Wärme

Heizungsmarkt rückt in den Fokus der Energiewende

Donnerstag, 21.03.2019

Teil 2 unserer Übersicht über das Geschehen in der Heizungsbranche.

Ein Windrad auf einer Wiese.
Quelle: Skitterphoto / https://pixabay.com
Während die Politik an Lösungen für eine effiziente, die Emissionen mindernde Sektorenkopplung arbeitet, helfen in 2018 hohe Temperaturen bei der Verbesserung der CO2-Bilanz.

Im zweiten Teil der diesjährigen Übersicht über den deutschen Heizungsmarkt (hier geht es zu Teil 1) beleuchtet das HeizungsJournal die Rolle der Branche im Rahmen der Energiewende – speziell die jüngsten Entwicklungen in den zurückliegenden drei Jahren.

Trotz immenser finanzieller Belastung besonders der privaten Haushalte sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland in 2016 und 2017 wieder gestiegen. Während die Politik an Lösungen für eine effiziente, die Emissionen mindernde Sektorenkopplung arbeitet, helfen in 2018 hohe Temperaturen bei der Verbesserung der CO2-Bilanz.

Die Energiewende dümpelt weiter vor sich hin. Schaut man sich die Entwicklungen der vergangenen drei Jahre an, drängt sich der Eindruck auf, dass Konjunkturschwankungen oder die bereits einsetzenden Klimaveränderungen gar selbst mehr Einfluss auf den Energieverbrauch und die Emissionen von klimaschädlichen Gasen haben, als die bislang erzielten Maßnahmen durch die Politik.

So hatte der von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im letzten Sommer vorgelegte sechste Monitoring-Bericht zur Energiewende (die Monitoring-Berichte sind Teil des 2011 gestarteten Monitoring-Prozesses "Energie der Zukunft") festgestellt, dass sowohl der Energieverbrauch als auch die Treibhausgasemissionen im Jahr 2016 wieder zugelegt haben. Das heißt, der Primärenergieverbrauch ist gegenüber dem Vorjahr nicht gesunken, sondern um 1,4 Prozent gestiegen. Zu dieser Entwicklung hätten die kühlere Witterung und das gute Wirtschaftswachstum beigetragen. Zwar seien die Maßnahmen des NAPE (Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz) und der energiepolitischen Beschlüsse von Juli 2015 angelaufen, jedoch reichten die bis dato erzielten Reduktionen nicht aus, um die gesteckten Einsparziele zu erreichen (Abb. 19).

Das Diagramm zeigt den Primärenergieverbrauch nach Energieträgern von 2000 bis 2016.
Quelle: BDEW
Abb.19: Die Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland zeigt über die vergangenen Jahre stetig hohe Anteile von Erdgas und Braunkohle. Erneuerbare Energien haben die Anteile der Kernenergie übernommen.

Der Endenergieverbrauch in Gebäuden ist im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr sogar um 4,3 Prozent gestiegen. Seit 2008 ist er zwar durchschnittlich um rund 0,8 Prozent pro Jahr gesunken. Um die Zielvorgabe einer Reduktion von 20 Prozent bis 2020 einzuhalten, müsste er in den bis 2020 verbleibenden Jahren jedoch fünfmal schneller sinken. Besonders aber entwickelte sich der Endenergieverbrauch im Verkehr mit einem Anstieg um 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr und um 4,2 Prozent gegenüber 2005 weiterhin gegenläufig zu den Zielen des Energiekonzepts.

Es ist davon auszugehen, dass die Erreichung des Ziels für 2020 von minus zehn Prozent erst um das Jahr 2030 herum erwartet werden kann. Hier seien erhebliche weitere Anstrengungen erforderlich, um so schnell wie möglich eine Trendumkehr einzuleiten. Auch die Treibhausgasemissionen sind im Jahr 2016 insgesamt wieder leicht angestiegen. Daher wolle die Bundesregierung prüfen, welche ergänzenden Maßnahmen vorzunehmen sind, um das Klimaschutzziel für 2020 (minus 40 Prozent gegenüber 1990) so schnell wie möglich zu erreichen (Abb. 20).

Der Treibhausgasausstoß in Deutschland von 1990 bis - als Prognose - 2050.
Quelle: AEE
Abb.20: 2016 nahmen die Treibhausgasemissionen in Deutschland wieder zu. Im langjährigen Vergleich konnte der Sektor Haushalte im Gegensatz zum Sektor Verkehr seine Emissionen deutlich reduzieren.

2016 und 2017 – der Energieverbrauch in Deutschland steigt zwei Jahre in Folge

Im darauffolgenden Jahr ist der Energieverbrauch in Deutschland dann nach Berechnungen der AG Energiebilanzen (Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen) wieder gestiegen, und zwar um 0,9 Prozent auf 13.594 PJ (Petajoule) oder 464 Mio. t SKE (Steinkohleeinheiten). Da 2017 im Durchschnitt wärmer war als das Schaltjahr 2016, so dass der Heizenergiebedarf eher etwas geringer war, wird dieser Zuwachs ursächlich dem starken gesamtwirtschaftlichen Wachstum (preisbereinigt plus 2,2 Prozent) und dem kräftigen Anstieg im produzierenden Gewerbe (plus 2,7 Prozent) zugeschrieben. Bereinigt um den Witterungseffekt und den Schaltjahreffekt dürfte der Zuwachs des Energieverbrauchs in 2017 schätzungsweise immer noch über ein Prozent betragen haben.

Die Verbrauchsentwicklung verlief dabei je nach Energieträger sehr unterschiedlich. Bei den erneuerbaren Energien (plus 6,1 Prozent), Erdgas (plus 6,2 Prozent) und Mineralöl (plus 2,7 Prozent) war ein teilweise deutlicher Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Der Verbrauch von Braunkohle (minus 0,6 Prozent) und sonstigen Energieträgern (minus 0,8 Prozent) blieb nahezu stabil. Die Nutzung von Kernenergie (minus 9,8 Prozent) und Steinkohle (minus 11,3 Prozent) war hingegen stark rückläufig.

