KWK

KWK-Branche hadert mit unsteten Entwicklungen

Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung lud zum digitalen Jahreskongress

Dienstag, 23.02.2021

Der B.KWK (Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung) hatte für Anfang November 2020 zum zwölften Jahreskongress eingeladen. Dieser fand, der Corona-Pandemie geschuldet, als Online-Veranstaltung statt. Wie aus den Vorjahren gewohnt, standen die unsteten politischen sowie rechtlichen Entwicklungen bei der KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) im Fokus. Und auch diesmal kamen Vertreter aus Politik, Industrie, Verbänden, Vereinen und der Forschung zu Wort.

„KWK schafft: Kohleausstieg – Wärmewende – Klimaziele“. Ein hehres Thema für den zwölften Jahreskongress des B.KWK (Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung) Anfang November 2020. Dieser fand, der Corona-Pandemie geschuldet, nicht wie gewohnt als Präsenzveranstaltung in Berlin, sondern als Online-Veranstaltung per Live-Stream aus Lemgo statt, genau genommen aus der historischen Maschinenhalle der Stadtwerke Lemgo. Der Schwerpunkt des ersten Tages lag, wie aus den früheren Veranstaltungen gewohnt, auf den politischen Statements. Am zweiten Tag standen Berichte aus der Praxis und am dritten Tag die rechtlichen Rahmenbedingungen im Fokus. Trotz der ungewohnten Umstände habe man mit über 400 Anmeldungen eine positive Resonanz für die drei Kongresstage erhalten, berichtet der B.KWK. Interessant für dieses neue Tagungsformat: Die eingeblendete Zahl der „aktuellen Zuschauer“ beim Live-Stream wurde kontinuierlich angezeigt. Und sie schwankte doch sehr heftig, auch innerhalb kürzester Zeitspannen, von deutlich unter 40 bis auf rund 160 Zuschauer – so jedenfalls der Eindruck der Redaktion.

Allen Interessierten, die nicht dem Live-Stream an allen drei Tagen beiwohnen konnten, bietet der B.KWK die Möglichkeit, die Aufzeichnung der einzelnen Kongresstage (insgesamt mehr als sieben Stunden) über das TV-Angebot unter www.bkwk.de/aktuelles/b-kwk-tv anzuschauen. Nachfolgend ein kurzer Überblick über die Themen und Vorträge dieses digitalen Kongresses:

Die Begrüßung und Eröffnung am ersten Kongresstag fand durch den B.KWK-Präsidenten Claus-Heinrich Stahl (selbstständiger Wirtschafts- und Unternehmensberater) und den Geschäftsführer der Stadtwerke Lemgo Arnd Oberscheven statt. Unter der Moderation der beiden B.KWK-Vizepräsidenten Dr. Georg Klene (Bereichsleiter Energiedienstleistungen der Stadtwerke Lemgo) und Heinz Ullrich Brosziewski (Inhaber des Ingenieurbüros Brosziewski) wurden schließlich politische Statements der Abgeordneten Carsten Müller (für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion), Bernd Westphal (SPD), Prof. Dr. Martin Neumann (FDP), Dr. Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) und Ralph Lenkert (Die Linke) zu Fragen rund um die KWK und deren Stellenwert für die Energiewende eingespielt.

KWK als „Notfallversicherung“

Zwar sei die KWK eine Technologie, um Brennstoffe effizient einzusetzen. Klar sei jedoch, dass diese Brennstoffe aus Klimaschutzgründen perspektivisch gesehen zu 100 Prozent regenerativ sein müssen, betonte Verlinden. Gerade bei der Wärmewende gebe es viel Nachholbedarf. „Wir gehören im europäischen Vergleich in Deutschland zu den Schlusslichtern, was den Anteil der erneuerbaren Wärme angeht.“

Auch für Lenkert ist die KWK eine wichtige Komponente der Energiewende. Woher sollen schließlich effizient Strom und Wärme kommen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Doch müssten neue Lösungen gerade für kleine KWK-Anlagen gefunden werden. KWK-Anlagen seien unsere Notfallversicherung und als solche benötigten sie alleine dafür, dass sie da sind, eine Förderung, die sicherstellt, dass sie betriebswirtschaftlich langfristig betrieben werden können. Den Bau reiner Residualkraftwerke, die ausschließlich dem Stromnotfall – für wenige Stunden im Jahr – dienen sollen, lehnte er entschieden ab. Das sei eine Verschwendung von Ressourcen. Statt über Netzentgelte die Betreiber von Residualkraftwerken zu bezahlen, solle man besser KWK-Lösungen mit Stadtwerken realisieren – mit KWK könne zu jeder Zeit, wenn Sonne und Wind nicht zur Verfügung stehen, Strom und Wärme erzeugt werden.

