Installation

Der Blick geht nach oben

Modernisierungsprojekte mit Flächenheizung, Teil 2

Freitag, 18.06.2021

Im ersten Teil hat der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF) zunächst die relevanten theoretischen Grundlagen dargelegt.

Zudem wurden zwei Fallbeispiele aus der Sanierungspraxis, mit dem Schwerpunkt Fußbodenheizung, erläutert. Im Folgenden dieser zweiteiligen Artikelreihe zur Modernisierung, wird nun unter anderem die Raumumschließungsfläche „Decke“ als alternativer Einbauort für eine Flächenheizung und Flächenkühlung genauer betrachtet.

Bildillustration BVF: Im Heizfall erfolgt die Wärmeübertragung der Deckenheizung ebenfalls fast ausschließlich durch Wärmestrahlung.
Quelle: BVF / https://www.flaechenheizung.de/
Prinzip der Wärmeübertragung eines Deckenheizsystems.

Ist es aufgrund der Gebäudebeschaffenheit nicht möglich oder gewünscht, eine Fußbodenheizung zu realisieren, kann auch auf die Raumdecke als Heizfläche bzw. Kühlfläche zurückgegriffen werden. Hier lässt sich ebenfalls ein Nass- oder Trockenbausystem installieren. Bei einem Nasssystem werden die Heizrohre in den Putz eingearbeitet, während bei der Trockenvariante meist Gipskartonplatten mit integrierten Heizschlangen verwendet werden. Der Vorteil des Trockenbausystems ist, dass die gesamte Fläche ohne große Vorarbeiten genutzt werden kann – vorausgesetzt, dass die Deckenhöhe ausreichend ist.

Der Einbauort „Decke“ bietet zudem für die passive Kühlung über das großflächige und homogene Bauteil systemische Vorteile: Anders als bei herkömmlichen (Split-)Klimageräten, die dem Raum die Wärme konvektiv im Umluft-betrieb entziehen, führen Kühldecken die Kühllast überwiegend mittels Strahlung aus dem Raum ab – das steigert die thermische Behaglichkeit und vermeidet Zuglufterscheinungen. Im Heizfall erfolgt die Wärmeübertragung der Deckenheizung ebenfalls fast ausschließlich durch Wärmestrahlung.

Fallbeispiel 1: Altersgerecht wohnen im Bauhaus von 1930

Das Wohn- und Geschäftshaus des Architekten Johannes Boye wird zum Leuchtturm für Denkmalschutz und Gebäudeenergieeffizienz des altersgerechten Wohnens. Das denkmalgeschützte Objekt ist ein Zeitzeugnis der Architektur des „Neuen Bauens“ und speziell des „neuen Bauwillens“ der Weimarer Republik in der Stadt Magdeburg. Es wurde 1930 vom Architekten Johannes Boye aus Zarpen (Holstein) errichtet. Der dreiflügelige, winkelförmige Putzbau mit Flachdach diente einst als Wohn- und Wirtschaftsgebäude der „Zeugen Jehovas“. Heute ist das dreieinhalbgeschossige unterkellerte Gebäude ein Zentrum für altersgerechtes Wohnen mit zentralen Eingangs- und Aufenthaltsbereichen und 28 Wohneinheiten.

Foto IB Fiedler: Das energetisch sanierte Bauhaus-Gebäude in Magdeburg des Architekten Johannes Boye von 1930.
Quelle: IB Fiedler
Das energetisch sanierte Bauhaus-Gebäude in Magdeburg.