Mit einem Anteil am Primärenergieverbrauch von knapp 35 Prozent blieb das Mineralöl nach wie vor der wichtigste Energieträger, gefolgt vom Erdgas, das seinen Anteil auf nahezu 24 Prozent steigern konnte. An dritter Stelle rangierten die erneuerbaren Energieträger mit einem Anteil von gut 13 Prozent. Hierbei legte die Windenergie vor allem aufgrund der sehr günstigen Windverhältnisse um rund ein Drittel zu, die Nutzung der Geothermie stieg um 7,7 Prozent und der Solarenergie um 4,7 Prozent.

Ebenso wie der Primärenergieverbrauch nahm der Bruttostromverbrauch im Jahr 2017 erneut zu: Mit rund 600 Mrd. kWh fiel der Zuwachs mit 0,5 Prozent allerdings etwas geringer aus. Dabei wurde der bisherige Höchstwert von etwa 622 Mrd. kWh des Jahres 2007 um 3,6 Prozent unterschritten. Die Bruttostromerzeugung wuchs 2017 mit 0,6 Prozent auf rund 655 Mrd. kWh nur wenig stärker als der Bruttostromverbrauch.

Während sich die Stromerzeugung auf Basis von Steinkohle (minus 17,5 Prozent), Kernenergie (minus 9,8 Prozent) und Braunkohle (minus 1,4 Prozent) verminderten, verbuchte Erdgas einen Zuwachs von 6,4 Prozent. Bei den erneuerbaren Energieträgern kam es zu einem kräftigen Plus von 15 Prozent. Die Exportüberschüsse beim Stromaustausch mit dem Ausland erhöhten sich auf rund 55 Mrd. kWh (2016: 53,7 Mrd. kWh).

Die Treibhausgasemissionen verharrten nach Einschätzung von Experten im Jahr 2017 insgesamt auf dem hohen Niveau der vergangenen Jahre, trotz des wachsenden Anteils erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung. Während im Energiesektor die Emissionen schon das vierte Jahr in Folge rückläufig waren, blieben die Endenergiesektoren – allen voran der Verkehr – weit hinter den Zielen zurück (Abb. 21, 22, 23, 24).

Der Primärenergieverbrauch in Deutschland im Jahr 2017.
Quelle: BMWi
Abb.21: Auf erneuerbare Energien entfielen im Jahr 2017 über 13 Prozent des Primärenergieverbrauchs.

Der Endenergieverbrauch in Deutschland im Jahr 2017, aufgeschlüsselt in die Bereiche Strom, Verkehr sowie  Wärme und Kälte.
Quelle: AEE
Abb.22: Der Endenergieverbrauch in Deutschland lässt sich in die Bereiche Strom, Verkehr sowie Wärme und Kälte aufschlüsseln.

Treibhausgasemissionen in Deutschland von 1990 bis - prognostiziert - 2050.
Quelle: UBA
Abb.23: Die Treibhausgasemissionen in Deutschland verharrten 2017 auf hohem Niveau.

Energieflussbild für das Jahr 2017.
Quelle: AGEB
Abb.24: Das Energieflussbild für das Jahr 2017 verdeutlicht die unterschiedlichen Anteile der einzelnen Sektoren am Endenergieverbrauch.

2018 – insgesamt sinkt der Energieverbrauch wieder doch Flugkraftstoff legt im Absatz zu

Für 2018 geht die AG Energiebilanzen nun endlich wieder von einem Rückgang bei den energiebedingten CO2-Emissionen aus, und zwar in einer Größenordnung von sechs Prozent. Der Grund: der Energieverbrauch in Deutschland sank um fünf Prozent auf 12.900 PJ (440,2 Mio. t SKE) – dem niedrigsten Niveau seit Anfang der 1970er Jahre.

Verantwortlich dafür seien neben der milden Witterung vor allem die gestiegenen Preise sowie Verbesserungen bei der Energieeffizienz. Hinzu kommen nach Expertenmeinung auch konjunkturgeschuldete Produktionsrückgänge in einigen energieintensiven Industrien, wie der Petrochemie.

Die Verbrauchsrückgänge in 2018 betrafen alle fossilen Energieträger: Der Verbrauch von Mineralöl verringerte sich um 5,6 Prozent (den stärksten Rückgang verzeichnete dabei der Absatz von dem im Herbst extrem im Preis gestiegenen Heizöl, hingegen kam es beim Otto- und beim Dieselkraftstoff nur zu leichten Rückgängen, beim Flugkraftstoff sogar zu einer Absatzsteigerung).

Der Erdgasverbrauch verminderte sich um 7,3 Prozent (nachdem die kalte Witterung im ersten Quartal noch für einen deutlichen Verbrauchsanstieg gesorgt hatte, kam es im Jahresverlauf durch höhere Temperaturen zu Verbrauchsrückgängen im Raumwärmemarkt). Der Verbrauch an Steinkohle ging um 11,2 Prozent zurück, der von Braunkohle um 1,9 Prozent.

Bei der Kernenergie kam es 2018 nur zu einer leichten Abnahme der Stromproduktion um 0,3 Prozent. Die erneuerbaren Energien steigerten ihren Beitrag zum gesamten Energieverbrauch um 2,1 Prozent. Hierbei verzeichnete die Windkraft ein Plus von sieben Prozent und die Solarenergie ein Plus von 16 Prozent.

Die Biomasse verharrte auf dem Vorjahresniveau und bei der Wasserkraft kam es zu einem Minus von 16 Prozent. Die Anteile der verschiedenen Energieträger am nationalen Energiemix haben sich dadurch im vergangenen Jahr leicht verschoben. Kennzeichnend bleibt aber der breite Energiemix: Knapp 58 Prozent des inländischen Energieverbrauchs entfielen auf Öl und Gas. Stein- und Braunkohle deckten zusammen etwas mehr als ein Fünftel des Verbrauchs. Die Erneuerbaren steigerten ihren Beitrag auf 14 Prozent (Abb. 25).