Müller empfahl, mehr auf die Lenkungswirkung des Marktes zu vertrauen. KWK und auch die KWKK (Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung) hätten ökologische und ökonomische Vorteile gegenüber der reinen Stromerzeugung in Kondensationskraftwerken. Die Bedeutung der KWK zur Residuallastabdeckung unterstrich auch Westphal. „KWK ist genau die Technologie, die uns dabei hilft, die Versorgungssicherheit zu garantieren.“ Er sei schon immer ein Befürworter von KWK-Lösungen gewesen, betonte Neumann. Die Rahmenbedingungen für die städtische Versorgung und Quartierslösungen müssten verbessert werden, denn keine andere Technologie nutze Energie so effizient wie die KWK. Die Themen Wasserstoff-Produktion, Wasserstoff-Beimischung und Wasserstoff-Netze, die Bedeutung der Fernwärme, mangelnde Planungs- und Investitionssicherheit für alle Marktteilnehmer sowie das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) beschäftigten schließlich an diesem ersten Kongresstag über zweieinhalb Stunden die Gemüter der Politiker sowie der Moderatoren Klene und Brosziewski.

B.KWK-Vizepräsidenten Dr. Georg Klene (links) und Heinz Ullrich Brosziewski beim zwölften Jahreskongress des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK).
Quelle: Stadtwerke Lemgo
Ungewohnte Atmosphäre für den zwölften Jahreskongress des B.KWK (Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung) Anfang November 2020. Die beiden B.KWK-Vizepräsidenten Dr. Georg Klene (links) und Heinz Ullrich Brosziewski moderierten die Online-Veranstaltung per Live-Stream aus der historischen Maschinenhalle der Stadtwerke Lemgo.

KWK plus X

B.KWK-Vizepräsident Hagen Fuhl (Leiter Normungs- und Öffentlichkeitsarbeit von SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme) moderierte mit Unterstützung durch den Fachexperten Uwe Weber (Stadt-werke Lemgo) den mit sieben Vorträgen straff durchorganisierten zweiten Kongresstag. Dieser stand unter dem Motto „Macher berichten aus der Praxis“. Dass die KWK derzeit in eher schwierigen Fahrwassern unterwegs ist, konstatierte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des VKU (Verband kommunaler Unternehmen), zur Eröffnung. „Planungssicherheit und der Vertrauensschutz nehmen leider weiter ab.“ Dies sei keine gute Grundlage für Investitionen in diese Klimaschutztechnologie. Man habe die Sorge, dass die Politik für die gewaltige Aufgabe der Wärmewende schlicht zu knapp plane. Zudem beklagte er das unglückliche Verwirrspiel um das BEHG (Brennstoffemissionshandelsgesetz). Bei der Verlässlichkeit politischer Rahmenbedingungen sei noch verdammt viel Luft nach oben.

Anschließend stellte Othmar Verheyen (Universität Duisburg-Essen) die Auswirkungen des nEHS (nati-onales Emissionshandelssystem) auf KWK-Anlagen vor. In der öffentlichen Versorgung sei die Kraft-werksplanung abhängig vom Börsenstrompreis. Durch höhere Preise der Kohlendioxid-Emissionen könnten KWK-Anlagen in der Eigenversorgung an Rentabilität verlieren. Wenn die Kosten anteilig auf Strom und Wärme umgelegt werden, gebe es Verschiebungen bei der Grenzkostenbetrachtung (Merit Order), geringere Laufzeit und weniger Wärme aus KWK wären die Folge. David Weiblein (CEO von BTB Berlin) erklärte das Instrument iKWK (innovative Kraft-Wärme-Kopplung) und zeigte ihre Auswirkungen bei der Wärmeerzeugung für ein Fernwärmeverbundnetz in Berlin an Beispielen der Heizkraftwerke Schöneweide und Adlershof. Über den geplanten Einsatz der iKWK – mit der Einbindung von Solarthermie und Einsatz einer Wärmepumpe – bei der Landesgartenschau 2022 in Bad Neue-nahr-Ahrweiler informierte Christophe Vianden (Ahrtal-Werke).

Dr.-Ing. Jens Kühne vom AGFW (Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK) erläuterte, was durch das NABeG (Netzausbaubeschleunigungsgesetz) und durch die geplante Zusammenführung von Redispatch (Management von Engpässen im Stromnetz) und Einspeisemanagement zu beachten ist und welche Auswirkungen für die Sektorenkopplung und für die Wärmeversorgung aus KWK zu erwarten sind. Martin Teichmann berichtete von der Arbeit der Clearingstelle EEG/KWK. Und B.KWK-Präsident Stahl stellte zum Ende des zweiten Kongresstages die Zertifikate der Blauen Energie vor. So erhalten hocheffiziente KWK-Anlagen das Kombizertifikat Blauer Strom & Blaue Wärme. Wird aus blauem Strom und blauer Wärme in Ad- oder Absorptionsanlagen Kälte produziert, kann dies zudem in dem Ergänzungszertifikat Blaue Kälte ausgewiesen werden.

