Wärme

Modular und temporär

– aber unverwechselbar

Dienstag, 17.08.2021

Ressourcen schonendes Bauen und Betreiben mit architektonischem Anspruch zu verbinden, war die Maxime beim Neubau eines Kindergartens in Berlin. Nichts Besonderes, wenn es sich bei der von Max-Haus GmbH geplanten und errichteten „Schatzkiste“ nicht um ein temporäres Gebäude handeln würde. Der Spezialist für modular vorgefertigte Holzhäuser zeigt bei diesem Projekt überzeugend, wie man den ökologischen Baustoff mit einer intelligenten und nachhaltigen Gebäudetechnik verbindet. Der Flächenheizung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

Foto: Kindergarten „Schatzkiste“ in Berlin.
Quelle: Max-Haus
Der Kindergarten „Schatzkiste“ liegt unmittelbar an der Leipziger Straße in Berlin, einer der großen Verkehrsachsen der Stadt.
Foto: Der Baukörper wurde so angeordnet, dass im Zusammenspiel mit der umliegenden Bebauung ein Innenhof entsteht. Dieser wird als Außenspielbereich genutzt.
Quelle: Max-Haus
Aus diesem Grund wurde der Baukörper so angeordnet, dass im Zusammenspiel mit der umliegenden Bebauung ein Innenhof entsteht. Dieser wird als Außenspielbereich genutzt, für den das Haus als "Schallschutzmauer“ dient.

Ein überzeugendes Beispiel, dass sich modular gebaute Gebäude, die temporär genutzt werden, sowohl in ästhetischer als auch in technischer Hinsicht nicht hinter Stein auf Stein gebauten verstecken müssen, ist der Kindergarten „Schatzkiste“ des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) in Berlin. Das Ministerium gab ein temporäres Ausweichgebäude in Auftrag, da dessen bestehender Kindergarten momentan saniert wird und deshalb den Kindern nicht zur Verfügung steht.

Die ansprechende Architektur lässt nicht vermuten, dass es sich hier um einen Interimsbau handelt. Sie ist weit entfernt von einer „Container-Ästhetik“, die temporären Gebäuden sonst häufig anlastet. Besonders, wenn ihre Nutzung, wie dies bei der „Schatzkiste“ der Fall ist, nur wenige Jahre beträgt. Geplant ist aktuell eine Nutzung bis 2022, dann sollen die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein. Andere Träger von Kindergärten, die das Holzhaus nach seinem Nutzungsende in Berlin erhalten wollen, um ihm ein zweites Leben zu schenken, stehen schon in den Startlöchern.

Die Möglichkeit eines schnellen Rückbaus und eines Ortswechsels – verbunden mit einer eventuellen Nutzungsänderung – war von Anfang an eine wichtige Vorgabe. Sie hatte Einfluss auf die gesamte Planung und die Auswahl der verwendeten Materialien. So entschied man sich gegen eine klassische Flächenheizung im Fußboden und für ein spachtelfertiges Systemelement für die Wand- und Deckenmontage auf Basis einer Gipskartonplatte.

Der Kindergarten liegt unmittelbar an der Leipziger Straße in Berlin, einer der großen Verkehrsachsen der Stadt. Aus diesem Grund wurde der Baukörper so angeordnet, dass im Zusammenspiel mit der umliegenden Bebauung ein Innenhof entsteht. Dieser wird als Außenspielbereich genutzt, für den das Haus als „Schallschutzmauer“ dient.

Foto: Das Gebäude besteht aus 16 Modulen, die innerhalb von zehn Wochen hergestellt und mittels Straßentransport vom Werk zum Standort gebracht wurden. Insgesamt waren die Module so weit vorgerichtet, dass nach ihrer Positionierung auf den Streifenfundamenten nur noch zehn Prozent der Arbeiten ausgeführt werden mussten, um das Gebäude schlüsselfertig zu übergeben.
Quelle: Max-Haus
Das Gebäude besteht aus 16 Modulen, die innerhalb von zehn Wochen hergestellt wurden. Die Module sind in Breite, Höhe und Länge so bemessen, dass ein Straßentransport vom Werk zum Standort möglich ist. Insgesamt waren die Module so weit vorgerichtet, dass nach ihrer Positionierung auf den Streifenfundamenten nur noch zehn Prozent der Arbeiten ausgeführt werden mussten, um das Gebäude schlüsselfertig zu übergeben.

