Wärme

Im Interview: Heinz-Werner Schmidt, Geschäftsführer August Brötje GmbH

Donnerstag, 05.03.2020

Heinz-Werner Schmidt spricht mit uns über 100 Jahre Brötje sowie aktuelle und zukünftige Projekte.

Stilisiertes Bild vom Brötje-Firmengebäude in Rastede.
Quelle: Brötje

Den 100. Geburtstag dürfen nur ganz wenige feiern – das gilt sowohl für Personen als auch Unternehmen und Institutionen. Beim Traditionshersteller Brötje aus dem niedersächsischen Rastede war es dieses Jahr soweit (und das wurde natürlich gebührend gefeiert!). Ein guter Grund, um einmal in die bewegte Firmengeschichte „einzutauchen“ und mit dem Geschäftsführer der August Brötje GmbH, Heinz-Werner Schmidt, ein Interview zu führen. Aber keine Angst: Im Gespräch mit dem HeizungsJournal ging es nicht nur um die "ollen Kamellen", sondern vor allem um die aktuellen und kommenden Projekte, mit denen sich der Wärmespezialist im Heizungsmarkt profilieren will.

Herr Schmidt, welche besonderen Ereignisse in der Brötje-Historie müssen unsere Leserinnen und Leser denn unbedingt kennen?

Zum 100-jährigen Jubiläum haben wir eine umfassende Recherche zur Geschichte von Brötje durchgeführt und dazu eine Chronik erstellt. Diese können Sie sich übrigens im Internet herunterladen. Dort gibt es auch einen Film von 1958, der ebenfalls sehr interessant ist.

Das ganz Besondere an der Geschichte von Brötje ist für mich, dass der Gründer August Brötje eine sehr frühe Vision von einer eigenen Fabrik hatte, für die er sich selbst immer wieder neu erfunden hat. Angefangen hat es mit Reparaturarbeiten an Dampfmaschinen, danach begann die Fertigung von Bandsägen, bis die große Expansion mit der Serienproduktion von Heizkörpern und Heizkesseln startete und das Unternehmen zu dem machte, was es heute ist. Ich selbst habe in meiner beruflichen Karriere in der Heizungsbranche auch so manche Veränderung in die Wege geleitet, so dass ich mich mit August Brötje sehr gut identifizieren kann.

Eine sehr bewegte Geschichte ist das! Welche Schlüsse und Ergebnisse können Sie daraus für Ihre Arbeit in einer nicht minder dynamischen Gegenwart ziehen?

Die Geschichte von Brötje zeigt uns eindeutig, dass es unumgänglich ist, dass wir flexibel bleiben und bereit sind, uns ständig zu verändern bzw. weiterzuentwickeln. Die Menschen in Deutschland haben in den letzten 100 Jahren derart grundlegende Veränderungen durchlebt, dass ich mir sicher bin, dass wir die jetzt anstehenden Themen der Digitalisierung und des Klimawandels ähnlich gut meistern werden.

Stilisiertes Bild vom Brötje-Firmengebäude in Rastede.
Quelle: Brötje

Sie sind nun seit über einem Jahr "Brötjaner" und als Geschäftsführer bei der August Brötje GmbH aktiv. Welche Themen und Projekte haben Sie in dieser Zeit, neben dem runden Firmenjubiläum freilich, begleitet und angeschoben? Schließlich war 2019 auch ISH angesagt.

Neben den Veränderungen kann man natürlich auch die Themen nennen, die weiterhin Bestand haben und auf die wir auch in Zukunft bauen können. Allen voran ist für Brötje die exklusive Partnerschaft zur GC-, GUT- und Pfeiffer & May-Gruppe zu nennen. Hier können wir in diesem Jahr mit Stolz bereits auf 20 Jahre erfolgreiche Kooperation zurückschauen. Intern haben wir, wie viele andere vergleichbare Unternehmen, viele EDV-Projekte in der Umsetzung, die uns in den internen und externen Prozessen weiter nach vorne bringen. In der Produktentwicklung haben wir erfolgreich die neue Generation der Wärmepumpen in den Markt eingeführt. Das war für unsere Kunden eines der Highlights auf der ISH 2019.

Das Angebot an ausgeklügelter Systemtechnik für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung ist mittlerweile sehr groß – für den investierenden Häuslebauer und Sanierer bisweilen "unübersichtlich". Wie heben Sie sich hier vom Wettbewerb ab?

Man kann ja nicht überall der Beste sein, aber die Zusammenstellung aufeinander abgestimmter Systemkomponenten ist etwas, was Brötje besonders auszeichnet. Ich sage es mal mit den Worten eines unserer Kunden: "Wenn es mal besonders knifflig wird, kann ich mich darauf verlassen, dass Brötje mir dazu immer eine clevere Lösung zusammenstellen kann." Dies betrifft sowohl das Zusammenspiel in der Hydraulik als auch bei der Regelungstechnik. Die Gegebenheiten vor Ort sind immer wieder anders. Letztlich macht das die Heiztechnik auch so interessant!

