Installation

Mehr Energieeffizienz durch bedarfsgerechte und ganzheitliche Regelungstechnik

Freitag, 16.08.2019

Der gesetzliche Rahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs von Gebäuden wie auch die Nutzeransprüche haben sich gravierend gewandelt.

Lag beispielsweise vor Jahren der Fokus noch darauf, lediglich eine effizientere Heizung zu installieren, gilt es jetzt, die Effizienz des gesamten Gebäudes zu steigern. Dafür ist eine übergeordnete Regelungstechnik erforderlich, die das Lüften, Heizen und Kühlen im Gebäude optimal aufeinander abstimmt. Doch nach wie vor sind diese Bereiche der Haustechnik traditionell untergliedert. Das trifft sowohl auf das Produktangebot als auch auf die fachhandwerkliche Ausführung zu. Mit der neuen Regelungstechnik "Efficient Ventilation Control" (EVC) von Systemair gibt es jetzt ein System, das diese Grenzen der Gewerke von der Planung bis zur Installation überwindet.

Ein großes Gebäude von vorne.
Quelle: Systemair
Gerade in Gebäuden mit gemischter Nutzung spart eine übergreifende Regelung für das Lüften, Heizen und Kühlen viel Energie. Doch die Realisierung scheitert oft an den Gewerke-Grenzen.

Bis Ende des Jahres hat sich die Kommission der Europäischen Union zum Ziel gesetzt, ein System zu entwerfen, mit dem die "Intelligenzfähigkeit" eines Gebäudes zu bewerten ist [1]. Ein wichtiger Aspekt wird dabei die Installation selbstregulierender Systeme sein. Sie tragen dazu bei, die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zu verbessern. Dass mit einer übergeordneten Regelungstechnik in Gebäuden der Energiebedarf deutlich gesenkt werden kann, wissen Praktiker nur zu gut.

Sie kennen aber auch die Hürden. Diese bestehen zum Teil in dem spezialisierten Fachwissen der Gewerke. Eine Heizung zu bauen und zu installieren erfordert nun mal eine andere Expertise, als eine Lüftungsanlage zu konzipieren. Kommt eine aktive Kühlung hinzu, treffen in einem Gebäude gleich drei Gewerke aufeinander – und Energieverbraucher, die sich gegenseitig beeinflussen. Oft stammen die Geräte darüber hinaus von unterschiedlichen Herstellern und werden von verschiedenen Fachhandwerkern installiert. Eine intelligente Vernetzung der Systeme ist dann entweder nur mit hohem Aufwand oder in vielen Fällen gar nicht machbar, weil entsprechende Schnittstellen fehlen.

Hier setzt die neue Regelungstechnik "Efficient Ventilation Control" (EVC) an. Sie vernetzt die Bereiche Lüften, Heizen und Kühlen zu einem effizienten Gesamtsystem, das eine optimale "Indoor Air Quality" (IAQ) sicherstellt und gleichzeitig häufige Szenarien von Energieverschwendung ausschaltet. Dabei überspringt das System nicht nur technische Hürden. Die Grenzen der Gewerke werden auch auf der Installationsebene aufgelöst: Die einfache "Plug & Play"-Installation und Parametrierung kann von einem spezialisierten Heizungsbauer, Lüftungsbauer oder Kälteanlagenbauer genauso ausgeführt werden wie von Generalisten des SHK-Fachhandwerks. Damit ist nun eine Regelungstechnik von einem führenden Hersteller für Klima- und Lüftungstechnik verfügbar, der die Systemintegration gleich mitliefert.

Ein Raumtemperaturregler an einer weißen Wand.
Quelle: Systemair
Mit der neuen Regelungstechnik "Efficient Ventilation Control" (EVC) hat Systemair ein System auf den Markt gebracht, das die Grenzen der Gewerke überwindet.