Struktur des Primärenergieverbrauchs in Deutschland im Jahr 2018.
Quelle: AGEB
Abb.25: Im vergangenen Jahr konnten die erneuerbaren Energien ihren Beitrag zum Energieverbrauch auf 14 Prozent steigern.

Hoher Aufwand mit wenig Wirkung – drei verlorene Jahre für den Klimaschutz

Insgesamt verdeutlichen die vergangenen drei Jahre eine ernüchternde Bilanz in Bezug auf die Entwicklung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen. Dr. Georg Müller, Vorstandsvorsitzender von MVV Energie, brachte es unlängst auf den Punkt: Er sprach von "verlorenen Jahren für den Klimaschutz". Klimaschutz ist ohne Alternative und hat keine Zeit mehr, konstatierte Müller. "Die Bundesregierung droht mit ihrem Generationenprojekt der Energiewende zu scheitern", stellte vergangenen Herbst auch Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs, in einem Bericht an den Deutschen Bundestag über die Umsetzung der Energiewende klar. "Der enorme Aufwand und die starke Belastung der Bürger und Wirtschaft stehen in krassem Missverhältnis zum bisher dürftigen Ertrag der Energiewende. Wenn die Energiewende gelingen soll, muss die Bundesregierung umsteuern."

Die Energiewende werde vom BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) unzureichend koordiniert und mangelhaft gesteuert, kritisierte der Bundesrechnungshof. Damit lässt das BMWi die notwendige Handlungsbereitschaft vermissen, die angesichts eines derart komplexen Projekts zu erwarten wäre. Die Bundesregierung sollte den Ansatz aufgeben, die Energiewende mit einer Vielzahl komplizierter Gesetze und Verordnungen zu regeln.

Vielmehr sollte sie einen rechtlichen Rahmen und ökonomische Anreize zu umweltverträglichem Verhalten setzen. Die bisherigen finanziellen Belastungen der Wirtschaft sowie der öffentlichen und privaten Haushalte seien enorm. Der Bundesrechnungshof geht für das Jahr 2017 von mindestens 34 Mrd. Euro aus. In den letzten fünf Jahren wurden für die Energiewende mindestens 160 Mrd. Euro aufgewendet. Steigen die Kosten der Energiewende weiter und werden ihre Ziele weiterhin verfehlt, bestehe das Risiko des Vertrauensverlustes in die Fähigkeit von Regierungshandeln.

Das Fraunhofer ISE (Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE) hat in neun verschiedenen Klimaschutzszenarien untersucht, wie eine kostenoptimale Transformation des deutschen Energiesystems unter Einbeziehung aller Energieträger und aller Verbrauchssektoren aussehen könnte, um die Klimaschutzziele bis 2050 zu erreichen (jeweils vorausgesetzt, dass der Kernenergieausstieg planmäßig bis 2022 erfolgt).

Das Szenario einer Minderung energiebedingter CO2-Emissionen (diese machen aktuell rund 85 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen aus) um mindestens 85 Prozent bezogen auf den Referenzwert im Jahr 1990, hat gezeigt, dass die kumulierten Gesamtkosten für Umbau und Betrieb des gesamten Energieversorgungssystems über den betrachteten Zeitraum von 2015 bis 2050 rund 1.100 Mrd. Euro betragen (im Vergleich zu dem Referenzszenario, bei dem das Energiesystem entsprechend seinem Stand im Jahr 2014 bis 2050 unverändert verbleibt). Der Endenergiebedarf reduziert sich dabei um rund 30 Prozent, unter anderem durch eine Reduktion des Raumwärmebedarfs und eine effizientere Nutzung der Endenergie Strom sowohl im Wärmebereich mit Wärmepumpen als auch im Verkehrsbereich mit Elektrofahrzeugen.

Finanzierung der Energiewende über den Strompreis mit Verschleierung der wahren Kosten

Ein Kostentreiber gerade für die Bürger ist die Finanzierung der Energiewende über den Strompreis. Hier wurden mittlerweile verschiedene Abgaben und Umlagen eingeführt, was nach Expertenmeinung mit zur Verschleierung der wahren Kosten beigetragen hat. Besonders medienwirksam wurde die EEG-Umlage kommuniziert, wobei – wieder verschleierungstypisch – zumeist nur der Netto-Wert genannt wurde, sprich 6,792 Cent/kWh für 2018. Unerwähnt blieb in der Regel der Hinweis, dass der Staat auch darauf noch die Mehrwertsteuer von den Haushaltskunden gefordert hat.

Nach Information des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) setzt sich der Strompreis für Haushaltskunden grundsätzlich aus drei Bestandteilen zusammen: 21,1 Prozent entfielen im vergangenen Jahr auf Strombeschaffung und Vertrieb, 24,7 Prozent auf regulierte Netzentgelte, und 54,2 Prozent, also über die Hälfte, auf Steuern, Abgaben und Umlagen.

Insgesamt wurden auf den Strompreis für Haushaltskunden laut BDEW acht verschiedene Steuern, Abgaben und Umlagen erhoben: die EEG-Umlage, die § 19 StromNEV-Umlage, die Umlage für abschaltbare Lasten nach §18 AbLaV, der KWK-Aufschlag, die Offshore-Haftungsumlage, die Konzessionsabgabe sowie die Stromsteuer/Energiesteuer und die Mehrwertsteuer (Abb. 26, 27, 28).