Holzbau ist Pflicht

Holzbau liegt im Trend. In Brandenburg ist die Ausführung von öffentlichen Gebäuden in Holzbauweise bereits eine verpflichtende Vorgabe. Brandenburg ist auch der Sitz der Max-Haus GmbH, die mit der Planung und Herstellung des Kindergartens beauftragt wurde.

Das Unternehmen wurde 2003 gegründet und hat sich ganz auf die Planung und Herstellung von modular gebauten Gebäuden aus natürlichen Materialien spezialisiert. Zu diesem Ansatz passt natürlich, dass dem Thema Energieeffizienz und Ressourcen schonender Umgang bei Max-Haus eine große Bedeutung beigemessen wird.

Der Kindergarten entstand unter Berücksichtigung aller Vorgaben des Auftraggebers in nur sieben Monaten. Die Entwurfsphase startete im Januar 2020. Die Auftragserteilung folgte im Februar und Einzug war im Juli 2020.

Das Gebäude besteht aus 16 Modulen, die innerhalb von zehn Wochen hergestellt wurden. Die Module sind in Breite, Höhe und Länge so bemessen, dass ein Straßentransport vom Werk zum Standort möglich ist. Die Breite der einzelnen Module ist auf 3,5 m begrenzt. In der Länge hingegen können die Module stärker variieren. In der Kita bilden zwei 12 m lange, hintereinander angeordnete Module den Flur der Einrichtung. Alle Module verfügen über eine 12 cm dicke Brettsperrholzwand. Die gesamte Haustechnik, inklusive Fliesen und Boden, wurde im Werk vormontiert. Insgesamt waren die Module so weit vorgerichtet, dass nach ihrer Positionierung auf den Streifenfundamenten nur noch zehn Prozent der Arbeiten ausgeführt werden mussten, um das Gebäude schlüsselfertig zu übergeben.

Foto: Die Möglichkeit eines schnellen Rückbaus und eines Ortswechsels – verbunden mit einer eventuellen Nutzungsänderung – war von Anfang an eine wichtige Vorgabe. So entschied man sich gegen eine klassische Flächenheizung im Fußboden und für ein spachtelfertiges Systemelement für die Wand- und Deckenmontage auf Basis einer Gipskartonplatte.
Quelle: Max-Haus
Die Möglichkeit eines schnellen Rückbaus und eines Ortswechsels – verbunden mit einer eventuellen Nutzungsänderung – war von Anfang an eine wichtige Vorgabe. Sie hatte Einfluss auf die gesamte Planung und die Auswahl der verwendeten Materialien. So entschied man sich gegen eine klassische Flächenheizung im Fußboden und für ein spachtelfertiges Systemelement für die Wand- und Deckenmontage auf Basis einer Gipskartonplatte.
Foto: Die Sanitär- und Sozialräume des Kindergartens werden über die Decke temperiert.
Quelle: Max-Haus
Die Sanitär- und Sozialräume des Kindergartens werden über die Decke (im Bild), die Gruppen- und Ruheräume werden über die Wände temperiert.

Flächenheizung ein Muss

Die Technik für die Flächentemperierung kommt von Empur, einem Spezialisten für die Flächenheizung und Flächenkühlung. Beide Unternehmen hatten zuvor schon einige Objekte gemeinsam realisiert und so war es keine Überraschung, dass Max-Haus auch beim Kindergarten auf die Kompetenz des Westerwälder Unternehmens setzte.

Eine klassische Fußbodenheizung wäre bei einem modularen Gebäude, das temporär genutzt wird, sehr aufwändig zu realisieren gewesen. Deshalb entschied man sich, das Gebäude über die Wand- und Deckenflächen zu beheizen und bei Bedarf auch zu kühlen. Die Sanitär- und Sozialräume werden über die Decke, die Gruppen- und Ruheräume werden über die Wände temperiert. Entscheidend dafür war der im Kindergarten dringend benötigte Schallschutz. In den Gruppen- und Ruheräumen befinden sich Schallschutzelemente an den Decken, deshalb erfolgt hier die Temperierung über die Wandfläche.

