °C. Die Wärmeübertragung zwischen dem wasserseitigen System (Pufferspeicher) und den Wärmepumpen wird über sechs Wasser-Wärmeübertrager-Einheiten ("HEX-Units") gewährleistet. Je nach Anforderung wird die benötigte Wärme über eine Verteilerstation in die Industriefußbodenheizung geführt.

Ein komplexes Konzept – klug gesteuert

Einen entscheidenden Beitrag zur Wärmerückgewinnung und zur Reduzierung des Energieverbrauchs leistet das R2-System. Wenn in den Büro- und Besprechungszimmern aufgrund der inneren Wärmelasten vorwiegend gekühlt wird, wird die den Räumen entzogene Wärme in den Pufferspeicher geführt und bei Bedarf zur Beheizung der Lagerhalle genutzt.

Das Innere einer Lagerhalle.
Quelle: Mitsubishi Electric
Die große Lagerhalle hat eine Fläche von rund 2.000 m² und wird mit einer Industriefußbodenheizung beheizt.

Mit ihrer niedrigen Vorlauftemperatur eignet sich die Fußbodenheizung optimal zur Nutzung von thermischer Energie aus Wärmerückgewinnung, denn das Temperaturniveau ist in etwa das gleiche. In dieser Zeit werden die Wärmepumpen im Außenbereich nicht benötigt, da die überschüssige Wärme aus den Büroräumen zum Heizen der Halle ausreicht.

Bei hohen Außentemperaturen liegt im gesamten Gebäudekomplex kein Wärmebedarf vor. In diesem Fall wird das Gebäude ausschließlich gekühlt. Wenn die Wärme nicht benötigt wird, weil keine Abnahme über die Industriefußbodenheizung oder die Lüftungsanlage erfolgt, wird die überschüssige Wärme kontrolliert abgeführt. Dann übernehmen die "Mr. Slim"-Außengeräte die Funktion von Rückkühlern.

Eine
Quelle: Mitsubishi Electric
Die "Mr. Slim"-Sechser-Kaskade arbeitet entweder als Wärmepumpe zum Heizen oder als Rückkühler zur Abführung überschüssiger Wärme aus dem Kühlprozess.

Abgerundet wird das Konzept durch eine zentrale Lüftungsanlage, die Flure, Besprechungsräume und den Schulungsraum im Bürotrakt mit Außenluft versorgt. Sie verfügt über ein Heizregister, das ebenfalls als Heizkreis in die Verteilerstation integriert ist und von der Wärmerückgewinnung profitiert.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Beheizung nicht nur ohne fossile Brennstoffe erfolgt, sondern der Energiebedarf auch mit selbst erzeugtem Strom abgedeckt werden kann. "Aufgrund des relativ geringen Wärmebedarfs und der intelligenten Energieverschiebung innerhalb des Gebäudes ist es möglich, die benötigte elektrische Energie sowohl für das wassergeführte VRF-System als auch für die Luft/Wasser-Wärmepumpen rechnerisch komplett mit der PV-Anlage abzudecken", erklärt Wiemann. Ein Batteriespeicher kann in Zukunft dafür sorgen, sich von einem Versorger so weit wie möglich abzukoppeln. Die Stromspeicher arbeiten dann mit einer intelligenten Steuerung, die ein dem Energiebedarf des Gebäudes entsprechendes Lastprofil berücksichtigt.

Die Steuerung für das Objekt erfolgt über den KNX-Standard als Kommunikationsprotokoll. Auf diesen sind die einzelnen Gewerke aufgeschaltet. Die Daten für alle gebäudetechnischen Systeme können so zentral abgerufen, gesteuert und parametriert werden.

Unterhalb der Ebene der Gebäudeautomation verfügen die technischen Gewerke über herstellereigene Regelungstechnik. Die Heiz- und Klimatechnik wird zum Beispiel über eine zentrale Systemsteuerung mit Web-Funktionalität vom Typ "EW-50E" gesteuert und überwacht. Ein Wärmepumpen-Manager regelt in Abhängigkeit zur Außenlufttemperatur den Betriebszustand der Anlage. Die Systemsteuerung besitzt keine Anzeigeeinheit, sodass die Bedienung über Tablets (eines pro Etage) erfolgt oder von jedem Nutzer über das hauseigene Netzwerk von seinem Arbeitsplatz eingestellt werden kann.

Fazit

Der Elektro- und Solargroßhändler Elektro Wiemann setzt bei der Komfortklimatisierung und Beheizung seines neuen Unternehmenssitzes auf ein Konzept mit Wärmerückgewinnung, mit der die zwei unterschiedlichen Bereiche des Büro- und Gewerbegebäudes mit Wärme und Kälte versorgt werden. Da das Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien tätig ist, hat der Unternehmer eine 100-kW-PV-Anlage installiert, um das Gebäude rechnerisch energieautark betreiben zu können. Für das gesamte Gebäude ist auf Wärmeerzeuger auf der Basis fossiler Energieträger komplett verzichtet worden.

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Mittwoch, 10.04.2024

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