Bruttostromerzeugung in Deutschland von 2010 bis 2016 nach Energieträgern aufgeschlüsselt.
Quelle: BDEW
Abb.26: Braunkohle und Erdgas konnten in diesem Jahrzehnt ihre Bedeutung für die Bruttostromerzeugung behaupten – im Gegensatz zur Kernenergie. Erneuerbare Energien haben im vergangenen Jahr mit Braun- und Steinkohle gleichgezogen.

Bruttostromerzeugung in Deutschland in 2018 nach Bereichen aufgeschlüsselt.
Quelle: BDEW
Abb. 27: Innerhalb der erneuerbaren Energien lieferte die Windkraft in 2018 den größten anteil zur Bruttostromerzeugung.

Monatlicher Stromverbrauch in Deutschland im Jahr 2017.
Quelle: BDEW
Abb.28: Der Gesamtstromverbrauch war 2017 übers Jahr gesehen relativ konstant – mit einem Maximum im Januar.

Mit der EEG-Umlage wird die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien gesetzlich gefördert. Die aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entstehenden Mehrbelastungen werden bundesweit an die Letztverbraucher weitergegeben – zu Beginn im Rahmen des Stromeinspeisungsgesetzes, seit April 2000 als EEG-bedingte Mehrkosten, seit Januar 2010 als EEG-Umlage.

Mit der § 19 Strom-NEV-Umlage wird die Entlastung stromintensiver Unternehmen von Netzentgelten gesetzlich finanziert. Seit Jahresbeginn 2012 werden die aus den Entlastungen der Strom-Netzentgeltverordnung (StromNEV) entstehenden Kosten an die Letztverbraucher weitergegeben. Bei der Umlage für abschaltbare Lasten nach §18 AbLaV handelt es sich um eine Umlage zur Vorhaltung von Abschaltleistung nach der "Verordnung zu abschaltbaren Lasten" (AbLaV). Mit der Umlage werden die Anbieter von Abschaltleistung aus abschaltbaren Lasten vergütet, falls der Netzbetreiber diese zum Zweck der Systemstabilisierung abruft.

Mit dem KWK-Aufschlag (Kraft-Wärme-Kopplung) wird die ressourcenschonende gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme gesetzlich gefördert. Die aus dem KWK-Gesetz entstehenden Belastungen werden bundesweit an die Letztverbraucher weitergegeben Die Umlage gibt es seit Mai 2000, seit April 2002 auf Basis des KWK-Gesetzes 2002. Mit der Offshore-Haftungsumlage nach § 17 f des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) werden Risiken der Anbindung von Offshore-Windparks an das Stromnetz abgesichert (beispielsweise ein verspäteter Anschluss von Offshore-Windparks an das Übertragungsnetz an Land oder langdauernde Netzunterbrechungen). Die aus der zum 1. Januar 2013 eingeführten Offshore-Haftungsumlage entstehenden Belastungen werden bundesweit an die Verbraucher weitergegeben. Die Konzessionsabgabe ist ein Entgelt an die Kommune dafür, dass Straßen und Wege für den Betrieb von Stromleitungen benutzt werden können. Ihre Höhe variiert in Abhängigkeit von der Gemeindegröße (§ 2 Konzessionsabgabenverordnung – KAV).

Die Stromsteuer/Energiesteuer ist eine durch das Stromsteuergesetz/Energiesteuergesetz geregelte Steuer auf den Energieverbrauch. Sie gilt seit April 1999. Die Mehrwertsteuer in Höhe von aktuell 19 Prozent wird auf den gesamten Strompreis mit all seinen Bestandteilen erhoben. So ist vor zwölf Jahren der Staatsanteil am Strompreis allein schon durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte am 1. Januar 2007 weiter gestiegen.

Steuern, Abgaben und Umlagen dominieren Strompreis für Haushaltskunden

In Summe gesehen, blieben die Umlagen 2018 nahezu auf gleich hohem Niveau. Ein minimaler Rückgang der EEG-Umlage wurde durch den Anstieg anderer Umlagen wieder aufgebraucht. "Während der eigentliche Strompreis nur knapp über dem Niveau von 1998 liegt, haben sich die staatlichen Belastungen seither nahezu vervierfacht." berichtet Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Profiteur sei der Bundesfinanzminister.

Wie gesagt, sind über 54 Prozent des Strompreises für Haushaltskunden mittlerweile staatliche Steuern, Abgaben und Umlagen. Mehr als 35 Mrd. Euro zahlten Verbraucher hierfür im Jahr 2018, so Kapferer. Und während der Stromverbrauch zwischen 2000 und 2018 um fünf Prozent gestiegen ist, hätten sich die staatlichen Einnahmen allein aus der Strom- und Umsatzsteuer auf inzwischen über 13,5 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Um die Verbraucher zu entlasten, fordert der BDEW, die Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Minimum zu senken sowie die besondere Ausgleichsregelung für die Industrie bei der EEG-Umlage über Steuern zu finanzieren (Abb. 29).

Entwicklung der deutschen Strompreise von 2006 bis 2018 sowie die durchschnittliche Zusammensetzung des Strompreises 2018.
Quelle: BDEW
Abb.29: Steuern, Abgaben und Umlagen haben den Strompreis für Haushalte in die Höhe getrieben.

Übrigens: In diesem Jahr ist die EEG-Umlage zwar leicht gesunken, dafür stieg jedoch die Offshore-Haftungsumlage von 0,037 Cent/kWh in 2018 auf 0,416 Cent/kWh in 2019. Das bedeutet eine Verzehnfachung. "Wir haben es jedoch hier nicht mit einer Verzehnfachung der Kosten für den Ausbau der Windenergie in Nord- und Ostsee zu tun", stellt Kapferer klar. Ursprünglich bepreiste die Offshore-Haftungsumlage lediglich Spezialfälle, wie Verspätungen beim Anschluss eines Windparks, die übrigen Kosten wurden über die Übertragungsentgelte abgewickelt. Doch nun enthalte sie zusätzlich auch die Kosten für die Netzanbindung von Offshore-Windparks.