Zahlreiche Energieeinsparpotentiale

Die Raumtemperatur ist der entscheidende Parameter, den Nutzer einstellen. Allerdings beeinflusst nicht nur die Heizung – bzw. zunehmend auch eine aktive Kühlung – die Raumtemperatur, sondern genauso die Lüftung. Werden diese drei Systeme nicht koordiniert geregelt, kommt es zwangsläufig zu teilweise hohen Energieverlusten. Folgende typische Szenarien machen das deutlich:

  • Ein Raumtemperaturfühler signalisiert Heizbedarf, ein CO2-Fühler gleichzeitig erhöhten Frischluftbedarf. Liegt jedoch die Frischlufttemperatur unter dem Istwert der Raumtemperatur, erhöht sich die Heizleistung unnötig. In umgekehrter Logik steigt im Kühlfall die Kühlleistung.
  • Der Raumthermostat für die Heizung, platziert an der Zimmertür, signalisiert Heizbedarf, ein separater Temperaturfühler in Fensternähe aber Kühlbedarf. Beide Systeme arbeiten dann gegeneinander und verschwenden Energie.
  • Ein Präsenzmelder signalisiert der Lüftungsanlage, dass ein Raum nicht benutzt wird. Die Lüftungsklappen werden auf die Stellung für den minimalen Luftwechsel zugefahren. Für das Halten der Solltemperatur bei Abwesenheit durch die Heizung oder Kühlung fehlt jedoch die Unterstützung der Lüftung. Der Energiebedarf steigt.
  • In mehreren nicht genutzten Räumen werden die Lüftungsklappen auf Minimalluftwechsel eingestellt. Die benötigte Luftmenge reduziert sich, aber eine Rückmeldung von den Lüftungsklappen an die Lüftungsanlage fehlt. Die Ventilatoren einiger Anlagen fördern bis zu einem definierten Kanaldruck weiter, bevor sie ihre Leistung reduzieren. Andere fördern immer einen konstanten Luftstrom. In beiden Fällen sind die an den Volumenstromreglern entstehenden Druckverluste gleichbedeutend mit Energieverlusten und führen außerdem zu Störgeräuschen.

Das sind nur vier Beispiele, die aufzeigen, welche Einsparpotentiale durch eine übergeordnete Regelung möglich sind.

IAQ als Führungsgröße

Wie zahlreiche Forschungen – aber sicherlich auch eigene Erfahrungen – belegen, ist ein behagliches Raumklima nicht allein von der Temperatur abhängig. Steigt beispielsweise die CO2-Belastung durch eine hohe Personenzahl, sind Konzentrationsschwächen, Unwohlsein und Kopfschmerz bis Hitzeempfindungen die möglichen Folgen. Einige Studien weisen auch Zusammenhänge zwischen schlechter Innenraumluft durch unzureichenden Luftaustausch und Infektionsraten nach [2].

Dabei ist die CO2-Konzen­tration meistens ein Indikator für weitere Schadstoffe in der Raumluft, wie beispielsweise TVOC (Total Volatile Organic Compounds), die Summe der flüchtigen organischen Verbindungen. Zusätzliche gesundheitliche Beeinträchtigungen gehen von erhöhter Feinstaubkonzentration in der Raumluft aus. Für diese Belastungen hat eine Arbeitsgruppe im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) Leitwerte sowie Richtwerte für weitere 51 gesundheitsrelevante Stoffe in der Innenraumluft erarbeitet [3]. Ebenfalls maßgeblich für das Wohlbehagen ist eine relative Raumluftfeuchtigkeit im Idealbereich zwischen 40 und 60 Prozent.

Nutzer erwarten also zu Recht ein gesundes Komfortklima. Daraus folgt: Der Luftaustausch wird die entscheidende Führungsgröße für eine übergreifende Regelung der Systeme Lüften, Heizen, Kühlen.

Ein Büro mit mehreren Schreibtischen.
Quelle: Systemair
"EVC" zielt auf eine optimale Indoor Air Quality (IAQ) durch bedarfsgerechten Luftaustausch ab und koordiniert gleichzeitig die Systeme für das Heizen und Kühlen zu einem energieeffizienten Ganzen.