Zur effizienten Temperierung der Räume fiel die Wahl auf ein spachtelfertiges Systemelement: Als Trägermaterial dient eine Gipskartonplatte. Das Element ist in den Größen 1.200 x 500 mm und 2.000 x 1.200 mm erhältlich. Zusätzlich gibt es ein Ausgleichselement ohne Funktion, das deshalb natürlich nicht für die Temperierung genutzt werden kann – es hat die Größe 2.000 x 1.200 mm. Alle Elemente haben eine Dicke von 42,5 mm. Das Element besteht aus zwei Schichten: Einer 12,5 mm starken Gipskartonplatte, als erste Schicht, mit integriertem PE-RT-5-Schicht-Rohr. Auf der Rückseite befindet sich zudem eine 30 mm dicke EPS-Dämmstoffplatte. Sie sorgt dafür, dass die Wärme oder Kälte nur in Richtung Raum abgestrahlt wird.

Beim Kindergarten in Berlin wurden die Elemente direkt im Werk auf die Brettsperrholzwand geschraubt. Dabei wurde ein Abstand gewählt, der eine problemlose Kopplung der einzelnen Elemente ermöglicht. Um eine sichere und schnelle Montage zu gewährleisten, sind der Rohrverlauf, die möglichen Befestigungspunkte der Platte und die zulässigen Schnittlinien auf die Gipskartonplatte aufgedruckt. So wird effektiv verhindert, dass die Heizungsrohre bei der Montage der Platten angebohrt werden.

Klassische Heizungsverteiler gibt es in der Kita nicht. Die beiden Gruppen- und die beiden Ruheräume besitzen jeweils vier „Geniax“-Pumpen. Sonst versorgt eine „Geniax“-Pumpe jeweils einen Raum. Die „Geniax“-Pumpe(n) befinden sich in jedem Raum in einem wandintegrierten Anschlussblock, der auch die Anschlüsse der Daten- und Stromversorgung beherbergt.

Die benötigte Wärme oder Kälte erzeugt eine Luftwärmepumpe. Sie befindet sich außerhalb des Gebäudes und ist dennoch von der Fassade umschlossen. Dies dient dem Schutz der Kinder, die sich an einem frei zugänglichen Außengerät verletzen könnten. Wenn man genau hinschaut, kann man ihren Standort an den Lüftungsschlitzen in der Fassade erkennen. Wenn die Sonne scheint, erzeugen PV-Module auf dem Dach 75 Prozent des Stroms, den die Luft/Wasser-Wärmepumpe zum Arbeiten benötigt.

Die von der Wärmepumpe erzeugte Wärme/Kälte wird über „Geniax“-Pumpen gesteuert. Das Empur-„Geniax“-Wärmeverteilsystem ist ein Flächenheiz- und Regelungssystem, das eine zeitgenaue oder auf Nutzungsprofilen basierende, individuelle Wärme- und Kälteversorgung einzelner Räume ermöglicht. Es besteht aus drei Komponenten: „Geniax“-Pumpe, „Geniax“-Management („Geniax“-Server) und „Geniax“-Bedieneinheit. Dieses ausgeklügelte System gewährleistet, dass nur so viel Wärme/Kälte produziert wird, wie die einzelnen Heiz-/Kühlflächen tatsächlich benötigen.

Fazit

Die Verbindung von moderner, holzbasierter Modulbautechnik, mit einem Vorfertigungsgrad von 90 Prozent, und einem zukunftsorientierten Energiekonzept, bei dem intelligente Heizungspumpen die benötigte Energie bedarfsgerecht abfragen und über Flächenelemente in Wand und Decke wohldosiert abgeben, zeichnet den Kindergarten aus. Dies ist noch beeindruckender, da es sich bei der „Schatzkiste“ um ein temporär genutztes Gebäude handelt.

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