"Das derzeitige Finanzierungsmodell der Energiewende, das alle Kosten per Umlage auf den Stromverbraucher abwälzt, stößt offensichtlich an seine Grenzen", bemerkt dazu Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP (Bundesverband Wärmepumpe), mit besonderem Blick auf die Entwicklung des Wärmepumpenstrompreises. "Deshalb fordern wir erstens, die besondere Ausgleichsregelung für stromintensive Industriebetriebe zukünftig über den Bundeshaushalt zu finanzieren, und zweitens, die Stromsteuer abzuschaffen."

Verbrauchssektoren müssen differenziert betrachtet werden

Grundsätzlich sollte man bei allen Diskussionen über Verbräuche, Emissionen, Verursacher und Lenkungsmaßnahmen den Gesamtüberblick nicht außer Acht lassen. Unter anderem müssen die Verbrauchssektoren differenziert betrachtet werden, stellt die dena (Deutsche Energie-Agentur) klar. So könne beispielsweise für 2016 der Endenergieverbrauch in Deutschland von 2.542 TWh nach den Sektoren Verkehr (30 Prozent), Industrie (28 Prozent), Privathaushalte (26 Prozent) sowie GHD – Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (16 Prozent) bilanziert werden.

Entsprechend lassen sich die in 2016 wieder gestiegenen energiebedingten Treibhausgasemissionen in Höhe von 783,8 Mio. t CO2-Äquivalenten (im Vergleich zu 768 Mio. t CO2 im Jahr 2015) nach Handlungsfeldern aufteilen. Als größter Verursacher zeigte sich auch hierbei mit 226 Mio. t CO2 der Verkehr. Auf die Nutzung von Strom für GHD – Gewerbe, Handel, Dienstleistungen sowie Industrie und Haushalte entfielen 216 Mio. t CO2. Gebäudewärme verursachte Emissionen in Höhe von 190 Mio. t CO2. Und auf Prozesswärme in Industrie sowie GHD – Gewerbe, Handel, Dienst-leistungen entfielen 153 Mio. t CO2.

Im Gebäudebereich muss man wiederum differenzieren, und zwar zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden. Wie aus dem neuen "Gebäudereport 2018" der dena hervorgeht, konnte der Endenergieverbrauch in Wohn- und Nichtwohngebäuden zwischen 2002 bis 2010 um 20 Prozent reduziert werden – seitdem stagniert der Wert, trotz des massiven Neubaus (Abb. 30, 31, 32).

Überblick über den Bestand an Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden in Deutschland.
Quelle: dena
Abb.30: Im Gebäudebereich muss man zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden differenzieren.

Endenergiebezogener Gebäudenergieverbrauch, aufgeschlüsselt nach Wohngebäude und Nichtwohngebäude.
Quelle: dena
Abb.31: Während in Wohngebäuden die Warmwasserbereitung einen nicht unerheblichen Anteil am Endenergieverbrauch hat, sind bei Nichtwohngebäuden die Beleuchtung und die Klimakälte von Bedeutung.

Entwicklung des Endenergieverbrauchs für Raumwärme und Warmwasser von 2006 bis 2016.
Quelle: dena
Abb.32: Nachdem der Endenergieverbrauch für Raumwärme und Warmwasser in den Sektoren verglichen mit 1996 zunächst noch sank, bleibt er seit 2007 relativ stabil.

In Deutschland gibt es rund 19 Mio. Wohngebäude, von denen etwa 12 Mio. vor 1979 errichtet wurden, also noch vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung. Die "Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden (Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV)" trat am 1. November 1977 vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und einer angestrebten Reduzierung des Energieverbrauchs durch bauliche Maßnahmen in Kraft.

Mit ihr wurden Mindestanforderungen an den Wärmeschutz von Außenbauteilen und an die Dichtigkeit von Fenstern und sonstigen Fugen im Neubau eingeführt. In Wohngebäuden lassen sich rund zwei Drittel des Wärmeverbrauchs auf Bestandsgebäude von vor 1979 zurückführen.

Um bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, müssten die zentralen Stellschrauben Energieeffizienz, erneuerbare Energien und technologische Innovationen klug eingesetzt, miteinander kombiniert und gezielt gefördert werden, betont die dena.

Stichworte sind moderne Heizungsanlagen, eine effiziente Gebäudehülle inklusive Fenster sowie klimaneutrale Energiequellen (wie Solarenergie, Geothermie oder Abwärme). Wichtig für einen möglichst reibungslosen Transformationspfad seien technologieoffene Wege. Synthetische Brennstoffe (Power-to-X) böten die Möglichkeit, für einen Teil des Gebäudebestandes auch mit der derzeitigen Anlagentechnik Klimaneutralität im Gebäudebereich herzustellen.

Noch zu wenig betrachtet würden die Einsparpotentiale bei den rund 2,7 Mio. Nichtwohngebäuden. Aufgrund ihrer großen Fläche je Gebäude und der hohen quadratmeterbezogenen Verbräuche tragen sie mit 37 Prozent maßgeblich zum Gesamtgebäudeenergieverbrauch bei, unterstreicht die dena. Im Vergleich zu Wohngebäuden gibt es noch wenig belastbare Zahlen zum Bestand an Nichtwohngebäuden. Dennoch ist davon auszugehen, dass es vor allem in Gebäudegruppen wie Bürogebäuden, Hotels und Handelsgebäuden ein enormes Energie- und Kosteneinsparpotential gibt.

Im Verkehrsbereich geht die Entwicklung immer noch in die falsche Richtung

Auch das UBA (Umweltbundesamt) hat in seiner Betrachtung der anthropogenen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2017 bewusst die Sektoren unterschieden. Insgesamt gesehen, beziffert das UBA die Menge der in Deutschland freigesetzten Treibhausgase auf 904,7 Mio. t – also nur 4,7 Mio. t weniger als 2016. Gegenüber 1990 konnte Deutschland damit seine Treibhausgasemissionen zwar um mittlerweile 27,7 Prozent senken, doch sie stiegen zuletzt im Verkehrssektor und in der Industrie wieder an.