B.KWK-Präsident Claus-Heinrich Stahl (rechts) und B.KWK-Vizepräsident Dr. Georg Klene beim zwölften Jahreskongress des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK).
Quelle: ProsumerNews
B.KWK-Präsident Claus-Heinrich Stahl (rechts) und B.KWK-Vizepräsident Dr. Georg Klene beim zwölften Jahreskongress des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK).

KWK im Quartier

Am dritten Kongresstag mit dem Motto „Rechtliche Rahmenbedingungen“ führten Stahl und Klene als Moderations- und Expertenteam durch den Live-Stream. In der Eröffnungsrede betonte Stephanie von Ahlefeldt, Abteilungsleiterin Energiepolitik im BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie): „Die KWK spielt für uns eine wichtige Rolle in der Energiewende und sie wird sie auch weiterspielen.“ Die KWK könne die Herausforderungen des Klimaschutzes annehmen. Wichtig sei jetzt in einem ersten Schritt die Umstellung des eingesetzten Brennstoffs von Kohle auf Gas inklusive Wasserstoff, im zweiten Schritt müssten KWK-Anlagen flexibler fahren als bisher, um mehr Raum für Windstrom und Solarstrom zu schaffen, und im dritten Schritt gehe es allgemein um eine Vergrünung der Wärmenetze. Anschließend gab Prof. Dr. Martin Maslaton, geschäftsführender Gesellschafter der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft, einen Einblick in die aktuelle Gesetzgebung samt einer politischen Bewertung. So informierte er besonders über die vielfältigen Änderungen bei den Förderbedingungen.

KWK gewinnt für Contractoren in der Wohnungswirtschaft an Bedeutung, berichtete Tobias Dworschak, Geschäftsführer des vedec (Verband für Energiedienstleistungen, Effizienz und Contracting). Contracting könne vielfältige Lösungen rund um die Energieversorgung von Objekten und Arealen schaffen. Dabei ermögliche der Einsatz eines BHKW (Blockheizkraftwerk), auch in Kombination mit Photovoltaik und Biogas, die dezentrale Stromlieferung zu attraktiven Preisen. Achim Zerres, Abteilungsleiter Energieregulierung bei der Bundesnetzagentur, erklärte einige Grundgedanken, wie die Marktintegration ausgeförderter Photovoltaik-Anlagen funktionieren kann. Mit dem Ablauf der Förderdauer endet die kaufmännische Abnahme des eingespeisten Solarstroms. Die Abschaltung von Anlagen sei eine unvernünftige Lösung. „Wir brauchen die Anlagen, um die Energiewende fortzusetzen.“

Wünsche an die Politik

Über die Zulassungsverfahren und aktuelle Förderung energieeffizienter Technologien nach dem KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz) informierte Dr. Nicole Holzheu, Referatsleiterin beim BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle). Dabei ging sie sowohl auf neue als auch modernisierte oder nachgerüstete KWK-Anlagen, auf iKWK-Systeme, auf Wärme- und Kältenetze sowie auf Wärme- und Kältespeicher ein. Toni Reinholz von der dena (Deutsche Energie-Agentur) zeigte die Zukunft von erneuerbaren Gasen und Biomethan im Wärmemarkt auf. Das Einspeisevolumen von Biomethan sei zwischen den Jahren 2013 und 2018 kontinuierlich von knapp 6.000 GWh auf über 10.000 GWh gesteigert worden. In 2019 gab es eine Stabilisierung bei knapp unter 10.000 GWh. Reinholz ging auf die Chancen von Wärmekonzepten mit Biomethan-BHKW ein und beleuchtete die Wirtschaftlichkeit von Biomethan im EEG.

Zum Ende dieses dreitägigen Online-Kongresses formulierte der B.KWK als Resümee drei Wünsche an die Politik, um die KWK im Energiesystem der Zukunft bestmöglich einsetzbar zu machen: „Wir wünschen uns, dass jegliche Residuallast zu 100 Prozent aus der KWK kommt und die Bundesregierung dafür die Rahmenbedingungen schafft. Wir wünschen uns einen Ausbau der Quartierswärme und Fernwärmenetze derart, dass wir den Pfad zu erneuerbaren Energien auch in der Wärmeversorgung so gut beschreiten können. Und als Drittes wünschen wir uns die Rahmenbedingungen zum Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Gasen auf dem Pfad der Machbarkeit und nicht auf dem Pfad der Brüche.“

Von Robert Donnerbauer
Redaktion, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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