Entsprechend den denkmalrechtlichen Auflagen war das Aufbringen eines Wärmedämmverbundsystems nicht gestattet. Eine Innendämmung kam infolge der vorhandenen Raumflächen nicht in Betracht. Beschattungsmaßnahmen, wie äußere Jalousetten, Markisen, durften ebenfalls nicht zur Anwendung kommen. Alle Beschattungsmaßnahmen aus der Vornutzung mussten zurückgebaut werden. Die Wohnungen wurden altersgerecht konzipiert und sind über einen Aufzug erschlossen. Der begehbare Dachboden wurde mit einer entsprechend erforderlichen mineralischen Dämmung belegt und ist für Kontrollzwecke mit Laufstegen ausgerüstet. Auf Wunsch des Bauherrn sollten die Raumhöhen möglichst 2,65 m nach Abschluss der Baumaßnahmen betragen. Aus diesem Grund, aber auch aufgrund statischer Belange sowie eines unangemessenen Aufwands im ersten Rettungsweg verbot sich hier der Einbau einer Fußbodenheizung.

In der Referenz: Montage des Kapillarrohrsystems in der Decke, Foto GeoClimaDesign AG
Quelle: GeoClimaDesign AG
Montage des Kapillarrohrsystems in der Decke.

Um das freistehende Gebäude mit einem energiesparenden Heizsystem ausrüsten und dabei gleichzeitig den Forderungen des sommerlichen Wärmeschutzes entsprechen zu können, entschied man sich für eine Klimadecke aus dem Hause GeoClimaDesign, die heizen und kühlen kann. Der Einbauaufwand in der Sanierung ist geringer als bei einer Fußbodenheizung, insbesondere in Verbindung mit einer Trockenbaudecke. Geringstmögliche Systemtemperaturen sind der Schlüssel für höhere Jahresarbeitszahlen jeder Wärmepumpenanlage. Im Beispiel der Anlage in Magdeburg wurde zunächst nur die Kühlung über eine Luftwärmepumpe realisiert, die Heizung über eine Gas-Brennwerttherme. Es lässt sich aber jederzeit mühelos eine Wärmepumpe zum Heizen in die Anlage integrieren.

Fallbeispiel 2: Ohne Regelung geht es nicht

Auch in der Bestandssanierung muss eine Raumtemperaturregelung, gegebenenfalls mit Zeitprogrammierung, zum Einsatz kommen. Dies erhöht den Wohnkomfort und reduziert den Energieverbrauch. Mit einer Raumtemperaturregelung wird beim Eintrag von Fremdwärme (z. B. Sonneneinstrahlung) der Heizkreisdurchfluss sofort reduziert oder ganz gestoppt. Durch diese Funktion wird nennenswert Energie gespart und der Nutzer „wohnt“ weiterhin in der von ihm festgelegten Wunschtemperatur.

Im Bereich der Warmwasserheizsysteme ist zudem meist ein Heizkreisverteiler notwendig. Durch ihn wird die Wärme gleichmäßig auf alle Wohnräume verteilt. Jeder Heizkreis wird mit einem Vor- und einem Rücklauf an den Heizkreisverteiler angeschlossen. Der SHK-Fachinstallateur führt einen hydraulischen Abgleich durch, damit die Flächenheizung dauerhaft effizient arbeitet. Dieser ist unabdingbar für die Effizienz der Anlage.

In der Referenz: Denkmalschutz und Einzelraumregelung am Beispiel der energieeffizienten „Villa Lagot“ in München, Foto Thermozyklus.
Quelle: Thermozyklus
Denkmalschutz und Einzelraumregelung am Beispiel der energieeffizienten „Villa Lagot“ in München.

Baudenkmäler haben ihren besonderen Charme, der jedoch für die Bewohner bzw. Nutzer oft mit eingeschränktem Komfort einhergeht. Hinzu kommt, dass die Modernisierung von denkmalgeschützten Gebäuden in der Regel mit erheblichen konservatorischen Auflagen verbunden ist, die eine energetische Verbesserung auf EnEV- bzw. GEG-Niveau erschweren. Eine besonders gelungene Sanierung zeigt ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes, denkmalgeschütztes, neubarockes Gebäude, das ursprünglich als herrschaftliche Gastwirtschaft errichtet wurde und in den 1920er-Jahren den „Togal“-Werken als Verwaltungsgebäude diente.