So zieht Bundesumweltministerin Svenja Schulze denn auch eine gemischte Klimabilanz 2017: "Beim Ausbau der erneuerbaren Energien haben wir bereits viel erreicht. Hier werden wir mit neuen Sonderausschreibungen weitere große Schritte machen. Im Verkehrsbereich geht die Entwicklung leider immer noch in die falsche Richtung. Für Klimaschutz und saubere Luft brauchen wir eine grundlegende Verkehrswende. Das muss ein Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode werden."

Den deutlichsten Rückgang ermittelte das UBA für 2017 in der Energiewirtschaft: Hier gingen die Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 13,7 Mio. t auf 318,5 Mio. t zurück (minus 4,1 Prozent). Zentraler Grund dafür ist, dass infolge der hohen Windkrafteinspeisung weniger Steinkohle verstromt wurde. Zudem wurden im Laufe des Jahres Steinkohlekraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt mehr als 3 GW stillgelegt beziehungsweise in die Netzreserve überführt. Im vierten Quartal gingen zudem noch zwei Braunkohlekraftwerke in die Sicherheitsbereitschaft.

Doch im Verkehrssektor stiegen die Emissionen um 3,8 Mio. t auf 170,6 Mio. t (plus 2,3 Prozent) an. Ein Grund dafür ist, dass nach Daten des KBA (Kraftfahrtbundesamt) der Pkw-Bestand im Jahr 2017 um rund 1,5 Prozent anstieg. Mehr Autos auf der Straße lassen höhere Fahrleistungen und damit höhere Treibhausgasemissionen erwarten. Auch bei Lkw und Sattelzugmaschinen sind die Bestände 2017 deutlich gewachsen (um plus 4,1 Prozent beziehungsweise plus 4,4 Prozent).

In Kombination mit der guten Konjunktur führte das zu mehr Gütertransporten auf der Straße. Dagegen tragen der schrumpfende Anteil von Diesel-Pkw und der wachsende Anteil von Benzin-Pkw bei den Neuzulassungen kaum zum Anstieg der Emissionen bei. Zusammen mit dem Trend zu stärker motorisierten Pkw verursachte dies nur ein Plus von maximal 0,2 Mio. t. "Es ist falsch, dass wir nur mit dem Diesel unsere Klimaziele erreichen können", unterstreicht Maria Krautzberger, Präsidentin des UBA. "Wir brauchen generell weniger und viel sparsamere Fahrzeuge, egal mit was diese angetrieben werden."

In Industrie und Landwirtschaft stiegen im Jahr 2017 die Treibhausgasemissionen

Auch in der Industrie stiegen im Jahr 2017 die Emissionen, und zwar um 4,7 Mio. t beziehungsweise plus 2,5 Prozent auf 192,9 Mio. t. Davon entfielen 1 Mio. t auf den Anstieg der Prozessemissionen und 3,7 Mio. t auf den Anstieg energetischer Emissionen im verarbeitenden Gewerbe. Für Raffinerien, Stahlindustrie sowie die mineralische Industrie geht die Prognose von einer gestiegenen Produktion aus. Die Produktionsentwicklung in der chemischen Industrie führte insgesamt ebenfalls zu einer leichten Emissionszunahme.

Während in der Landwirtschaft die Treibhausgasemissionen ebenfalls stiegen, um 0,3 Prozent (0,2 Mio. t) auf 65,4 Mio. t, gingen sie im Abfallsektor um 4,3 Prozent (0,4 Mio. t) auf 10 Mio. t zurück. Dieser anhaltende Rückgang geht maßgeblich auf die Entwicklung im Bereich der Abfalldeponierung zurück. Seit 2005 dürfen in Deutschland keine biologisch abbaubaren Abfälle mehr deponiert werden – das macht sich neben Abfalltrennung und Recycling bei den Emissionen positiv bemerkbar. Im Bereich Haushalte schließlich hat das UBA bei den energiebedingten Emissionen mit unverändert 91,5 Mio. t keine Änderungen gegenüber dem Vorjahr festgestellt (Abb. 33, 34, 35).

Details anthropogener Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr 2017.
Quelle: UBA
Abb.33: Das Jahr 2017 ergab für Deutschland eine gemischte Klimabilanz. Insgesamt gingen die Emissionen an anthropogenen Treibhausgasen gegenüber 2016 leicht zurück, doch sie stiegen im Verkehrssektor und in der Industrie sowie auch in der Landwirtschaft wieder an.

Anteile der Treibhausgase an den Emissionen im Jahr 2016.
Quelle: UBA
Abb.34: Der Hauptanteil an den Treibhausgasemissionen entfällt auf Kohlendioxid.

Entwicklung der energiebedingten Treibhausgas-Emissionen nach Quellgruppen von 1990 bis 2016.
Quelle: UBA
Abb.35: Während Haushalte ihre energiebedingten Treibhausgasemissionen zwischen 1990 und 2016 deutlich senken konnten, legt der Bereich Verkehr sogar noch zu.

Handlungsweise der Politik wirft Fragen zur Rolle des Gebäudesektors auf

Bei allen Betrachtungen zum Thema Klimawandel fällt auf, dass es unzählige Fälle im Alltag gibt, die kaum öffentliche, medienwirksame Diskussionen erlangen und erst recht bei der Politik wenig Beachtung finden. Stichworte sind beispielsweise die zunehmende Zahl an Heizpilzen in Städten, Feuerschalen auf Terrassen und Schneekanonen in Skigebieten.