Die Regelung denkt und fühlt mit

Um möglichst energieeffizient eine hohe IAQ herzustellen, wertet die gewerkeübergreifende Regelung "EVC" nicht nur die Temperaturvorgaben der Nutzer am Raumthermostaten aus. Sensoren für CO2, VOC und Luftfeuchtigkeit liefern zusätzliche wichtige Werte für einen bedarfsgerechten Luftaustausch.

Dabei können bis zu vier Lüftungsgeräte geregelt werden. In die Logik inte­grierte Aktoren für wassergeführte Heiz- und Kühlkreisverteiler schalten diese Systeme so, dass gegenläufige Betriebsmodi ausgeschlossen werden. Mit einem 0-10 V-Signal oder alternativ 2-Punkt-Signalen lassen sich diese Aktoren ansteuern oder die Signale werden auf eine Gebäudeleittechnik (GLT) aufgeschaltet und von dort weiterverarbeitet.

Zudem unterstützt die Regelung das passive Heizen bzw. Kühlen: Im Heizfall – die Ist-Raumtemperatur liegt unter dem am Raumthermostaten eingestellten Sollwert – wird die Luftmenge automatisch erhöht, wenn die Zulufttemperatur über der geforderten Raumtemperatur liegt. Im umgekehrten Fall wird das Kühlen durch eine erhöhte Luftmenge passiv unterstützt, wenn die Zulufttemperatur unter dem eingestellten Temperatur-Sollwert liegt. Die Luftmenge wird so lange erhöht, bis der Sollwert erreicht ist. Allein das führt je nach Gebäudenutzung und Gebäudetechnik zu deutlichen Energieeinsparungen.

Das Innere eines zentralen Schaltschranks der Regelung
Quelle: Systemair
Im zentralen Schaltschrank der Regelung laufen die Signale der Zonen-Hubs und der Lüftungsgeräte zusammen. Die Verbindungen werden wiederum mit steckerfertigen Leitungen hergestellt. Ein integrierter WiFi-Router ermöglicht den Fernzugriff.

Ganz konkret beziffern lässt sich die Energieersparnis der Regelung bei der elektrischen Leistungsaufnahme der Lüftungsventilatoren: Sie liegt bei bis zu 60 Prozent. Erreicht wird dies durch den Abgleich der Volumenstromregler der Zu- und Abluft mit der Drehzahl der EC-Ventilatoren in den Lüftungsgeräten. Das Regelungsprinzip: Bei der Installation werden die Volumenstromregler zunächst auf den errechneten spezifischen minimalen und maximalen Luftvolumenstrom für einen Raum oder eine Nutzungszone eingestellt. Innerhalb dieser jeweiligen Grenzwerte erfolgt die Regelung der Klappenstellung stufenlos nach den durch die Sensorik ermittelten Bedarfssituationen. Entsprechend dem Gesamtluftbedarf fördern die Ventilatoren nur noch die tatsächlich erforderliche Luftmenge. Bis zu 25 verschiedene Räume oder Zonen lassen sich so gemäß der tatsächlichen Nutzung energieeffizient regeln.

Gewerke-Grenzen steckerfertig überbrückt

Die Installation einer übergeordneten Regelungstechnik erhöht zumeist den Abstimmungsaufwand der Gewerke zusätzlich. Denn außer den verschiedenen Fachhandwerkern für die Installation der Lüftungs-, Heizungs- und Kühlungsanlagen ist zur Vernetzung der Systeme ein Systemintegrator erforderlich, oft auch ein Elektriker für die Leitungsverlegung und Stromanschlüsse.

Mit der Regelung des Unternehmens aus Boxberg ist es jedoch möglich, alle Sensoren und Aktoren über verpolungssicher konfektionierte Leitungen mit den fertigmontierten Schaltkästen zu verbinden. Diese Arbeiten müssen nicht von einem Elektriker, sondern können ebenso beispielsweise von SHK-Fachhandwerkern ausgeführt werden. Umfassenden Support sichert der Hersteller außerdem zu.

Die Grafik beschreibt das Prinzip der Regelung
Quelle: Systemair
Neben der eingestellten Wunschtemperatur wird über Sensoren der Lüftungsbedarf in den verschiedenen Räumen oder Zonen fest- und über Volumenstromregler eingestellt. Gleichzeitig erfolgt die Anpassung der Luftfördermenge, um keine Energie zu verschwenden. Vier Lüftungsgeräte für bis zu 25 Zonen lassen sich so bedarfsgerecht regeln.

