Installation

Die vernetzte Wohnungsstation

Freitag, 05.04.2019

Elektronisch geregelte und vernetzte dezentrale Wohnungsstationen bieten viele Vorteile.

Es ist Herbst geworden in Mannheim. Auf der Fahrt zu einem Kunden, dessen alter Gaskessel streikt, ruft Heizungsbauer Andre Kruse aufgewühlt in die Freisprecheinrichtung seines Transporters: "Was, das Duschwasser ist schon wieder zu kalt? Ich habe doch erst am Freitag Ihre Abgleichventile nachgestellt!"

Am anderen Ende der Leitung redet Herr Brandt lautstark auf Andre Kruse ein: Brandt ist vor Kurzem in seine Dachgeschosswohnung in der Marienstraße eingezogen – Neubau, sechs Etagen. Kruse flucht gedanklich. Diese dezentrale Frischwasserstation in der Marienstraße ist zum Verrücktwerden. Was hat der Hersteller da wieder für einen Mist geliefert? Oder hat es der Planer verbockt? Egal, jedenfalls ist diese Anlage wahnsinnig schwer in den Griff zu bekommen. "Ja, Herr Brandt, ich kann nächsten Montag vorbeikommen und schauen, ob ich an der zentralen Umwälzpumpe noch etwas einstellen kann. Ich kann nichts versprechen, aber ich versuche es." […]

Das Internet der Dinge (engl. "Internet of Things" oder kurz "IoT") ist in aller Munde. Es bezeichnet die zunehmende Vernetzung von Maschinen, Geräten und Alltagsgegenständen sowohl untereinander als auch nach außen mit dem Internet, um diese miteinander arbeiten zu lassen und somit unser Leben zu verbessern. Mehr Elektronik, mehr digitale Kommunikation, mehr Software-Intelligenz. Das Frankfurter Zukunftsinstitut nennt die Konnektivität sogar als den "wirkungsmächtigsten Megatrend unserer Zeit"[1]. Viele denken hier nun vielleicht an ihr Smartphone oder selbstfahrende Autos, aber was hat all das mit unserer Heizungstechnik im Hier und Jetzt zu tun? Und erst recht mit Wohnungsstationen? Der folgende Beitrag gibt einen Überblick.

Miteinander vernetzte Punkte.
Quelle: geralt / https://pixabay.com
Eine vernetzte Elektronik kann aufgrund besserer Sensorik die gesamte Anlage ganzheitlich betrachten.

Problematische Anlagen wie bei Herrn Brandt gibt es in der Praxis leider häufig – trotz qualitativ hochwertiger Wohnungsstationen der Hersteller und solide geplanter Systemhydraulik. Besonders die dezentralen, häufig noch rein thermomechanisch geregelten Frischwassersysteme erfordern jedoch einen hohen Planungs- und Installationsaufwand mit äußerster Umsichtigkeit beim hydraulischen Abgleich, der in der Praxis selbst von guten Fachleuten selten erreicht wird.

Kleine Abweichungen bei der Installation oder bei der Auswahl der Systemkomponenten können dann schnell die Wärmeversorgung in einzelnen Wohnungen, bestimmten Zapfsituationen oder ganzen Gebäuden beeinträchtigen. Die Folgen solcher Abweichungen reichen von der Unterversorgung bis zur Energieverschwendung. Manche Experten befürchten sogar, dass herstellerübergreifend weniger als die Hälfte solcher Anlagen wirklich störungsfrei funktionieren.

Wohnungsstationen brauchen elektronische Lösungen

Eine vernetzte Elektronik hingegen kann aufgrund besserer Sensorik die gesamte Anlage ganzheitlich betrachten und verfügt zugleich über entsprechende Stellmöglichkeiten, um schnell und präzise zu agieren. So kann die Versorgungssicherheit des Systems an jeder Zapfstelle erhöht, der Komfort gesteigert und zugleich die Energieeffizienz optimiert werden.

Konkret ermöglicht eine elektronisch geregelte und vernetzte Wohnungsstation diese sechs Vorteile:

  • Kompensation kleiner Fehler im hydraulischen Abgleich oder unrealistischer Gleichzeitigkeits-Annahmen. Die DIN-Vorgaben zum Gleichzeitigkeitsfaktor können für einzelne Projekte oder Leitungsstränge unzutreffend sein. Zu Stoßzeiten kommen die Systeme an ihre Grenzen, so dass an einigen Zapfstellen keine ausreichende Temperatur vorhanden ist. Elektronische, vernetzte Frischwasserstationen haben hingegen systemweit diverse Eingriffsmöglichkeiten, um situativ stets die richtige Warmwassertemperatur bereitzustellen.
  • Kommunikation mit der zentralen Umwälzpumpe. Die zentrale Umwälzpumpe und dezentralen Frischwasserstationen sind oft regeltechnisch voneinander isoliert, so dass der Volumenstrom nicht optimal auf den momentanen Bedarf angepasst werden kann. Die Konsequenz können überhöhte Energieverbräuche oder auch Unterversorgungen sein. Abhilfe schafft eine Systemlösung, die neben der Frischwasserbereitung in den Wohnungen auch direkt mit der Steuerung der zentralen Umwälzpumpe zusammenarbeitet.
  • Präzise Warmwasser-Temperatur. Die Temperaturregelung des Frischwasserteils ist häufig zu ungenau und träge. Abweichungen von +/-5 °C sind hierbei keine Seltenheit, obwohl schon deutlich kleinere Abweichungen den Duschkomfort spürbar beeinträchtigen. Eine elektronische Regelung mit reaktionsschnellen Stepper-Ventilen passt sich hingegen in Sekunden den jeweiligen Gegebenheiten an.
  • Stabile Raumtemperatur. Die Kombination aus Einzelraumregelung und außentemperaturgeführter Heizkreisregelung je Wohnungsstation passt die Vorlauftemperatur der Flächenheizung kontinuierlich an die jeweiligen Außen- und Raumlufttemperaturen an. Beispiel: Bei sinkenden Außen- oder Raumtemperaturen wird zunächst die Vorlauftemperatur angehoben und schon wieder langsam abgesenkt, sobald sich die Ist-Temperatur im Raum der Soll-Temperatur annähert. So wird eine stabile Raumtemperatur ohne merkliche Überschwingungen ermöglicht.
  • EnEV-Konformität. Standardmäßig ist nur eine zentral einstellbare Heizungskennlinie möglich bzw. muss im System immer eine hohe Vorlauftemperatur zur Warmwasserbereitung vorgehalten werden, obwohl eine außentemperaturgeführte Regelung jeder Wohneinheit zunehmend gewünscht oder durch die EnEV gefordert wird. Diese muss dann für jede Wohnungsstation separat nachgerüstet werden. Effektiver ist es, die Option hierzu direkt in ein einheitliches Regelkonzept in der Wohnungsstation zu integrieren.
  • Besserer Service. Elektronische und vernetzte Wohnungsstationen bieten Ansatzpunkte zur Ferndiagnose, Datenauswertung oder für Wartungszwecke. Beispielsweise können Software-Updates über einen integrierten WiFi-Chip einfach per Knopfdruck aufgespielt werden, sei es zur Problembehandlung oder für funktionale Verbesserungen. Somit kann das gesamte System sogar nach der Installation fortlaufend mitwachsen und sich kontinuierlich verbessern.

Das Sprungbrett ins Smart Home

Auch der Bewohner selbst stellt inzwischen immer höhere Erwartungen an die Konnektivität in seinem Zuhause. Die Heizung von unterwegs oder von der Couch bequem per Smartphone-App steuern zu können – am besten Raum für Raum –, zählt immer mehr zum Standard.

Über die Heizung hinaus finden zudem immer mehr Automatisierungsfunktionen Einzug in deutsche Haushalte. Diese werden häufig Schritt für Schritt nachgerüstet und wer will dabei schon dauerhaft an einen einzelnen Hersteller für alle Bestandteile eines Smart Homes, wie Sicherheit, Heizung, Licht und Entertainment, gebunden sein? Es ist daher vorteilhaft, auf offene Kommunikationsprotokolle, wie den "Z-Wave"-Funkstandard, zu setzen und somit auf einen Schlag mit 2.400 Produkten von über 700 Herstellern kompatibel und zukunftsoffen zu sein.

Den Handwerker nicht vergessen

Zu guter Letzt bringt die beste Technik nichts, wenn die Installateure sie nicht gerne verbauen. Der Engpass im SHK-Handwerk tut sein Übriges. Daher: unbedingt auf eine zeitsparende und angenehme Installation Wert legen! Vor allem die oft in gekrümmter Zwangshaltung durchgeführte Verkabelung der Zonenregelung ist mühsam. Durch die Verwendung von Steckstatt Schraubklemmen kann diese jedoch deutlich vereinfacht werden.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten sind etwa die Verwendung von intuitiven Farbcodes zur korrekten Klemmenzuordnung, der Einsatz von automatischen Press-On-Kabelzugentlastungen oder bewegliche Deckel und Trennwände für mehr Platz im meist engen Klemmraum.

[1] www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrend-konnektivitaet

Von Jonas Bicher
Geschäftsführer, Sorel Mikroelektronik GmbH
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