Im Luftverkehr über Deutschland erzielen die Zahl der Flugbewegungen seit Jahren immer neue Rekordwerte. In 2018 wurden nach Angaben der DFS (Deutsche Flugsicherung) bereits 3,34 Mio. kommerzielle Flüge im Luftraum über der Bundesrepublik registriert – so viele wie nie zuvor. Ebenso legten die Starts und Landungen an den 16 internationalen und 21 regionalen Flughäfen hierzulande deutlich zu. Doch Kerosin ist in der gewerblichen Luftfahrt weiterhin von der Mineralölsteuer befreit. Auch wenn eine Kerosinbesteuerung international schwer durchsetzbar ist, wäre es nach EU-Recht seit 2005 möglich, Kerosin zumindest national zu besteuern, berichte der VCD (Verkehrsclub Deutschland). Da jedoch noch immer keine Kerosinsteuer für Flüge innerhalb Deutschlands erhoben wird, verzichtet der Staat nebenbei auch noch auf jährliche Steuereinnahmen von geschätzt rund 0,5 Mrd. Euro. Und in der Landwirtschaft wirft nicht nur der politische Umgang mit der Massentierhaltung Fragen auf.

Direkt zögerlich zeigt sich die Politik auch im Verkehrssektor beim Thema Energieeinsparung im Bestand, Stichwort Tempolimit. Und die Umlenkung der (durch steigende Mieten in den Ballungsräumen) wachsenden Pendlerströme auf einen kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sei nicht finanzierbar.

Steuergelder für den Kauf von Emissionszertifikaten auszugeben, wird hingegen nicht infrage gestellt. Da Deutschland seine Zusagen zur CO2-Reduktion, besonders im Verkehrssektor, nicht einhält, müssten nun nach Ablauf einer Übergangsphase erstmals Emissionszertifikate gekauft werden – etwa 660 Mio. Euro allein für das Jahr 2018, schätzt die DUH (Deutsche Umwelthilfe). Rechnet man dieses und das kommende Jahr noch hinzu kumulieren sich die Kosten für CO2-Zertifikate auf rund 2 Mrd. Euro. Für die folgenden zehn Jahre bis 2030 werden die kumulierten Kosten gar auf 30 Mrd. Euro bis 60 Mrd. Euro geschätzt, da die Preise für CO2-Zertifikate voraussichtlich stark ansteigen werden. Scheinbar fällt es leichter, nutzlos Klimaschulden zu bezahlen, statt diese Steuergelder für Klimaschutzmaßnahmen auszugeben.

"Wegen der Versäumnisse der Bundesregierung beim Klimaschutz, müssen die Steuerzahler nun für CO2-Zertifikate zahlen", so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. "Ein besonderer Skandal ist, dass der Steuerzahler einerseits für Privilegien wie Dienstwagen aufkommen muss, diese aber andererseits so klimaschädlich sind, dass sie sich negativ auf Deutschlands CO2-Bilanz auswirken. Hier finanziert der Steuerzahler klimaschädliche Anwendungen, um anschließend auch noch den Schaden zu begleichen."

Realistische Angaben zu Energieeinsparungen bei Kesseltausch gefordert

Scheinbar leichter fällt es der Politik wohl auch, den Blick wie beim Strompreis auf den Endverbraucher beziehungsweise Gebäudesektor zu richten und, wie erwähnt, eine stärkere Modernisierung der Heizkessel als Beitrag der Haushalte zur Energiewende zu fordern. Doch der Ersatz eines alten Heizkessels durch einen modernen Brennwertkessel spart deutlich weniger Energie als vielfach angenommen, bestätigte nun ein Gutachten, das im Auftrag des BEE (Bundesverband Erneuerbare Energie) erstellt wurde.

"Es ist keine wirksame Klimaschutzmaßnahme, lediglich einen älteren fossil befeuerten Kessel durch einen neueren auszutauschen", stellte Carsten Pfeiffer, Leiter Strategie und Politik beim BEE, bei der Präsentation der Ergebnisse im vergangenen Jahr klar. So werden in der öffentlichen Diskussion zwar häufig Einsparungen von bis zu 30 Prozent Energie und CO2 suggeriert, wenn alte Heizkessel durch neue mit Brennwerttechnik ersetzt werden. Diese Behauptungen würden sowohl durch das Gutachten als auch durch Realbetrieb-Untersuchungen widerlegt. Je nach Effizienz des alten Kessels bewege sich die Minderung nur zwischen zwei und 15 Prozent.

In den meisten Fällen würden durch Maßnahmen an der Peripherie (hydraulischer Abgleich, effiziente Pumpen und Regelungstechnik) höhere Einsparungen als durch den eigentlichen Kesseltausch erzielt (nämlich rund fünf bis zwölf Prozent). Und die Einsparungen in der Peripherie seien nicht einmal zwingend mit dem Kesseltausch verbunden, dieses Potential könnte auch unabhängig gehoben werden. Deshalb solle die Förderstrategie der Bundesregierung besser auf fundierte wissenschaftliche Daten als auf Werbeversprechen basieren.

So müsse man wieder differenzieren. Nach Erhebung des ZIV (Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks – Zentralinnungsverband) für 2017 befanden sich unter den rund 19 Mio. Öl- und Gasheizkesseln im Bestand etwa 6,5 Mio. Brennwertkessel, 11,8 Mio. Niedertemperaturkessel und noch etwa 0,7 Mio. vor 1984 eingebaute Konstanttemperaturkessel. Das Gutachten des BEE geht davon aus, dass bei einem Kesseltausch derzeit nur in wenigen Fällen (zu zehn bis 15 Prozent) ein Konstanttemperaturkessel, sondern überwiegend (zu 80 Prozent) ein Niedertemperaturkessel und sogar bereits (zu fünf bis zehn Prozent) ein bestehender Brennwertkessel ausgetauscht wird.