Die Meta-Themen "Elektrifizierung der Wärmeversorgung" und "Digitalisierung der Heiztechnik" werden in der Branche seit Jahren intensiv diskutiert. Wie positioniert sich Brötje mit seinen Produkten und Lösungen in diesem Kontext?

Wie Sie richtig sagen, sind die "Elektrifizierung der Wärmeversorgung" und die "Digitalisierung der Heiztechnik" die Meta-Themen, an denen kein Heizungshersteller vorbeikommt. So haben wir in diesem Jahr, wie bereits erwähnt, das neue Wärmepumpen-Programm in den Markt eingeführt. Außerdem bieten wir inzwischen für alle Wärmeerzeuger die Anbindung an das Internet an, wodurch die Fernsteuerung und -diagnose möglich werden. Der Bereich, der auf der ISH ebenfalls sehr gut besucht war, war übrigens unsere Digitalisierungs- und Service-Insel. Hier haben wir auch die Anbindung an externe Smart-Home- und Gebäudeleittechnik-Systeme gezeigt, die seit der Einführung der Serie "i" unserer Geräte in 2018 möglich ist.

Eine Anschlussfrage zur "digitalen Heizung": Wie groß ist das Interesse seitens des installierenden Fachhandwerks an den diversen realisierbaren Vernetzungsszenarien und darauf aufbauenden (digitalen) Dienstleistungen?

Dies lässt sich mit zwei Worten sagen: stetig steigend. Die jüngere Generation geht mit der Digitalisierung bereits sehr selbstverständlich um. Im Moment haben allerdings die Fachhandwerker in der Heizung aufgrund der Kapazitätsengpässe andere Themen, denen sie sich stärker widmen.

Gas-Brennwert-Gerät der Brötje-Serie
Quelle: Brötje
Das neue Modul "ISR MODBM" verbindet die Premiumgeräte der Brötje-Gas-Brennwert-Serie "i" mit der Gebäudeleittechnik. Mit der Erweiterung ist eine Fernbedienung und -überwachung des Heizsystems über die Gebäudeautomation möglich. Die Installation des "ISR MODBM" erfolgt im Kesselschaltfeld des Wärmeerzeugers. Die Datenübertragung wird über die drahtgebundene Variante "Modbus RTU" realisiert.

Das Jahr 2019 wird wohl, laut Deutschem Wetterdienst (DWD), als das drittwärmste Jahr in Deutschland seit Messbeginn 1881 in die Geschichte eingehen, der Juni sei im Vergleich der bisher wärmste gewesen und noch dazu wurden Ende Juli bekanntlich auch absolute Temperaturrekorde gebrochen. Welchen Stellenwert messen Sie angesichts dieser Tatsachen dem Anwendungsfall "Gebäudekühlung und Entfeuchtung", gerade unter den genannten Gesichtspunkten der Systemtechnik und Vernetzung mit z.B. PV-Anlagen, bei?

Wir sprechen bei Brötje und natürlich im Konzern bei BDR Thermea schon seit vielen Jahren nicht mehr nur von der Heizung, sondern vielmehr vom Raumklima. Denken Sie doch an die aktive Kühlung durch Wärmepumpen. Da muss man auch die Luftfeuchtigkeit messen, sonst ist der Ärger vorprogrammiert. Den Ausbau des Produktsortiments treiben wir aber behutsam voran. Unsere Kunden brauchen im Moment vor allem solide und zuverlässige Produkte. Brötje-Produkte waren in der Qualität noch nie so gut wie jetzt. Und das darf nur weiter verbessert werden.

Zu guter Letzt: Das Thema "Sektorenkopplung" bzw. "Konvergenz der Energienetze Gas und Strom" rückt den Gebäudebereich und hier vor allem den Bilanzraum Heizung, Lüftung, Kühlung und Warmwasserbereitung mehr und mehr in den Fokus des politischen wie öffentlichen Interesses. Wie nehmen Sie die Diskussionen rund um die "power-to-x"-Technologien (v.a. "power-to-heat", "power-to-gas", "power-to-liquid") wahr?

Wie Sie wissen, obliegt mir neben der Verantwortung für Brötje auch die für SenerTec, Remeha Deutschland und Baxi Innotech. Die Entwicklung und Anwendung des Brennstoffzellenheizgeräts ist dort zentrales Thema. Wir haben hier, nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten, gute Fortschritte erzielen können. Ich möchte auch erwähnen, dass wir auf der ISH als einziger Hersteller ein seriennahes Wasserstoff-Heizgerät gezeigt haben, welches bereits in größerer Stückzahl im Feld in den Niederlanden und in England in Betrieb ist. Die Zukunft wird aus einem Energiemix bestehen, wo neue Energieträger, wie synthetisches Öl oder Gas sowie Wasserstoff, eine wichtige Rolle spielen werden.

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