Das Hardware-Konzept ist denkbar einfach. Für jede der 25 möglichen Nutzungszonen ist ein Zonen-Hub zu installieren – entweder dezentral in der jeweiligen Zone, zentral in einem Schaltschrank per Hutschienenmontage oder in Kombination beider Varianten. Dann wird an jeden Zonen-Hub die Sensorik über fertig konfektionierte Leitungen angeschlossen: ein einstellbares Raumthermostat, Fühler für CO2, VOC oder Luftfeuchtigkeit sowie optional ein Präsenzmelder, Change-Over-Sensor (PT 1000), Fensterkontakte oder Kondensationswächter. Nach dem gleichen Prinzip werden die Volumenstromregler sowie Ventilantriebe für Heiz- und Kühlkreise angeschlossen.

Die Zonen-Hubs wiederum sind über Leitungen mit RJ45-Stecker per "Plug & Play" mit dem zentralen Schaltschrank zu verbinden. Hier werden auch die ­Lüftungsgeräte angeschlossen. Dabei ­lassen sich bis zu vier Lüftungsgeräte regeln: modulare Lüftungsgeräte der "Geniox"-Baureihe für Luftmengen bis zu 70.000 m³/h, "Topvex"-Kompaktlüftungsgeräte für Luftmengen von 400 bis 5.200 m³/h und "SAVE"-Wohnungslüftungsgeräte für Volumenströme von 100 bis 650 m³/h.

Die Steuer- und Regelsignale werden über Modbus ausgetauscht. Im zentralen Schaltschrank selbst ist bereits ein WiFi-Router eingebaut. Darüber lässt sich die Parametrierung – und später die Fernwartung – einfach über den Webbrowser eines beliebigen mobilen Endgeräts vornehmen sowie die Regelung in ein bestehendes Netzwerk integrieren. Die Oberfläche des Webbrowsers stellt außerdem alle relevanten Soll- und Ist-Werte der Lüftungsgeräte und Zonen grafisch auf einen Blick dar.

Alle Komponenten der Regelung
Quelle: Systemair
Für jede Zone, die aus unterschiedlich vielen Räumen bestehen kann, wird ein Zonen-Hub installiert, an den die Sensoren und Aktoren über vorkonfektionierte Leitungen anzuschließen sind.

Fazit

Die Europäische Union forciert den Einsatz intelligenter Regelsysteme in Gebäuden, um Energie zu sparen. Die Effizienz lässt sich insbesondere steigern, wenn die relevanten Systeme Lüften, Heizen und Kühlen ganzheitlich geregelt werden. Diese Möglichkeit eröffnet unter anderem die Regelung EVC. Allein bei der elektrischen Aufnahmeleistung der Ventilatoren werden Einsparungen von bis zu 60 Prozent erreicht. Außerdem lassen sich gegenläufige Betriebsmodi der jeweiligen Systeme verhindern, die häufig viel Energie verschwenden.

Die Regelung überwindet dabei nicht nur die technischen Hürden, hervorgerufen durch die klassische Trennung der einzelnen Gewerke der Haustechnik, sondern auch Herausforderungen bei der Installation. Dazu wurden vorgefertigte Sets mit steckerfertigen Leitungen konzipiert. Hiermit ist die Installation der Regelung sowohl von den Gewerken des Heizungs-, Kühlanlagen- oder Lüftungsbaus als auch vom SHK-Fachhandwerk als Generalist möglich.

Literatur

[1] Richtlinie (EU) 2018/844 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz, Artikel 8, Abs. 10.

[2] Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2008 · 51:1358–1369, DOI 10.1007/s00103-008-0707-2, Springer Medizin Verlag 2008

[3] www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/kommissionen-arbeitsgruppen/ausschuss-fuer-innenraumrichtwerte-vormals-ad-hoc

Von Thomas Kerner
Produktmanager für Systemlösungen Systemair GmbH
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