Ersetzt man nun mit dem neuen (Gas-)Brennwertkessel einen Konstanttemperaturkessel, würden sich Einsparungen im Bereich von rund zehn bis 15 Prozent ergeben. Doch wird ein Niedertemperaturkessel ersetzt, liegen die Einsparungen nur bei fünf bis zehn Prozent. Und beim Austausch eines alten Brennwertkessels liegen die Einsparungen selbst bei optimaler Betriebsweise nur bei lediglich zwei bis drei Prozent. Zudem sei davon auszugehen, dass in Zukunft kaum noch Konstanttemperaturkessel, sondern überwiegend Niedertemperaturkessel und immer mehr sogar bestehende Brennwertkessel bei einer Modernisierung ersetzt werden.

Forderungen zur energetischen Sanierung müssen Lebenswirklichkeit der Eigentümer berücksichtigen

Dies zeigt, es sollte immer auch die Sinnhaftigkeit, sprich die Kosten/Nutzen-Relation, von verordneten Maßnahmen betrachtet werden. Zudem wird in fast allen Diskussionen die Frage außer Acht gelassen, ob sich die Bürger, speziell die privaten Gebäudeeigentümer, auch die in den politischen Zielvorgaben zur Erreichung der deutschen Klimaschutzziele definierten notwendigen Maßnahmen überhaupt leisten können.

Immerhin hat sich Zukunft Erdgas in der Studie "Sanierungsfahrpläne für Einfamilienhäuser" einmal den Fragen gewidmet: "Wie können sich private Hauseigentümer die Energiewende leisten?" und "Welche Maßnahmen können sich die Menschen finanziell leisten?".

Dabei geht es in der Praxis schließlich doch auch darum, die Lebenswirklichkeit der Eigentümer zu betrachten und ihre Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen. Das heißt, es geht nicht um Vermieter, die sich die Kosten der Modernisierung von ihren Mietern wiederholen. Sondern es geht um selbst nutzende Eigentümer von Einfamilienhäusern und Reihenhäusern. Und auch hier geht es nicht um die 30 Prozent Hauseigentümer mit hohem Einkommen (hierunter fallen die beiden Gruppen mit Haushaltseinkommen von 3.600 Euro bis 5.000 Euro/Monat bzw. von 5.000 Euro bis 18.000 Euro/Monat), sondern eher um die 40 Prozent Hauseigentümer mit mittlerem Einkommen (mit Haushaltseinkommen von 2.000 Euro bis 2.600 Euro/Monat bzw. von 2.600 Euro bis 3.600 Euro/Monat) und besonders aber um die 30 Prozent Hauseigentümer mit geringem Einkommen (mit Haushaltseinkommen bis 1.300 Euro/Monat bzw. von 1.300 Euro bis 2.000 Euro/Monat).

Schaut man sich die verschiedenen Baualtersklassen der Bestandsimmobilien an, so ist es nicht verwunderlich, dass in der Gruppe mit geringem Einkommen der Anteil der älteren Häuser überwiegt, und dass bei jüngeren Gebäuden (ab Baujahr 2002) die Eigentümergruppe mit hohem Einkommen den größten Anteil hält. Das bedeutet, dass gerade "die Eigentümer mit den geringsten finanziellen Ressourcen häufiger die Häuser besitzen, die in der Regel den größten Modernisierungsbedarf haben", so die Erkenntnis der Studie.

Dies muss einfach bei der Erwartungshaltung für die finanzierbare Umsetzung energetischer Modernisierungsmaß-nahmen berücksichtigt werden. Zukunft Erdgas zeigt in der Studie verschiedene Sanierungsfahrpläne auf. Wichtigste Prämisse dabei: Die Investitionen sind generell primär auf die Sicherstellung der Wärmeversorgung ausgerichtet. Wie zu erwarten, zeigt sich, dass durch größere finanzielle Mittel auch eine höhere CO2-Ersparnis erzielt werden kann.

So wird bis 2050 in der Einkommensgruppe I (geringes Einkommen) eine erzielbare CO2-Einsparung von 44 Prozent für möglich erachtet, die Einkommensgruppe II (mittleres Einkommen) könnte 63 Prozent CO2-Einsparung erzielen und die Einkommensgruppe III (hohes Einkommen) ist mit 82 Prozent CO2-Einsparung die einzige, die das für den Wärmemarkt gesetzte CO2-Einsparziel erreicht.

"Die Untersuchung zeigt, dass vor allem die Eigentümer mit geringem Einkommen das angestrebte Klimaschutzziel von 80 Prozent weniger CO2-Emissionen im Jahr 2050 deutlich verfehlen", so das Resümee. Tatsache sei, dass in dieser Eigentümergruppe nur Maßnahmen mit vergleichsweise geringen Investitionen umgesetzt werden können.

Die Fördersystematik müsse daher besser am Bedarf und an der Lebenswirklichkeit ausgerichtet werden. Denn: "Eigentümer mit geringem Einkommen, die einen großen Anteil der alten Häuser bewohnen, können sich eine umfassende Vollsanierung überhaupt nicht leisten. So greift bei ihnen der gesetzte Anreiz für eine umfassende energetische Sanierung nicht. Hinzu kommt, dass auch in den Einkommensgruppen II und III nur eine geringe Bereitschaft zur Aufnahme eines Kredits für umfassende Sanierungsprojekte besteht."

"Um die vorhandenen Spielräume bestmöglich für die Energiewende zu nutzen, muss sich die Abfolge der energetischen Sanierungsschritte an der Lebenswirklichkeit ausrichten", konstatiert Dr. Timm Kehler, Sprecher des Vorstands von Zukunft Erdgas. "Wir dürfen uns bei Maßnahmen und Technologien nicht selbst einschränken. Wir müssen den Eigentümern die notwendige Entscheidungsfreiheit einräumen, damit sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten handlungsfähig sind. Und wir benötigen politische Rahmenbedingungen, die sich nicht gegenseitig widersprechen und langfristig gültig sind."

Von Robert Donnerbauer
Redaktion, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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