Da eine Sanierung nach EnEV 2014 (Altbau) wegen der denkmalrechtlichen Vorgaben mittels klassischer Wärmedämmmaßnahmen nicht möglich war – vor allem wegen der historischen Fassade –, wurden von den Technik-Planern der Bayerischen Hausbau alle anderen Optionen zur Erreichung des förderfähigen Gebäudestandards KfW -„Effizienzhaus Denkmal“ genutzt, wie beispielsweise ein Fernwärmeanschluss, ein komplett neues Rohrverteilsystem und Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung.

Wegen der vollflächigen Verlegung von geöltem Echtholz-Eichenparkett, teilweise sogar unter Verwendung des historischen Belags, entschied sich der Projektentwickler bei der Neukonzeption des Heizsystems für eine Fußbodenheizung, bestehend aus Trockenestrich, schwimmend verlegt, und Aluminiumleitblechen, fest verbunden mit den Systemträgerelementen zur Aufnahme der Heizrohre.

In der Referenz: Durch die Verwendung von Strom sparenden Stellventilen mit elektromotorischem Antrieb können diese über die 18-V-Bus-Leitung mit Strom versorgt werden, Foto Thermozyklus.
Quelle: Thermozyklus
Durch die Verwendung von Strom sparenden Stellventilen mit elektromotorischem Antrieb können diese über die 18-V-Bus-Leitung mit Strom versorgt werden.

Um einen hohen Raumkomfort bei niedrigem Energieverbrauch zu erreichen, erfolgt die raumweise bzw. sektionale Regelung der Fußbodenheizung durch die eu.bac-zertifizierte Einzelraumregelung von Thermozyklus. Die eu.bac-Zertifizierung basiert auf den europäischen Normen der EN 15500 „Energieeffizienz von Gebäuden – Automation von HLK-Anwendungen“ und liefert einen gesicherten Nachweis über die Energieeffizienz, Qualitätssicherung und Regelgenauigkeit (Energieeffizienzklasse AA) des Regelungssystems. So liegt die Regelgenauigkeit „ca“ (control accuracy) bei der Thermozyklus-Regelung für Fußbodenheizungen bei 0,5 K.

Da auch kleinste Temperaturveränderungen im Raum von 1/100 Grad erfasst werden, erkennt die Zentraleinheit die Trägheit des Heizsystems im Kontext mit den bauphysikalischen Eigenheiten des Raumes (Speichervermögen, innere und äußere Lasten), um daraus Ein- bzw. Ausschaltzeitpunkte und Ventilöffnungen für den jeweiligen Sektor bzw. das jeweilige Wärmeübertragungssystem zu berechnen. Gegenüber konventionellen Regelungsverfahren ist dadurch, laut Hersteller, eine Energieersparnis von bis zu 30 Prozent möglich. Die einwandfreie Funktion der Regelkreise wird durch den im Regler hinterlegten automatischen hydraulischen Abgleich gewährleistet. Nicht zu unterschätzen ist der mit der EnEV 2014 festgelegte Bonus bei der Berechnung des Energieausweises aufgrund der Einordnung des Regelungssystems in die Energieeffizienzklasse AA.

Fazit

Wie im ersten und diesem Teil des Artikels aufgezeigt, lohnt sich ein „technischer Blick über den Tellerrand“ immer. Je nach Immobilie können neben dem Fußboden auch die Raumumschließungsflächen Wand oder Decke für die Modernisierung mit Flächenheiz- und -kühlsystemen genutzt werden. Für den Investor bzw. Vermieter ergeben sich aktuell umfangreiche Fördermöglichkeiten bei gleichzeitiger energetischer und ausstattungstechnischer Aufwertung der Immobilie.

Der erste Teil dieses Beitrags ist im HeizungsJournal 10/2020 (Oktober, S. 38 ff.) erschienen. Der BVF bietet zudem ein neues Infoblatt mit dem Titel „Tipps zum nachträglichen Einbau eines Kühl- und Heizdeckensystems in bestehende Gebäude“ an – hier können Sie es komfortabel beziehen: https://tga.li/25t

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